Hans Dick - das letzte Opfer an der tschechischen Grenze

1986: Schüsse an der deutsch-tschechischen Grenze

Beitragvon Sirius » 6. Mai 2012, 10:10

26.09.1986

Schüsse an der deutsch-tschechischen Grenze

Ein schwerer Zwischenfall an der Grenze zur Tschechoslowakei überschattete die ohnehin bescheidenen Beziehungen zwischen Bonn und Frag: Tschechoslowakische Grenzer, die zwei Polen an der Flucht hindern wollten, erschossen einen pensionierten Oberstleutnant der Bundeswehr.

Der Zwischenfall ereignete sich im bayrischen Grenzgebiet bei Tirschenreuth. Dort wurde der pensionierte Oberstleutnant Johann Dick während einer Wanderung auf bundesdeutschem Gebiet durch mehrere Schüsse verletzt. Die tschechoslowakischen Grenzsoldaten Brachten den 59jährigen Mann auf CSSR Gebiet; wenig später verstarb er auf dem Transport ins Krankenhaus. Nach Auskunft von Dicks Familie, die erst eineinhalb Tage später informiert wurde, war der frühere Oberstleutnant privat unterwegs. Auch ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, Dick habe sich in keinerlei Auftrag im Grenzgebiet befunden. Die Bundesregierung nannte den Vorfall einen „völkerrechtswidrigen Übergriff auf deutsches Hoheitsgebiet". (...)

In Bonn wurde nicht ausgeschlossen, daß die Grenzer ihre Schüsse nicht vom Gebiet der Tschechoslowakei abgaben, sondern daß sie von bundesdeutschem Territorium aus auf die beiden flüchtenden Polen schössen. Auf bayrischem Gebiet, siebzig Meter von der Grenze entfernt, wurden Patronenhülsen gefunden. Auch lag die Stelle, an der Dick erschossen wurde, rund 700 Meter abseits von jenem Punkt, an dem einer der beiden Flüchtlinge das Bundesgebiet erreicht hatte: (Der andere war von den Grenzsoldaten gestellt worden ) Trotz der Bemühungen um genaue Aufklärung versuchte die Bundesregierung eine weitere Belastung der Beziehungen zu Prag zu vermeiden „Schritte" gegen die tschechoslowakische Regierung würden erst nach einem abschließenden Bericht in Erwägung gezogen, erklärte das Auswärtige Amt.

http://www.zeit.de/1986/40/schuesse-an- ... hen-grenze



http://en.wikipedia.org/wiki/Johann_Dick

Hier das Denkmal am Tatort:
http://www.panoramio.com/photo/6805323? ... google.com

Heute weiß man, dass die tschechischen Grenzsoldaten bis zu 200 Meter auf westdeutsches Gebiet vorgedrungen waren und dort auf den sich ebenfalls auf westdeutschem Gebiet befindlichen Johann Dick schossen. Der zunächst schwer Verletzte und dann auf dem Weg in ein tschechisches Krankenhaus Verstorbene wurde von den Grenzsoldaten beraubt. Im Jahr 2001 wurden drei ehemalige Grenzsoldaten angeklagt, später aber freigesprochen, da nicht ermittelt werden konnte, wer der drei Soldaten der Todesschütze war.
Benutzeravatar
Sirius
 
Beiträge: 3915
Registriert: 21. September 2011, 10:01

Re: 1986: Schüsse an der deutsch-tschechischen Grenze

Beitragvon augenzeuge » 6. Mai 2012, 11:07

Mir ist völlig unklar, warum sich die tschech. Grenzer nach diesem Vorgehen nicht schon sofort durch ihre eigenen Behörden verantworten mussten. Der Fall ist ja wohl eindeutig, oder?

Allerdings, durften die Polen nicht bereits 1986 in den Westen reisen? Ich kann mich an eine "Einwanderungswelle" in den 80 ern erinnern....
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84719
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: 1986: Schüsse an der deutsch-tschechischen Grenze

Beitragvon Thunderhorse » 6. Mai 2012, 11:59

Sirius hat geschrieben:
26.09.1986

Schüsse an der deutsch-tschechischen Grenze

Ein schwerer Zwischenfall an der Grenze zur Tschechoslowakei überschattete die ohnehin bescheidenen Beziehungen zwischen Bonn und Frag: Tschechoslowakische Grenzer, die zwei Polen an der Flucht hindern wollten, erschossen einen pensionierten Oberstleutnant der Bundeswehr.

Der Zwischenfall ereignete sich im bayrischen Grenzgebiet bei Tirschenreuth. Dort wurde der pensionierte Oberstleutnant Johann Dick während einer Wanderung auf bundesdeutschem Gebiet durch mehrere Schüsse verletzt. Die tschechoslowakischen Grenzsoldaten Brachten den 59jährigen Mann auf CSSR Gebiet; wenig später verstarb er auf dem Transport ins Krankenhaus. Nach Auskunft von Dicks Familie, die erst eineinhalb Tage später informiert wurde, war der frühere Oberstleutnant privat unterwegs. Auch ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, Dick habe sich in keinerlei Auftrag im Grenzgebiet befunden. Die Bundesregierung nannte den Vorfall einen „völkerrechtswidrigen Übergriff auf deutsches Hoheitsgebiet". (...)

In Bonn wurde nicht ausgeschlossen, daß die Grenzer ihre Schüsse nicht vom Gebiet der Tschechoslowakei abgaben, sondern daß sie von bundesdeutschem Territorium aus auf die beiden flüchtenden Polen schössen. Auf bayrischem Gebiet, siebzig Meter von der Grenze entfernt, wurden Patronenhülsen gefunden. Auch lag die Stelle, an der Dick erschossen wurde, rund 700 Meter abseits von jenem Punkt, an dem einer der beiden Flüchtlinge das Bundesgebiet erreicht hatte: (Der andere war von den Grenzsoldaten gestellt worden ) Trotz der Bemühungen um genaue Aufklärung versuchte die Bundesregierung eine weitere Belastung der Beziehungen zu Prag zu vermeiden „Schritte" gegen die tschechoslowakische Regierung würden erst nach einem abschließenden Bericht in Erwägung gezogen, erklärte das Auswärtige Amt.

http://www.zeit.de/1986/40/schuesse-an- ... hen-grenze



http://en.wikipedia.org/wiki/Johann_Dick

Hier das Denkmal am Tatort:
http://www.panoramio.com/photo/6805323? ... google.com

Heute weiß man, dass die tschechischen Grenzsoldaten bis zu 200 Meter auf westdeutsches Gebiet vorgedrungen waren und dort auf den sich ebenfalls auf westdeutschem Gebiet befindlichen Johann Dick schossen. Der zunächst schwer Verletzte und dann auf dem Weg in ein tschechisches Krankenhaus Verstorbene wurde von den Grenzsoldaten beraubt. Im Jahr 2001 wurden drei ehemalige Grenzsoldaten angeklagt, später aber freigesprochen, da nicht ermittelt werden konnte, wer der drei Soldaten der Todesschütze war.



Das wußte man schon in 1986.

TH
"Mobility, Vigilance, Justice"
Benutzeravatar
Thunderhorse
 
Beiträge: 814
Bilder: 0
Registriert: 19. Juni 2010, 15:17

Re: 1986: Schüsse an der deutsch-tschechischen Grenze

Beitragvon Sirius » 7. Mai 2012, 07:55

augenzeuge hat geschrieben:Mir ist völlig unklar, warum sich die tschech. Grenzer nach diesem Vorgehen nicht schon sofort durch ihre eigenen Behörden verantworten mussten. Der Fall ist ja wohl eindeutig, oder?


1986 war dort eben ein anderes politisches System. Die tschechoslowakischen Grenzsoldaten wurden direkt nach der Tat "bestraft" - die höchste Strafe betrug 14 Tage Gefängnis, was man als Quasi-Freispruch werten kann. Deshalb gab es wohl auch 2001 eine erneute Anklage. In diesem Zusammenhang fällt mir das Massaker von My Lai ein, nach dem der Verantwortliche als Strafe Hausarrest bekam.

Die Witwe des getöteten Johann Dick bekam übrigens von der Tschechoslowakei 100.000 DM Entschädigung.

augenzeuge hat geschrieben:Allerdings, durften die Polen nicht bereits 1986 in den Westen reisen? Ich kann mich an eine "Einwanderungswelle" in den 80 ern erinnern....
AZ


Ich kann mich auch erinnern, 1987 Polen mit ihren Privat-KFZ auf deutschen Autobahnen bzw. Autobahnparkplätzen gesehen zu haben. Darum verstehe ich auch nicht, warum die zwei Polen den Fluchtversuch unternehmen mussten.

Man konnte übrigens schon Anfang der achtziger Jahre ungarische Urlauber mit ihren PKW und Wohnwagen in westlichen Staaten Urlaub machen sehen. Allerdings war das eher selten, was vermutlich an den fehlenden Devisen lag. Dennoch fiel das im Vergleich zu den völlig fehlenden privaten DDR-KFZ auf.
Benutzeravatar
Sirius
 
Beiträge: 3915
Registriert: 21. September 2011, 10:01

Re: 1986: Schüsse an der deutsch-tschechischen Grenze

Beitragvon Sirius » 7. Mai 2012, 08:04

Thunderhorse hat geschrieben:Das wußte man schon in 1986.

TH


Es gab 1986 eine deutsch-tschechoslowakische Untersuchungskommission, die zu dem Ergebnis kam, dass die Grenzsoldaten auf deutschem Territorium waren, wegen der aufgefundenen Geschosshülsen. Ob damals auf deutscher Seite schon alle Details wie z.B. die 200 Meter-Angabe und der genaue Tatablauf bekannt waren, weiß ich nicht. Vielleicht wurde das erst beim Gerichtsverfahren im Jahr 2001 bekannt?
Benutzeravatar
Sirius
 
Beiträge: 3915
Registriert: 21. September 2011, 10:01

Hans Dick - das letzte Opfer an der tschechischen Grenze

Beitragvon Interessierter » 4. Juni 2015, 09:04

Von reinhold willfurth, mz

mähring/amberg. Die Stille und Schönheit des Oberpfälzer Walds mag er gesucht haben, der hier, bei Mähring (Lkr. Tirschenreuth) ein wenig an die Weiten Skandinaviens erinnert. Am Morgen des 18. September 1986 verabschiedete sich der Amberger Oberstleutnant a. D. Hans Dick zu einer Tageswanderung an der bayerisch-böhmischen Grenze von seiner Frau. Er sollte nicht nach Hause zurückkehren.

Denn statt der gewohnten, ruhigen Waldeinsamkeit auf dem Weg zwischen Hermannsreuth und Treppenstein traf der Wanderer seinen Mörder in Gestalt eines kaum 20-jährigen tschechoslowakischen Grenzsoldaten. Dick war das letzte Todesopfer am Eisernen Vorhang zwischen Bayern und Böhmen. Gut drei Jahre später fielen die Schlagbäume.

Hermann Köpf, damals und heute Förster des Reviers Griesbach, ist gerade auf der Pirsch, als er die Schüsse hört. „Das ging rrrrrt! rrrrrrt! Aber ich dachte mir nichts dabei, auf der anderen Seite der Grenze war ein Schießstand“, berichtet er der MZ. Er pirscht weiter und erlegt einen Hirsch — nur einen Kilometer vom Ort der Tragödie entfernt.

Nach allem, was man weiß, spielt sich dort zur selben Zeit folgendes ab: Hans Dick ist nach einem acht Kilometer langen Fußmarsch nur mehr etwa zwei Kilometer von seinem Tagesziel Mähring entfernt, wo er Mittagsrast halten will. Kurz nach 13 Uhr dann plötzlich Schreie und Schüsse: Eine Gruppe Grenzsoldaten der CSSR verfolgt zwei Flüchtige aus Polen.

