Wo sind´se hin?

Alles was in den Zeitraum nach der Wende gehört. Das Zusammenwachsen von zwei grundverschiedenen Systemen, Probleme, Erwartungen, Empfindungen usw.

Wo sind´se hin?

Beitragvon manudave » 24. August 2010, 20:54

Kein Platz mehr für DDR-Autos

20 Jahre nach dem Fall der Mauer gehören die „Ossi-Autos“ Wartburg und Trabant zu den Raritäten auf Deutschlands Straßen. Trotz Fanclubs und jährlicher Trabi-Treffen mit viel Zulauf nicht nur in Ostdeutschland hält der Schwund an.

EISENACH / ZWICKAU - Es sind Bilder, die es nach dem Mauerfall in die Geschichtsbücher schafften: Trabant-Fahrer, die sich an den plötzlich offenen Grenzübergängen in Berlin hupend den Weg durch feiernde Menschenmassen bahnten.

Kilometerlange Kolonnen von Wartburg und Trabant, die auf den wenigen Autobahnen gen Westen rollten. Die tuckernden DDR-Autos, bis kurz vor der politischen Wende allesamt Zweitakter, waren das Fortbewegungsmittel der Ostdeutschen schlechthin. 20 Jahre nach dem Fall der Mauer gehören die einst allgegenwärtigen Gefährte aus dem sächsischen Zwickau und dem thüringischen Eisenach zu den Raritäten auf Deutschlands Straßen.

«Es werden jedes Jahr weniger», sagt der Sprecher des Kraftfahrt-Bundesamtes, Stephan Immen. Der Schwund ist in den Flensburger Statistiken erfasst. Waren 1995 noch 663 631 Trabant unterwegs, verringerte sich ihre Zahl fünf Jahre später bereits auf 169 623. Trotz Fanclubs und jährlicher Trabi-Treffen mit viel Zulauf nicht nur in Ostdeutschland hält der Schwund an. 2005 waren es noch 66 984 «Plastebomber», wie der Trabant im Volksmund genannt wird, Anfang dieses Jahr hatte sich ihre Zahl auf 37 124 fast halbiert. «Wenn man heute auf der Straße einen Trabi vor sich sieht, dann schaut man hin. Und man erinnert sich an den fast vergessenen Geruch, der aus dem Auspuff kommt», erzählt eine Erfurter Autofahrerin. Bei Westdeutschen gilt er schlicht als «Stinker».

Noch schlechter ist es um den Fortbestand des Wartburg bestellt, der mit seiner kantigen Blechkarosse als Mittelklassewagen galt. «Ihm macht der Rost zu schaffen», bringt es ein Automechaniker auf den Punkt. Nur noch 8222 Autos, die den Namen der geschichtsträchtigen Eisenacher Burg tragen, sind derzeit zugelassen. 1995 waren es noch 284 047, danach nahm die Zahl drastisch ab. Die DDR-Nostalgiker unter den deutschen Autofahrern sind nach den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes in Sachsen zu finden, während Mecklenburg-Vorpommern bei den Zulassungszahlen im Osten Schlusslicht ist. In Sachsen wurden Anfang vergangenen Jahres noch 11 436 Trabis und 2480 Wartburg gefahren, in Brandenburg waren es 6765 Autos Marke «Rennpappe» und 1938 Wartburg.

Einzelne Liebhaber der Autos, die seit der Schließung der Werke in Sachsen und Thüringen im Frühjahr 1991 nicht mehr gebaut werden, finden sich auch in Westdeutschland. Im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen hat der Trabi 1534 Fans, im Saarland sind es spärliche 59. Der Wartburg führt mit 173 Exemplaren in NRW oder 37 in Schleswig-Holstein ein Schattendasein.

Dass die betagten Gefährte - selbst das letzte Baujahr hat mit einem Alter von 18 Jahren beste Chancen auf die Abwrackprämie - trotz TÜV und Dekra überhaupt noch rollen, grenzt für viele an ein Wunder. Vielleicht ist es der Tradition geschuldet. Schon in der DDR wurden die Autos gepflegt, von Hand geputzt und natürlich auch selbst repariert. Ersatz war nur schwer zu bekommen bei Wartezeiten jenseits von zehn Jahren. Oft haben die Großeltern einen Bestellschein für die Enkel ausgefüllt, wenn sie gerade dem Einschulalter entwachsen waren, erinnern sich Ostdeutsche. Repariert wird immer noch, der Ersatzteilnachschub funktioniert.

Wartburgfahrer-Treffen, bei denen gut erhaltene Karossen vom eleganten 311er über den am meisten produzierten 353 bis zu dem von 1988 an gebauten Viertakter 1.3 zum Schaufahren antreten, dienen auch als Ersatzteilbörse und bieten Raum für Fachsimpelei, berichtet Enrico Martin vom Eisenacher Club. Zudem blüht der Handel im Internet. Für die SBS Deutschland GmbH, die über viele Zwischenstationen aus dem zentralen Ersatzteil-Vertrieb des Eisenacher Automobilwerks hervorgegangen ist, spielt die Teilelieferung für die DDR-Veteranen dagegen kaum noch eine Rolle. «Es gibt keine alten Bestände mehr. Die sind längst verkauft», berichtet Verkaufsleiter Hans Siegl.

