Grenzvorkommnisse der 50 iger und 60 iger Jahre bei Birx auf der Thüringer Seite der Hohen Rhön
Das kleine Dorf Birx im letzten südwestlichsten Zipfel der DDR gelegen, weist einige geografische, topografische und geologische Besonderheiten auf. Es ist das südwestlichste Dorf der DDR. Seine besondere Lage im Schutzstreifen in unmittelbarer Nähe zur bayrischen Grenze am „Dreiländereck“ (Entfernung ca. 1,50 km) und etwa vom Ortsrand ca. 500 m entfernt zur hessischen Grenze machten eine Grenzsicherung für die Grenztruppen der DDR nicht einfach. Erschwerend neben der unmittelbaren Nähe zu Bayern und Hessen, machte sich auch die Topografie (Höhenlage), die zu überwindenden Höhendifferenzen und die geologische Bodenbeschaffenheit (hartes Basaltgestein) dort bemerkbar.
Das Dorf Birx liegt ungefähr auf 750 m über NN und hatte damals ca. 150 bis 160 Einwohner.
Aufgrund dessen und der damit verbundenen exorbitanten Kosten für den Ausbau der Grenzanlagen, erfolgte bis fast zum Ende der 70 iger Jahre der Ausbau der Grenzsicherungsanlagen bei Birx und auch bei Frankenheim vergleichsweise mit anderen Grenzabschnitten der DDR eher sehr mangelhaft.
Die vorrangige Grenzsicherung erfolgte durch Stacheldrahtzäune, teilweise Holzkastenminen der 50 iger Jahre und Spanische Reiter und durch die Grenzposten (Postenpaare) vor Ort. Ein 6m Kontrollstreifen war aufgrund der Bodenbeschaffenheit nicht durchgängig angelegt und kaum ablesbar für Kontrollstreifen der Grenztruppen.
Die Tatsache all dieser Besonderheiten von Birx ermöglichte in den 50 iger und 60 iger Jahren einigen Einwohnern von Birx und auch von Frankenheim gute Fluchtmöglichkeiten, da das Fluchtrisiko der Festnahme durch die GT, sich als vergleichsweise relativ gering erwies.
Um Fluchten zu verhindern, wurde das Dorf Birx im Jahre 1978/79 vollkommen direkt hinter dem Ortsrand bei den letzten Häusern mit Streckmetallzaun (über 3 m hoch) eingezäunt und praktisch in ein „Gefängnisdorf“ im Schutzstreifen ausgebaut.
Auf einige Vorkommnisse (Fluchten) bei Birx in den 50 iger und 60 iger Jahren möchte ich nun eingehen, ohne im Detail auf jede Flucht in Einzelnen genauer hinzuweisen. In diesem Kontext halte ich auch die Geschichte des ehemaligen BGS-Beamten Herbert Böckel, die sich ebenfalls in Birx zugetragen hat, für durchaus realistisch. Diese „Grenzgeschichte der besonderen Art“ ist nachzulesen in Herbert Böckels Buch „Deutsche Grenzgeschichten“ und dort als die Geschichte „Die Skatspieler aus Birx-Weihnachtsfeier mit den feindlichen Brüdern“.
Nun zu den Grenzvorkommnissen um Birx.
Am 06.06.1952 floh der Bauer N. aus Birx mit einem Kuhgespann in Richtung Grenze, diese Flucht wollte der VP-Oberwachtmeister H. der den Fluchtversuch bemerkte, verhindern. Dabei wurde der VP-Oberwachtmeister H. vom flüchtenden Bauern N. mit einer Pistole beschossen. Der Oberwachtmeister blieb bei dem Beschuss unverletzt. Dem Bauern gelang die Flucht mit dem Kuhgespann über die Grenze. Seine Familie aus Birx war wohl schon Tags zuvor unbemerkt geflohen.
Am 22.07.1957 flohen die jüngeren Birxer Einwohner H. (28 Jahre alt) und R. (21 Jahre alt) erfolgreich und unbemerkt von den Grenztruppen über die Grenze.
Am Abend des 04.06.1959 floh die Einwohnerin B.( mit einem Handwagen ! ?) über die Grenze. Falls dies richtig war, muss zu dieser Zeit der Grenzposten meistens ein oder zwei Postenpaare, nicht übermäßig wachsam gewesen sein.
Der Birxer Einwohner R. floh am 30.03.1963 bei Birx in die Bundesrepublik. Am 28.10.63 kehrte er auf Drängen seiner Mutter wieder freiwillig in die DDR zurück.
Am 02.07.1969 durchbrach A. aus Birx alkoholisiert die Grenze . Er fuhr angetrunken bis ca. 400 m vor den Grenzzaun und blieb dort mit dem Krad im morastigen Boden stecken und zu Fuß gelangte er zum Grenzzaun, den er überwand. Auch in diesem Fall der Flucht mit dem Krad muss die Wachsamkeit der GT nicht sehr hoch gewesen sein.
Alle diese aufgezeigten Fluchten zeigen, dass die Grenzsicherung im Abschnitt der 10. Grenzkompanie von Frankenheim im Bereich Frankenheim und Birx damals sehr schwierig war. Der schlechte Zustand der Grenze dort, bestand fort bis fast zum Ende der 70 iger Jahre. Danach erfolgte ein verstärkter Ausbau der Grenzsicherungsanlagen.
Das es nicht zu noch mehr Fluchten in den 50 iger und 60 iger Jahren gekommen ist, war wohl auch dem Wirken des MfS und Säuberungsaktionen im Grenzgebiet wie „Ungeziefer“ und „Kornblume“ geschuldet. Dadurch waren die Einwohner von Frankenheim und Birx eingeschüchtert und die Durchdringung der beiden Dörfer mit IM des MfS und freiwilligen Grenzhelfern war vermutlich sehr hoch.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein bekannter und geschätzer User des Forums die Angaben aus seinen Aktenbeständen bestätigen sowie weiter ergänzen und somit aufwerten kann.