Früher übte in Kallinchen die Stasi, heute die Polizei

Alles was in den Zeitraum nach der Wende gehört. Das Zusammenwachsen von zwei grundverschiedenen Systemen, Probleme, Erwartungen, Empfindungen usw.

Früher übte in Kallinchen die Stasi, heute die Polizei

Beitragvon Interessierter » 17. April 2017, 09:22

Kallinchen. Zu DDR-Zeiten gingen die Fische, die Peter Sombert in Kallinchen aus dem Motzener See zog, an russische Truppen oder in den Westen. Heute verkauft er seine Fische direkt an Touristen. So wie der Fischer hat sich der ganze Ort mit der Wende gewandelt. Nur die Nackten sind geblieben.

Mittags gegen 13.00 Uhr sitzt der Fischer Peter Sombert gut gelaunt vor einer seiner Holzhütten in Kallinchen am Motzener See, trinkt einen Becher Kaffee und sagt beim Blick auf das Wasser nachdenklich: «Also, man kann ja vieles so oder so sehen. Aber die Wende hatte schon vieles für sich.» Sombert geht es gut. Er ist Fischer, der einzige am Ort. Er verkauft selbst geräucherte Forellen, Fischbrötchen, verleiht Ruder- oder Tretboote und vergibt Angelscheine. «Als ich mich nach der Wende selbständig gemacht habe, war klar: Nur mit der Fischerei, das reicht nicht. Darum wollte ich unbedingt diese Stelle hier neben dem Strandbad haben», sagt Sombert.


"Kallinchen, Du Perle am Motzener Strand"

Kallinchen ist seit Jahrzehnten ein besonderer Urlaubsort in Ostdeutschland: Rund 50 Kilometer von Berlin entfernt, dicht am Spreewald und direkt an einem klaren See gelegen. «Kallinchen, Du Perle am Motzener Strand» heißt es im örtlichen Heimatlied. Von der Lage profitiert auch Sombert. Nur wenige Meter von seiner Räucherei entfernt liegen in der Septembersonne der ausklingenden Saison Badegäste am Strand, lesen oder bräunen sich in der Sonne. Kinder toben im Wasser. Sombert weiß: «Irgendwann kriegen die Hunger, und viele kommen dann zu mir. Ich kann mich wirklich nicht beklagen», sagt der 56-Jährige.

Gefischt hatte Sombert schon vor dem Mauerfall, in einer Produktionsgenossenschaft. «Der größte Teil des Fangs ging an die russischen Truppen oder in den Westen», erinnert sich Sombert, der die Fischerei 1993 als Wiedereinrichter übernommen hat. Wie sich sein Leben verändert hat? Sombert überlegt kurz und sagt: «Früher habe ich es genossen, lange auf dem See zu sein und zu fischen. Das geht heute nicht mehr. Uns ging es damals ganz gut, der Fischfang wurde subventioniert. Und man musste sich keinen Kopf machen. Nur fangen, und den Fisch abliefern.»

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Heute sei die Arbeit komplizierter. Aber, so betont Sombert, «es macht auch Spaß zu sehen, wie gut das Geschäft läuft». Seine Tochter hat eine Ausbildung in London gemacht, sein Sohn arbeitet in Wiesbaden als Motorenentwickler. «Wäre früher unmöglich gewesen», bemerkt er. Das gilt auch für seine Urlaube auf Usedom. Wo früher Zimmer für Privatpersonen kaum zu kriegen waren, macht er jetzt regelmäßig Urlaub. In einer Suite. Was ihn heute am Leben in Kallinchen stört? «Am ehesten, dass es für die Jugendlichen so wenig Angebote gibt. Die wissen oft nicht, wohin mit sich«, sagt Sombert. Das sei ja fast überall so.

