Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 1. Februar 2022, 18:19

In der Hauptrichtung der Anstrengungen der Grenzverletzer

Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen, allgemein auch als "Oder-Neiße-Friedens-Grenze" bekannt, wurde und wird von den Historikern mehr oder weniger nur am Rande betrachtet. Lange Zeit galt sie als " ereignislose Trennlinie zweier Bruder-Staaten". Das dem nicht so war, zeigen unter anderem die im Landeshauptarchiv Potsdam und in der BSTU-Außenstelle Frankfurt (Oder) lagernden Dokumente. Sieht man davon ab, dass die "Bruder-Staaten" DDR und Polen nicht immer ein "brüderliches", sondern oftmals ein von gegenseitigen Misstrauen geprägtes Verhältnis pflegten, boten beide Staaten für die Bürger des jeweils anderen Staates, durchaus günstige Fluchtmöglichkeiten. Besonders die Gegend auf der deutschen Seite der Oder. Das bis zum 13.August 1961 relativ offene Westberlin war auch für die Polen interessant. Außerdem lag es nur knapp 100 km vom Oderbruch entfernt. Daher stellte die "Friedens-Grenze" so etwas wie eine natürliche Grenzsperre für Fluchtwillige Polen im Vorfeld von Westberlin dar. Obwohl diese Grenze, auf dem ersten Blick, kaum bewacht wurde, besaß sie dennoch ihre Tücken!

An dieser Stelle ein paar Beispiele:
Am 24.07. 1987 schwammen zwei aus dem Raum Gdansk stammende Jugendliche südlich von Kostrzyn durch die Oder hinüber nach Kietz (heute Küstrin-Kietz). Die beiden sechzehnjährigen beabsichtigten via Kietz weiter nach (Ost)-Berlin zu gelangen , um dort über die "Mauer" hinüber nach Westberlin zu gelangen. Es ist zweifelhaft, dass die beiden auch nur eine Ahnung davon hatten, was sie in Berlin erwartete. Offenbar kannten sie sich nicht einmal mit den lokalen Gegebenheiten an der Oder aus. Ansonsten hätten sie sich einen anderen Übertrittsort ausgesucht. Die dem polnischen Ufer an dieser Stelle gegenüberliegende, zu Kietz gehörende Oderinsel stellte seit Jahrzehnten ein von der sowjetischen Armee besetztes, militärisches Sperrgebiet dar. Das natürlich auch entsprechend bewacht wurde. Kaum am deutschen Ufer angelangt, sahen sich die Jungs auch schon von bewaffneten Wachposten der "Roten Armee" umstellt. Nach einer kurzen Befragung, informierte der diensthabende Offizier der Garnison das VPKA Seelow. Dort wurden die "Grenzverletzer" von der Kriminalpolizei vernommen und noch am selben Tag in Slubice an die polnische Polizei übergeben.

Ein wenig mehr Glück hatte ein dreiunddreißigjähriger Pole, der in einer Februarnacht !! die Oder vom polnischen Gorzyca hinüber nach Reitwein überwand. In den Unterlagen findet sich in diesem Fall kein Hinweis, auf welche Art und Weise die Überwindung des Stroms gelang. Ich gehe aber davon aus, dass er die eiskalte Oder auf keinen Fall durchschwommen sein kann. Ansonsten wäre er wohl kaum lebend angekommen.
Auf jeden Fall konnte sich der Pole bis zum nächsten Abend nach Berlin durschlagen. Auch er wollte weiter nach Westberlin. Dieses Vorhaben endete jedoch am Ostbahnhof, wo er einer Streife der Transportpolizei auffiel.

Am 18.Oktober 1986 stellte sich ein achtzehnjähriger Pole im VPKA Seelow. Der Mann war einige Tage zuvor bei Görlitz über die Neiße illegal in die DDR gelangt. Um nach Berlin zu gelangen, orientierte er sich zunächst an dem Verlauf der Neiße und der Oder. Irgendwann hatte er jedoch die Orientierung verloren. Da der junge Mann die deutsche Sprache nicht beherrschte, konnte er niemanden nach dem Weg fragen. Außerdem hätte er damit auch die Aufmerksamkeit von VP und Grenztruppen auf sich gezogen. Völlig erschöpft, mit seinen Kräften am Ende, landete er schließlich in Seelow, wo er sich der Volkspolizei stellte.

Übertritte gab es aber auch in die andere Richtung:
Am 02.11. 1985, 02:00 Uhr, stellte eine Streife des polnischen Grenzschutzes bei Kostrzyn, zwei aus Buckow und Müncheberg stammende junge Männer. Ihr Ziel bestand in der polnischen Ostsee, wo sie nach Skandinavien flüchten wollten.

