Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon Alfred » 30. Juni 2012, 16:23

AZ,

hier mal ein §:

§ 94 Landesverrat
(1) Wer ein Staatsgeheimnis
1. einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder
2. sonst an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland
zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen,
und dadurch die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland
herbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe [b]lebenslange Freiheitsstrafe [/b]oder Freiheitsstrafe nicht unter fünf
Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1. eine verantwortliche Stellung mißbraucht, die ihn zur Wahrung von Staatsgeheimnissen besonders
verpflichtet, oder
2. durch die Tat die Gefahr eines besonders schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland herbeiführt.


Übrigens, nicht aus der DDR, sondern aus der BRD. Markierung von mir.

Sonst noch 1 mal.

Zum Strafmaß. Ein Richter begründet die Strafe, die er ausgesprochen hat. So wird dies auch hier geswesen sein. Ich kenne weder die Akte, noch die komplette Urtielsbegründung.

Isolationshaft oder Einzelhaft gibt es in allen Ländern der Welt. Ich kenne Personen die saßen nach 1990 auch über Jahre in Einzelhaft. Auch die RAF - Leute sollen davon betroffen gewesen sein. Das habe ich jedenfalls so in Erinnerung und Stefan Aust wird in seinen Buch "Der Bader - Meinhof Komplex" sich dies wohl nicht ausgedacht haben.
Ich hatte schon geschrieben, wenn er in absoluter Isolation war, wie konnte es ihm gelingen , einen Mitgefangenen einen Kassiber zu übergeben, der dann wohl über Umwege bei Strauß landete.

Beschaffe mir die komplette Akte und ich würde dir sehr genau antworten.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 16:25

Alfred hat geschrieben: Und was hatte denn die Dienstanweisung der Abt. XIV des mfS mit Bautzen zu schaffen ? Bautzen unterstand dem MdI.


Dazu wollte ich dir noch ein Buch empfehlen:
http://www.amazon.de/Bautzen-Sonderhaft ... B008AJHFGK

Aus einer Rezension:
Vieles wurde direkt von der Berliner Stasi- Zentrale aus dirigiert. Vor Ort führte dann der »Verbindungsoffizier des MfS« die Befehle penibel aus.
Außerdem war auch der jeweilige Leiter der Strafvollzugseinrichtung, obwohl in Polizeiuniform, nicht selten ein MfS-Oibe (Offizier im besonderen Einsatz). Die Autoren weisen nach, dass das Innenministerium auf Bautzen-II in der Praxis nur einen »eingeschränkten Zugriff« hatte. Die Stasi hingegen konnte dort die Bediensteten, von denen wiederum viele ohnehin dem MfS angehörten, genauso wachsam bespitzeln wie die »Staatsverbrecher«, die in Bautzen-II einsaßen.

Erstmals werden auch die Biografien der Anstaltsleiter und der leitenden MfS-Offiziere der Haftanstalt Bautzen-II vorgestellt. Ebenso die Stasi-Verbindungsoffiziere. Erst jetzt können die ehemaligen Insassen von Bautzen-II nachlesen, wer sie in den 33 Jahren zwischen 1956 und 1989 quälte und peinigte: die Leiter Steinwedel, Erwin Mayer, Pokorny, Faedtke und Alex.

Jeder der behauptet, Bautzen-II war keine Haftanstalt des MfS«, die Anstalt sei ein »normaler« Strafvollzug gewesen, wo Ruhe geherrscht habe und Übergriffe eher selten passierten, sei die Lektüre dieses Buches wärmstens empfohIen.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 16:31

Sorry, Alfred, dein § trifft m.E. in dem Fall überhaupt nicht zu. Was du in dem Fall alles findest, das schaffte nicht mal das Gericht der DDR. Wegen dieser Sache wäre ein Bundesbürger nie lebenslang in Haft gegangen. Das ist ein Witz. Der hatte den Landesverrat nicht einmal versucht, nicht geplant, nicht begangen.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 16:34

Alfred hat geschrieben:Ich hatte schon geschrieben, wenn er in absoluter Isolation war, wie konnte es ihm gelingen , einen Mitgefangenen einen Kassiber zu übergeben, der dann wohl über Umwege bei Strauß landete.


Das kann ich dir nicht sagen. Für Geld war alles möglich. Du willst doch hoffentlich nicht abstreiten, dass S in Isohaft mehrheitlich saß?
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 16:34

Alfred hat geschrieben:Ich hatte schon geschrieben, wenn er in absoluter Isolation war, wie konnte es ihm gelingen , einen Mitgefangenen einen Kassiber zu übergeben, der dann wohl über Umwege bei Strauß landete.


Das kann ich dir nicht sagen. Für Geld war alles möglich. Du willst doch hoffentlich nicht abstreiten, dass S in Isohaft mehrheitlich saß?
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SCORN » 30. Juni 2012, 16:39

augenzeuge hat geschrieben: Ober er eine andere Chance hatte, kann ich nicht beurteilen. Aber ich sehe schon einen Unterschied zwischen jemand, der auf einem Schiff ist, und einem der als Gakl nur 2 Schritte tun muss, er also ganz andere Möglichkeiten hat.

Aber sag mal, wie hätte es jemand anstellen können, um keinen zu gefährden?
AZ


Hallo AZ,

Eigentlich sprengt es das Thema, aber da du danach fragst will ich versuchen zu erklären.
Der Grenzdienst auf einem Schiff der 6.GBK war entweder Parouillendienst oder das Ankern auf festgelegten Positionen. Das Ankern war auch aus ökonomischen Gründen die bei weitem bevorzugte Variante. Ein Schiff war in der Regel eine Woche auf See. Die Ankerpositionen lagen im allgemeinen etwas außerhalb der Seegrenze! Die Schiffe wurden regelmäßig, bei der Ankerposition vor der Halbinsel Wustrow, eigentlich täglich, durch Boote des BGS, des Zolls und der Bundesmarine „besucht“. Lag das Grenz Schiff vor Anker war eine gefahrlose Annäherung bis auf wenige Meter möglich und allgemeine Praxis.
Dabei wurde oft von Bundesdeutscher Seite versucht die Männer an Oberdeck in Gespräche zu verwickeln! Von uns aus wurde natürlich meist nicht reagiert. Wenn man aber von der Brücke ungesehen den Seeleuten auf dem anderen Boot/Schiff zuwinkte war deren Interesse um so mehr geweckt!
Wenn ich also hätte die Seiten wechseln wollen, so hätte ich mich mittels Zeichen bemerkbar gemacht und zu erkennen gegeben dass ich springen oder schwimmen wollte! Du kannst versichert sein das sie dann aber ziemlich nahe an die Bordwand gekommen wären um dir einen Sprung zu ermöglichen!
Dasselbe war bei unzähligen privaten Sport und Freizeitbooten möglich welche im Sommer manchmal wie die Schmeißfliegen waren um sich mal einen Ostdeutschen Matrosen von der Nähe aus zu betrachten. Ich könnte Dutzende Storys in dieser Richtung berichten, manche sogar recht lustig andere nicht!

Die Schiffsführung hätte nicht viel machen können, zum einen weil an Bord keine Waffen getragen wurden, lediglich auf der Brücke waren einige wenige KMS-72 in einem verschlossenen Waffenspind für das Durchsuchungskommando gelagert und durch das Ankern war das Schiff sowieso manövrierunfähig!

Ich behaupte aus eigener Erfahrung und Erleben dass bei vorhanden Willen und etwas Vorsicht ein relativ gefahrloses Übertreten für Angehörige der Grenzschiffe und Vorpostenschiffe der VM möglich gewesen wäre. Bei Aufklärungsschiffen noch mehr!

SCORN
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon Alfred » 30. Juni 2012, 16:48

augenzeuge hat geschrieben:
Alfred hat geschrieben:Ich hatte schon geschrieben, wenn er in absoluter Isolation war, wie konnte es ihm gelingen , einen Mitgefangenen einen Kassiber zu übergeben, der dann wohl über Umwege bei Strauß landete.


Das kann ich dir nicht sagen. Für Geld war alles möglich. Du willst doch hoffentlich nicht abstreiten, dass S in Isohaft mehrheitlich saß?
AZ


AZ,

noch 1 x.

Ich kenne die Haftakte des Herren nicht.

Und die entsprechende Behörde als Quelle, da habe ich nun gewisse Zweifel.

Ich lese gerade ein Buch, wo es um Hilfe der DDR für verschiedene Staaten geht, auch militärischer Art.

Der Autor - Major der Bundeswehr - bezieht sich auch auf einige Veröffentlichungen in der Presse der BRD vor und nach 1990. Da vieles falsch dargestellt wird / wurde , kommt der Autor u.a. zu der Einschätzung: " Die genannten Thesen oder Bewertungen stehen somit auf wackligen Boden, der auch durch immer neue Reproduktion und Wiederholungen nicht stabiler wird". Ein weitere Autor, der sich mit dieser Poblematik beschäftigte, kam zu der Einschätzung, das entsprechende falsche Veröffentlichungen politisch motiviert und maßlos übertrieben waren.

Genau dieser Eindruck beschleicht mich bei verschiedenen Veröffentlichungen zu verschiedenen Themen ,Tag für Tag.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SCORN » 30. Juni 2012, 17:30

Auf dem Foto unten ist exakt ein Ruderstand (Steuer) zu sehen auf welchen auch "S" G 424 gesteuert hat. Vor sich eine Panzerblende ca. 24x40 cm groß. Sie ermöglicht nur ein äusserst beschränktes Sichtfeld in den unmittelbaren Vorrausbereich! Um halbwegs sicher in der Lübecker Bucht das Schiff führen zu können hätte er einen Mann auf der offenen Brücke, einen Navigator im Kartenraum, einen am Radar und einen in der Maschine gebraucht! Alleine das Schiff in Fahrt zu setzen grenzt an eine Amokfahrt an russisch Roulette!
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SkinnyTrucky » 30. Juni 2012, 17:46

augenzeuge hat geschrieben:Die Sache mit dem Getränk ist doch eindeutig. Oder warum bekamen die anderen keine Lebensmittelvergiftung?


Jörg, mindestens von einem weiteren Häftling wird soetwas berichtet mit Grapefruitsaft, auch einer der dort sehr lange isoliert wurde....dabei muss man eigendlich auch anmerken, das Grapefruitsaft auf eine Reihe von Medikamente Einfluss nimmt, deren Wirkung zum Teil erheblich verstärken kann oder Ähnliches....

groetjes uit Cerignola....noch immer so um die 35 Grad....

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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon Edelknabe » 30. Juni 2012, 18:06

Eh hört auf mit Pampelmusensaft in der DDR. Wo sollte denn der hersein und dann noch für politische Häftlinge in Bautzen? Kam der aus dem Delikat oder dem Intershop? Lasst bloß die Kirche im DDR-Dorf, erst meinten die westdeutschen Kritiker in der DDR war alles nur Mangel für die Bevölkerung und dann soffen die Politischen den gesunden Pampelmusensaft?

Rainer-Maria nu hört aber auf mit solchen Sachen. Vielleicht wars die Milch...denn da gabs jede Menge, zum Teil auch tagtäglich kostenlos für den Werktätigen Mann, die Frau, den Häftling und den Politischen dazu.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 18:09

SkinnyTrucky hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Die Sache mit dem Getränk ist doch eindeutig. Oder warum bekamen die anderen keine Lebensmittelvergiftung?


Jörg, mindestens von einem weiteren Häftling wird soetwas berichtet mit Grapefruitsaft, auch einer der dort sehr lange isoliert wurde....dabei muss man eigendlich auch anmerken, das Grapefruitsaft auf eine Reihe von Medikamente Einfluss nimmt, deren Wirkung zum Teil erheblich verstärken kann oder Ähnliches....
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Klar, Mara. In dem Fall wäre S aber fast gestorben. Und eins muss man wissen, S war aufgrund seiner dauerhaften Verletzungen in ärztl. Versorgung. Und S strebte sogar einen Prozess nach der Wende wegen dieses vermeintlichen Attentats an. Verlief im Sande. So ganz ohne war das sicher nicht, und ich dachte, es wird genau kontrolliert, wer dort was zu essen und zu trinken bekam.

Übrigens, ich kann mich nicht daran erinnern, Grapefruitsaft normal kaufen zu können. Oder?
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 18:11

Edelknabe hat geschrieben:Eh hört auf mit Pampelmusensaft in der DDR. Wo sollte denn der hersein und dann noch für politische Häftlinge in Bautzen?


Genau! Aber nach den Infos war es so.....versteh ich auch nicht. [denken]
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon Affi976 » 30. Juni 2012, 18:12

Ich kann mich an eine Reise erinnern, wir wohnten in Superhotels und da gab es jeden Tag Grapefruitsaft und Kaffee bis zum abwinken.
Einige meiner Kollegen dachten, sie tun sich was ganz besonderes an und trinken jeden Tag diesen Saft, natürlich nicht nur ein Glas, nein.....es war eben umsonst.
Uns so kam es, dass sie sich in ärztliche Obhut begeben mußten, da nicht nur ihr Magen, sondern auch ihr Darm verrückt spielte. Die Kröhnung war noch, alle hatten sich ihren "Auspuff" wund gekackt und konnten kaum noch sitzen.
Bei einer monotonen Ernährung im Knast, wie sie hier immer proklamiert wird und wie sie bestimmt auch war, dürfte es wohl keine Frage sein, dass einem der G-Saft nicht nur auf den Magen schlägt. Manche sehen darin dann auch eine Lebensmittelvergiftung!
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 18:14

Affi976 hat geschrieben:Ich kann mich an eine Reise erinnern, wir wohnten in Superhotels und da gab es jeden Tag Grapefruitsaft und Kaffee bis zum abwinken.
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Oh, das ist eine nicht so tolle Kombination.

Affi war eben doch etwas Besonderes- der war in Superhotels.... [grins]
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon Affi976 » 30. Juni 2012, 18:39

Zitat AZ:...Affi war eben doch etwas Besonderes- der war in Superhotels.

