Vom Republikflüchtling zum Nationalhelden

Vom Republikflüchtling zum Nationalhelden

Beitragvon augenzeuge » 14. März 2024, 17:14

Der Eishockeyspieler Vaclav Nedomansky war ein Republikflüchtling. Später wurde «Big Nedo» zum Nationalhelden

Der legendäre Center feiert am Donnerstag seinen 80. Geburtstag. Er war nicht nur einer der ersten NHL-Spieler aus dem Ostblock, sondern auch eine faszinierende Figur der Zeitgeschichte.

Vaclav Nedomansky war mehr als nur ein begnadeter Eishockeyspieler. Mit seiner Rückennummer 14 war der kräftige Hüne in der Tschechoslowakei und weit über diese hinaus ein Sinnbild des Widerstands, der Hoffnung und der Auflehnung gegen die sowjetischen Besetzer, die das Land seit Jahren in politischer Geiselhaft hielten. «Big Nedo» konnte den Russen die Stirn bieten, spielerisch und körperlich. Er war mindestens so gut, wenn nicht sogar besser als die herausragenden Exponenten der «big red machine», wie Väterchen Tichonows Sbornaja getauft worden war.


Als Nedomansky sich 1974 und nur drei Jahre, nachdem man ihn am Stephanstag sehnlichst in der Schweiz erwartet hatte, als erster Eishockeyspieler aus dem ehemaligen Ostblock nach Nordamerika absetzte, ging eine Schockwelle durch halb Europa. Enttäuscht von den falschen Versprechen der Apparatschiks, die ihm den Wechsel nach Nordamerika verweigerten, ging er den Weg der Republikflucht.

Nedomansky wählte für seine Flucht in die Freiheit den Weg über die Schweiz, für die er als verdienter Held des sozialistischen Sports und seine Familie damals von der tschechoslowakischen Regierung ein Touristenvisum erhalten hatten. Zusammen mit der Ehefrau Marcella und der kleinen Tochter reiste er im Deux-Chevaux nach Bern, stieg mit nur zwei Taschen im Hotel Schweizerhof ab und verhandelte dort mit zwei Klubmanagern aus Übersee.

Kurz darauf flog Nedomansky nach Toronto weiter, wo er sich zuerst den Toronto Torres, dann den Birmingham Bulls anschloss.


Vaclav Nedomansky ist in seiner neuen Heimat sesshaft geworden. Er besitzt die kanadische und auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Mit seiner Frau, die ihn damals auf der Flucht begleitet hat, lebt er in der kalifornischen Wüste in der Nähe von Indian Wells. Doch längst hat sich auch seine tschechische Heimat mit ihm versöhnt. Jüngst war er zu Besuch beim Staatspräsidenten Petr Pavel. Zu seinem 80. Geburtstag am Donnerstag strahlt das tschechische Fernsehen eine Dokumentation über seine Karriere und den Einfluss aus, den er auch auf das politische Leben in seiner Heimat gehabt hat. Eine tschechische Internetplattform wählte ihn jüngst unter die zehn grössten Sportpersönlichkeiten der Tschechischen Republik.

https://www.nzz.ch/sport/eishockey/vacl ... ld.1821797

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