Sachse sucht seine Fluchthelfer

Sachse sucht seine Fluchthelfer

Beitragvon Interessierter » 19. August 2019, 13:47

Am Montag jährt sich zum 30. Mal das Paneuropäische Picknick an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich, nach dem rund 600 DDR-Bürger spontan flüchteten.

Mario Geisler (59) war die Flucht schon zehn Tage vorher gelungen – mit Hilfe eines spanischen TV-Teams, das die lebensgefährliche Aktion filmte. Nun sucht der Leipziger seine Helfer von damals – um einfach noch mal DANKE zu sagen.

„Mit ein paar anderen Leuten hatten wir es vorher schon versucht, uns aber verirrt und waren erst beschossen und dann festgenommen worden. Nach zwei Tagen Haft durfte ich zurück“, erinnert sich der Dachdecker.


Eine Videokassette und ein Erinnerungsfoto hat er noch. Jetzt hofft der Leipziger auf ein Wiedersehen mit seinen Rettern von damals

„Im Malteser-Hilfslager in Budapest sprach mich dann eine junge Frau an, Blanca. Sie war Reporterin. Ich wollte mich ausruhen, verstand kaum, was sie mir versuchte zu erklären. Doch sie versprach: Ich weiß einen Weg! Ich zeige ihn Dir. Ich hatte nichts zu verlieren.“

Am 9. August 1989, noch vor Sonnenaufgang, brach die Gruppe auf. Neben Mario waren noch zwei andere Ostdeutsche, Alex und Jens, dabei. „Wir liefen ewig über Wiesen, durch Wald und Maisfelder. Manchmal standen ausgeschlachtete Trabis am Weg. Wir stiegen über Zäune. Keine Ahnung, wie weit es war.“

Aber irgendwann hätten da plötzlich rot-weiße Schleifen in den Bäumen gehangen.


Geisler: „Wir sahen einen See und ein Dorf. Alex rief Leuten im Garten zu: Ist das Österreich? Wir hatten es tatsächlich geschafft!“ Und Blanca und ihre Kollegen ließen weiter die Kamera laufen.

Gemeinsam ging es nach Wien, dann mit dem Zug nach Friedland in ein Flüchtlingslager. „Im Dezember kam eine Videokassette und ein Brief aus Spanien. „Aufwiedersehen“, schrieb die Spanierin. Auf dieses Wiedersehen hofft er nun.

Fotos dazu hier:
https://www.bild.de/regional/leipzig/le ... .bild.html
Interessierter
 

Re: Sachse sucht seine Fluchthelfer

Beitragvon Interessierter » 12. November 2019, 13:36

Wunderbar, man hat sich gefunden und getroffen.

Unsere DDR-Flucht bekommt eine Fortsetzung


Sie kennen sich kaum. Und trotzdem eint sie einer der dramatischsten Momente ihres Lebens. Im August 1989 halfen katalanische Journalisten drei jungen Ostdeutschen über die ungarisch-österreichische Grenze.

Mithilfe von BILD fanden sie sich wieder und trafen sich 30 Jahre später in Leipzig – wie Freunde!

Mario Geisler (heute 60) machte sich im Sommer des Umbruchs auf den Weg nach Budapest. Der Fußballer wollte raus, träumte von der Route 66 und der Welt, die er nur aus dem Westfernsehen kannte.

Auch der junge Dresdner Jens Waldhof-Tallen (heute 56) wollte Freiheit – irgendwie auch eine fixe Idee. Im Malteser-Lager warteten die Männer auf ihre Chance. Mario: „Zweimal hatte ich es auf eigene Faust versucht und nicht geschafft. Ich war erschöpft, Kohle und Hoffnung weg. Wir hockten zusammen, im selben Boot. Noch ein dritter Mann war dabei, Alex aus Berlin, als eine junge Journalistin auf uns zukam und versprach, uns zu helfen.“

Gemeinsam besuchten sie die Nikolaikirche in Leipzig

Heute auf dem Hauptbahnhof Leipzig. Eine kleine Dame mit Rollkoffer und energischem Schritt. An ihrer Seite ein älterer Herr mit Wetterjacke und Kappe. Mario und Jens werden schneller, als sie sie entdecken. Dann fliegen sie aufeinander zu, umarmen sich, immer wieder.

Es sind Blanca de la Torre (61) und Carlos Guardia (70) vom katalanischen Fernsehen TV3. „Erst heute wird mir klar, dass das was wir getan hatten, kriminell war“, sagt die Journalistin.

„Damals dachten wir keine Sekunde drüber nach, wie todesmutig wir und die Flüchtlinge waren. Fast vier Stunden suchten wir damals den Weg durch Felder und einen großen Wald. Ein Schlepper hatte versprochen uns zu begleiten. Doch er tauchte kurz bevor es los ging nicht mehr auf. Die Deutschen drängten uns, es trotzdem zu versuchen. Denn wir hatten ein Auto, Kartenmaterial und die laufende Kamera, von der sie sich vielleicht Schutz erhofften. Wir spürten ihren Willen, aber auch, wie sie am ganzen Körper zitterten. Wir glaubten, uns würde im notfalls unser Pass etwas nützen. Was für ein Trugschluss. Doch als wir plötzlich österreichische Fahnen sahen, war eh alles gut und wir fühlten nur pures Glück . Jens hob mich hoch und drehte mich immer wieder. Heute weiß ich, wir haben Geschichte in der ersten Reihe erlebt.“


Carlos lacht, wenn Mario die alten Fotos raus holt und erinnert sich: „Leute im Dorf servierten uns Würstchen und Kartoffelsalat. Nie wieder aß ich Würstchen, die so gut schmeckten.“

Der 30-minütige Film der Katalanen wurde immer wieder im Fernsehen gezeigt. Aus dem Wiedersehen der Flüchtlinge und ihrer Helfer entsteht jetzt ein neuer Beitrag. Der unabhängige Fernsehsender will gleichzeitig erzählen, was die politische Veränderung und der Freiheitswille der Ostdeutschen den Menschen brachte. Der Eine wurde glücklich, der Andere nicht. Jens ist selbstständig, seit 27 Jahren verheiratet im Westen mit einem Mann. Mario kam schon wenige Jahre nach der Wende nach Leipzig zurück, ist arbeitslos und wartet immer noch auf das Glück, was nicht erzwungen werden kann.

https://www.bild.de/regional/leipzig/le ... .bild.html

Ein bewegendes Happy End, dass auch heute noch berührt.
Interessierter
 


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