Versehentlicher Grenzübertritt nach Hessen
Diese meine eigene wahre Grenzgeschichte habe ich vor längerer Zeit bereits im "Forum DDR Grenze" veröffentlicht. Dort wurde sie sehr viel geklickt, kommentiert und von mir auch nochmal erläutert.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
Ich habe von 04/1976 bis 04/1977 in der 10. GK Frankenheim/Rhön im Grenzregiment 3 Dermbach meinen Grundwehrdienst geleistet.
Vielleicht kennen ein paar von euch die höchstgelegene Grenzkompanie der DDR in Frankenheim, mit ihren zum Teil extremen Witterungsverhältnissen und dem schwierigen geografischen Grenzverlauf in der Hohen Rhön auf ca. 800 m über NN ? (siehe auch mein Profil)
Es war glaube ich noch zu Wissen, Anfang September 1976. Zu dieser Zeit war ich noch Posten in Frankenheim. Unsere linke Nachbarkompanie die 9.GK in Kaltenwestheim war zum Schießen der Kompanie befohlen am anderen Tag und unser Zug musste deren Nachtschicht im Abschnitte von KWH übernehmen.
1976 haben wir noch bis ca. August fast auschließlich die Kompaniesicherung gehabt und sind dann wohl schrittweise zur Bataillionssicherung von Kaltenwestheim bis nach Stedtlingen zur 12 GK übergegangen, was für uns nicht einfach war.
In der besagten Nachtschicht wurden wir auf dem LO über unsere " Alte Rechte" und " Haarnadelkurve" erstmals zum Abschnitt der 9.KG gefahren.
Wir stiegen irgendwo im Wald wahrscheinlich noch im Bereich der TL der beiden Kompanien bei der "Alten Rechten " vom LO.
Unser Zugführer damals Ofw. A. kannte den Abschnitt der 9. GK auch nur sehr rudimentär und sagte uns zur Einweisung in den Abschnitt nur " Männer hier irgendwo im Wald Richtung Unterweid muss die Staatsgrenze sein, dort findet ihr auch die Grenzmeldenetzmasten. Ich wünsche euch viel Erfolg im Abschnitt".
Das war alles an konkreter Einweisung in den uns unbekannten neuen Abschnitt.
Nicht weit entfernt etwa ca.1 km, befand sich mitten im Wald der 10. GK, dass für uns als Grenzer verbotene Objekt "Rhönhaus" des MfS, dem wir und niemals nähern durften ( damals ein aktives Schleusungsobejekt der Stasi ) in dem Agenten für ihre Schleusung in die BRD kurz geparkt und eingewiesen wurden.
Da standen wir nun bei einbrechender Dunkelheit in einen Abschnitt der 9.GK den wir nicht kannten.
Einige Grenzer die den Abschnitt aus Frankenheim und Kaltenwestheim kennen, werden sicher bestätigen, in welchen Zustand die Grenze sich 1976 in Frankenheim bzw. Kaltenwestheim an der Trennungslinie zu Frankenheim befand.
Dicht bewaldet, die Grenze bestand aus einem ca. 2,00 m hohen oft defekten alten Stacheldrahtzaun, von einer Minensperre (Holzkastenminen aus den 50 iger Jahren ?) war so gut wie nichts zu sehen, eine Mine ist in Frankenheim während meiner Dienstzeit nie explodiert, es sein denn der BGS hat mit uns wieder mal "Alarmgruppe gespielt, fast kein 6 m Kontrollstreifen in manchen Bereichen der Kompanie (Dreiländereck, Birx Dungberg ,Birx Köpfchen oder Birx Bildstein) aufgrund der geologischen Verhältnisse (extrem hartes Basaltgestein in der Hohen Rhön) und dichter Wald bis fast an den Grenzzaun.
Also standen wir ahnungs-und orientierungslos bei fast vollständiger Dunkelheit im Wald zur Nachtschicht im fremden Abschnitt der 9.GK.
Befehlsgemäß versuchten wir uns nun im Dunkeln irgendwie uns zu orientieren und den nächsten Grenzmeldenetzmasten zu finden, um uns ordnungsgemäß im Abschnitt bei der Führungsstelle zu melden.
Nach dem wir eine Weile uns durch Wald und Gestrüpp geschlagen hatten, vom Grenzzaun war bei fast vollständiger Dunkelheit nichts zu sehen und auch nicht zu spüren an den Beinen (z.B. Hängenbleiben im Stacheldrahtzaun).
Plötzlich tippt mir mein Postenführer auf die Schulter und sagt zu mir, dreh dich mal um. Ich drehe mich um und sehe hinter uns im Rücken in etwa 10 Entfernung die schemenhafte Grenzsäule der DDR.
Wir waren versehentlich nach Hessen rüber gelaufen !
Wir haben uns sehr dumm und verdattert angeschaut und geguckt ob BGS oder Zoll etwa schon auf uns wartet, um uns ein zusammeln !
Glücklicherweise war nichts von den Kameraden auf der anderen Seite der Grenze in der Wildnis im Wald zu sehen.
Wir sind dann schleunigst auf das Territorium DDR zurückgegangen.
Haben nach einer gewissen Zeit der Suche auch den GMN Masten gefunden uns dort angemeldet und die ganze Nacht bis zur Ablösung durch durch einen Zug der 9.GK Inder Nähe des GMN Masten verbracht, um nicht Gefahr zu laufen wieder nach Hessen rüber zu stolpern.
Wir (das Postenpaar) haben vereinbart, über den Vorfall mit niemanden zu sprechen, da wir eine eventuelle Bestrafung nicht ausschließen konnten.
Ihr werdet wahrscheinlich mir diese Geschichte nicht glauben, aber sie ist wirklich passiert.
Ehemalige Kameraden die vor mir oder nach mir, in den Abschnitten von KWH und Frankenheim bis nach Stedtlingen gedient haben, können euch den abschnittsweise sehr ursprünglichen Zustand der Grenze in der 10. GK in Frankenheim 1976 bestätigen.
Wie ich später von einem ehemaligen Unteroffizier erfuhr, ist wohl 1975 das Gleiche wie uns einem Postenpaar der 10 GK Frankenheim im Abschnitt am Rhönkopf in Richtung „Heimatblick“ passiert. Dort existierte zu der Zeit wohl nicht mal eine alte Stacheldrahtsperre sondern nur große Brocken von den Bauern gesammelter Basaltgesteins. Sie sind bei dichtem Nebel die Sicht betrug keine 20 m dort Versehentlich nach Bayern hineingelaufen und haben dies erst bemerkt, als sie in ihrem Rücken einen blau-weißen bayrischen Grenzpfahl bemerkt haben.
Ob sie diesen versehentlichen Grenzübertritt nach Bayern in der Kompanie gemeldet haben ist mir nicht bekannt.
Bin gespannt auf eure Reaktion auf meinen Grenzerlebnis aus der Hohen Rhön.