Geradezu mysteriös mutet der illegale Grenzübertritt eines Berliners im Mai 1989, im Raum Kienitz, an. Der geplante Übertritt wurde durch einen ausländischen Staatsbürger der eine Liebesbeziehung mit einer Einwohnerin von Kienitz unterhielt, dem zuständigen ABV verraten. Die über das Grenzabschnittskommando Frankfurt (Oder) verständigten polnischen Grenztruppen konnten den Mann tatsächlich unweit der Oder, in einem polnischen PKW sitzend, festnehmen. In diesem Fall konnte man wohl zurecht von einer gezielten Ausschleusung auszugehen. Alles andere ist tatsächlich mehr als "nebulös". Bei dem Ausländer handelte sich meines Wissens nach, um einen Tunesier oder Syrier. Den die besagte Dame aus Kienitz, bei der Ausübung von "Liebesdiensten gegen harte DM" kennengelernt haben soll. Ob das nun allerdings stimmt..... ?

Illegale Grenzübertritte kamen immer wieder vor. Vor allem im Raum Kietz-Bleyen, der vom "Grenzabschnittskommando Frankfurt (Oder) als "Raum der Hauptanstrengung der Grenzverletzer" erkannt wurde. Dabei berechneten die Mitarbeiter des Stabes in Frankfurt (Oder) bestimmte Schwerpunktzeiten, an denen die für den Grenzabschnitt Kietz zuständigen "Grenzabschnittsposten" ihre individuelle Dienstplanung orientieren mussten.
Die weitaus größte Gruppe der "Grenzverletzer" bildeten allerdings die heimwehkranken Deserteure der sowjetischen Armee. Auf dieses Thema komme ich zu einem anderen Zeitpunkt zurück.

Viele Grüße an alle

der Uwe aus dem Oderland
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon augenzeuge » 1. Februar 2022, 18:54

Am 24.07. 1987 schwammen zwei aus dem Raum Gdansk stammende 16 jährige Jugendliche....


Die durften nicht normal einreisen???
Ich erinnere mich an die 1987 vorhandenen Polenmärkte in West-Berlin. Unglaublich, was die dort alles aus Polen verkauften.
Sogar Lebensmittel, die man aus der DDR gar nicht ausführen durfte.

Wie war das eigentlich möglich, das Zeugs in den Westen zu bringen? Ich hatte damals das Gefühl, fast jeder Pole darf nach West-Berlin.

AZ
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Icke46 » 1. Februar 2022, 19:26

Die Frage nach dem Grund dieses Grenzübertritts Polen-DDR habe ich mir auch gestellt, denn der Reiseverkehr Richtung Westen war wirklich rege. Nicht nur nach West-Berlin, sondern auch zb. in den Raum Hannover, wo sie damals - und wohl auch noch heute - als Spargelstecher aktiv waren.

Über die Spargelstecher gab es häufiger Berichte im TV. Ich kann mich noch erinnern, dass die Anzahl der Lehrer unter ihnen überproportional hoch war. Das Einkommen als Spargelstecher in der Saison war etwa genauso hoch wie das Jahreseinkommen als Lehrer.
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 1. Februar 2022, 22:39

Der so genannte "Polen-Markt" in Westberlin ist aber erst 1989 entstanden. Anfang des Jahres hatte die polnische Regierung beschlossen, dass jeder Bürger einen Reisepass bekommt. Theoretisch konnte jeder Pole dorthin reisen, wo er möchte. Praktisch hing das vom weiterhin vom Geldbeutel ab.
Da Westberlin jedoch die Visa-Pflicht für Polen Anfang 1989 aufhob, anders als Bundesrepublik, entwickelte sich bald ein reger Reiseverkehr. Sehr viele Polen nutzten die Gelegenheit, um in Westberlin alle möglichen Dinge, von Wertgegenständen bis zu landwirtschaftlichen Produkten, zu verkaufen. Mit dem eingenommenen Geld konnten ganze Familien längere Zeit "über Wasser gehalten werden." Polen befand sich zu jener Zeit in einer schweren wirtschaftlichen Krise, die sich unter anderem in den leeren Regalen der Geschäfte widerspiegelte. Zu dieser Zeit ist der bei manchen legendäre, anderen aber auh vielfach lästige "Polenmarkt" entstanden.
Geradezu dramatische Szenen sollen sich regelmäßig in den völlig überfüllten Zügen zwischen der polnischen Grenze und Berlin abgespielt haben. Der Zug von Frankfurt (Oder) via Fürstenwalde nach Berlin-Ostbahnhof konnte zeitweilig von anderen Fahrgästen gar nicht mehr genutzt werden. Aufgrund der Massen an polnischen und Fahrgästen und der Unmengen an mitgeführten Gepäck, war in Frankfurt (Oder) auf dem Grenzbahnhof an eine geordnete Pass -und Zollkontrolle nicht mehr zu denken. Selbst die Ausreisekontrollen im Bahnhof Friedrichstraße sollen vor allem im Sommer 1989, aufgrund des Ansturms der polnischen Reisenden, fast zum Erliegen gekommen sein.
Überliefert sind auch Auseinandersetzungen zwischen der Transportpolizei und polnischen Reisenden. Diese eskalierten derart, dass Bespielsweise nur durch die Heranziehung starker Polizeikräfte, die Erstürmung des Trapo-Reviers auf dem Bahnhof Berlin-Lichtenberg verhindert werden konnte.
Diese Ereignisse sind heute kaum bekannt. Wahrscheinlich sind sie von dem parallel verlaufenden Wende-Geschehen "überlagert worden."
Hinter den Kulissen liefen auf diplomatischer Ebene, zwischen Berlin und Warschau, zahlreiche Bemühungen, um die eingetretene Situation zu entschärfen. Neben der Bereitstellung weiterer Züge, sollte in Berlin eine neue Grenzkontrollstelle für polnische Reisende eingerichtet werden.
Des Weiteren schlug die polnische Regierung vor, bei (Küstrin)-Kietz und Kostrzyn zwei neue Grenzübergänge, einen für die "Schiene" und einen für die "Srraße" zu errichten.
Dieser Vorschlag wurde vom DDR-Außenministerium befürwortet. Große Bedenken meldete jedoch die für die Staatsgrenzen der DDR zuständige Hauptabteilung des MfS an. Jedoch nicht etwa aufgrund von Sicherheitsbedenken. Sondern schlicht aus wirtschaftlichen Gründen. Die DDR hätte sich die notwendige Sanierung der Oderbrücke sowie den Ausbau der maroden Fernverkehrsstraße 1 ( heute B 1) schlicht nicht leisten können. Das MfS empfahl daher, generell auf die Einrichtung neuer Grenzübergangsstellen zu verzichten. Stattdessen sollten vorhandene Kapazitäten ausgebaut und verbessert werden.
Der Grenzübergang Küstrin-Kietz / Kostrzyn wurde 1992 dennoch eröffnet. Allerdings Dank der Wiedervereinigung.

Die hier geschilderten Aussagen gehen aus MfS-Akten hervor, die mir in Kopie vorliegen.

Gruß an alle
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon augenzeuge » 1. Februar 2022, 22:45

Ok, es war 1988/89, als die ersten Polenmärkte eröffneten.

„Warum wird im Kaufhaus am Alexanderplatz (in Ost-Berlin) einmal stündlich die polnische Nationalhymne gespielt? Antwort: Damit die Polen stramm stehen und auch wir mal zum Einkaufen kommen.“


https://www.welt.de/politik/article3674 ... Mauer.html

https://www.deutsches-polen-institut.de ... nmarkt.pdf

Also, 1987 durften 16jährige auch nicht in die DDR einreisen??

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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 1. Februar 2022, 23:32

1987 bestand für polnische Bürger, auch für sechzehnjährige, bei Einreisen in die DDR die Pflicht eine Einladung vorzulegen. Ausnahmen werden sicherlich bei Touristik-Reisen, Jugendaustausch etc. vorgelegen haben. Aber wer weder über Bekannte in der DDR noch über das notwendige "Kleingeld" für eine gebuchte Reise verfügte, den blieb nur der Weg durch Oder und Neiße. Oben im Norden, im heutigen Mecklenburg-Vorpommern, verläuft die Grenze zu Polen ein Stück weit über Land. Dieser Bereich wurde zumindest bis in die Sechziger Jahre hinein, ähnlich gesichert wie die Grenze zwischen der DDR und der BRD.
Auf der polnischen Seite gab es auch lange Zeit an der gesamten Grenze, über 400 km, einen Spurensicherungsstreifen. Sowie B-Türme und Sperrzonen.
In diesem historischen Werbefilm des polnischen Grenzschutzes ist der Spurenstreifen bei 1:28 gut zu sehen.

https://youtu.be/FOhISqo0Wbk

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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Nostalgiker » 2. Februar 2022, 09:22

Interessantes Thema, besonders wenn man sich mit den geschichtlichen Fakten beschäftigt die zur Entstehung der 'Oder-Neiße-Friedensgrenze' führten.

Die hier bereits erwähnte Grenzführung bei Stettin, geregelt im Schweriner Grenzvertrag vom 21. September 1945 zwischen der SU und Polen; Deutschland oder besser die SBZ blieb außen vor; war bis 1990 völkerrechtlich ambivalent.
Erst mit dem deutsch-polnischen Grenzvertrag wurde am am 14. November 1990 zwischen Deutschland und Polen ein völkerrechtlich gültiger Vertrag über den Grenzverlauf zwischen Deutschland und Polen geschlossen.

Historikern welche sich schwerpunktmäßig mit der politischen Entwicklung Europas nach 1945 beschäftigten haben dank der Öffnung russischer Archive (zwar nicht alles zugänglich aber sehr vieles) bestimmte Thesen aufgestellt welche gerade die "Westverschiebung" des polnischen Territoriums betreffen.
Einmal wollte die SU unter der Ägide Stalins die Gebiete östlich der Curzonlinie in die SU überführen und er nutzte die Konferenzen in Teheran, Jalta und Potsdam um sich seine Ansprüche von den Alliierten abzusegnen lassen. Damit waren de facto die neuen Grenzen im östlichen Mitteleuropa Völkerrechtlich verbindlich. Weder Deutschland welches bedingungslos kapituliert hat wurde "gefragt" noch Polen welches befreit wurde.
Die im Rahmen der Grenzziehungen erfolgten Vertreibungen der angestammten Bewohner erfolgte im Einverständnis und mit Billigung aller Alliierten.
Diese, auch Umsiedlungen genannte, Vertreibung geschah über mehrere Jahre und betraf Millionen Menschen und geschah teilweise Chaotisch.
Auch hier spielten historisch bedingte Ansichten bei allen Beteiligten (Alliierte) eine tragende Rolle.
Durch die seit Mitte des 19. Jahrhunderts aufkeimende, überbordende Nationalitätenpolitik festigte sich die Auffassung das in den Grenzen eines Nationalstaat nur eine ethisch und national reine Bevölkerung leben könne und das die sogenannte Vermischung von unterschiedlichen Nationalitäten in den Grenzgebieten der Konfliktherd für territoriale Ansprüche an die Nachbarstaaten seien.
Ergo eine Nation in einem Nationalstaat mit klar definierter Grenze.

Ein weiteres Kalkül von Seitens Stalin war das einmal durch die territoriale Verschiebung Polens nach Westen und die "Umsiedlung" von Polen aus Gebieten der Westukraine; besonders Wolhynien, Galizien; in die neuen Gebiete Westpolens; Pommern, Schlesien, Ostpreußen und Ostbrandenburg nach sich zog was wiederum die Vertreibung der Deutschen welche nach dem Mai 1945 immer noch in den letztgenannten Gebieten lebten voraussetzte das sich das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen für sehr lange Zeit verschlechterte und angespannt blieb.

Eine Situation welche auch teilweise eintrat.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon karnak » 2. Februar 2022, 09:49

augenzeuge hat geschrieben:
Die durften nicht normal einreisen???
Ich erinnere mich an die 1987 vorhandenen Polenmärkte in West-Berlin. Unglaublich, was die dort alles aus Polen verkauften.
Sogar Lebensmittel, die man aus der DDR gar nicht ausführen durfte.

Wie war das eigentlich möglich, das Zeugs in den Westen zu bringen? Ich hatte damals das Gefühl, fast jeder Pole darf nach West-Berlin.

AZ
Der westberliner Zoll hat irgendwann Kontrollen gegen die Polen durchgeführt, äußerst ruppig übrigens,um den" Warenhandel" irgendwie zu verleiden. Das hatte zur Folge dass im Speziellen die Busse vollgestopft mit Ware zurückgeschickt wurden um nicht zur Einfuhr bewillige Artikel zurückgebracht werden. Die Polen sind dann bis Drewitz gefahren und haben alles das an unseren Mülltonnen und Parkplätzen einfach abgeladen und sind mit der bewilligten Ware wieder nach WB. Ich habe heute noch eine schöne Kristallvase aus dieser Zeit. Ein Jahr früher wäre das Mitnehmen unmöglich gewesen, zu dieser Zeit allerdings hatten tschekistische Haltungen schon gelitten. [flash]
Über unsere am antifaschistischen Schutzwall angebrachte Kamera konnten wir übrigens gut beobachten wie schnell sich die Freundlichkeit und Höflichkeit der westberliner Zöllner verändern konnte wenn sie mal ernsthaft arbeiten mussten. [flash]
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon augenzeuge » 2. Februar 2022, 10:38

Freundlichkeit und Höflichkeit der westberliner Zöllner


Also ich hatte mit denen nur freundlichen Kontakt.
Die haben mir nie etwas weggenommen.
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon karnak » 2. Februar 2022, 10:46

Du warst ja auch kein Pole der nervt. [flash] Hättest mal erleben müssen wie man mit den Tamilen umgesprungen ist die als Verfolgte zu Hauf gekommen sind.
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 5. Februar 2022, 15:00

Bei der Auswertung der festgestellten " illegalen Grenzübertritte" zeigte sich die Führung des Grenzunterabschnitts IV in Frankfurt (Oder), sowohl mit der Arbeit der Grenzabschnittsposten (GAP), im Volksmund auch Grenz-ABV genannt, als auch mit der Unterstützung durch die Bevölkerung alles andere als zufrieden. Manche "Grenzverletzer" hielten sich über mehrere Stunden oder sogar Tage unbehelligt im Grenzraum auf, ohne dass bei den Grenztruppen oder der VP eine entsprechende Meldung einging :

Am 10.04. 1985 durchschwamm gegen Abend ein siebzehnjähriger polnischer Bürger die Oder bei Bleyen. Obwohl der junge Pole in dem kleinen Dorf auffiel, nahm zunächst niemand Notiz von ihm. Die Nacht verbrachte er in irgend einem Schuppen. Am nächsten Tag wanderte er den Oder-Damm entlang nach Kietz. Erst dort fiel er dem inzwischen verständigten, für den Abschnitt zuständigen Grenzer auf, der ihn mitten im Ort, an der Karl-Marx-Straße, festnahm.

Am 03.August desselben Jahres gelangte ebenfalls im Raum Bleyen, ein polnischer Bürger über die Oder. Der Mann schlief in einem Heuschober, ehe er sich ins benachbarte Kietz begab. Dort soll er sogar von der Bevölkerung beköstigt worden sein. Anschließend transportierte ihn sogar jemand mit seinem Auto nach Frankfurt (Oder), wo sich der Pole schließlich selbstständig den Grenztruppen stellte.
Ein derartiges Verhalten der hiesigen Bevölkerung wäre heute übrigens undenkbar. Als sich im Herbst die Übertritte von Ausländern über die Belarus-Route via Polen auch im Raum Küstrin-Kietz häuften, haben einige gleich wieder nach der Wiedereinführung von Grenzkontrollen geschrien und den "Untergang des Abendlandes vorausgesehen."

Zahlenmäßig waren die Grenztruppen an der "Friedens-Grenze" ohnehin nicht in der Lage, eine effektive Grenzüberwachung auch nur im Ansatz zu realisieren. Anfang 1961, in Vorbereitung der "verstärkten Sicherung der Grenzen zum Klassenfeind", erfolgte eine massive Umgruppierung der bislang an den Grenzen zur VR Polen und zur CSSR eingesetzten Kräfte in Richtung Westen. Diese Umgruppierungen stießen zu einem großen Teil auf heftige Ablehnung bei den Grenzern und deren Familien. Zum Teil aber auch bei der Grenzbevölkerung, die sich nun, warum auch immer, von den Polen bedroht fühlte.
An der polnischen Grenze verblieben nur noch zahlenmäßig schwache Kräfte. Zu diesen Kräften zählten bis Anfang der Siebziger Jahren noch spezielle Sicherungskompanien. Deren Aufgabe bestand in der Bewachung der über Oder und Neiße führenden Brücken. Eine Aufgabe, die von Wehrpflichtigen wahrgenommen wurde. Die eigentliche Grenzüberwachung wurde fortan nur noch von Berufssoldaten durchgeführt. Nach der Auflösung der Sicherungskompanien, gab es an den Grenzen zur VR Polen und zur CSSR nur noch Berufssoldaten. Von zeitlich begrenzten Einsätzen in Krisensituationen einmal abgesehen.

Anfang der Achtziger Jahre gliederten sich die Grenztruppen an Oder und Neiße wie folgt:

Grenzabschnittskommando Polen mit Sitz in Frankfurt (Oder)
Stab Frankfurt (Oder)
Grenzunterabschnitt I Görlitz
Grenzunterabschnitt II Forst
Grenzunterabschnitt III Guben
Grenzunterabschnitt IV Frankfurt (Oder)
Grenzunterabschnitt V Schwedt
Grenzunterabschnitt VI

Grenzübergänge existierten nur an wenigen Stellen. Beispielsweise ín Pomellen, Schwedt, Frankfurt (Oder), Guben, Forst und Görlitz.
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon augenzeuge » 5. Februar 2022, 15:03

Tolle Karte, 1978?

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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 5. Februar 2022, 15:46

]Die größten Probleme bereiteten den Grenztruppen an Oder und Neiße Deserteure aus den Reihen der in der DDR stationierten "Westgruppe der Sowjetarmee". Begegnungen mit diesen Soldaten konnten durchaus lebensgefährlich sein. Nicht zuletzt, weil die verzweifelten, heimwehkranken Männer nichts mehr zu verlieren hatten:
DSCN2928 (FILEminimizer).JPG


Am 08.08. 1987 desertierte der Soldat Sergiej Krasnich aus der Garnison (Küstrin)-Kietz
Über seine Motive geben die Unterlagen keine Auskunft. Sie liegen jedoch auf der Hand. Der Weg des Soldaten Krasnich führte zunächst nach Norden. Bis an die Oder bei Genschmar.
IMAG0023.JPG


Dort durchwamm er den Strom, was ihm einiges an schwimmerischem Können abverlangte. Glücklich auf dem polnischen Ufer angekommen, entledigte er sich seines Wehrdienstausweises und auch seines Komsomol-Ausweises. Anschließend wandte er sich weiter in Richtung Osten. Ob er tatsächlich annahm, irgendwann via Polen in die Sowjetunion zu gelangen, lasse ich mal dahin gestellt. Die weggeworfenen oder auch verlorenen Papiere, so genau weiß es wohl niemand, wurden wenige Stunden später von einer Streife der polnischen Grenztruppen gefunden. Der Fund löste eine sofortige Fahndung entlang des gesamten Grenzabschnitts zwischen Slubice und Osinow Doiny aus. Sergiej Krasnich gelang es noch sich bis in die ca. 12 km von Kostrzyn entfernte Kleinstadt Slonsk (Sonnenburg) durchzuschlagen. Wo er jedoch vom Grenzschutz entdeckt und festgenommen werden konnte. Der polnische Grenzschutz übergab den unglücklichen Soldaten noch am selben Tag der Garnison Kietz. Über sein weiteres Schicksal ist nicht bekannt. Man benötigt jedoch nicht viel Phantasie um sich vorzustellen, was ihm geschehen sein könnte.

