SCORN hat geschrieben: »Eliten neigen dazu, sich selbst zu reproduzieren.«
Ja, dem würde ich sicher nicht widersprechen. Das sehe ich ganz genau so. Im Grunde spricht aber genau diese Argumentation gegen ein Bild der Diskriminierung der Ossis, denn Eliten diskriminieren in diesem Sinne alle außer sich selbst.
Wenn ich es schaffe, deren Kriterien zu erfüllen, indem ich z.B an angesagten Hochschulen studiere (was gerade in technischen Disziplinen überhaupt kein Problem ist) oder deren Sport betreibe (nicht meine Beispiele
), dann erwerbe ich reelle Chancen, oben mitzuspielen. Irgendwann rückt da das Kriterium, dass ich in Dessau geboren bin, völlig in den Hintergrund.
Wie ich schon weiter oben andeutete, passiert genau das aber auch im Osten, denn nicht nur für Wessi-Eliten gilt o.g. Zitat. Zugegeben bewegt sich die "Ossi-Elite" einen Level tiefer. Wie schon festgestellt, ist sie eben nicht ganz oben im DAX, der Bundeswehr oder der Bundesregierung vertreten. Aber so wie Merkel hier schon die große Ausnahme ist, kenne ich eine Menge Unternehmen des berühmten Mittlestandes, die komplett in Ossi-Hand sind, die erfolgreich sind und über die sich kein Wessi mehr hochnäsig zu lächeln traut und auch in den ostdeutschen Landesregierungen sind die Eingeborenen gut vertreten.
Ich persönlich sehe es übrigens nicht als einen Indikator für Diskriminierung an, ob sich eine bestimmte Personengruppe in der "Elite" wiederfindet. Einerseits sind die Spitzenpositionen für 80 Mio. Deutsche knapp gesät. Es wäre irgendwie absurd abzuleiten, die Ossis wären in der 1. Klasse angekommen, bloß weil morgen zwei oder drei Ossis Bundesminister oder DAX-Vorstand würden. Für den Rest der Bevölkerung dürfte das kaum eine Auswirkung haben - nicht einmal in ihrer Selbstwahrnehmung.
Andererseits bin ich sowieso ein Gegner jeglicher Quotenregelung. Mir ist völlig Wurscht, ob eine Führungsspitze Ossi, Migrant, Frau oder sogar ein periodisch Durchrotierter ist. Ich würde mir wünschen, dass an Führungspositionen immer der bestmögliche bzw. -verfügbare Mensch für diesen Job sitzt.
Letztendlich entspringt die Selbstwahrnehmung fast immer aus einem Vergleich mit den Nachbarn, sowie auch die Wahrnehmung anderer häufig aus einem (oft idealisierten) Vergleich mit einem selber entspringt.
Mich würde wirklich mal interessieren, welche Kriterien die entsprechenden Ossis bewegt hat, sich als zweitklassig anzusehen und vor allem was sich für die ändern müsste, damit sie glauben würden, sie wären jetzt erstklassig.
Der Vergleich der Einkommen und Arbeitslosenquoten mit irgendwelchen anderen Regionen kommt mir da recht kleinkariert vor. Und selbst wenn 25% im Osten arbeitslos sind, verstehe ich nicht, warum sich dann 70% als zweitklassig ansehen. Warum vergleichen die sich nicht mit Polen oder Litauern? Dann könnte man endlich mal wieder erhobenem Hauptes und mit einem Lächeln im Gesicht rumlaufen...