Abbau der Selbstschussanlagen

Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon manudave » 12. September 2012, 18:03

Was haltet Ihr eigentlich vom häufigen Gerücht, dass der Kredit bzw. die Bürgschaft der Bundesrepublik - vermittelt durch Franz-Josef Strauß - genutzt wurde, um die DDR zum Abbau der SM 70 zu zwingen?

Hat Strauß tatsächlich diese Forderung gestellt oder gehört das in das Reich der Fabeln und Erich hat dies z.B. freiwillig getan, weil er um die Bedeutung dieser Geste wusste?
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon augenzeuge » 12. September 2012, 18:39

manudave hat geschrieben:Was haltet Ihr eigentlich vom häufigen Gerücht, dass der Kredit bzw. die Bürgschaft der Bundesrepublik - vermittelt durch Franz-Josef Strauß - genutzt wurde, um die DDR zum Abbau der SM 70 zu zwingen?

Hat Strauß tatsächlich diese Forderung gestellt oder gehört das in das Reich der Fabeln und Erich hat dies z.B. freiwillig getan, weil er um die Bedeutung dieser Geste wusste?


Alfred meint, das gehört ins Reich der Fa...... [denken]
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Edelknabe » 12. September 2012, 19:17

"Eine Hand wäscht die Andere". Ist das nicht ein deutsches Sprichwort? Natürlich musste man dem Westen entgegen kommen, warum nicht mit dem Abbau der SM-70? Es war doch eine Zeit der Annäherung der beiden deutschen Staaten so wie ich es in Erinnerung habe. Und war nicht zu dem Zeitpunkt schon ein neues zuverlässigeres, auf elektronischer Basis ausgerichtetes Grenzüberwachungssystem in der Planung? Aber ich bin ein Laie, das sind nur so Gedanken zum Thema.

Rainer-Maria denn spätestens seit M. Gartenschläger, seit dem 1.Mai 1976 hatte die SM-70 einen schlechten Ruf, war aus der Versenkung in den öffentlichen Blickpunkt (zumindest im Westen)geholt worden.
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Icke46 » 12. September 2012, 19:30

Wenn ich dem Artikel im SPIEGEL von 1983 trauen darf, war es wohl keine Gegenleistung im Sinne von "ihr bekommt eine Milliarde, wenn ihr..", sondern eher in dem Sinne, dass man FJS gewissermassen positive Unterstützung im Zusammenhang mit dem Kredit geben wollte, ohne dass es die DDR viel kostet.

Denn das spätestens seit M. Gartenschläger die SM-70 vorsichtig ausgedrückt das internationale Renommee der DDR nicht gerade gesteigert haben, ist ja klar. Da hat Rainer Maria schon recht.

Der Link zum SPIEGEL-Artikel:

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14022016.html

Gruss

icke
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon pentium » 12. September 2012, 19:34

Guten Abend
Habe was zu dem Thema gefunden.
Ich zitiere mal.
»Ein Junktim zwischen Milliarden-Kredit und dem Aus für die Splitterminen habe es aber nicht gegeben, wie Hans-Hermann Hertle vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam meint. Franz Josef Strauß, der die Vergabe des Kredites eingefädelt hatte, habe nie davon gesprochen, dass die Bundesregierung den Abbau der Splitterminen zur Bedingung gemacht habe. "Wenn es so gewesen wäre, hätte sich Strauß ja mit dem Erfolg geschmückt", sagte Hertle im Gespräch mit NDR.de.
Bedacht auf den internationalen Ruf.
Hertle verweist stattdessen auf einen anderen Zusammenhang. Die DDR sei zu dem Zeitpunkt sehr auf ihren internationalen Ruf bedacht gewesen, eben wegen der akuten Finanznot. Deshalb habe die DDR Zugeständnisse in Sachen Splittermine gemacht. Zumal Anfang Dezember 1983 für den ostdeutschen Staat eine UN-Konvention in Kraft trat, die die Anwendung von Minen gegen die Zivilbevölkerung unter allen Umständen verbietet. Für die DDR habe die Gefahr bestanden, auf internationalem Parkett weiter an Glaubwürdigkeit zu verlieren, so der Zeithistoriker.«
http://www.ndr.de/geschichte/chronologi ... age-3.html
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Rainman2 » 13. September 2012, 18:30

