Diestel und die Aktenvernichtung

Diestel und die Aktenvernichtung

Beitragvon Interessierter » 28. März 2016, 10:41

Der Erfindungsreichtumg von Günter Eichhorn als Entlastungszeuge für Peter Michael Diestel

Im Archiv der " Politischen Systeme " wurde unter dem leider gesperrten Beitrag " 20 Jahre BSTU " dieser Vorgang schon einmal thematisiert.
Im Jahre 2000 hat auch Henryk M. Broder sich dieses Themas angenommen, wie nachstehend zu lesen ist.

Jedem sein Mitleid


Der Zeuge schaute die Richter gradaus an und sagte mit ruhiger fester Stimme, er sei am 8. Februar 1990 durch Beschluß des DDR-Ministerrates zum Leiter des Komitees zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit bestellt worden. Bald darauf, am 23. Februar 1990, habe es einen »Beschluß des Zentralen Runden Tisches« gegeben, wonach personenbezogene Unterlagen der »Hauptverwaltung Aufklärung« der Stasi »der Vernichtung zugeführt werden« konnten.

Günter Eichhorn, zum Zeitpunkt seiner Zeugenaussage 53 Jahre alt, gelernter Finanzökonom und ehemaliger Sektorenleiter im Ministerium der Finanzen der DDR, wußte, worauf es ankam: gute Manieren, sicheres Auftreten und ein Gedächtnis, das auch nach Jahren verläßlich arbeitete. Die Richter des 3. Zivilsenats am Hanseatischen Oberlandesgericht waren beeindruckt. Die Aussage des Zeugen, schrieben sie ins Urteil, sei »so plausibel und lebendig« gewesen, daß sie »keine Bedenken« hatten, seinen Ausführungen »Glauben zu schenken«.

Eichhorns Erinnerungen waren für den Ausgang des Verfahrens von entscheidender Bedeutung. Der FDP-Politiker Gerhart Baum hatte in einem Interview mit der »Bunten« behauptet, der letzte Innenminister der DDR, Diestel, habe während seiner Amtszeit »Akten vernichten lassen, die uns heute Aufklärung geben könnten«, worauf Diestel Gerhart Baum und die »Bunte« verklagte und den ehemaligen Stasi-Auflöser Eichhorn als Entlastungskronzeugen benannte. Baum und die »Bunte« wurden zur Unterlassung der Behauptung verurteilt, während Diestel fortan gegen alle ehrenrührigen Unterstellungen immun war: Wann immer er in Zusammenhang mit dem Verschwinden von Stasi-Akten gebracht wurde, zog er triumphierend das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts mit der ebenso plausiblen wie lebendigen Aussage von Günter Eichhorn hervor und rief: Schaut her, ich war’s nicht, der Runde Tisch ist’s gewesen!

Bis zu dem Tag im April 1995, an dem Günter Eichhorn wieder einmal als Entlastungszeuge für Peter Michael Diestel einsprang.

Diesmal hatte Diestel, leicht übermütig geworden, Journalisten verklagt, die lediglich behauptet hatten, während seiner Amtszeit seien Stasi-Akten vernichtet worden. In diesem Verfahren klangen Eichhorns Einlassungen schon weniger plausibel, und lebendig waren sie nur in dem Augenblick, als er darum kämpfte, im Zeugenstand nicht die Fassung zu verlieren. Von den Gegenanwälten in die Mangel genommen, mußte Eichhorn zugeben, daß ein Beschluß des Zentralen Runden Tisches zur Aktenvernichtung »nicht existiert hat«, daß »diese Aussage objektiv unrichtig« war.


http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... 06-broder/
Interessierter
 

Re: Diestel und die Aktenvernichtung

Beitragvon tom-jericho » 4. April 2016, 20:49

Du sag mal, Dir dürfte wohl bekannt sein, das unter Joachim Gauck eine Menge Akten verschwanden?

Und frage mal Rainer Eppelmann, was unter seinen 174 Tagen als Minister für Abrüstung und Verteidigung so alles verschwand.

Darüber solltet ihr dann in Eurer Zeitung "Horch und Guck" aber auch mal berichten.
tom-jericho
 

Re: Diestel und die Aktenvernichtung

Beitragvon pentium » 4. April 2016, 21:00

tom-jericho hat geschrieben:Du sag mal, Dir dürfte wohl bekannt sein, das unter Joachim Gauck eine Menge Akten verschwanden?

Und frage mal Rainer Eppelmann, was unter seinen 174 Tagen als Minister für Abrüstung und Verteidigung so alles verschwand.

Darüber solltet ihr dann in Eurer Zeitung "Horch und Guck" aber auch mal berichten.


Das Thema nennt sich ja auch Diestel und die Aktenvernichtung und nicht Eppelmann und die Akten der Militärische Aufklärung der Nationalen Volksarmee...

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