"Die Wiege des deutschen FKK" am Motzener See


Einnahmen und Arbeitsplätze sichert, neben einer auf alternative Energien spezialisierten Firma, besonders der Tourismus. An sonnigen Tagen hat allein das Strandbad bis zu 3000 Gäste. Dazu kommen Besucher des Campingplatzes und des nahegelegenen FKK-Geländes. «Der Andrang ist für uns aber nichts Neues», sagt Sabine Hummitzsch, die an der Ortseinfahrt einen Blumengeschäft führt. Zu DDR-Zeiten habe fast jede Familie ein Gästezimmer gehabt. Damals kamen vor allem Sachsen und Thüringer nach Kallinchen, pro Jahr waren es bis zu 70 000 Urlauber.

Zur Tradition Kallinchens gehören auch «die Nackten», wie sie hier manchmal genannt werden. Am Sandberg, am Rande des Dorfes, hat der Verein der «Allgemeinen Körperkultur Birkenheide» (AKB) ein zwölf Hektar großes Gelände. Etwas hügelig, von märkischen Kiefern bestanden, grenzt es direkt an den Motzener See. «Hier hat es schon immer Freikörperkultur gegeben», behauptet ein Gast, der mit seinem Sohn zum Strand bummelt. Manche sehen dieses Gelände als Wiege des deutschen FKK. Schon Anfang der 20er-Jahre entdeckten die ersten Naturisten den Motzener See als Paradies für sich. Die «Windsbräute» oder «Freien Menschen», wie sie sich nannten, kamen per Bahn aus Berlin.

Durch den Nationalsozialismus und später während der DDR-Zeit hielt sich die Tradition. «Wir waren da Teil einer Betriebssportgruppe, Sektion Freizeitsport», erklärt Vorstand Bernd Hinkel. Die rund 450 Mitlieder haben sich auf die neuen Zeiten eingestellt und das zuvor gepachtete Vereinsgelände gekauft. Die Sorge, von einem möglichen Großinvestor verdrängt zu werden, hat sich damit erledigt. Inzwischen wächst der Verein wieder. Der Zulauf kommt vor allem aus Thüringen und Sachsen. Hinkel weiß: «Viele haben ihre Auslandsreisen gemacht und erinnern sich jetzt wieder an Kallinchen


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Interessierter
 

Re: Früher übte in Kallinchen die Stasi, heute die Polizei

Beitragvon Beethoven » 17. April 2017, 14:46

Ich habe auf dem Trainigs- und Übungsgeländegelände, westlich von Kallinchen und dem Motzener See, obwohl ich nicht beim MfS war, so manche heiße Situation erlebt und so manchen Tropfen Schweiß gelassen. In sofern ist die Überschrift nicht ganz vollständig.

Wahr ist, das es ein recht großes Areal gab, auf der sich Schießanlagen, vor allem Fahrsicherheitstrainigsanlagen und vieles mehr befanden. Dort wurde die praktische Ausbildung für Personenschützer und Terrorabwehrmänner duchgeführt. Die Ausbildungs- und Trainingsanlagen waren einmalig.

In der Wendezeit, das MFS und AfS war bereits aufgelöst, hatten wir als NVA die Anlage eigentlich für uns. Ein paar Polizisten sicherten diese Anlagen noch.
Es kam eine große Delegation der Bundeswehr (hauptsächlich Spezialisten und Feldjäger die ja in der Bundeswehr den Personenschutz ausüben) und jeden Menge Vertreter vom BKA und Verfassungsschutz um sich diese Ausbildungsanlage anzusehen.
Da die Männer der NVA noch die einzig handelnde Truppe dort waren, erläuterten wir diese Anlagen und zeigten was da so alles zu trainieren und erlernen war. Den Herren fielen bald die Augen raus (im positiven Sinne). Sie waren begeistert und wollten so etwas auch haben.
Um so verwunderlicher, dass dieses Gelände heute vom ADAC genutzt wird und verschiedene Autoherstellen dort ihre Trainings absolvieren.
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