Was dann geschieht, steht bis heute nicht genau fest. Fakt ist, dass sich Dicks Wege und die der Verfolger gekreuzt haben. Fakt ist auch, dass ein Grenzsoldat Hans Dick mit seiner automatischen Schnellfeuerwaffe niederstreckt — von hinten und mehrere hundert Meter tief auf deutschem Gebiet. Die Soldaten — es sollen bis zu 15 gewesen sein — legen den Schwerverletzten auf eine Trage und verschleppen ihn über die Grenze. Im fernen Pilsen erliegt Dick dann seiner Verletzung, einem Magendurchschuss. Revierförster Köpf, der erst Tage später im Autoradio bei der Rückkehr von einem Jagdurlaub von der Tragödie erfuhr, ist sich heute sicher: „Wenn die das nicht vertuschen hätten wollen, wäre er noch am Leben“.


Weiter hier:
http://www.mittelbayerische.de/bayern-n ... 7.html?p=1
Interessierter
 

Re: Hans Dick - das letzte Opfer an der tschechischen Grenze

Beitragvon Sirius » 4. Juni 2015, 09:27

Es gibt schon einen Thread zu dem Thema. Vielleicht sollte man diesen neuen Thread hier an diesen alten anhängen:

http://neues-forum.info/forum/viewtopic.php?f=15&t=3627&p=56249&hilit=hans+dick#p56249
Benutzeravatar
Sirius
 
Beiträge: 3915
Registriert: 21. September 2011, 10:01

Re: Hans Dick - das letzte Opfer an der tschechischen Grenze

Beitragvon augenzeuge » 4. Juni 2015, 09:47

Sirius hat geschrieben:Es gibt schon einen Thread zu dem Thema. Vielleicht sollte man diesen neuen Thread hier an diesen alten anhängen:

http://neues-forum.info/forum/viewtopic.php?f=15&t=3627&p=56249&hilit=hans+dick#p56249


Erledigt.
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84719
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Hans Dick - das letzte Opfer an der tschechischen Grenze

Beitragvon Interessierter » 4. Juni 2015, 09:54

Danke und sorry, ich habe den Namen des Opfers in die Suchfunktion eingegeben und als Antwort " Kein Treffer " erhalten.
Interessierter
 

Re: Hans Dick - das letzte Opfer an der tschechischen Grenze

Beitragvon Edelknabe » 4. Juni 2015, 18:29

Der war gut:

"mähring/amberg. Die Stille und Schönheit des Oberpfälzer Walds mag er gesucht haben, der hier, bei Mähring (Lkr. Tirschenreuth) ein wenig an die Weiten Skandinaviens erinnert. Am Morgen des 18. September 1986 verabschiedete sich der Amberger Oberstleutnant a. D. Hans Dick zu einer Tageswanderung an der bayerisch-böhmischen Grenze von seiner Frau. Er sollte nicht nach Hause zurückkehren."
Textauszug ende

Ich denke da so an mich selber. Und dann gehe ich alleine wandern (im Grenzgebiet)weil Frau wohl keine Lust verspürte...und ne Leute, war das nun Zufall, Absicht, ne Verkettung unglücklicher Umstände? Oder wollte der Mann paar Polen rüberbringen?

Rainer-Maria der war gut ne, wenn Oberst einfach nur Zivilist gewesen wäre?
Benutzeravatar
Edelknabe
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 16722
Bilder: 57
Registriert: 2. Mai 2010, 09:07

Re: Hans Dick - das letzte Opfer an der tschechischen Grenze

Beitragvon augenzeuge » 4. Juni 2015, 18:50

Edelknabe hat geschrieben:und ne Leute, war das nun Zufall, Absicht, ne Verkettung unglücklicher Umstände? Oder wollte der Mann paar Polen rüberbringen?

Rainer-Maria der war gut ne, wenn Oberst einfach nur Zivilist gewesen wäre?


Na klar. Deshalb zahlte die CSSR auch 100.000 DM an die Witwe....
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84719
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen


Zurück zu Andere Grenzen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron