Volker Zottmann hat geschrieben:utkieker hat geschrieben:Für mich als Grenzer hat sich die Frage nicht gestellt, ob ich die Schusswaffe eingesetzt hätte, sondern unter welchen Umständen.
Meine Befürchtungen lagen nicht darin, daß irgend Jemand stiften geht. Ich hatte meine Sorge darüber, wenn so ein durchgeknallter Typ, wie Werner W., seine persönliche Freiheit über mein Leben stellt.
Für mich ein absoluter Horror, müsste ich als Bergekommando Verletzte oder gar Tote aus der Minensperre bergen - ich möchte es Niemanden zumuten, die Bergung war für uns nicht Ungefährlich - unter diesen Bedingungen wäre es besser, den Flüchtenden/ Grenzverletzer von sein selbstmörderischen Handeln abzubringen.
Meine allergrößte Befürchtung war es aber, daß der kalte Krieg in einen Heißen mündet. Und mit Letzteren habe ich meinen Auftrag erfüllt.
Gruß Hartmut!
Hattest Du als junger Kerl denn diese Befürchtungen nicht schon vor der Einberufung?
Wenn nein, zeigt es mir einen damals Unbekümmerten.
Wenn ja, warum hast Du nicht konsequenter Weise gesagt, dass Du auf niemanden schießen wirst?
Nicht jeden fragte man danach, das weiß ich. Bei uns allerdings war das eine gängige Frage zu Bereitschaft, die Grenze zu bewachen. Deshalb habe ich wie viele andere auch, einfach nein gesagt. Und schon war die Grenze für unsereins tabu.
Wenn ich so alle Einlassungen von Grenzern lese, bemerke ich, dass sehr viele einfach völlig überfordert waren, zu unreif überhaupt um zu dieser Zeit schon die Tragweite zu erfassen. Man liest oft, dass diese Erleuchtung erst in der Grenzeinheit kam. Oft aber zu spät!
Gruß Volker
Na klar hatte ich Befürchtungen, daß es zu einen heißen Krieg kommen könnte schon vor meiner Einberufung. Warum soll ich das Land, in dem ich lebe nicht auch verteidigen dürfen? Die Zweistaatlichkeit Deutschlands ist ein Produkt der Nachkriegsentwicklung und nicht mein seliger Wunsch. Und dennoch muss man auch Grenzen aufzeigen, bis hier hin und nicht weiter für NATO- Panzer und Bundeswehr- Infanterie.
Natürlich waren Schusswaffen und Minen gegen Flüchtlinge/ Grenzverletzer unverhältnismäßig, genauso unverhältnismäßig wie die Schusswaffen an der Aachener Kaffeefront. Ich bin nicht der Jenige, welche den Leuten einredet es gäbe ein deklariertes Menschenrecht zum ungesetzlichen Grenzübertritt - auch wenn es wünschenswert wäre - keine Zölle, keine Pässe und wenn man sich schon nicht aussuchen kann, wo man geboren wird, so kann man sich wenigstens aussuchen wo ich das Ende meines Lebens verbringen kann. Ich hätte Jeden dringend davon abgeraten durch den Minengürtel zu spazieren oder die SM 70 (umgangssprachlich Selbstschussanlage) auf ihre Wirkung zu testen, ich ziehe jedes legitime Handeln, dem Illegalen vor.
Der Witz ist der, als Reisen ab dem 9. November 1989 legal wurde, blieb der § 213 StGB der DDR (ungesetzlicher Grenzübertritt umgangssprachlich Republikflucht) bestehen, dieser wurde erst im Mai 1990 vom Straftatbestand zur Ordnungswidrigkeit herabgesetzt.
Nach dem Anschluss der NVA an die Bundeswehr gab es ein seltsames kribbeln in den Stiefelspitzen des deutschen Heeres und gipfelte in den verbrecherischen Krieg gegen Jugoslawien (1999). Ist es das, was ich wollte, nach Jahren der Enthaltsamkeit am Völkergemetzel am Balkan beteiligt zu sein?
Gruß Hartmut!