Die Frage des politischen Ansehens in der Welt war sicher der hauptsächliche Treiber für diese Entscheidung. Daneben standen aber auch andere Überlegungen. Im militärtechnokratischen Deutsch klingt das mal wieder nicht sehr menschenfreundlich, aber es war so:

Die Wirksamkeit dieser Anlagen war schon seit einiger Zeit in Frage gestellt worden. Sie wirkten weder in "ausreichendem Maß abschreckend", noch verhinderten sie Grenzdurchbrüche. Der materielle und personelle Aufwand stand in keinem Verhältnis zum "Nutzen". Taktisch wurden die grenzsichernden Einheiten gezwungen, ihre Kräfte am Kolonnenweg zu verteilen, anstatt sie gestaffelt in Raum und Zeit einzusetzen. Ich denke, hätten diese Anlagen noch irgendeinen militärischen Wert gehabt, hätte die Führung auch eine entsprechende "Argumentation" zu finden versucht, ähnlich wie beim Korb 3 der Schlussakte von Helsinki. Nun kam alles zusammen, militärische und politische Infragestellung.

Wenn Strauß überhaupt etwas damit zu tun gehabt haben könnte, dann wäre das eher einer der Tropfen gewesen, die das Fass zum Überlaufen brachten.

Ciao Rainman
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon manudave » 13. September 2012, 18:56

Wenn ich das richtig verstehe, dann hat die Anlage viel Personalaufwand benötigt.
Warum eigentlich?
Das Ding funzt doch auch ohne Personen, die drauf starrren?
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon ex-maja64 » 13. September 2012, 19:14

Weil bei jeder Auslösung der Anlage, damit meine ich die akustische und optische Auslösung auf der FüSt nicht die tatsächliche vor Ort, erstmal Posten zur Abriegelung zum Einsatz kamen.
Diese Auslösungen waren nicht gerade selten.
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon SkinnyTrucky » 13. September 2012, 19:15

manudave hat geschrieben:Wenn ich das richtig verstehe, dann hat die Anlage viel Personalaufwand benötigt.
Warum eigentlich?
Das Ding funzt doch auch ohne Personen, die drauf starrren?


Naja David....sowas muss ja auch gewartet werden....et hängte ja auch ständig im Wetter rum und da könnt ich mir vorstellen, das da genug Störungen auftraten....

in dem Trent halt....

groetjes

Mara
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon manudave » 13. September 2012, 19:36

ex-maja64 hat geschrieben:Weil bei jeder Auslösung der Anlage, damit meine ich die akustische und optische Auslösung auf der FüSt nicht die tatsächliche vor Ort, erstmal Posten zur Abriegelung zum Einsatz kamen.
Diese Auslösungen waren nicht gerade selten.


D.h. dass die akustische Auslösung auch ein Fehlalarm sein konnte - ist klar, wurde mir schon oft zugetragen. Aber gab es auch ordnungsgemäße Auslösungen, wo der Alarmton + Blinklicht etwas meldete, ohne dass es krachte?
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon ex-maja64 » 13. September 2012, 19:47

Bitte jetzt nicht verwechseln mit den optischen und akustischen Alarmanlagen vor Ort am GSZ. [wink]
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon manudave » 13. September 2012, 19:51

Ich hab erst überlegt, ob ich diesem Einwand zuvor komme... [flash]

Schon klar. Ich meinte, ob es auch SM-Anlagen mit Doppelfunktion o.ä. geben konnte. Sprich Alarmauslösung ohne Schuss...
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon ex-maja64 » 13. September 2012, 19:59

manudave hat geschrieben: Sprich Alarmauslösung ohne Schuss...


Die gab es zur Genüge!
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Rainman2 » 13. September 2012, 23:16

Naja, akustische Auslösungen bei einer Mine - das knallt und mindestens eine ist weg - und dazu gab es noch die Signalisierung auf der Führungsstelle, die den Ort der Detonation auf 230 Meter genau bestimmbar machte (= ein Feld der Anlage). Die Fehlauslösungen, ohne Minendetonation, wurden nur auf der Führungsstelle angezeigt, da auch akustisch = Signalton, mussten aber auch untersucht werden.

Jede Auslösung musste untersucht werden (Minentrupp = 1 Offz.+ 2 Sold. + 1 Kraftf.). Dazu kam noch die Alarmgruppe zum Einsatz. Da waren pro Auslösung schonmal mindestens 8 Leute zu Gange. Häufigkeit der Auslösungen? Naja, je nach Wetterlage und Wildaktivitäten zwischen täglich bis einmal pro Woche. Laut Befehl durfte es übrigens keine technischen Auslösungen geben, es musste immer was gefunden werden. Notfalls wurden Vogelfedern gefunden ... naja.

Detonierte Minen mussten wieder ersetzt werden, die Kabel, Verteiler und Schaltkästen mussten regelmäßig gewartet werden. Die Anlagen mussten regelmäßig kontrolliert werden. Dazu noch die Verwaltung in den Stäben ... da kam schon ganz schön was zusammen an Personal.

ciao Rainman
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Edelknabe » 14. September 2012, 06:43

Um die Vortexte noch mit einer schönen Geschichte aus längst vergangener Zeit zu unterstützen. Ich glaube, die schrieb ich auch schonmal hier irgendwo. Wir waren Ende der 70er Jahre auf dem Stab N. eine Stube mit zehn Hanseln, Soldaten und Gefreite und schliefen immer, Winter wie Sommer mit offenem Fenster. War auch logisch, sonst wäre man wohl erstickt von dem vielen Gefurze. Mein Schlaf war damals irgendwie noch leichter wie heute, die Anspannung der vielen Monate allgemein, fern von Zuhause, viel zu wenig Urlaub und noch so anderer Mist bzw. Sackgang.

Also Sommer und zumindest in der Brunstzeit (ist das nicht wenn die Tiere so wie der Mensch...na ihr wisst schon) hörtest du fast jede Nacht...rumms...rumms...bumms und wieder denn die Entfernung Luftlinie zur nächsten 501 Anlage vorne am Kanten war so ein bis anderthalb Kilometer. Du drehtest dich also auf die andere Seite denn du wusstest, jetzt waren erstmal die Kantenlatscher von den Kompanien dran(Alarmgruppe) ehe dann selber am kommenden Morgen für den Minentrupp ausrücken angesagt war.

Heute, während meiner Zeitungsnachtschicht höre ich das ...rumms...bumms auch ab und an. Aber dieses Mal ist es unser fleißiger Jägersmann nahe Wurzen der wohl sein Jagdgebiet korrekt in Ordnung hält. Komisch, damals in den Nächten an der Grenze dachte ich mit keiner Silbe dran das da auch einmal ein Mensch, ein Mitmensch, also ein Grenzverletzter in die Anlage kommen könnte.Nicht mit einer Silbe.

Ihr könntet mich jetzt ans Kreuz nageln oder verurteilen deswegen aber es war so, ich nenn sie mal die ganz normale Denke eines jungen Grenzsoldaten. Mir gingen eher wie oben schon geschrieben ganz andere Sachen durch den Kopf,so zum Beispiel wann ich das nächste Mal meinen Urlaubsantrag bei unserem dusseligen Hauptmann durchbekomme oder meine Frau wieder mal auf KU (Kurzurlaub) nach Boizenburg kommen könnte, Mensch Leute, das war doch viel wichtiger wie so ein Grenzverletzter der dann wohl leider zu Schaden kam.

Rainer-Maria ich glaube Rainman schrieb das schon öfters so sinngemäß. "Die damalige Denke erschreckt heute in gewisser Weise". Aber es war so, man muss da auch einmal ehrlich sein.
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Volker Zottmann » 14. September 2012, 08:16

Edelknabe hat geschrieben:
... Komisch, damals in den Nächten an der Grenze dachte ich mit keiner Silbe dran das da auch einmal ein Mensch, ein Mitmensch, also ein Grenzverletzter in die Anlage kommen könnte.Nicht mit einer Silbe.

Ihr könntet mich jetzt ans Kreuz nageln oder verurteilen deswegen aber es war so, ich nenn sie mal die ganz normale Denke eines jungen Grenzsoldaten. Mir gingen eher wie oben schon geschrieben ganz andere Sachen durch den Kopf,so zum Beispiel wann ich das nächste Mal meinen Urlaubsantrag bei unserem dusseligen Hauptmann durchbekomme oder meine Frau wieder mal auf KU (Kurzurlaub) nach Boizenburg kommen könnte, Mensch Leute, das war doch viel wichtiger wie so ein Grenzverletzter der dann wohl leider zu Schaden kam.


Das ist so aussagekräftig, das braucht keiner mehr kommentieren!

Gruß Volker
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Rainman2 » 14. September 2012, 08:59

Volker Zottmann hat geschrieben:
Edelknabe hat geschrieben:... Komisch, damals in den Nächten an der Grenze dachte ich mit keiner Silbe dran das da auch einmal ein Mensch, ein Mitmensch, also ein Grenzverletzter in die Anlage kommen könnte.Nicht mit einer Silbe.
...


Das ist so aussagekräftig, das braucht keiner mehr kommentieren!

Gruß Volker

Hallo Volker,

jetzt bin ich leicht verunsichert. Meinst Du das ernst oder ist das ironisch gemeint?

Falls Dein Kommentar ernst gemeint ist, schließe ich mich dem an. Es ist schon interessant mit der Verdrängung. Wir wussten genau, was wir da draußen sollten. Aber wenn man lange genug hofft, dass nichts passiert, verdrängt man alle anderen Teile des Wissens. Das ist keine Entschuldigung, es ist ein Wirkungsprinzip unserer Psyche. Mir ging es da ähnlich wie unserem Edelknaben. Ich würde da, genauso wie er, kein "nie" einsetzen. Hin und wieder kamen solche Gedanken hoch. Aber, wenn ich ehrlich bin, eher selten.

ciao Rainman
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Volker Zottmann » 14. September 2012, 15:12

@Rainman2, mein ironischer Satz ist sehr ernst gemeint!
Dass ich den nun noch mal kommentieren muss, ist doch erschreckend.

Auch ich war mal zur Musterung und habe mich da schon mit dem Schießen oder eben nicht Schießen auseinandergesetzt.
Und kam logischer Weise an keine Grenze!
Trotz allem Verdrängen, muss jedem Grenzwehrpflichtigen klar gewesen sein, dass es auch ihn erwischen kann, auf "Ausreisewillige" zu treffen.
Wer das dort nicht mitbekam oder blos "verdrängte" muss schon eine tüchtige Meise gehabt haben.

Wer zu dieser Grenze eingezogen wurde, wusste, was ihm blühen kann. Außerdem wurde im Politunterricht ja kaum von Schmetterlingen im Grenzgebiet fabuliert, oder... ?
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Zicke » 14. September 2012, 15:55

Volker Zottmann hat geschrieben:Auch ich war mal zur Musterung und habe mich da schon mit dem Schießen oder eben nicht Schießen auseinandergesetzt.
Und kam logischer Weise an keine Grenze!


und die Pioniere sind mit Wasserpistole auf Wache gezogen [sick]
Menschen, die keinen Arsch in der Hose haben, müssen nicht zwangsläufig schlank sein.

Meine Rechtschreibfehler könnt Ihr Samstags ab 17 Uhr bei Rewe gegen eine lecker Senfgurke tauschen.
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Rainman2 » 14. September 2012, 15:57

Volker Zottmann hat geschrieben:... Trotz allem Verdrängen, muss jedem Grenzwehrpflichtigen klar gewesen sein, dass es auch ihn erwischen kann, auf "Ausreisewillige" zu treffen.
Wer das dort nicht mitbekam oder blos "verdrängte" muss schon eine tüchtige Meise gehabt haben.