25 bis 30 Artikel, ausschließlich Verschleißteile für Wartburg und Trabant, seien noch im Sortiment und würden von einzelnen Herstellern vor allem in Ungarn bezogen und ausschließlich an den Großhandel geliefert. «Irgendwann gibt es nichts mehr», meint Siegl. «Aber das ist bei allen Oldtimern so.» Dass es ein Comeback für die DDR-Autos geben könnte, glaubt niemand mehr. Spekulationen über eine Opel-Billigmarke namens Wartburg hatten sich im Mai dieses Jahres schnell verflüchtigt. Der Name sei «nur so eine Idee aus einer Laune heraus gewesen, die leider in die Öffentlichkeit gekommen ist», räumte der Betriebsrat der Opel Eisenach GmbH, Harald Lieske, ein.

http://www.ksta.de/html/artikel/1244612074224.shtml
Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!
Benutzeravatar
manudave
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 4395
Bilder: 49
Registriert: 22. April 2010, 16:29
Wohnort: Hessen

Re: Wo sind´se hin?

Beitragvon Berliner » 25. August 2010, 03:37

Bevor ich dieses Forum fand, war ich kurzer Zeit in einem Trabi-Forum. Die Dinger sind ganz praktisch, doch gibt es mMn ein paar Nachteile:

1. sie sind "Stinker"

2. die Heizung funktioniert nicht

3. es wird schwerer Teile zu bekommen, die schaffen nur 100 Kmh, etc. etc.

Was meint Ihr dazu ? Wieso gibt es immer weniger Trabis bzw. Wartburg auf den Strassen Deutschlands ? [ich auch]

Berliner [hallo]
Nichts auf dieser Welt kann die Beharrlichkeit ersetzen.
Talent kann es nicht - nichts ist verbreiteter als erfolglose Maenner mit Talent.
Genie kann es nicht - unbelohntes Genie ist nahezu ein Sprichwort.
Ausbildung kann es nicht - Die Welt ist voll von ausgebildeten Obdachlosen.


Beharrlichkeit und Ausdauer alleine sind allmaechtig.


-Calvin Coolidge
Benutzeravatar
Berliner
 
Beiträge: 2906
Bilder: 85
Registriert: 22. April 2010, 07:09
Wohnort: Detroit, Michigan USA

Re: Wo sind´se hin?

Beitragvon Zermatt » 25. August 2010, 14:51

Als Spass,Hobby oder Gag o.K,aber als vollwertiges Alltagsauto,das kannste wohl knicken,versuch mal auf der Autobahn mit zu kommen wenn du jeden Tag zur Arbeit musst.Mal davon abgesehen-wenn du mit der Kiste einen Unfall hast,dann gnade dir Gott-Sicherheit ist bei diesem Teil ein Fremdwort.Bei uns fährt so gut wie keiner mehr rum,und wenn,dann merkt man es ......
Benutzeravatar
Zermatt
 
Beiträge: 308
Registriert: 25. April 2010, 10:28

Re: Wo sind´se hin?

Beitragvon S51 » 27. August 2010, 02:34

Also mir hat der Sturm 1989 mal eine Mülltonne in Könnern vor den Trabbi geweht. Den Schaden an der Stoßstange habe ich noch in der selben Nacht mit Hammer und Kombizange behoben. Nur das Trocknen der Farbe hat bis zum nächsten Mittag gedauert. Heute würde so etwas tausende Euro kosten.
Ich habe Trabbis gesehen, die hatten im Zuge eines Unfalls drei Überschläge hinter sich, waren zermatscht bis zur Türhöhe aber die Fahrer haben überlebt.
Mein himmelblauer 601-er, von dem meine Lütte immer noch schwärmt, obwohl sie beim Abschied 1998 gerade mal zwei Jahre alt war, hat 240 000 Kilometer ohne einmal Werkstatt durchgehalten und fuhr zum Schluß immer noch 120 km/h. Freilich mit ordentlich Klappern hier und da, Windgeräuschen vergleichbar einem Tornado hinter der Kellertür, einer Seitenscheibe, die man ab 90 km/h nicht mehr richtig zu bekam und einem zweimal selbst geschweißten Auspuff, den ein mehrfach gewickelter Draht in seiner Position hielt.
Er hatte eine durchaus funktioniernde Heizung. Jedenfalls nach dem ersten Kilometer wurde es warm. Er hatte sogar eine Intervallschaltung am Scheibenwischerknopf mit zwei Intervallen. Das hatte keine vergleichbare Bundeskutsche. Um so etwas wieder zu finden, musste ich dann zehn Jahre warten und 23.000 Euro ausgeben.
Na gut, bequem ist vielleicht etwas Anderes. Doch heutzutage müsste man für ein vergleichbares Rückentraining im Fitnessclub richtig Geld ausgeben.
Ich denke mit Wehmut zurück wenn ich mich in meinen Allradler setze und an die nächste Durchsicht, vor allem aber an die Rechnung hierfür denke oder mir Sorgen machen muss, ob ich mit oder ohne Allrad durch das nächste Sandloch komme, wo die Presspappe seinerzeit einfach mal drüber ist.
Wenn noch genug Platz in der Garage wäre - ja dannn....
S51
 

Re: Wo sind´se hin?

Beitragvon CaptnDelta » 27. August 2010, 04:35

S51 hat geschrieben:Also mir hat der Sturm 1989 mal eine Mülltonne in Könnern vor den Trabbi geweht. Den Schaden an der Stoßstange habe ich noch in der selben Nacht mit Hammer und Kombizange behoben. Nur das Trocknen der Farbe hat bis zum nächsten Mittag gedauert. Heute würde so etwas tausende Euro kosten.
Ich habe Trabbis gesehen, die hatten im Zuge eines Unfalls drei Überschläge hinter sich, waren zermatscht bis zur Türhöhe aber die Fahrer haben überlebt.

Na, ich weiss ja net ob jetzt die Ostalgie ein bisserl mit Dir durchgeht. Als ich in den "Trabiwochen" 1989/90 mit THW oder Abschleppfirma zu Unfaellen mit Trabantbeteiligung kam, da lagen in geschaetzt 1/3 - 1/2 der Faelle schon die Leichensaecke da. Oft waren's die Autobahn-Auffahrgewohnheiten der Osssies, welche inkompatibel zu den Autobahn-Rasgewohnheiten der Wessies waren. War teilweise kein schoenes Bild was da von der Pappe uebrig blieb. Es gab damals auch etliche Zeitungsartikel zu diesem Thema. Andererseits waren es auch oft Unfaelle, wo man einfach eingeschlafen war, nachdem man den ganzen Tag schon in Stau und Dunst stand. Das man uns nicht zu jedem Stossstangenbieger brachte ist auch klar, damals war ziemlich viel los, von daher sind meine Eindruecke wohl etwas in Richtung der schwereren Unfaelle verschoben. Aber es war schon krass, wieviele Schwerstverletzte und Tote wir aus den Pappe-Resten geborgen haben. Kann mich deswegen noch erinnern weil auch unsere Rettungsscheren mit dem Trabant nicht optimal zurechtkamen, da brauchte man etwas Uebung und musste die richtigen Stellen wissen.

S51 hat geschrieben:Mein himmelblauer 601-er, von dem meine Lütte immer noch schwärmt, obwohl sie beim Abschied 1998 gerade mal zwei Jahre alt war, hat 240 000 Kilometer ohne einmal Werkstatt durchgehalten und fuhr zum Schluß immer noch 120 km/h. Freilich mit ordentlich Klappern hier und da, Windgeräuschen vergleichbar einem Tornado hinter der Kellertür, einer Seitenscheibe, die man ab 90 km/h nicht mehr richtig zu bekam und einem zweimal selbst geschweißten Auspuff, den ein mehrfach gewickelter Draht in seiner Position hielt.
Hattest Du dann schon den 4-Takter VW-Motor? Der haette das, mit viel Hege und Pflege vielleicht soweit geschafft. Vielleciht auch mit eingepflanztem Wolga-Motor. Beim Zweitakter war schon um einiges frueher Ende (so eine Null weniger, 80TKM war 'ne gute Leistung), da musste der Motor ueberholt werden, da keine Kompression mehr. Ist beim Zweitakter einfach konstruktionsbedingt. Getriebe haben auch gerne aufgegeben. Das schlimmste war aber auch beim Trabant der Rost (lag warscheinlich auch an dem Winter-Streumittel, welches eingesetzt wurde). Hab mir als 14-16 Jaehriger immer ein paar Mark dazuverdient, und bei meinen beiden "Auto-pfuschenden" Nachbarn mitgeholfen. Die hatten fuer DDR-Zeiten 'ne recht professionelle Ausstattung, vor allem Fahrzeuge wie Trabant und Wartburg wurden komplett gestrippt und neu aufgebaut. Die Trabanten die wir da neu aufbauten, hatten alle so ~80TKM auf der Uhr (manche auch das erste mal ueber der Null, und von daher "nur" ~5TKM), und meist war da schon von der Bodengruppe nicht mehr viel zu sehen.

-Th

PS: die Werkstatt gibts sogar heute noch...
..Totalitarianism does not mean that such regimes in fact exercise total control over their people, it means rather that such control is in their aspiration.
Martin Malia
Benutzeravatar
CaptnDelta
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 1842
Bilder: 200
Registriert: 22. April 2010, 06:59
Wohnort: San Francisco, California, USA


Zurück zu Zusammenwachsen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 13 Gäste