Nun kann man zu Hans Modrow zweifellos geteilter Meinung sein, genau, wie zu allen anderen Politkern vermutlich auch. Ich habe auch meine Meinung, seit ich den Mann 1994 persönlich kennengelernt habe, werde die hier aber sicherlich nicht ausbreiten.
Was ich an diesem Doppel-Interview so interessant fand, war, dass beide der Meinung sind, dass man den Bewohnern von Neu-Fünfland (Ostdeutschland ist ja ein "Bäh"-Wort, wie ich lesen durfte) dauernd versucht, ein Stück der Identität zu rauben. Und das ist meiner Meinung nach wirklich ein Problem. Um es mal an einem Beispiel festzumachen: Die Links vom Interessierten wären durchaus voll in Ordnung, wenn man sie hier im Forum als eine Facette der DDR wahrnehmen würde, die es zweifellos gab. Nur sind wir im Moment an der Stelle, dass sie nicht als Facette im Forum wirken, sondern sozusagen wie ein Normalbild der DDR - und das ist, nach meiner Auffassung, einfach falsch.
Mal zwei Beispiele: Ich war Mitte Juni auf einer Mini-Kreuzfahrt auf der Ostsee von Travemünde nach Rostock (übrigens sehr zu empfehlen, speziell bei schönem Wetter - und das inbegriffene skandinavische Frühstücksbüffet ist auch nicht ohne
). Nuja, jedenfalls, es war eine Tagesfahrt - morgens mit dem Bus nach Travemünde, mit Bus auf die Schwedenfähre, Rostock-Industriehafen mit Bus wieder runter, dann weiter mit dem Bus nach Rostock-Innenstadt - der Bus kommt an 5-stöckigen Plattenbauten mit den bekannten aufgeständerten Balkonen vorbei - der Reiseleiter sagt: Diese Gebäude sind selbstverständlich erst nach der Wende entstanden - ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte
.
Zweites Beispiel: Ein Stadtfest in einer Stadt in Mecklenburg-Vorpommern - Stargast Ute Freudenberg - sie stimmt "Jugendliebe" an - und es war das erste mal, dass ich einen tausenstimmigen Chor dazu gehört habe - vermutlich waren die Leute so glücklich, weil ihnen 20 Jahre vorher beim mitsingen die Stasi den Schädel eingeschlagen hätte - oder war vielleicht doch eher Identitätsstifftung der Grund?
Für die, die das Lied noch nicht kennen:
Gruss
icke