@AZ,
Du weisst: Wer lang hat, lässt lang hängen!!! [grins]
Hier ging es auch nicht um Superhotels, sondern um G-Saft und seine möglichen Auswirkungen.
Im Übrigen gab es auch in der DDR Pampelmusen. Wer z.B. bedürftig war, ein Attest für eine bestimmte Krankheit besaß, der konnte aus einem "Sonderlager" regelmäßig Pampelmusen oder z.B. auch Bananen bekommen.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 30. Juni 2012, 18:43

Affi976 hat geschrieben: Wer z.B. bedürftig war, ein Attest für eine bestimmte Krankheit besaß, der konnte aus einem "Sonderlager" regelmäßig Pampelmusen oder z.B. auch Bananen bekommen.
VG Affi


Ich wollte erst fragen was du lang hängen lassen kannst...aber nein, tue ich nicht. [flash]

Aber das mit dem Sonderlager ist mir neu. Noch nie davon gehört. [blush]
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SkinnyTrucky » 30. Juni 2012, 18:51

augenzeuge hat geschrieben:Ich wollte erst fragen was du lang hängen lassen kannst...aber nein, tue ich nicht. [flash]


Wieso Jörg, et is doch bekannt, das Musiker oftmals lange Haare haben....

....eben noch wat zu den Wechselwirkungen mit Medikamenten....da fragt man sich echt, warum man in Bautzen 2 schonmal Grapefruitsaft reichte....normal war dat ja nich....

groetjes

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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon Huf » 30. Juni 2012, 19:53

Mara, allerhöchste Hochachtung vor Deiner Recherche, die fachlich gesehen völlig berechtigt erscheint!

Man muss wissen, dass im Saft der Grapefruit Substanzen sind, die das normale enzymatische System der Leber und anderswo dramatisch beeinflussen.
Im Zusammenhang mit Medikamenten können hier Effekte entstehen, die verheerende Auswirkungen haben.
Sollte nun der Gefangene S u/o seine Mithäftlinge Medikamente erhalten haben und den Saft, könnte eine derartige Konstellation entstanden sein, ob gewollt oder nicht, das werden wir nicht erfahren.

Nochmals großes Lob für Maras sachlich berechtigten Beitrag! [rose]

VG Huf [hallo]
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SkinnyTrucky » 30. Juni 2012, 21:46

Klaus, ich habe nunmal ein klein wenig internistisches und endocrinologisches Wissen mir angeeignet....wenn man selber seit etlichen Jahren in sein eigenes System eingreift, dann beginnt man halt zu recherchieren was man sich da antut....

....Grapefruitsaft hemmt zB auch den Abbau von Östrogenen und derweil trink ich auch schon mal ganz gern ein Gläschen davon....auch trink ich Tonicgetränke ganz gern, wenn ich Fieber habe....wegen dem Chinin dadrin....

....die Natur hat sehr viele Dinge in petto, die man, wenn man es weiss, nutzen kann....und warum sollte nich auch das MfS mit verschiedenen Sachen experimentiert haben....es scheint mir wahrscheinlich, wenn ich mir den Oberindianer der Truppe und seine Einstellung zu *faulem Obst* so anschaue....ein Staatsfeind, und dann noch einer der übelsten Sorte, kann man sich doch so auf ganz unventionelle Art entledigen....

....wie gesagt, Strehlow war nicht der Einzige, der von Grapefruitsaft und Beschwerden danach berichtete aus seiner Zeit in Bautzen....da gab es wenigstens noch den André Baganz....

groetjes

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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon Affi976 » 30. Juni 2012, 21:58

Zitat AZ:...Aber das mit dem Sonderlager ist mir neu. Noch nie davon gehört

Ja @AZ,
das waren die sogenannten Bananenkeller. Diese befanden sich in den Großhandelseinrichtungen jener Städte, die über eine gewisse Einwohnerzahl verfügten.
Dort gab es neben Bananen, Pampelmusen und Allem was das Herz begehrte auch "Rosentaler Kadarka".
Selbst hier in Weimar, also bei 60 000 Einwohner, gab es eine derartige Einrichtung.
Die Bediensteten dort, waren natürlich die Kings vom Kiez!
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 1. Juli 2012, 17:58

SCORN hat geschrieben:Dasselbe war bei unzähligen privaten Sport und Freizeitbooten möglich welche im Sommer manchmal wie die Schmeißfliegen waren um sich mal einen Ostdeutschen Matrosen von der Nähe aus zu betrachten. Die Schiffsführung hätte nicht viel machen können, zum einen weil an Bord keine Waffen getragen wurden...
SCORN


Danke für die Schilderung, Scorn. Wenn dies S möglich gewesen wäre, dann muss man sich die Frage stellen, warum er diese Chance nicht genutzt hat.

Das Schiff verfolgte ja mitunter auch Flüchtlinge auf Booten. Wenn also jemand auf so ein privates kleines Boot gesprungen wär, dann war er schon sicher und euch waren die Hände gebunden? Hört sich für mich unglaublich an.

Wieso konnten dann DDR-Bürger noch in internationalen Gewässern verhaftet werden?

Wie viele Fahnenfluchten gab es eigentlich in den Jahren bei der GBK?
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SCORN » 1. Juli 2012, 19:26

augenzeuge hat geschrieben:
SCORN hat geschrieben:
Danke für die Schilderung, Scorn. Wenn dies S möglich gewesen wäre, dann muss man sich die Frage stellen, warum er diese Chance nicht genutzt hat.

Ich denke dass der Entschluss langsam in ihm gereift ist. Es war im August und er war Obermaat, er war also im 8.Diensthalbjahr und wäre im Oktober entlassen worden. Es wäre gut möglich gewesen das dies seine lezte Fahrt auf Grenzdienst gewesen wäre. Ausserdem ist immer noch die Möglichkeit dass er bewußt die Sache mit der ungeheuren Publicity eingeplant hatte !

Das Schiff verfolgte ja mitunter auch Flüchtlinge auf Booten. Wenn also jemand auf so ein privates kleines Boot gesprungen wär, dann war er schon sicher und euch waren die Hände gebunden? Hört sich für mich unglaublich an.

Auf ein kleines Boot mit 2-3 Bundesbürgern an Bord wäre ich auch nicht gesprungen! Da hätten sie in mit Sicherheit wieder runter geholt. Anders sah es da bei größeren Booten mit vielen Leuten an Bord aus. Z.B zum Hochseeangeln umgebaute Fischkutter mit Dutzenden angetrunkenen Personen an Bord. Da hätte wohl kein Kmdt. ein bewaffnetes Kommando drauf geschickt! Ich selbst hatte 1984 mit der "Nordland", einem Hochseeangel Kutter aus Heiligenhafen ein solches Erlebniss!
Am sichersten wäre wohl ein BGS oder Zollboot oder ein Boot der Bundesmarine gewesen!


Wieso konnten dann DDR-Bürger noch in internationalen Gewässern verhaftet werden?

Weil es Internationale Gewässer sind und die Boote "Territorium der DDR" waren!

Wie viele Fahnenfluchten gab es eigentlich in den Jahren bei der GBK?

Ist mir nicht Bekannt! Auf alle Fälle nicht so viele wie an der Grünen Grenze! Man bedenke das ausschlieslich freiwillig Längerdienende auf den Schiffen waren.
Der Korpsgeist und die Moral waren bei den Besatzungen der Schiffe und Boote der VM und der 6.GBK immer recht hoch!



Mir ist es in einem anderen Forum gelungen mit Leuten zu sprechen welche im betreffenden Zeitraum in der 2. Grenzschiffsabteilung waren, zu der auch die G 424
gehörte! Nach deren Aussage ist die Behauptung mit den Stalinbüchern totaler Blödsinn! Auch waren seine Kameraden nicht besonders gut auf ihn zu sprechen nach der Aktion. Es lässt sich halt keiner gerne mit Waffengewalt entführen.

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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 1. Juli 2012, 19:37

Danke Scorn.
Ich habe auch mal etwas in der Sache Fahnenfluchten recherchiert. Und ich habe Erstaunliches rausgefunden. Auch über die tatsächlichen Ereignisse bei S. Auch ich werde mich dabei etwas revidieren müssen.
Aber ich mach es spannend. Gleich ist Fussball und spätestens morgen abend schreib ich drüber. Eine Fluchtgeschichte von Angehörigen der Volksmarine wird auch dabei sein.

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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SCORN » 1. Juli 2012, 21:21

augenzeuge hat geschrieben: Eine Fluchtgeschichte von Angehörigen der Volksmarine wird auch dabei sein.

AZ


Die spektakulärste Fahnenflucht von VM Angehörigen dürft das Einlaufen eines KS-Bootes im August 61 in Travemünde sein! Hier waren es 3 Besatzungsangehörige welche den Rest der Besatzung festsetzte und das Schiff entführten. Dieses KS-Boot war aber wesentlich kleiner als die "Graal Müritz" und hatte auch nur eine kleine Besatzung wie. Außerdem waren die 3 Mann in der Lage das Boot sicher zu führen und in einem Hafen einzulaufen.

Dann wäre da noch die geplante Meuterei auf einem U-Jäger der HAI Klasse irgendwann Anfang der 70iger! Diese wurde aber im Vorfeld verraten und die Meuterer verhaftet und verurteilt! Auch in der 6.Flottille in Dranske gab es in den 60igern auf einem RS-Boot wohl mal eine Plan zur Meuterei von einigen Matrosen, wurde ebenfalls im Vorfeld vereitelt!

Irgendwann Ende der 80iger sind dann noch mal 2 Mollis nach einem ordentlichen Saufgelage beim Landgang in Sassnitz aus einer Schnaps Idee heraus kurz entschlossen auf die Schwedenfähre geklettert. Sie kamen aber wieder freiwillig zurück, soweit mir bekannt!

An andere Sachen kann ich mich im Moment nicht erinnern!

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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 2. Juli 2012, 17:03

SCORN hat geschrieben: Irgendwann Ende der 80iger sind dann noch mal 2 Mollis nach einem ordentlichen Saufgelage beim Landgang in Sassnitz aus einer Schnaps Idee heraus kurz entschlossen auf die Schwedenfähre geklettert. Sie kamen aber wieder freiwillig zurück, soweit mir bekannt!

An andere Sachen kann ich mich im Moment nicht erinnern!

SCORN


Nun, das "Saufgelage" hat die Stasi draus gemacht...typisch, wie es war wird hier geschildert....immerhin, die einzige geglückte und gewaltfreie (dokumentierte) Flucht von VM-Angehörigen. Dies wollt ich nur erwähnen, da es eine Flucht mit den von dir geschilderten Chancen nie gab.


Ihren Anfang nimmt die Fluchtgeschichte in der Saßnitzer Kneipe »Zur Mole«, welche sich unweit des Hafens befindet. Nach ein paar Bierchen im Kreise von Kameraden kam man gegen 22:00 Uhr auf die Schnapsidee, den Rückweg zum Stützpunkt mit einer Barkassenfahrt abzukürzen.

Der normale Fußmarsch durch die Stadt schien den Seelords zu beschwerlich. Die zivile Betriebswache vom VEB Fischfang Saßnitz ließ die gewöhnlich lustigen blauen Jungs routinemäßig passieren. So erreichten sie das im Fischereihafen liegende Wohnschiff der 6. Flottille vom Marinestützpunkt Dranske.

Der Diensthabende (eig. Anmerkung: Der merkte nichts von einem hohen Alkoholpegel...) lehnte jedoch das Ansinnen für einen nächtlichen Barkasseneinsatz zur Überfahrt zum unweit liegenden Stützpunkt Saßnitz kategorisch ab. Anschließend entfernten sich beide Matrosen in Richtung Gleisanlagen des Güterbodens der Deutschen Reichsbahn (DR). Laut den MfS-Ermittlungen soll der Fahrdienstleiter der DR vom Stellwerk beobachtet haben, wie sich zwei Marineangehörige in auffälliger Weise zwischen den Gleisanlagen bewegten. Er informierte die Transportpolizei.

Auf der Morgenmusterung des 5. März wurde das Fehlen beider Matrosen festgestellt.

Am 9. März gab es dann aber keine Zweifel mehr. Westdeutsche Tageszeitungen berichteten über die erfolgreiche Fahnenflucht.

Nun setzte bei der MfSUntersuchungsabteilung »HA IX/6« hektische Betriebsamkeit ein. Parallel leitete die »HA I/ Äußere Abwehr« unter Einbeziehung von Familienangehörigen Maßnahmen zur Rückführung der »Ausreißer« ein. Beide Matrosen waren verheiratet. Ihre Einberufung zur Ableistung des Wehrdienstes lag erst vier Monate zurück.

Laut MfS-Unterlagen sollen die Ehefrauen und Eltern ein Interesse an der Rückkehr ihrer Männer bzw. Söhne gehabt haben. Beide Matrosen entstammten Familienverhältnissen, die für die DDR-Führung offensichtlich politische Brisanz besaßen.

Der in Rostock beheimatete Matrose war mit einer Leistungssportlerin des SC Empor Rostock verheiratet, die zum Kader der DDR -Handballnationalmannschaft gehörte.

Die Familie des zweiten Matrosen entstammte einer kirchlich gebundenen Familie und stand zudem in verwandtschaftlicher Beziehung zum damaligen Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche von Greifswald.

Ohne Einflussnahme des Rostocker Chefs der HA I / VM auf die Rückführungsaktion und seiner Forderungen zur Aufhebung des Haftbefehls, Einstellung des Ermittlungsverfahrens und der Garantie für anschließende Straffreiheit beider Matrosen wäre das einmalige und beispiellose »Unternehmen« sicherlich nicht zu Stande gekommen.

Beide Matrosen gelangten am 5. März nach Malmö, wo sie sich der Polizei stellten. Am folgenden Tag waren sie bereits in Travemünde. Hier führte der BGS-See die Erstbefragung durch.

Schon ab dem 12. März lief ihre Eingliederung in Flensburg. In der 3. Märzwoche reisten beide Mütter in die BRD, um ihre Söhne zur Rückkehr zu bewegen, was zunächst erfolglos blieb. Unter Einschaltung eines der Kirche nahe stehenden Verwandten reiste der zweitgenannte Matrose am 28. März in Begleitung über Selmsdorf wieder in die DDR ein. Schließlich gelang es einem Verwandten, auch den Erstgenannten am 7. April über Herrnburg in die DDR zu bringen.

Ein Vorteil brachte die Sache für die beiden jungen Männer doch mit sich. Ihr Wehrdienst verkürzte sich von 18 auf vier Monate. Ihrem einmaligen Coup folgte
die sofortige Entlassung aus der NVA.
Quelle: http://www.dmkn.de/Fahnenflucht-zur-See
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 2. Juli 2012, 17:14

Fortsetzung des Themas:

Obermaat S wurde im Juli 1977 vom MfS als IM mit Sicherungsaufgaben angeworben. Durch Dekonspiration kannte er die anderen IM’s an Bord. Sein Vorgesetzter war zugleich Führungs-IM. Bereits ein Jahr später endete jedoch die Zusammenarbeit mit dem MfS.

Nach seinem im Herbst 1979 endenden vierjährigen Dienst glaubte er, die Zulassung für das Physikstudium an der TH Magdeburg fest in der Tasche zu haben. Wegen »wiederholten Disziplinarverstößen und negativen politischen Auftreten als FDJ-Sekretär« drohte man ihm im Juli 1979 mit dem Entzug der Studienzulassung. Im Rahmen eines gegen ihn geführten Parteiausschlussverfahrens (SED) folgte die Ablehnung zum Studium. Dieser Eingriff in die persönliche Lebensplanung brachte das Fass zum Überlaufen.

Geplant wurde die Flucht mit 2 Maschinisten, welche jedoch kurz zuvor absprangen.

Während seiner Nachtwache schloss er 2:10 Uhr die Mannschaft ein. Dann befahl er die Brückenwache einzeln zu sich. Unter vorgehaltener MPi isolierte er »seine Kameraden« in der Abteilung 2 unter Deck. Die Kalaschnikow mit 30 Schuss Munition beschaffte er sich zuvor durch Aufbrechen des Waffenspinds. Nach Hieven des Ankers startete er um 02:40 Uhr beide Hauptmaschinen und dampfte mit 20 kn Höchstfahrt und Kurs 270 ° auf den Holsteinschen Leuchtturm Dahmeshöved zu.

Gegen 03:10 Uhr sprengten sich der Kommandant, Leitende Ingenieur (STO) und Ari-Gast mit Handgranaten den Weg zum Oberdeck Vorschiff und zur Brücke frei. Der Aufforderung an den Obermaat zum sofortigen Stopp des Schiffes und Aufgabe seines Vorhabens ignorierte dieser. Dafür setzte er die Kommandosprechanlage außer Betrieb.
Obermaat S. schoß nach eigener Aussage aus 6-8m Distanz mit seiner MPi zurück, zielte aber bewusst daneben. (Das Gericht setzte sich über diese Aussage hinweg und behauptete er hätte in Tötungsabsicht gezielt. ) 10min später wurde S überwältigt. Das Schiff befand sich noch nicht in bundesdeutschen Gewässern.
http://www.dmkn.de/Fahnenflucht-zur-See / Dr. Ingo Pfeiffer, Fregattenkapitän bei Volks- und Bundesmarine
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SCORN » 2. Juli 2012, 18:55

augenzeuge hat geschrieben:
Nun, das "Saufgelage" hat die Stasi draus gemacht...typisch, wie es war wird hier geschildert....immerhin,

AZ, nimm es mir nicht Übel, aber was meinst du wohl was die Mollys in der Kneipe gemacht haben......ein paar Bierchen getrunken....? [flash] der war gut!

die einzige geglückte und gewaltfreie (dokumentierte) Flucht von VM-Angehörigen. Dies wollt ich nur erwähnen, da es eine Flucht mit den von dir geschilderten Chancen nie gab.

die 2 Mollys waren Grundwehrdienst leistende! Sie waren an Land stationiert! Daher hatten sie nie die gelegenheit von einem Schiff zu springen! Ich galube ich muss dir wieder etwas erklären. Die von mir geschilderten Möglichkeiten hatten nicht alle VM/ GBK Angehörigen! Auch nicht alle auf den Schiffen! Besatzungen von KSS, U-Jägern, Landungschiffen, Schnellbooten hatten auf Grund ihres Einsatzprofiles kaum Möglichkeiten dazu, weil sie keinen Vorposten und keinen Grenzdienst fuhren! Von einem in voller Fahr befindlichen Schnellboot springt man nicht ab. Lediglich die Küstenminensucher der 6.GBK und die Hochsee Minensucher der VM fuhren Grenzdienst oder Vorposten. Bei der 6.GBK kamen noch ein paar Grenzkutter und auch kleinere Wachboote hinzu! Auch die Besatzungen der Aufklärungschiffe kommen in Frage.
Alles in allem ein beschränkter Personalkreis zu welchem aber def. die Besatzung von G 424 gehörte! Das keiner die Chance nutzte sagt doch nicht das es sie nie gab.
Oder unterstellst du mir ich würde hier absichtlich etwas falsches darstellen?