Im November 1986 konnte sich ein aus der Garnison Neustrelitz desertierter Sowjetsoldaten fast den gesamten Monat unentdeckt im Grenzabschnitt zwischen Kienitz und Frankfurt (Oder) auf. Dabei versuchte er mehrfach vergeblich die Oder zu überwinden. Beispielsweise über die Eisenbahnbrücke bei (Küstrin)-Kietz, die jedoch auf der DDR-Seite von Sowjetsoldaten und auf der polnischen Seite von Grenzsoldaten bewacht wurde. Bei Reitwein brach er den Versuch durch die Oder nach Polen zu schwimmen, nach einigen Metern wieder ab. Seine nassen Kleider trocknete er in den Reitweiner Bergen, wo er sich mehrere Tage verborgen hielt.
DSCN8805 (FILEminimizer).JPG

Seinen Lebensunterhalt bestritt der Soldat durch Einbrüche in den Konsum in Klessin und in verschiedene Bungalows. Seine Festnahme erfolgte erst in Frankfurt (Oder), durch eine Streife der VP.
Auch in diesem Fall hagelte es massive Kritik an den Sicherheitskräften. Immerhin hatte sich der Soldat beinahe einen Monat unentdeckt im Oderbruch aufgehalten. Einer Region, in der jeder Fremde beinahe zwangsläufig auffällt,

Gruß an alle
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 5. Februar 2022, 15:47

augenzeuge hat geschrieben:Tolle Karte, 1978?

AZ

Könnte sein. Auf jeden Fall noch vor 1980.
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 5. Februar 2022, 15:53

GÜST FFO Swiecko 1 (FILEminimizer).jpg



Und hier noch eine Ansichtskarte vom ehemaligen Autobahngrenzübergang Frankfurt (Oder) -Swiecko. Das Foto zeigt die Einreise nach Polen, In dem Gebäude befindet sich seit 2007 das "Deutsch-polnische Polizei und Zollzentrum Swiecko", wo ich seit nun mehr fast 15 Jahre Dienst verrichte.

Blick heute (FILEminimizer).jpg


Gruß an alle
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon steffen52 » 5. Februar 2022, 16:06

Ja das Problem mit desertierten Soldaten der Sowjetarmee gab es zu meiner Zeit an der Grenze zur BRD auch. Jeder Grenzer wusste das sie ja nichts mehr zu verlieren hatten, bewaffnet waren, auch sofort schießen würden
bei einer Entdeckung.
Gruß steffen52
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon zoll » 6. Februar 2022, 14:15

Interessante Innenansichten von der damaligen DDR-Polen Grenze. Hoffentlich grätscht keiner dazwischen und verwässert das Thema.
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 6. Februar 2022, 15:47

Über die Oder in den Westen

Wie bereits erwähnt, war es an der "Oder-Neiße-Friedens-Grenze " auch vor 1989 immer wieder zu " illegalen Übertritten" gekommen. Wobei keine Schusswaffenanwendungen bzw. durch Schusswaffenanwendungen getötete oder verletzte Flüchtlinge bekannt sind. Menschen sind aber auch an dieser Grenze gestorben:

https://todesopfer.eiserner-vorhang.de/ ... k-mueller/

Als sich im Spätsommer 1989 viele tausend Menschen aus der DDR aufmachten, um das Land zunächst via CSSR und Ungarn in die Bundesrepublik zu verlassen, nahm die Fluchtwelle spätestens im September 1989 ihren Weg auch über Polen. Die an Oder und Neiße dislozierten Grenztruppen zeigten sich von Anfang an mit der Situation völlig überfordert. Abhilfe sollten eilends von der Westgrenze abgezogene Grenzkompanien und Einsatzkräfte der Volkspolizei bieten.

Seitens des Volkspolizeikreisamtes Seelow wurde dazu in der Zeit vom 13.09. -27.10. 1989 ein Unterstützungseinsatz durchgeführt. Ich gehörte damals ebenfalls zu den dort eingesetzten Polizisten. Anfangs allein. Später wurden mir zwei wehrpflichtige Bereitschaftspolizisten an die Seite gestellt. Der Einsatz gestaltete sich über weite Strecken ähnlich chaotisch, wie die gesamte, zu jenem Zeitpunkt herrschende Situation in der DDR.
Anfangs ging die VP-Führung noch davon aus, dass der Einsatz spätestens nach dem 07. Oktober, dem " 40, Geburtstag der DDR", beendet sein wird. Nach damaliger Lesart wurde offiziell behauptet, dass die Situation " von der Bundesrepublik künstlich herbeigeführt wurde, um die Feierlichkeiten zum 07.Oktober zu stören." Andere munkelten, dass sich das Grenz-Regime an Oder und Neiße in der bisherigen Form nicht mehr lange beibehalten werden konnte. Man ging davon aus, dass es über längere Zeit einen starken "Druck auf die Staatsgrenze Ost" geben wird, auf dem mit einer verstärkten Grenzsicherung reagieren werden muss. Einig war man sich jedoch in der Frage, dass sich die DDR, aus Gründen des außenpolitischen Ansehens, jedoch keine " neue Mauer im Osten" leisten konnte.
Vorerst bestand die Aufgabe der an der Grenze eingesetzten Volkspolizisten darin, möglichst offen Präsenz zu zeigen. Wovon sich die Führung eine abschreckende Wirkung auf eventuelle "Grenzverletzer" erhoffte. Die Anwendung der Schusswaffe zur Verhinderung von " illegalen Grenzübertritten", war kategorisch verboten!
Nach dem Ende des Einsatzes sah die Bilanz des gesamten von Grenztruppen und VP in dem ca. 40 km langen Grenzabschnitt des Kreises Seelow, wie folgt aus:

- Grenzabschnitt Lebus
10 Angriffe mit 19 Personen
- Grenzabschnitt Kietz
4 Angriffe mit 9 Personen
- Grenzabschnitt Sophiental
3 Angriffe mit 4 Personen
-Grenzabschnitt Genschmar
3 Angriffe mit 6 Personen
- Grenzabschnitt Kienitz
2 Angriffe mit 4 Personen
- Grenzabschnitt Gieshof
2 Angriffe mit 7 Personen
Grenzabschnitt Reitwein
1 Angriff mit einer Person

Die Festnahmen schlüsseln sich laut den Unterlagen, wie folgt auf:
13 x durch polnische Grenztruppen
8 x durch Grenztruppen der DDR
4 x durch Volkspolizei

Von den festgestellten Personen stammten :
4 aus dem Kreis Seelow
8 aus dem übrigen Bezirk Frankfurt (Oder)
und die übrigen aus anderen DDR-Bezirken

Die Führung der Grenztruppen in Frankfurt (Oder) bemängelte, dass seitens der Bevölkerung kein einziger Hinweis zu potentiellen Grenzverletzern eingegangen war. Weiterhin wurde vermerkt, dass sich ein großer Teil der Fluchtwilligen, zuvor, offenbar um ihren Aufenthalt an der Oder gegenüber den Grenztruppen zu verschleiern, eine Angelberechtigung besorgt hatten. Da an der Oder kein Sperrgebiet bestand, konnte ihnen der Aufenthalt dort nicht verboten werden.

Gruß an alle
Uwe
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Icke46 » 6. Februar 2022, 17:49

Ich habe da mal eine Frage:

Du arbeitest sozusagen in der Zentrale des Brandenburger Polizeiruf 110, dem ehemaligen polnischen Grenzkontrollpunkt Autobahn, Swiecko.
Auf der alten Ansichtskarte, die Du weiter oben eingestellt hast, ist von einem Grenzübergang Swiecko-Gubin die Rede. Das ist doch, wenn ich mich nicht täusche, eine ganz andere Stelle, eben die Grenze zwischen Guben und Gubin.

Das verwirrt mich offengestanden etwas.
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 6. Februar 2022, 19:37

Hallo Kurt!

Zu deiner ersten Frage: Ja, ich arbeite dort, wo andere Filme drehen. [flash] Unsere Dienststelle hat den Polizeirufmachern als Vorlage für ihr " Deutsch-polnisches Kommissariat" gedient. Einige Szenen, zumindest in den ersten Folgen, wurden direkt bei uns gedreht. Auch jetzt finden immer wieder Dreharbeiten bei uns statt. Auf diese Art und Weise konnte ich bereits ein paar bekannte Schauspieler aus der Nähe betrachten. Wie zum Beispiel Maria Simon und Lukasz Gregorowicz. Dort wo im Film "Wolle" sitzt, sitze ich im wahren Leben. Allerdings sitzt "Wolle" in einem Studio. Im vergangenen Jahr hat auch mein Chef im Polizeiruf eine kleine Rolle bekommen.

Zu deiner zweiten Frage:
Auf der linken Bildseite sind die Übergänge Swiecko und Gubin und auf der rechten Seite Leknica und Olszyna zu sehen. Das ganze ist etwas verwirrend angelegt.

Viele Grüße
Uwe
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Werner Thal » 6. Februar 2022, 20:32

Ostritzer Bahnstation auf polnischem Teritorium

Die Ostritzer Bahnstation befindet sich nicht auf deutschem Terrain, sondern im polnischen Ausland -
in Krzewina Zgorzelecka.


https://www.alles-lausitz.de/ostritzer- ... orium.html


https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... Grenze.JPG


O-1.jpg
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 6. Februar 2022, 22:07

Diesen Bahnhof habe ich zum ersten Mal als Lehrling, 1980, gesehen. Ich habe Binnenfischer gelernt. Zur Ausbildung gehörten auch dreiwöchige Praktikas in den Forellenaufzuchtanlagen im Kraftwerk Hirschfelde bei Zittau.
Auf der Zufahrt war ich sehr überrascht, plötzlich polnische Grenzpfähle zu sehen. Noch überraschter, um nicht zu sagen geschockter, war ich, als der Zug an dem besagten Bahnhof hielt. Auf dem Bahnsteig standen polnische Grenzsoldaten.
Ich dachte natürlich, im falschen Zug zu sitzen und irgendwo mitten in Polen zu landen. Oder in einer Zelle, beim polnischen Grenzschutz. Dann setzte sich der Zug in Bewegung und bald darauf freute ich mich, wieder in der DDR zu sein. Man hätte einen Dödel wie mich aber auch vorwarnen können.

Gruß an alle
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon Grenzgänger » 21. Februar 2022, 16:32

Die Oder-Neiße-Friedensgrenze im Fokus der CIA

Grenzpolizist bei der Beobachtung BZ 12091961.jpeg


In den für die Öffentlichkeit freigebenden Unterlagen des US-Geheimdienstes CIA findet sich auch eine mehrseitige Dokumentation über die Staatsgrenze zwischen der DDR und der Volksrepublik Polen. Die Dokumentation zeichnet sich durch einen erstaunlichen Detailreichtum. Der wiederum für eine ebenso intensive wie erfolgreiche Spionagetätigkeit der CIA an der über vierhundert Kilometer langen „Oder-Neiße-Friedensgrenze“. Nach der Art der gelieferten Informationen zu urteilen, stammten die Agenten aus den Reihen der Grenzpolizei und der Grenzbevölkerung. Der CIA waren im Wesentlichen nicht nur die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den Grenzorten, sondern auch das Binnenklima in den einzelnen Einheiten, bis hin zu deren Einstellung zur Dienstdurchführung, bekannt.
Aus heutiger Sicht dürfte auch die Beschreibung der Grenzsicherungsanlagen, inklusive der Sperrgebiete, nicht uninteressant sein. Obwohl die „Oder-Neiße-Friedens-Grenze“ von der Propaganda gerne als „Völkerverbindende Grenze“ dargestellt wurde, unterschied sie sich lange Zeit nicht von der Westgrenze der DDR.
Besonders augenfällig wurde die gegenseitige Abschottung in dem über Land verlaufenden, ca. 50 km langen Grenzabschnitt im östlichen Bereich des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern. Der Abschnitt unterstand dem Kommando in Löcknitz, der in verschiedene Kompanien unterteilt war.

Der Bereich der Grenzkompanie Hintersee wird von der CIA wie folgt beschrieben:
Der größte Teil dieser Grenze verlief durch einen großen Wald mit nur gelegentlichen Wiesen. Ein zweieinhalb Meter hoher Zaun in Y-Form verlief entlang der polnischen Seite der Grenze. Die deutsche Seite wurde von Patrouillen und Beobachtungsposten in Türmen und Bäumen und auf dem Boden bewacht. Es gab vier Posten, die Tag und Nacht von zwei Wachposten besetzt waren, aber die Wachposten waren oft betrunken oder schliefen. Es gibt eine Straße, die vom Dorf Hintersee in Richtung Polen führt, aber nicht befahren wird. Die Straße passierte das Hauptquartier der Grenzpolizei und wurde an der Grenze durch eine Barriere und einen Graben mit einem permanenten Wachposten verschlossen.

Die Beschreibung zeigt, wie sich der Verlauf der nach dem Zweiten Weltkrieg um 100 km und mehr verschobenen polnischen Westgrenze, die Infrastruktur der betroffenen Regionen veränderte. Dieses zeigt sich auch am Beispiel der überall dort wo die Grenze durch verschiedene Seen, wie den Pampower und den Stolzenburger See, verlief, stark eingeschränkten bis absolut zum Erliegen gekommenen Fischerei. An manchen Stellen konnten die Fischer nur an wenigen Tagen im Monat, unter Bewachung der Grenzpolizei, ihrer Arbeit nachgehen, Manch traditionsreiche Fischerfamilie sah sich gezwungen ihr Handwerk aufzugeben oder woanders auszuüben.

Gesichert wurde diese Grenze durch eine Reihe von Beobachtungstürmen und Erdbunkern. Stolperdrähte, die mit Signalraketen verbunden waren, sollten illegale Grenzübertritte anzeigen. Entlang des Grenzabschnitts existierten in regelmäßigen Abständen Sprechstellen, von denen die Posten ihre Meldungen absetzen konnten.
An der Grenze bzw. in deren Vorfeld, waren, neben den stationären Posten, auch Fußstreifen und motorisierte Patrouillen unterwegs. Diese Streifen, zu denen auch Hundeführer gehörten, wechselten ständig ihre Streifenwege, so dass sie von „illegalen Grenzgängern nur sehr schwer eingeschätzt werden konnten.

Wird fortgesetzt

Gruß an alle
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Re: Die Staatsgrenze zwischen der DDR und der VR Polen

Beitragvon augenzeuge » 21. April 2023, 09:56

’Was in Polen geschieht, ist für die DDR eine Lebensfrage!’ – Das MfS und die Polnische Krise 1980/81“

Die Enquete-Kommissionen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
https://enquete-online.de/recherche/det ... 2b5_3_0014

AZ
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