Wer zu dieser Grenze eingezogen wurde, wusste, was ihm blühen kann. Außerdem wurde im Politunterricht ja kaum von Schmetterlingen im Grenzgebiet fabuliert, oder... ?

Hallo Volker,

wenn Du nicht willst, musst Du nichts erschreckendes tun. Aber danke für die Antwort. Zu dem, was Du da schreibst, habe ich keine andere Auffassung. Das hat schon jeder mitbekommen und es wurde auch nicht nur verdrängt. Aber man konnte es zeitweilig verdrängen. Konnte über weite Strecken mit dem Nicht-dran-denken auskommen und somit auch besser mit sich selbst. Mehr war da nicht gesagt.

ciao Rainman
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Volker Zottmann » 14. September 2012, 16:49

Zicke hat geschrieben:
Volker Zottmann hat geschrieben:Auch ich war mal zur Musterung und habe mich da schon mit dem Schießen oder eben nicht Schießen auseinandergesetzt.
Und kam logischer Weise an keine Grenze!


und die Pioniere sind mit Wasserpistole auf Wache gezogen [sick]


Was Du schreibst, ist kalter Kaffee. Meine Worte stehen im Kontext zu Edelknabes Aussagen. Nichts weiter!
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Edelknabe » 14. September 2012, 18:45

Es war ganz einfach, ich hatte hundert andere tagtägliche Probleme damals. Und die liesen wohl gar keine Gedanken an den Ernstfall aufkommen. Wir lebten doch in einem sicheren Land, was sollte denn da passieren? Selbst an der Grenze?
Wenn ich Volkers Text über die Musterung lese, mensch, da war ich doch gar nicht richtig da um da überhaupt Fragen zu stellen und wir hatten das Thema auch schonmal.

Ich staune heute immer, wie unheimlich geistig helle damals angeblich viele junge Männer in dieser DDR in ihrer Birne waren, es hätte nur noch gefehlt das sie den Offizieren da vorn am Tisch mit ner vollen Verweigerung gekommen wären so..."ne, tut mir ja leid Herr Hauptmann aber ich gehe doch lieber arbeiten in meinem VEB weil ich da jeden Monat gutes Geld verdiene...ne, ne Meister, mit mir also nicht, nehmse mal einen Anderen. Ich glaube fast, der da vorne hätte abgehoben und losgebrüllt.

Nur als schönes Beispiel ähnlich meinem und die gab es tausendfach, da geh ich jede Wette ein: "Jungmann A gemustert mit 18 Jahren für die Mucker,die Infanterie, die Fusstruppe bei der NVA , Einberufungsbefehl kommt nach Jahren, da ist er so 23 Jahre herum und wo fällt er Abends unter dem seinesgleichensuchenden Gebrülle von zig Uffzen vom W50...aber genau Leute, im Ausbildungsregiment bei der Grenztruppe irgendwo am Arsch der Welt, im schönen Mecklenburg an der Elbe sandigem Strande.

Denn man hatte wohl etwas abgewartet bis er verheiratet war, ein Kind hatte. Schon war er für die Grenztruppe zuverlässig, so Einer wie der türmte nicht, der hatte ja was zum festhalten in seiner DDR, seine kleine Familie, seine gerade fertig ausgebaute eigene Wohnung und noch ne ganze Menge mehr.

Rainer-Maria aber wir sind wohl schon Ot. Ich glaube Volker, du warst immer schon helle in der Birne und ich hatte eben als junger Kerl die Meise. Hatte ich doch gerne, he, da bin ich wie Peter mein Freund der Turtle, mit meiner Vergangenheit voll im Reinen und ich habe auch vergeben, den ganzen Arschlöchern, die einem damals...aber lassen wir das,ist alles Geschichte, gut abgelegt und verarbeitet.
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon manudave » 14. September 2012, 18:47

Jetzt haut Ihr die ganze Grenzgeschichte in einen Thread... [mad]
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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Edelknabe » 14. September 2012, 19:18

Wir können das auch ab meinem Text heute früh ausgliedern David. Nennen könnte man es "Verdrängung oder Echtzeitgedanken eines damaligen Grenzsoldaten?" Oder meinetwegen anders.

