Der Osten muss sterben, um zu leben
Verfasst: 4. Juli 2019, 13:54
Wir brauchen eine empathische Debatte über Ostdeutschland. Aber bitte ohne identitätspolitische Schlagseite.
Bin ich ein Ossi? Eigentlich nicht. Schließlich wurde ich 1991 geboren, mitten hinein in die Nachwendezeit. Ich hatte das Glück, in einer Familie aufzuwachsen, die das Ende der DDR gut überstanden hat: kein Frust, keine Altlasten, nur der wiederkehrende Appell meiner Eltern, mir die Welt anzuschauen – „wir konnten das ja nicht in deinem Alter“. Meinen sächsischen Dialekt hört man, nach fast zehn Jahren in Berlin, kaum noch.
Bin ich also kein Ossi? Irgendwie ja doch. Noch vor ein paar Jahren nutzte ich Worte wie „Kaufhalle“ und „Nikki“. Als ich kürzlich „Gundermann“ im Kino schaute, ging mir, trotz der politischen Brisanz des Films, schlichtweg das Herz auf: weil mich das Mobiliar im Film an Omas Stube erinnerte.
Am ostdeutschesten fühle ich mich aber, wenn mal wieder Mist passiert in der alten Heimat. Dann werde ich sehr wütend auf den Osten. Auf die Rechtsrockfans in Ostritz. Auf die Polizei, weil sie dort Männern mit tätowierten Hakenkreuzen die Armbinde richtete, statt eine Anzeige aufzunehmen. Auf den geifernden Hass auf den Straßen.
Schließlich werde ich wütend auf mich selbst, weil ich in meinem Furor der Lesart auf den Leim gehen, die Bewohner des Ostens in Sippenhaft zu nehmen. Und dann kreist der Kopf: um die Frage, was man nun anfängt mit dieser Wut, die in alle Richtungen zielt.
Zur Europawahl wurde die AfD in Brandenburg mit 19,9 Prozent stärkste Kraft, in Sachsen sogar mit 25,3 Prozent. In Görlitz konnte kürzlich knapp die Wahl eines AfD-Politikers zum Bürgermeister verhindert werden. Seit Monaten treibt die Politiker demokratischer Parteien in Sachsen, Brandenburg und Thüringen die Angst vor den Landtagswahlen an.
Im Osten stirbt man ärmer als im Westen
Man muss nach allen Tabubrüchen der letzten Jahre nicht mehr viele Worte darüber verlieren, warum die Erzählung von der „Protestpartei“ eine üble Verharmlosung ist. Kann schon sein, dass sich abgehängt fühlt, wer die AfD wählt, nicht ernst genommen und frustriert, in Stänkerlaune gegen ein angeblich feindlich gesinntes Establishment.
Vor allem aber will man (oder nimmt zumindest billigend in Kauf), dass harte Nazis im Parlament sitzen. Weder Abstiegsängste noch Post-Wende-Traumata taugen da als Rechtfertigung. Ostdeutsch, arm oder ängstlich zu sein, ist keine Rechtfertigung für Rassismus. Darüber mag ich nicht diskutieren.
Wenn aber unter Bekannten und in den Kommentarspalten das Witzchen die Runde macht, wir bräuchten den „Säxit“, dann mag ich den Osten verteidigen. Weil diese Verachtung ein Schlag ins Gesicht für alle ist, die sich dort für Kulturprojekte, Antifa-Strukturen oder ein freigeistiges Miteinander einsetzen. Weil Leute von Jammer-Ossis und Opfermythen reden, wo doch sattsam bekannt ist, dass viel zu wenige Ostdeutsche in großen Unternehmen, Redaktionen und auf hochrangigen Politikerposten sitzen. Dass man im Osten ärmer stirbt als im Westen.
https://taz.de/Debatte-Regionale-Identitaet/!5603387/
Ein interessanter Beitrag, dessen Aussage ich in vielen Punkten teile, aber auch in anderen Punkten wiederum nicht. Es gibt nämlich pauschal weder den Ossi noch den Wessi. Die große Mehrheit der Bürger aus den 5 neuen Ländern wählt eben demokratische Parteien und nicht die Alternativlosen.
Oder wenn zu lesen ist, dass manche der Ossis auch nach 30 Jahren noch kämpfen, um in der Bundesrepublik anzukommen, dann kann ich nur lachen.
Die Bürger auf der ganzen Welt und also auch in Deutschland kämpfen ihr ganzes Leben für ein schönes Leben in Frieden und Wohlstand. Was soll also das Gejammer?
Wenn ich dann einmal die Aussagen auf unser Forum beschränke, dann jammern hier doch keine User, aus den neuen Ländern denen es schlecht geht. Nein, über die Zustände in unserem Land da hetzen und schüren Ängste gerade die User aus dem Osten, die meinen damit prahlen zu müssen, dass sie in ihren Pool springen würden, die mit ihren Fernreisen prahlen, dass 150 € für ein Essen kein Problem sei und dass ihre sehr teuere Uhr eine Unterseite aus Glas hätte......
