Der Alltag im DDR-Grenzturm

Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon Interessierter » 24. November 2018, 03:12

Bild
Jörg Moser-Metius und Sigurt Dittrich im Gespräch über den Alltag an der einstigen Grenze und zwei NVA-Stiefel.
FOTO: Angela Hanschk

Sigurt Dittrich aus Groß Schacksdorf erinnert sich. In Berlin bestaunen Touristen seine Stiefel.

Vor 57 Jahren am 13. August wurden die Grenzen geschlossen. Zwei Tage später begann der Bau der Berliner Mauer. Zwei Generationen lang trennte sie die Stadt, zerriss viele Familien. Weit über 100 Tote verzeichnet die Liste der Maueropfer. Millionen Berlin-Besucher begeben sich jährlich auf die Suche nach den Relikten. Nur noch Wenige vermitteln ein authentisches Bild. Eines davon hat Jörg Moser-Metius gerettet – einen Beobachtungsturm in der Erna-Berger-Straße, unweit vom Potsdamer Platz. Es ist der letzte von insgesamt 420 Wachtürmen des Typs BT6, die aus sechs Betonringen zusammengesetzt wurden. Jeweils zwei Grenzposten drängten sich dort Rücken an Rücken.

Einer von ihnen war Sigurt Dittrich aus Groß Schacksdorf. Geboren am 1. Dezember 1961, dem Tag der Grenztruppen im Jahr des Mauerbaus. Ein intaktes soziales Umfeld, enge Familienbindungen galten als Auswahlkriterien für den Grenzdienst.

Außen Beton, unten rund und oben achteckig. Zwei eiserne Leitern im Inneren führen die wenigen Meter nach oben, auf Höhe der Baumkronen. Dort angekommen haben Besucher durch eine kleine Fensterluken einen freien Blick – so wie einst den Grenzsoldaten. Wer die schmale Leiter erklimmt, kommt nachdenklich herunter.

„Im Sommer herrschte brütende Hitze, im Winter froren wir. Für den Toilettenbesuch musste per Funk der Gruppenführer angefordert werden, der dann mit dem Krad samt Ersatzmann angebraust kam“, erinnert sich Sigurt Dittrich. „Von diesem Turm wurde nie geschossen, aber auch kein Fluchtversuch unternommen“, sagt er. Gelegenheit zur Flucht hätte es mehrmals gegeben. „Come on boy“ riefen die amerikanischen GI´s, während der 18-Jährige darüber nachdachte, wie es wäre „nur mal zu gucken“.

https://www.lr-online.de/lausitz/forst/ ... d-24329349
Interessierter
 

Re: Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon Edelknabe » 24. November 2018, 16:45

Da gab es doch mal einen Comic aus dem" Damals Drüben". Der Ritter Sigurt war es wohl? Das in der Schule ergaubelte Comicheft habe ich als Junge(so in erster, zweiter Klasse/ ca. 1959-60) gehütet wie ne ganze Herde wertvolle Kaschmir-Schafe. Also dem Dittrich seine Eltern müssen hundertpro ebenfalls Fans von solchem westdeutschen "Schund-und Schmutzkram" gewesen sein.Das Jahr käme hin. Deswegen bestimmt der Sigurt?

Rainer-Maria

Und einen guten Abend allen ins Forum
Benutzeravatar
Edelknabe
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 16718
Bilder: 57
Registriert: 2. Mai 2010, 09:07

Re: Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon augenzeuge » 24. November 2018, 16:53

Edelknabe hat geschrieben:Da gab es doch mal einen Comic aus dem" Damals Drüben". Der Ritter Sigurt war es wohl? Das in der Schule ergaubelte Comicheft habe ich als Junge(so in erster, zweiter Klasse/ ca. 1959-60) gehütet wie ne ganze Herde wertvolle Kaschmir-Schafe. Also dem Dittrich seine Eltern müssen hundertpro ebenfalls Fans von solchem westdeutschen "Schund-und Schmutzkram" gewesen sein.Das Jahr käme hin. Deswegen bestimmt der Sigurt?