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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 2. Juli 2012, 19:02

Nein Scorn, ich wollte dir gar nichts unterstellen. Auch keinen direkten Zusammenhang zwischen den Mollys und den Anderen herstellen. Nur allein darauf hinweisen, dass ich recherchiert habe, dass es in den ganzen Jahren nie einen VM-Angehörigen gab, der diese von dir genannte Chance nutzte. Und das obwohl es relativ sehr viele VM-Angehörige mit Fluchtabsichten gab. Laut MfS-Akten. Aber dazu kommt später etwas.
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Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon SCORN » 2. Juli 2012, 19:06

augenzeuge hat geschrieben: Und das obwohl es relativ sehr viele VM-Angehörige mit Fluchtabsichten gab.
AZ


AZ,
diese Zahlen interessieren mich! und auch wo diese "realitv sehr vielen VM-Angehörigen " gedient haben!

Gruß
SCORN
SCORN
 

Re: Die Ereignisse auf G-424 im August 1979

Beitragvon augenzeuge » 2. Juli 2012, 19:20

SCORN hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben: Und das obwohl es relativ sehr viele VM-Angehörige mit Fluchtabsichten gab.
AZ


AZ,
diese Zahlen interessieren mich! und auch wo diese "realitv sehr vielen VM-Angehörigen " gedient haben!

Gruß
SCORN


"Schwerpunkt in der Tätigkeit des MfS innerhalb der VM und 6. GBK bildete der „Kampf gegen Fahnenfluchten und ungesetzliche Grenzübertritte“ auf See oder auf dem Landweg.

Den Beleg dazu liefert ein im BStU-Archiv aufgefundenes Dokument zu Fahnenfluchten in der VM im Zeitraum 1. Januar 1985 bis 31. Dezember 1986. In diesen
24 Monaten planten zwei VM-Angehörige eine Fahnenflucht, darunter befand sich ein Berufsunteroffizier. Entsprechend dem MfS-Sprachgebrauch lag bei fünf Marinesoldaten eine „vollendete“ Fahnenflucht vor. Ihnen konnten angeblich konkrete Realisierungshandlungen nachgewiesen werden, ohne dass ihnen die Flucht in die BRD gelang.

Alle „Täter“ scheiterten durch die massive „Hinterlandsicherung“. Ihre Festnahme erfolgte im Ergebnis von eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen im Urlaub oder bei unerlaubter Entfernung von der Einheit/Schiff. Auffällig ist die Konzentration von vier Fällen auf einem Schiff sowie von drei Fällen in einer Landeinheit der VM. Zu sechs „Tätern“ besaß das MfS keinerlei Informationen zu deren Fluchtabsichten. Im Vergleich zu den Vorjahren stellte das MfS einen Anstieg von Fahnenfluchtaktionen, geplanten Grenzdurchbrüchen und „Vorfelderscheinungen“ (Gespräche) fest.

Um junge Menschen und politisch Andersdenkende zu „Feinden des Sozialismus“ abzustempeln und zu verfolgen, reichte den Spürnasen des MfS oftmals schon die Kenntnis über ein Gespräch zu kritisierten Missständen in der DDR, desolaten Dienstbedingungen und überzogenen Anforderungen an eine hohe Gefechtsbereitschaft. Verdächtig machten sich auch jene Marinesoldaten, die durch ihre ablehnende Haltungen zur SED-Politik auffielen oder gar offen ihre Absichten zur Ausreise äußerten.

Im Zeitraum 1985/86 erfasste das MfS in der VM und 6. GBK 98 Gespräche mit 160 beteiligten Personen. Daran waren zu 45 % Soldaten auf Zeit (SaZ mit drei Jahre Verpflichtungszeit) beteiligt. Der Anteil der Unteroffiziere auf Zeit (Maate/Obermaate mit vier Jahre Verpflichtungszeit) lag bei 33 %. Unter den ins Visier des MfS geratenen Marinesoldaten befanden sich auch zwei Fälle mit fünf beteiligten Offizieren sowie zwei Fälle mit drei beteiligten Fähnrichen.

Im Vergleich der Gesprächskonzentration zwischen den Flottillen ermittelte das MfS in der 4. Flottille 28 Fälle mit 50 beteiligten Personen im Zeitraum 1985/86.

Ihr „politisches Vergehen“ bestand darin, aus ihrer kritischen Haltung zum DDR-System und dem Wunsch nach Freiheit und Wohlstand heraus den Ausweg über eine Fahnenflucht erwogen, besprochen oder geplant zu haben.

Bei 3.068 Uniformierten, die auf Schiffen und Booten eingesetzt waren, entspricht ist die vom MfS ermittelte Anzahl von angeblich 160 potentiellen Fahnenflüchtigen alarmierend."

Etwas detaillierter auf der letzten Seite, Fahnenflucht, 1. Kapitel!!
http://www.dmkn.de/downloads/f0/23/i_fi ... apitel.pdf
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