Aus welchem " Wohlfühlbundesland " sie stammen bzw. Teile ihres Lebens dort verbracht haben, lasse ich einmal dahingestellt.
Bin ich ein Ossi? Eigentlich nicht. Schließlich wurde ich 1991 geboren, mitten hinein in die Nachwendezeit. Ich hatte das Glück, in einer Familie aufzuwachsen, die das Ende der DDR gut überstanden hat: kein Frust, keine Altlasten, nur der wiederkehrende Appell meiner Eltern, mir die Welt anzuschauen – „wir konnten das ja nicht in deinem Alter“. Meinen sächsischen Dialekt hört man, nach fast zehn Jahren in Berlin, kaum noch.
Bin ich also kein Ossi? Irgendwie ja doch. Noch vor ein paar Jahren nutzte ich Worte wie „Kaufhalle“ und „Nikki“. Als ich kürzlich „Gundermann“ im Kino schaute, ging mir, trotz der politischen Brisanz des Films, schlichtweg das Herz auf: weil mich das Mobiliar im Film an Omas Stube erinnerte.
Am ostdeutschesten fühle ich mich aber, wenn mal wieder Mist passiert in der alten Heimat. Dann werde ich sehr wütend auf den Osten. Auf die Rechtsrockfans in Ostritz. Auf die Polizei, weil sie dort Männern mit tätowierten Hakenkreuzen die Armbinde richtete, statt eine Anzeige aufzunehmen. Auf den geifernden Hass auf den Straßen.
Schließlich werde ich wütend auf mich selbst, weil ich in meinem Furor der Lesart auf den Leim gehen, die Bewohner des Ostens in Sippenhaft zu nehmen. Und dann kreist der Kopf: um die Frage, was man nun anfängt mit dieser Wut, die in alle Richtungen zielt.
Zur Europawahl wurde die AfD in Brandenburg mit 19,9 Prozent stärkste Kraft, in Sachsen sogar mit 25,3 Prozent. In Görlitz konnte kürzlich knapp die Wahl eines AfD-Politikers zum Bürgermeister verhindert werden. Seit Monaten treibt die Politiker demokratischer Parteien in Sachsen, Brandenburg und Thüringen die Angst vor den Landtagswahlen an.
Im Osten stirbt man ärmer als im Westen
Man muss nach allen Tabubrüchen der letzten Jahre nicht mehr viele Worte darüber verlieren, warum die Erzählung von der „Protestpartei“ eine üble Verharmlosung ist. Kann schon sein, dass sich abgehängt fühlt, wer die AfD wählt, nicht ernst genommen und frustriert, in Stänkerlaune gegen ein angeblich feindlich gesinntes Establishment.
Vor allem aber will man (oder nimmt zumindest billigend in Kauf), dass harte Nazis im Parlament sitzen. Weder Abstiegsängste noch Post-Wende-Traumata taugen da als Rechtfertigung. Ostdeutsch, arm oder ängstlich zu sein, ist keine Rechtfertigung für Rassismus. Darüber mag ich nicht diskutieren.
Wenn aber unter Bekannten und in den Kommentarspalten das Witzchen die Runde macht, wir bräuchten den „Säxit“, dann mag ich den Osten verteidigen. Weil diese Verachtung ein Schlag ins Gesicht für alle ist, die sich dort für Kulturprojekte, Antifa-Strukturen oder ein freigeistiges Miteinander einsetzen. Weil Leute von Jammer-Ossis und Opfermythen reden, wo doch sattsam bekannt ist, dass viel zu wenige Ostdeutsche in großen Unternehmen, Redaktionen und auf hochrangigen Politikerposten sitzen. Dass man im Osten ärmer stirbt als im Westen.
https://taz.de/Debatte-Regionale-Identitaet/!5603387/
Ein interessanter Beitrag, dessen Aussage ich in vielen Punkten teile, aber auch in anderen Punkten wiederum nicht. Es gibt nämlich pauschal weder den Ossi noch den Wessi. Die große Mehrheit der Bürger aus den 5 neuen Ländern wählt eben demokratische Parteien und nicht die Alternativlosen.
Oder wenn zu lesen ist, dass manche der Ossis auch nach 30 Jahren noch kämpfen, um in der Bundesrepublik anzukommen, dann kann ich nur lachen.
Die Bürger auf der ganzen Welt und also auch in Deutschland kämpfen ihr ganzes Leben für ein schönes Leben in Frieden und Wohlstand. Was soll also das Gejammer?
Wenn ich dann einmal die Aussagen auf unser Forum beschränke, dann jammern hier doch keine User, aus den neuen Ländern denen es schlecht geht. Nein, über die Zustände in unserem Land da hetzen und schüren Ängste gerade die User aus dem Osten, die meinen damit prahlen zu müssen, dass sie in ihren Pool springen würden, die mit ihren Fernreisen prahlen, dass 150 € für ein Essen kein Problem sei und dass ihre sehr teuere Uhr eine Unterseite aus Glas hätte......
Aus welchem " Wohlfühlbundesland " sie stammen bzw. Teile ihres Lebens dort verbracht haben, lasse ich einmal dahingestellt.