Neues Lager, neues Glück

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Beitragvon Interessierter » 26. November 2017, 12:04

Als Stalin starb, fasste Familie Crusius ihren Entschluss: Raus aus der DDR. Detlev Crusius war damals elf Jahre alt. Mit der offiziellen Empfehlung seiner Lehrerin reiste er nach Berlin. Doch statt sich die Stalinallee anzusehen, stieg die Familie in eine andere Bahn.

Bild
Geschwister Crusius: Meine beiden Schwestern und ich grinsen da 1952 in die Kamera. Im Jahr darauf sind wir nach Westdeutschland geflohen. Die kleinste rechts ist Christine, in der Mitte Heliane, links bin ich.

Kurz nach Stalins Tod 1953 und kurz vor dem 17. Juni haben wir der DDR den Rücken gekehrt. Wir, das waren meine Mutter, mein Vater, meine beiden Schwestern und ich. Ich war damals elf Jahre alt und lebte in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern). Ich hatte erlebt, wie Leute abgeholt wurden und auf Nimmerwiedersehen verschwanden.

Man konnte über die DDR denken, wie man wollte, man konnte alles schlecht finden, alles gut oder nur teilweise gut und den Rest schlecht, nach meiner Meinung hat man nur zwei Möglichkeiten in so einem Staat, und das gilt damals wie heute: Man mischt möglichst weit oben in der Hierarchie mit oder man haut ab. Meine Eltern hatten sich Anfang 1953 für die zweite Variante entschieden. Das war nicht vaterländisch und schon gar nicht heldenhaft, aber pragmatisch.

Es gab zu Hause merkwürdige Anzeichen, Veränderungen, die ich nicht einordnen konnte, meine Eltern wurden geheimnisvoll, sie hörten auf zu reden, wenn ich dazu kam, ständig wurde bei uns getuschelt. "Juden im Schiff", sagte meine Mutter immer, wenn ich ins Zimmer kam. Dieser Spruch hatte seinen Ursprung in einem großen Plakat aus der Nazi-Zeit, wo der Erzfeind, natürlich ein Jude, dabei erwischt wurde, wie er die guten Deutschen belauschte.

Mit der Fluchtgeschichte der Familie Crusius geht es hier weiter:
http://www.spiegel.de/einestages/flucht ... 49659.html
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon augenzeuge » 26. November 2017, 12:16

Man konnte über die DDR denken, wie man wollte, man konnte alles schlecht finden, alles gut oder nur teilweise gut und den Rest schlecht, nach meiner Meinung hat man nur zwei Möglichkeiten in so einem Staat, und das gilt damals wie heute: Man mischt möglichst weit oben in der Hierarchie mit oder man haut ab.


Karnak, da ist was dran, nicht wahr? [grins]

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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 26. November 2017, 12:29

An allem ist immer irgendwas dran. Bei allen Misständen die es in diesem Land gab, bei allem was einen manchmal ank.. konnte, man konnte in diesem Land leben ohne das es einen umbrachte. Dass ging mir so und ich war weit weg von einem irgendwo da oben und das ging einem Millionenheer von Menschen dort so. Was nicht heißt, dass ich unter den heutigen Bedingungen der"guten alten Zeit" nachtrauere. Den Sülz vom Interessierten und Co. zu dem Thema kann man sich ersparen.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Volker Zottmann » 26. November 2017, 13:43

karnak hat geschrieben:An allem ist immer irgendwas dran. Bei allen Misständen die es in diesem Land gab, bei allem was einen manchmal ank.. konnte, man konnte in diesem Land leben ohne das es einen umbrachte. Dass ging mir so und ich war weit weg von einem irgendwo da oben und das ging einem Millionenheer von Menschen dort so. Was nicht heißt, dass ich unter den heutigen Bedingungen der"guten alten Zeit" nachtrauere. Den Sülz vom Interessierten und Co. zu dem Thema kann man sich ersparen.



Keineswegs Kristian!
In jenem Moment, wo von diesem "Sülz" nicht mehr berichtet würde, begänne die totale Verlärung, das Berichten von einem "Traumland" der Arbeiter und Bauern.
Du müsstest Dich eigentlich noch erinnern, wie uns zu DDR-Zeiten immer wieder die im 3. Reich Geknechteten berichteten, damit keine NS-Verbrechen dem Vergessen je anheim fallen.
Richtig war das, wenn auch nur einseitig. Warum soll das heute falsch sein? Millionen von DDR-Flüchtlinge haben sich doch nicht alle geirrt.

Gruß Volker
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 26. November 2017, 14:01

Volker Zottmann hat geschrieben:In jenem Moment, wo von diesem "Sülz" nicht mehr berichtet würde, begänne die totale Verlärung, das Berichten von einem "Traumland" der Arbeiter und Bauern.

Kein Mensch wird das"Traumland der Arbeiter und Bauern" verklären, es war dafür viel zu wenig schön und auch nicht unschön, es verfällt mehr und mehr in die Vergessenheit und ist völlig uninteressant. Mit dem "Sülz" hingegen will man den Horror wachhalten hinsichtlich der grundlegenden Idee die hinter dem System des bisschen DDR stand. Diese VISION, vor der will man damit fernhalten und man findet auch immer wieder Interessierte und Zottmänner die auf dieser Pauke trommeln, es wird aber nichts nützen, die Spezies Mensch wird ihren Weg gehen oder untergehen, beides wäre letztlich schlüssig und in der jeweiligen Konsequenz zwingend.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Interessierter » 26. November 2017, 16:09

Solange ehemalige willfährige Diener der SED - Diktatur und ganz besonders, die des MfS, meinen sie müßten die Schilderung von Zeitzeugen, die Schilderung unterschiedlichster Medien und die Ergebnisse anerkannter Historiker, einfallslos als " Sülz " bezeichnen, ist es nicht nur angebracht, sondern auch erforderlich immer wieder die menschenverachtenden Praktiken dieser Diktatur aufzuzeigen.

Das schändliche Treiben dieser SED - Schergen wird auch noch Jahrzehnte Erwähnung finden, genau wie die Verbrechen von NKDW und der Nazis. Wenn das dir missfällt, interessiert doch niemanden.
Es ist doch bezeichnend, dass auch nach fast 30 Jahren immer noch bislang unbekannte Vergehen und Einzelschicksale bekannt werden, deren Ursache eben diese SED - Diktatur war.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon andr.k » 26. November 2017, 20:35

Interessierter, deine immer gleichen Worthülsen zeigen, dass du nur Zeitungsartikel konsumierst. Wie du jetzt auf unterschiedlichste Medien und die Ergebnisse anerkannter Historiker kommst, bleibt dein Geheimnis.

Versuche doch mal das Buch von Jens Hacker, "Deutsche Irrtümer, Schönfärberei und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen", zu lesen, sind auch nur 615 Seiten.
Man lebt ruhiger, wenn man nicht alles sagt, was man weiß, nicht alles glaubt, was man hört und über den Rest einfach nur lächelt.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Kumpel » 27. November 2017, 11:46

karnak hat geschrieben: Mit dem "Sülz" hingegen will man den Horror wachhalten hinsichtlich der grundlegenden Idee die hinter dem System des bisschen DDR stand.


Un da ist sie wieder die Theorie der konzertierten Aktion des Klassenfeindes gegen die "grundlegende Idee" .
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Volker Zottmann » 27. November 2017, 12:12

Mit gleichem Gedankenansatz wie Karnak hier debattiert, hätte er mal zu DDR-Zeiten gegen das dauernde Erinnern an die Nazi-Verbrechen und das Mahnen aufbegehren sollen. ....
Durch immerwährendes Wiederholen und benennen all der Verbrechen, kann vielleicht in Zukunft ein neues Aufflammen der Nazis ebenso unterbunden werden, wie ein Aufleben einer neuen DDR-artigen Diktatur.

Insofern ist Mahnen immer richtig. Selbst wenn sich in Potsdam und Holstein deshalb aufgeplustert wird.


Gruß Volker
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 27. November 2017, 14:43

Gegen Mahnen habe ich nicht das geringste, Unsinn erzählen, dass kann auch jeden mal im Eifer des Gefechtes passieren, VORSÄTZLICH dummes Zeug verbreiten , dass ist das Problem.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Volker Zottmann » 27. November 2017, 15:42

karnak hat geschrieben:Gegen Mahnen habe ich nicht das geringste, Unsinn erzählen, dass kann auch jeden mal im Eifer des Gefechtes passieren, VORSÄTZLICH dummes Zeug verbreiten , dass ist das Problem.

Welche dieser vom Interessierten eingestellten Fluchten beispielsweise ist dumes Zeug?
Welche meiner Aussagen?
Welcher freigekaufte politische Häftling oder welcher dazu erklärte Person, um sie verkaufen zu können, ist dummes Zeug?
Selbst der Menschenhandel ist kein dummes Zeug. Die einen halfen Flüchtenden. Die Kriminellen DDR-Händler verkauften gegen DM ihre Mitbürger. Nicht Dumm, aber pervers!

Gruß Volker
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 27. November 2017, 15:55

[grin] Ich will jetzt wirklich nicht das ganze dumme Zeug, dass hier schon verbreitet wurde einstellen, mit den stichhaltigen, völlig zweifelsfreien Argumenten die das belegen , macht mir zu viel Mühe und es würde wiederholt und in Konzentration die Geschichtenerzähler vorführen, dass möchte ich vermeiden. Interessierte Mitleser hier werden auf die Peinlichkeiten in entsprechenden Abständen gestoßen sein, diese Überzeugung befriedigt meine Bedürfnisse. [hallo]
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Interessierter » 27. November 2017, 15:58

Es scheint dir ja fürchterlich auf den Magen zu schlagen, wenn du lesen mußt wie Zeitzeugen, Medien und Historiker über Ereignisse in der DDR berichten.
In deiner ungeheuerlichen Unwissenheit fällt dir nichts besseres ein, als Dinge zu bestreiten bzw. zu unterstellen, man würde vorsätzlich Unsinn erzählen.

Widerlegende Fakten, wie fast immer bei dir, natürlich Fehlanzeige. Egal wer etwas einstellt, dass die häßliche Fratze dieser SED - Diktatur aufzeigt, die Schilderungen werden von dir bestritten oder du unterstellst sogar, dass diese Menschen bewußt die Unwahrheit sagen. Man könnte annehmen, dass du überall dabei gewesen bist. Schlimmer als BILD!!

Mit deiner hilflosen, schlichten Argumentation, Darstellungen anderer Menschen als Sülz zu bezeichnen, beeindruckst du genau so wenig, wie mit deiner ca. siebenstündigen Oneman Show in Marienborn.

Deine Kenntnisse ausserhalb der Stasibrille über Leben und Empfindungen ehemaliger DDR - Bürger sind einfach erschreckend minimal.

Oder ist es der Fall vom Stasihauptmann zum " Harrymann ", der dich frustiert und derart agieren läßt?
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 27. November 2017, 16:09

Interessierter hat geschrieben:man würde vorsätzlich Unsinn erzählen.[/b]


Das behaupte ich nicht, dass weiß ich und das habe ich schon an X Beispielen völlig zweifelsfrei nachgewiesen.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Volker Zottmann » 27. November 2017, 16:22

Kristian, es gibt Parallelen zwischen Holocaust-Leugnern und DDR-Unrechtbestreitern.
Den Ersteren wird Haftstrafe angedroht. Verpass Du nur den Zeitpunkt nicht, wenn mal per Gesetz das Leugnen DDR-Unrechts den Straftatbestand erfüllt. Ich besuche Dich dann nicht!

Gruß Volker
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Interessierter » 27. November 2017, 16:26

@karnak: Da ich dir eine Vielzahl von Beispielen bringen kann, wo du einfach nur Dinge behauptet bzw. bestritten hast, ohne es zu wissen oder belegen zu können, macht es wenig Sinn die Diskussion fortzusetzen.

Ich lerne ja gerne dazu und würde gerne folgendes von dir wissen:
Wenn ein Zeitzeuge berichtet, was er erlebt hat, woher willst du dann wissen bzw. kannst du erkennen, dass er bewusst die Unwahrheit sagt, obwohl du nicht dabei gewesen bist? [denken]
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Merkur » 27. November 2017, 16:27

Hey Karnak, äug mal um die Ecke, ob der Fischlaster schon im Anmarsch ist. [flash]
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 27. November 2017, 16:27

[grin] Ich bestreite kein DDR-Unrecht, dass habe ich noch nie getan. Es wäre mir ein innerer Vorbeimarsch mich einen derartigen Prozess zu stellen und 2 Jahre Knast vor der Rente, es wäre faktisch ein Geschenk für mich. [wink]
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 27. November 2017, 16:32

Interessierter hat geschrieben:@karnak: Da ich dir eine Vielzahl von Beispielen bringen kann, wo du einfach nur Dinge behauptet bzw. bestritten hast, ohne es zu wissen oder belegen zu können, macht es wenig Sinn die Diskussion fortzusetzen.

Ich lerne ja gerne dazu und würde gerne folgendes von dir wissen:
Wenn ein Zeitzeuge berichtet, was er erlebt hat, woher willst du dann wissen bzw. kannst du erkennen, dass er bewusst die Unwahrheit sagt, obwohl du nicht dabei gewesen bist? [denken]

Es gibt Dinge von denen ich einfach weiß, dass sie nicht stimmen, so sicher wie ich weiß, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt obwohl ich noch nie am Nordpol war. Bei anderen Dingen wo ich das nicht so genau weiß habe ich nur eine Meinung und die begründe ich in aller Regel.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Interessierter » 27. November 2017, 17:09

Es gibt Dinge von denen ich einfach weiß, dass sie nicht stimmen


Danke für die nichtssagende Erklärung, bin amüsiert und habe fertig.......... [flash]
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon karnak » 27. November 2017, 17:12

Umfassendere Erklärungen dazu hast Du von mir schon mehrmals bekommen und der Weihnachtsmann fehlt bei dem Zitat.
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Interessierter » 1. April 2019, 10:57

Als in Stalins Lagerhölle die Utopie starb

Deportiert, versklavt, auferstanden in der DDR: Buchpreisträger Eugen Ruge hat die Erinnerungen seines Vaters, des Historikers Wolfgang Ruge, herausgegeben.

Reden wir mal über Brot. Ganz normales Brot, mausgraues, nicht mehr ganz frisches, klebriges, nacktes Brot. Das kann eine ziemlich harte Währung sein. Wenn man Bäume fällen muss bei vierzig Grad unter null in Sibirien. Mit Fußlappen statt Schuhen an den Füßen und einem Wintermantel um die Schultern, der seine Karriere gut zehn Jahr zuvor als Sommerüberzieher begonnen hatte.

Da denkt man nicht mehr daran, wie man eigentlich hierher geraten ist, dass das hier eigentlich das gelobte Land sein sollte, der Marxismus als gesellschaftliche Praxis, denkt nicht mehr daran, wie zur Hölle sich diese Utopie in ein derart endloses, tödliches Lager verwandeln konnte. Da denkt man nur noch an Brot. Und dass es einen verdammten Unterschied macht, ob man nun 500 Gramm am Tag bekommt zur wässrigen Suppe, in der nur manchmal ein Knorpelchen schwimmt, oder bloß 400. Dann will man überleben, nichts weiter, will man durchkommen.

Es ist eine vergessene Geschichte, in der von der Währung Brot und vom Überleben im Albtraum die Rede ist. Es ist die Geschichte einer in Blut und Verzweiflung platzenden Illusion und eine der zentralen Lügen, auf der die DDR gebaut war. Es ist die Geschichte von Wolfgang Ruge.

"Die Ideologie der DDR gründete auf eine Lüge"

Nach draußen, in die vermeintlich sozialistische Welt, durfte das aber nicht. Da wäre das gefährlich gewesen, für den Nationalpreisträger Wolfgang Ruge und für die DDR. Das hätte ihre Grundfeste, ihren Gründungsmythos erschüttert . Denn, da echauffiert sich der sonst sehr ruhige Sohn zum ersten und letzten Mal, „das Hauptproblem der DDR war doch, dass ihre ganze Ideologie der DDR eben auf einer Lüge aufgebaut war. Und diese Lüge besteht darin, dass man die Vorgeschichte, den Stalinismus und seine zwanzig Millionen Opfer, verdrängt und totgeschwiegen hat.“

Eine aufklärerische Idee stand allerdings nicht hinter der Arbeit an „Gelobtes Land“. Die DDR und den deutschen Sozialismus hatte es ohnehin dahingerafft. Und die Hoffnung, dass der Marxismus als gesellschaftliche Praxis irgendwann tatsächlich funktionieren würde, hatte Ruge längst aufgegeben. Und so muss man „Gelobtes Land“, sagt Eugen Ruge, als Ergebnis einer selbstverordneten Traumatherapie verstehen, als Akt der Selbstreinigung.

Dass der Sohn „Gelobtes Land“ nun noch einmal gründlich ediert und, auf ursprüngliche Manuskriptteile zurückgreifend, überarbeitet hat, verdankt sich allerdings schon auch einem aufklärerischen Impetus. Eugen Ruge hält es für das – neben der Lenin-Biografie – vielleicht beste Buch des Vaters. Er möchte – mit seinem Vater – die Erinnerung wenigstens ein bisschen wachhalten an die vielen Pianisten, Geiger, Ärzte, Doktoren, Architekten, die vielen einfachen Leuten, die in Stalins Lagern verreckt sind, auf der Flucht erschossen wurden, obwohl sie auch Kommunisten waren.

