Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon Werner Thal » 15. Februar 2017, 12:17

GESCHICHTE - KALTER KRIEG

Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands von Uli Kulke

1963 begann der Wiederaufbau der Saalebrücke bei Rudolphstein/Sparnberg.
Die DDR trickste, Betriebsschutz zog auf, Blindgänger wurden gesprengt und eine Mauer sorgte
für diplomatisches Possenspiel.

Wer von Berlin nach München auf der Autobahn (A 9) unterwegs ist, beachtet sie kaum. Die Brücke
liegt etwa auf halber Strecke, nahe dem Ort Rudolphstein. Die wenigsten lesen das braune
Hinweisschild "Brücke de Deutschen Einheit". Kurz nimmt man den Fuß vom Gas, nur mehr
Tempo 130 sind erlaubt. Auffällig ist allenfalls das Restaurant hinter der nächsten Kurve, das,
selbst eine Brücke, quer über die Autobahn verläuft, "Raststätte Frankenwald". Kurz dahinter darf es
wieder zügig weitergehen, kurvig durch das hügelige bayerische Vogtland.

Wer weiß schon, dass jene Autobahnbrücke über die Saale vor einem halben Jahrhundert deutsch-
deutsche Geschichte machte wie kein anderes Bauwerk, abgesehen von der Berliner Mauer?
Dass hier, 50 Meter unterhalb der heutigen Fahrbahn, quasi als Mauerersatz ein Bretterzaun
errichtet wurde, und zwar von westdeutscher Seite aus und weit auf westdeutschem
Territorium, letztlich um DDR-Bürger an der Flucht zu hindern? Oder dass mithilfe dieser Brücke,
die kurz vor Kriegsende gesprengt worden war, Ost-Berlin in den (19)60er Jahren das komplizierte
Gerüst der Bonner Ost-Diplomatie zum Einsturz zu bringen trachtete?

Gegen Ende 1963 war es so weit. Vertreter der Verkehrsministerien in Bonn und Ost-Berlin hatten
sich nach jahrelangen Vorverhandlungen grundsätzlich darauf geeinigt, die Brücke wieder aufzubauen.
Das ging nur als gemeinsames Vorhaben, damals eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Doch die
Saale, die unten das Tal teilt, bildete die "Zonengrenze", wie sie damals landläufig bezeichnet
wurde. Welten trennten die beiden Brückenköpfe.

....und hier weiter zum Lesen:

https://www.welt.de/geschichte/article1 ... lands.html

W.T.
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Re: Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon augenzeuge » 15. Februar 2017, 16:02

Drüben“ zu bestaunen gab es einiges, zum Beispiel wie sich die DDR-Bauarbeiter ein Floß bauen mussten, um in die Saale zu stechen, nachdem ihnen ein Boot – wegen Fluchtgefahr – verweigert worden war. Als die Szene im Westfernsehen lief, bekamen sie ihr Boot gestellt.

[grins] Schön.
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Re: Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon Werner Thal » 15. Februar 2017, 16:23

...und das Ganze garniert mit einigen Zeit-Dokumenten:

http://www.fotos-reiseberichte.de/inner ... chberg.htm

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Re: Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon augenzeuge » 15. Februar 2017, 16:39

Gibts noch Fotos des Grenzübergangs Töpen-Juchhöh?
AZ
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Re: Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon pentium » 15. Februar 2017, 17:00

Das Unheimliche (engl. uncanny, frz. Inquiétant, l’inquiétante étrangeté) ist als Gefühl des Schreckhaften, Angst und Grauen...
Erklärt uns Wiki.

Was vermittelt oder besser was passiert oder passierte auf dieser Brücke um diese Gefühle des Schreckhaften, der Angst, ja des Grauens bei den Menschen hervor zu bringen.
Ist oder war die Brücke eine Geisterbahn, eine Art von Bermudadreieck, lauerten dort irgendwelche bösen Mächte...? Der Nebel des Grauens etwa?

Was ist heute dort, ist es immer noch gefährlich über diese Brücke zu fahren, weil dort Angst und Grauen lauern?
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Re: Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon Werner Thal » 15. Februar 2017, 18:12

"augenzeuge": Gibts noch Fotos des Grenzübergangs Töpen-Juchhöh?
AZ

Nein, vernünftige Fotos habe ich nicht gefunden, jedoch einen ZEIT-Artikel über die
Eröffnung der Autobahnbrücke 1966:

An der Saale grauem Strande... Ohne Fahnen, Musik und Reden:gesamtdeutscher Brückenschlag bei Hof.

vom 2q3. Dezember 1966 - Von Dietrich Strothmann - Hof, Ende Dezember

Der Strich fällt jedem ins Auge. Er ist wie mit dem Lineal gezogen: schnurgerade und ohne Kleckse.
Es ist ein Strich aus weißer Farbe, zwanzig Zentimeter breit, etwa 15 Meter lang. Das unschuldige Weiß
auf dem grauen Untergrund glänzt noch, wie das Meisterstück eines biederen, rechtschaffenen
Malermeisters, der zeigen wollte, was er kann. Deutsche Wertarbeit. Ein weißt Strich, made in Germany -
eine gepinselte Barriere. Er ist ein paar Tage alt - dieser Strich an der Grenze zwischen Deutschland.
Aber er wird noch viele Tage und Jahre alt werden. Es ist ein hässlicher, böser weißer Strich, mitten
in Deutschland, über dem Pfeiler Nummer sieben an der Autobahnbrücke Berlin-München
bei Hof in Oberfranken.

Punkt 12 Uhr, am Montag der Weihnachtswoche 1966, ist dieser Strich zur Grenze geworden.
Pünktlich, auf die Sekunde, leuchten "drüben" die drei Lampen der Blinklichtanlage
(für PKW, Busse und Lkw) grün auf: Fahrt frei! Eine schwarze Limousine rollt heran.
Ihre Kennzeichen: B 3 - 1. Die beiden Offiziere vom "Kommando Grenze" der Nationalen
Volksarmee in ihren langen, grauen Uniformmänteln und hohen Schaftstiefeln, legen die rechte
Hand an die Pelzmütze. Sie salutieren vor dem ersten Passanten, der den weißen Strich auf
der Saale-Brücke überquert und Richtung Berlin fährt - dem Regierenden Bürgermeister
Heinrich Albertz. Der erste gesamtdeutsche Brückenschlag ist vollzogen. Ohne
Formalitäten, ohne Zeremoniell. Keine Fahnen, keine Reden, kein Band zum Durchschneiden
und auch kein Handschlag mit dem Ostberliner Verkehrsminister Cramer.
Mit seinem Kommen hatte Albert eigentlich gerechnet. Er selber war von Berlin nach Nürnberg
geflogen. Seinen Dienstwagen aber - den Stander hatte sein Fahrer im Kofferraum verstaut -
hatte er quer durch die DDR über den Kontrollpunkt Töpen-Juchhöh nach
Hof geschickt. In den Sonntagszeitungen hatte gestanden: Albertz wird am Montag, 12 Uhr,
als erster die wiederaufgebaute Autobahnbrücke über die Saale passieren. Also
wußten auch die Behörden "der anderen Seite" Bescheid. Aber sie nahmen keine Notiz davon.
Das gesamtdeutsche Ereignis auf dem Autobahnviadukt bei Hof fand ohne politisches
Brimborium statt, sang- und klanglos.

Es war ein Montag wie jeder andere: Die DDR-Lampen blinkten grün, der Wagen aus Berlin
rollte gemächlich über den weißen Strich, vorbei an dem Transparent
"Herzlich willkommen in der DDR". Heinrich Albertz winkte den beiden "National"-
Hauptleuten freundlich zu und ließ sich für das Ost-Fernsehen filmen. Dann, nach dreihundert
Metern, Verschwand das Dienstgefährt hinter einer Bodenerhebung. Zweieinhalb Stunden später
traf der Bürgermeister in Berlin ein - Fahrt normal verlaufen ...

...und hier ließt man - wenn gewünscht - weiter:

http://www.zeit.de/1966/52/an-der-saale-grauem-strande

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Re: Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon augenzeuge » 15. Februar 2017, 19:02

Werner Thal hat geschrieben:"augenzeuge": Gibts noch Fotos des Grenzübergangs Töpen-Juchhöh?
AZ

Nein, vernünftige Fotos habe ich nicht gefunden
W.T.



Artikel war interessant. Aber Bilder habe ich nun gefunden:

Bild

Bild

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Re: Die unheimlichste Autobahnbrücke Deutschlands

Beitragvon Werner Thal » 23. Februar 2017, 12:33

Kleine und große Mauern - An der Saale und in Berlin - Ein Lichtblick für Rentner

ZEIT ONLINE - v. 11. September 1964

An der "kleinen Mauer", die an der Saale-Brückenbaustelle an der Zonengrenze bei Hof auf
westdeutschem Gebiet errichtet wird, hat der erste Ostdeutsche sein Leben aufs Spiel gesetzt.
Ein Pionier der Volksarmee, der an der Brückenrampe arbeitete, trat bei einem Fluchtversuch
auf eine Mine. Sein Kamerad wurde von Grenzwächtern abgeführt.

Da sich der Zwischenfall noch auf dem anderen Ufer der Saale abspielte, brauchte die bayerische
Grenzpolizei nicht eingreifen. Was wird sie tun, wenn einer der hundert DDR-Bauarbeiter den
2,30 Meter hohen Bauzaun diesseits der Zonengrenze übersteigen will? "Wir hoffen, daß keiner
dort flüchten wird, denn dieser Fall wäre kritisch und heikel", ist die Antwort.

In dem Abkommen über den Brückenbau ist dieser Fall nicht geregelt. Volkspolizei darf das Gelände
nicht betreten, wohl aber darf der Bauleiter bayerische Polizisten anfordern, die Tag und Nacht
Posten stehen, damit kein Westdeutscher auf die Idee kommt, einmal über den Bauzaun zu
lugen. Hinter der Bretterwand kontrollieren "Ordnungshüter" der DDR, die durch Armbinden als
"Bauschutz" gekennzeichnet sind.

In Bonn wurde Kritikern des Abkommens vorgehalten, der Bauzaun sei keine "Mur en miniature-
Mauer in Kleinformat", sondern entspreche den baurechtlichen Vorschriften. Ein von Polizei
doppelseitig abgesichertes Baugelände ist aber sonst nirgendwo in der Bundesrepublik anzutreffen.

Die Unterschriftsformel im Bauabkommen - "Im Auftrag mit der Vollmacht der zuständigen
Behörden" - ist nach Bonner offizieller Ansicht kein schlechter Tausch gegen die bisher übliche
"Für die Währungsgebiete der D-Mark West", denn sie sei noch unverbindlicher.

Zu Beginn der Woche ließ sich noch nicht absehen, ob die Bundesregierung bei den
Passierscheinverhandlungen mit Ostberlin ähnlich großzügig und kompromißbereit verfahren
will. Bis in die Schlußphase der Gespräche zwischen Senatsrat Korber und Staatssekretär
Wendt blieben die Unterschriftsformel und die Aufschrift "Hauptstadt der DDR" auf den
Passierscheinen umstritten.

Walter Ulbricht machte unterdessen von sich aus das von ihm selber verriegelte Tor
um einen kleinen Spalt auf: Rentnern in der DDR sind künftig Verwandtenbesuche in
Westberlin und der Bundesrepublik wieder erlaubt.

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