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Re: Abbau der Selbstschussanlagen

Beitragvon Interessierter » 5. April 2017, 09:13

Passt irgendwie auch dazu:

Wie die Selbstschussanlagen an die Grenze kamen

Die Idee eines SS-Manns inspirierte die DDR-Führung womöglich zu ihrer brutalsten Waffe. Dokumente aus dem Bundesarchiv zeigen die Einführung der "Splittermine".

Der Minister war empört: "Für mich unverständlicherweise", schrieb DDR-Verteidigungsminister Heinz Hoffmann am 15. Mai 1969, seien gleich 35.000 Schützenminen an die verbündeten Nordvietnamesen abgegeben worden – und zwar "aus den Beständen der Grenztruppen“. Der höchste Militär der SED-Diktatur stellte in dem streng geheimen Brief an seinen Stellvertreter verärgert fest: "Eine Neuauffüllung des Bestandes der Grenztruppen ist bis jetzt nicht geschehen“ und verlangte Aufklärung: "Ich bitte, mir über diese Fragen eine Information ausarbeiten zu lassen.“

Drei Wochen brauchte der Stab des "Ministeriums für Nationale Verteidigung“, um die Fragen des Oberbefehlshabers zu beantworten. Am 5. Juni 1969 gab Stabschef Heinz Kessler seinem Vorgesetzten umfassend Auskunft: "Im Interesse der Typbereinigung und der vorgesehenen Neueinführung der Schützenminen vom Typ SM-70 erfolgte (…) der Abzug von 35.000 Stück Schützenminen. Zum Zeitpunkt der Planung und Meldung der Abgabe der Schützenminen war die Serienproduktion des Minentyps SM-70 für das Jahr 1968 vorgesehen.“

Allerdings kam die Fertigung nicht rechtzeitig in Gang, so dass "die staatlichen Organe der DDR bereits ein Regierungsabkommen“ mit dem kommunistischen Nordvietnam abgeschlossen hatten, in dem sie die Lieferung der 35.000 abgezogenen Minen zugesagt hatten, obwohl ihr Ersatz noch nicht zur Verfügung stand.

Allerdings seien durch die verfrühte Abgabe die "pioniertechnischen Anlagen an der Staatsgrenze West“ nicht geschwächt worden, denn die abgegebenen Sprengkörper waren "Lagerbestand“. Kessler gab Entwarnung: "Das Kommando der Grenztruppen ist mit den gegenwärtigen Beständen sowie mit den 1969 noch geplanten Zuführungen von Schützenminen in der Lage, alle vorgesehenen Pioniermaßnahmen zu erfüllen.“

Der Briefwechsel zwischen Armeegeneral Hoffmann und Generaloberst Kessler gehört zu einer Akte des Bundesarchivs, Abteilung Militärarchiv in Freiburg, über die Einführung der wahrscheinlich schrecklichsten Waffe an der innerdeutschen Grenze. Streng technisch SM-70 für "Splittermine Typ 70“ oder auch "Anlage 501“ benannt, wurden diese Waffen als "Selbstschussanlagen“ und "Todesautomaten“ weltweit bekannt.

Die Idee dahinter war einfach: Anders als gewöhnliche Erdminen, die schon seit Herbst 1961 entlang der innerdeutschen Grenze verlegt worden waren, sollten die Splitterminen vor allem den letzten Zaun zur Bundesrepublik hin unpassierbar machen, im Grenztruppendeutsch: das "vordere Sperrelement feindwärts“. Die Vorteile einer solchen Installation lagen für die Pioniere des Grenztruppenkommandos auf der Hand: Fest am Sperrzaun installierte Minen erzielten mit weniger Aufwand eine größere Sperrwirkung, da jeder "Republikflüchtling“ über den Zaun musste.
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Anders als die Erdminen konnten sie nicht durch Wasser weggespült werden und gefährdeten auch die eigenen Leute weniger, da sich ohnehin jeder Grenzsoldat vom Sperrzaun selbst fernzuhalten hatte. Schließlich sollten diese Minen durch Signaldrähte mit den Grenzleitstellen verbunden werden, so dass anders als bei den konventionellen, in geheim gehaltenen Abständen verlegten Minen bei einer Auslösung sofort festgestellt werden konnte, welche Sprengladung hochgegangen war.

Die Idee soll ein SS-Mann gehabt haben


Zuerst auf die Idee, Splitterminen zu entwickeln, die oberirdisch Menschen gezielt schwer verletzen, war ein SS-Offizier im Reichssicherheitshauptamt gekommen: Erich Lutter wollte schon 1942 auf diese Weise die Zäune von Konzentrationslagern "kostengünstig“ unpassierbar machen. Der Sturmbannführer konzipierte einen Apparat, der jedoch im Zweiten Weltkrieg nicht mehr zum Einsatz kam. Auf welche Weise diese Idee allerdings zu den DDR-Grenztruppen kam, die immer nach Möglichkeiten suchten, den Todesstreifen noch unüberwindbarer zu machen, ist unklar.

Ein westdeutscher Journalist verbreitete in den Siebzigerjahren, die Sowjets hätten Lutters Pläne erbeutet und diese dann der DDR zur Weiterentwicklung übergeben. Dagegen erinnern sich an der Einführung der SM-70 beteiligte Grenzer, ein tschechoslowakischer Rüstungsbetrieb habe die Splittermine entworfen.

Der Aufbau war einfach: In einem trichterförmigen Metallmantel waren etwa 90 Stahlwürfel mit jeweils vier Millimeter Kantenlänge zusammen mit etwa hundert Gramm hochexplosivem Sprengstoff zusammengepresst. Gezündet wurde die Mine durch einen Auslösedraht, der über einen speziell konstruierten Auslösemechanismus vor dem Metalltrichter gespannt war. Durch die Richtwirkung des Trichters trafen die Splitter bei Zündung einen genau definierten Bereich vor der Mine – anders als klassische Erdminen, die in alle Richtungen gleichermaßen detonieren.

Doch würden diese neuartigen Waffen tatsächlich funktionieren? Und würden sie so exakt einzustellen sein, dass nicht schon Vögel, die sich auf die Zünddrähte setzen, die Explosion auslösten? Das musste erprobt werden. Knapp anderthalb Jahre dauerte die Untersuchung der Selbstschussanlage auf einem Testgelände der Grenztruppen, dann befahl deren Chef, Generalleutnant Erich Peter, "die Splittermine SM-70 im Grenzeinsatz zu erproben“.

Eine "neue Qualität" der Grenzsicherung

Zwei kurze Bereiche zwischen den beiden Kleinstädten Salzwedel im Norden Sachsen-Anhalts und Lüchow im östlichsten Zipfel von Niedersachsen waren dafür ausgesucht worden: "Der Erprobungsabschnitt liegt in den hauptsächlichen Bewegungsrichtungen der Grenzverletzer der 5. Grenzbrigade.“

Peter hielt in seiner Konzeption über den Ausbau eines Grenzabschnittes zur Erprobung der Splittermine SM-70“ fest: "Der gegenwärtig vorhandene pioniermäßige Ausbau und die geografischen und hydrologischen Bedingungen dieses Grenzabschnittes gewährleisten, die zu errichtende Sperranlagen in relativ kurzer Zeit auf hohem technischen Niveau zu errichten.“

Das Vorhaben, das Heinz Hoffmann am 11. September 1970 bestätigte, sollte für eine "neue Qualität“ sorgen und die "Effektivität der Grenzsicherung wesentlich erhöhen“.

https://www.welt.de/kultur/history/arti ... kamen.html
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