Eben weil sie Deutsche waren, und von deren elendiglichem Ende in Stalins Lagern Wolfgang Ruge erschütternd nüchtern berichtet. Eugen Ruge will vor allem nicht, dass diese, in dieser Form nie erzählte Geschichte durch den Rost fällt. Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen, die einen, die Linken, halten sie für Nestbeschmutzerei, die andern tun sie gern ab nach dem Motto: selber schuld, was geht er auch Mitte der 30er in Stalins Reich.

"Die Welt ist nicht zu retten"

Am Ende, sagt der Sohn, war der Vater, der gleich zwei gelobte Länder überlebte, die sich als ziemlich verkommene Ufer herausstellten, kein Misanthrop. Davor schützte ihn, den Goethe-Freund, sein klassisches Menschenbild, das er mit sich herumtrug. Aber ein Fatalist war er, der den Kapitalismus verachtete und das Scheitern des Sozialismus einräumen musste, wohl schon. „Ich persönlich“, hätte Wolfgang Ruge wohl am Ende gesagt, „habe insgesamt“ – „er würde das Wort ersprießlich wählen an dieser Stelle“, sagt sein Sohn – „ich persönlich habe insgesamt ein ersprießliches Dasein gehabt. Aber die Welt ist nicht zu retten.“

Der vollständige Beitrag hier:
https://www.welt.de/kultur/history/arti ... starb.html
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Edelknabe » 2. April 2019, 17:22

Volker mit diesem:

"Millionen von DDR-Flüchtlinge haben sich doch nicht alle geirrt."
textauszug ende

Gibt es dazu ne Statistik, so von 1949 bis 1989? Waren das Millionen? Oder wie viele genau?

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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Volker Zottmann » 2. April 2019, 17:27

Edelknabe hat geschrieben:Volker mit diesem:

"Millionen von DDR-Flüchtlinge haben sich doch nicht alle geirrt."
textauszug ende

Gibt es dazu ne Statistik, so von 1949 bis 1989? Waren das Millionen? Oder wie viele genau?

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Soviel ich weiß, über 4 Millionen. Besonders bis 1961. Selbst gezählt habe ich nicht!

Gruß Volker
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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon pentium » 2. April 2019, 17:32

Edelknabe hat geschrieben:Volker mit diesem:

"Millionen von DDR-Flüchtlinge haben sich doch nicht alle geirrt."
textauszug ende

Gibt es dazu ne Statistik, so von 1949 bis 1989? Waren das Millionen? Oder wie viele genau?

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Von der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 bis in den Juni 1990 verließen über 3,8 Millionen Menschen den Staat, davon viele illegal und unter großer Gefahr. Eingeschlossen sind in diese Zahlen aber auch 480.000 seit 1962 legal ausgereiste DDR-Bürger. Etwa 400.000 kehrten im Laufe der Zeit wieder in die DDR zurück.

Bettina Effner, Helge Heidemeyer (Hrsg.): Flucht im geteilten Deutschland. Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, be.bra verlag, Berlin 2005, S. 27/28.
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Dr. 213 » 2. April 2019, 17:44

Das sind die messbaren Zahlen und erfassen nur die Menschen, die sich erdreistet haben, es durchzuziehen.
Ich schätze, es sind mindestens nochmal so viele die es wollten aber einfach nicht gewagt haben.

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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Edelknabe » 2. April 2019, 17:51

Ja Danke und echt, ich hätte das nicht gedacht. Aber gut, es geht für mich in Ordnung.

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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Dr. 213 » 2. April 2019, 18:02

karnak hat geschrieben:Es gibt Dinge von denen ich einfach weiß, dass sie nicht stimmen, so sicher wie ich weiß, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt obwohl ich noch nie am Nordpol war. Bei anderen Dingen wo ich das nicht so genau weiß habe ich nur eine Meinung und die begründe ich in aller Regel.


Wenn Du nicht dabei warst, wie kannst Du das mit solcher Bestimmtheit sagen ?
Der Rest da oben geht schon in Ordnung. Die menschliche Denke gewichtet eigene Erfahrungen eben recht stark.

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Re: Neues Lager, neues Glück

Beitragvon Sperrbrecher » 2. April 2019, 18:12

karnak hat geschrieben: Es wäre mir ein innerer Vorbeimarsch mich einen derartigen Prozess zu stellen und 2 Jahre Knast vor der Rente, es wäre faktisch ein Geschenk für mich.

Sicher nicht, wenn er unter MfS-Bedingungen stattfinden würde. Dagegen sind die heutigen Strafvollzugsmaßnahmen doch Sanatorienaufenthalte.
In der DDR wussten 90% der Bevölkerung, dass sie verarscht werden.
In der Bundesrepublik haben es 90% der Wähler immer noch nicht gemerkt.
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