Rainer-Maria

Und einen guten Abend allen ins Forum

Bild
Der Ritter Sigurd von Eckbertstein trägt eine immer flott frisierte, blonde Haartolle, die immer auf die Seite fällt, in die Sigurd gerade blickt. Seine Freunde sind Bodo, der sich dank der Großmut des Titelhelden von dessen Feind zum Freund gewandelt hat, und Cassim, dem Sigurd einst das Leben rettete. Sein Erzfeind ist Ritter Laban. Die ursprünglich von Wäscher geplante lockere Adaption des Nibelungenliedes konnte er gegen die Verlagsvertreter nicht durchsetzen.


AZ [super]
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84717
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon Interessierter » 24. November 2018, 16:57

Nur schrieb sich dieser Sigurd am Ende nicht mit t, sondern mit d.

Bild
Interessierter
 

Re: Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon augenzeuge » 24. November 2018, 17:03

Interessierter hat geschrieben:Nur schrieb sich dieser Sigurd am Ende nicht mit t, sondern mit d.


Mänsch, du weest doch, de sachsen verdauschen schonn ma de harden und weechen Buhchstahm. [laugh]
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84717
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon Edelknabe » 24. November 2018, 17:13

Eben nicht Jörg weil..."Die Sachsen sind helle". Und ein Danke für den Sigurd Männer denn na ja, dem noch ungeborenen Kinde seine Eltern waren nicht dumm( eher DDR schlau...."man las zwischen den Zeilen") Die haben sich bestimmt gesagt" Wenn wir jetzt den Jungen am Ende mit d schreiben, dann gibt es unter Garantie Ärger mit die DDR Organe(Entscheidungsträger). Deswegen dann der junge Sigurt mit t.

Rainer-Maria....und schon wurde es genehmigt. Das Kind hatte einen Namen. Stempel drauf.
Benutzeravatar
Edelknabe
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 16718
Bilder: 57
Registriert: 2. Mai 2010, 09:07

Re: Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon Nov65 » 24. November 2018, 17:16

„Im Sommer herrschte brütende Hitze, im Winter froren wir. Für den Toilettenbesuch musste per Funk der Gruppenführer angefordert werden, der dann mit dem Krad samt Ersatzmann angebraust kam“, erinnert sich Sigurt Dittrich. „Von diesem Turm wurde nie geschossen, aber auch kein Fluchtversuch unternommen“, sagt er. Gelegenheit zur Flucht hätte es mehrmals gegeben. „Come on boy“ riefen die amerikanischen GI´s, während der 18-Jährige darüber nachdachte, wie es wäre „nur mal zu gucken“.

https://www.lr-online.de/lausitz/forst/ ... d-24329349[/quote]
Oberblöd war der Dienst auf diesen Postentürmen (ich hatte gelegentlich Dienst auf dem Turm auf dem Potsdamer Platz). Von wegen Drang nach Harnerleichterung und die "Aushilfe" kam herangebraust. Es stank fürchterlich am und um den Postenturm herum, denn täglich, wöchentlich, monatlich und viele Jahre lang erleichterten sich dort Hunderte Grenzer. Bei Durchfall lohnte sich da der Schnappschuss vom Westen her.
Auf dem Turm war es saukalt. Nur eine kleine Heizung wie aus Eisenbahnwaggons sollte Linderung bringen. Brachte sie aber keineswegs. Selbst die geschmierten Stullen blieben kalt. Der mitgebrachte Tee in Thermosflaschen wurde kalt. Bei Nebel oder Schneefall starrten die Posten aus den Fensterscheiben, um bloß keinen Grenzdurchbruch zu verpassen. Eine Zeitlang mussten wir dort stehen ( etliche Monate). Die Sitzflächen waren ausgebaut, weil Grenzer es sich auf den blanken Brettern "bequem machten" und dies als Grund für geglückte Grenzdurchbrüche gewertet wurde. Dort 8 lange Stunden "für den Frieden zu wachen" war eine gemeine Zumutung.
Andreas
Nov65
 
Beiträge: 4338
Registriert: 1. März 2012, 14:09
Wohnort: Plau am See in M-V

Re: Der Alltag im DDR-Grenzturm

Beitragvon augenzeuge » 24. November 2018, 19:14

"für den Frieden zu wachen" war eine gemeine Zumutung.


Ja, was hat der Staat alles für Forderungen unter dem Motto "für den Frieden" durchgesetzt. Wer war schon gegen den Frieden....?
Nun dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hatte, der Frieden vergewaltigt wurde, das traute man sich nicht zu sagen. [angst]
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84717
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen


Zurück zu Grenztruppen der DDR

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast