Eine wirkliche Wiedervereinigung erlebte unsere Leserin mel81 durch den Mauerfall:
Ich war noch sehr jung (acht Jahre alt), aber ich kann mich an die Mauerfall-Zeit sehr gut erinnern. Wir sind kurz vor dem Mauerfall in den Westen geflüchtet. Ich war ahnungslos, es hieß nur, wir fahren in den Urlaub. Ganz früh am Morgen müssten wir aufstehen, und mit großer Freude sah ich, dass meine Oma (meine Oma ist wie eine zweite Mama für mich) da war, und ich dachte, sie kommt mit uns in den Urlaub, aber nein. Sie weinte. Ich sagte weinend zu ihr: Omi, weine nicht, wir fahren in den Urlaub und sind bald wieder zurück – worauf sie noch mehr weinte.
Ich verstand das alles nicht, und in mir waren so viele Gefühle, der Abschied von Oma, die Freude auf Urlaub, und dann wurde alles anders. Es war komisch, wir Kinder sollten ruhig sein, unsere Fragen wurden nicht beantwortet, es war eine große Anspannung zu spüren. Dann waren viele Menschen dort, man verspürte Angst. Uns wurde gesagt: Schön zusammen bleiben – und wenn ihr einen großen Zaun oder eine Mauer seht, dann müssen wir da rüber.
Irgendwann waren wir mit vielen anderen Menschen in der Prager Botschaft, und ich war müde von den ganzen Eindrücken und Gefühlen. Dann erfuhr ich, dass wir nach Westberlin gehen und es kein Zurück mehr gibt, dass wir das alte Zuhause nicht mehr wiedersehen. Und plötzlich schossen mir die Tränen in die Augen, ich dachte an Oma und daran, ob ich sie wohl jemals wiedersehe. Ich weinte, ich war wütend und traurig, bis ich irgendwann einschlief.
Wir wurden einige Tage später nach Hannover gebracht und von dort aus sind wir nach Westberlin geflogen. Dort wohnten wir in einem Wohnheim, und alles war so neu und unvertraut. Einige Wochen später, erlebte ich einen der schönsten Tage meines Lebens, meine Oma stand in der Tür, ich sah sie, ich schrie, umarmte sie, und wir weinten vor Freude. Auch habe ich so viele andere Menschen gesehen, die glücklich und so voller Emotionen waren. Das ist meine Erinnerung an den Mauerfall.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/die- ... 34404.html
In der Art gab es damals sicherlich unzählige berührende Schicksale, die ganz sicher diese Diktatur der SED - Schergen und ihrer freiwilligen Diener nicht wegen der " Fleischtöpfe " verließen, wie man uns immer wieder vergeblich versucht weiszumachen.