Weihnachten in der DDR und BRD

Re: Weihnachten in der DDR und BRD

Beitragvon steffen52-1 » 2. Dezember 2015, 17:09

Also um auch mal meinen Senf dazu zugeben, gehört habe ich das Wort(Jahresendflügelfigur) aber in welchen Zusammenhang kann ich nicht mehr sagen! Hat kein Mensch in der DDR gesagt! Es ist der Engel gewesen
gestern wie heute! Genau so wie Jahresendfigur/Weihnachtsmann)! Denke hat bestimmt mal ein schlauer Genosse der SED-Führung geäußert und das ist es wohl auch gewesen!
Sich daran hoch zuziehen und die Bürger der EX-DDR für bescheuert zu halten, ist schon etwas provokant! [wut] Wer es braucht? Wir EX-Büger wissen es bestimmt besser und das sollte auch der , welcher
alles weiß, so akzeptieren! [mundzu]
Grüsse steffen52-1
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Re: Weihnachten in der DDR und BRD

Beitragvon augenzeuge » 2. Dezember 2015, 17:34

Zicke hat geschrieben:Der weltgrößte freistehende Adventskalender
…ist in Leipzig zu bewundern
http://www.bildderfrau.de/reisen-urlaub ... 71554.html

Die „Türchen“ sind 3 x 2 Meter groß und werden täglich um 16.30 Uhr geöffnet. Insgesamt umfasst der weltgrößte freistehende Adventskalender in der Leipziger Böttchergasse schlappe 857 m².


In Quedlinburg ist es die ganze Innenstadt. Und leben tut er auch noch. Damit wärs geklärt. [grins]
AZ
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Re: Weihnachten in der DDR und BRD

Beitragvon karnak » 2. Dezember 2015, 18:13

steffen52-1 hat geschrieben:Also um auch mal meinen Senf dazu zugeben, gehört habe ich das Wort(Jahresendflügelfigur) aber in welchen Zusammenhang kann ich nicht mehr sagen! Hat kein Mensch in der DDR gesagt!
Sich daran hoch zuziehen und die Bürger der EX-DDR für bescheuert zu halten, ist schon etwas provokant!

Es ist symptomatisch für ideologische Eiferer die ihren Krieg gegen einen Feind weiter führen wollen den es schon 26 Jahre nicht mehr gibt und das reizt schon zum Widerstand. Volker hat völlig korrekt beschrieben wo diese angeblichen Begriffe zum Ausmärzen von Religion herkommen und einige in diesem Land kommen sich nicht zu blöd selbst in dieser Hinsicht ihre Wahrheit zurecht zubiegen,ein Grund warum ich mich irgendwann,als ich eigentlich längst mit der DDR abgeschlossen hatte,entschlossen habe mich in solche Foren einzumischen.
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Re: Weihnachten in der DDR und BRD

Beitragvon Interessierter » 25. Dezember 2015, 08:17

Weihnachtslieder aus sozialistischen Zeiten

Die Ankunft des Heilands wurde ersetzt durch die Ankunft des Winters und fertig war das atheistische Weihnachtsfest.
Beispiele findet man hier:

http://www.mdr.de/damals/avobjekt7432.html

Die Pulsnitzer Pfefferküchler

In der DDR waren die Pulsnitzer Pfefferkuchen konkurrenzlos. Seit 1990 stehen sie im Wettbewerb mit Lebkuchenfabrikanten aus Nürnberg und Aachen. Doch die Pulsnitzer punkten mit iher Handwerksqualität.

Bild

Der Grundteig muss mehrere Wochen lagern, dann wird eine spezielle Gewürzmischung zugegeben. "Zimt, Koriander, Fenchel, Macisblüte, etwas Ingwer, aber mehr kann ich ihnen auch nicht verraten, sonst machen das alle selber", beschreibt Pfefferküchlermeister Christian Hübler das Geheimnis der köstlichen Pfefferkuchen aus Pulsnitz. Auch wenn der schwere Teig heutzutage von Maschinen vermengt wird, der größte Teil der Fertigung ist bei den traditionellen Pfefferküchlern Handarbeit geblieben.

http://www.mdr.de/damals/archiv/artikel92376.html
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Re: Weihnachten in der DDR und BRD

Beitragvon Interessierter » 25. Dezember 2015, 09:07

Hier noch ein Zeitzeugenbericht zum Schmunzeln:

"Weihnachten in der DDR" (Reinhard Ulbrich, 1998)
... dann steht die Jahresendflügelfigur vor der Tür

Nun ist es bald wieder soweit, das Jahresende nähert sich. Wie wir aus dem Studium der Klassiker wissen, handelt es sich dabei um eine besinnliche Zeit. Sie gibt uns Gelegenheit zur Rückschau auch auf jene Formen ostdeutschen Weihnachtsbrauchtums, die zwar seit Jahren der Vergangenheit angehören, aber dennoch unser völkerkundliches Interesse verdienen.

Schließlich war es in der DDR einfach großartig, wenn die Ernteschlacht hinter uns lag und der letzte aller vier Feinde des Sozialismus (Frühling, Sommer, Herbst, und Winter) sich anschickte, Einzug zu halten. "Morgen, Kinder wird’s was geben", klang es hoffnungsfroh aus dem Radio. Nur der staatliche Einzelhandel hatte davon natürlich wieder kein bisschen mitbekommen, denn es gab bei ihm auch morgen nur das Übliche, nämlich nichts. Oder sagen wir so: außer dem fehlenden Frischobst war nun auch noch kein Zitronat im Angebot.

Seit Wochen schon zermarterten sich die Weihnachtsmänner des Politbüros die Köpfe darüber, welche Art von Südfrüchten sie durch Umschichtung der ewig schwindsüchtigen Devisenvorräte noch herbeizaubern konnten. Und das Ergebnis war wie immer absehbar – es würde die gefürchteten Kuba-Orangen geben, kleine gummiartige, völlig ungenießbare Kullerchen, die sich heute im Westen als Flummis verkaufen ließen.

Aber heimelig war’s doch: Der Strom schwankte zum Beispiel so nett, dass alle Glühlampen flackerten und ganz von selbst Kerzenschein simulierten. Und in der Neubauwohnung war die Gemütlichkeit kaum noch zu ertragen, denn die Heizung ließ sich nicht drosseln, so dass man immer mehr Fenster aufreißen musste, je kälter es draußen wurde. Das war aber keineswegs schlecht, denn man konnte auf diese Weise ein Wort mit seinen Nachbarn aus der Hausgemeinschaft wechseln und erfuhr ganz beiläufig, dass in der HO-Kaufhalle die ersten Leckereien zum Fest eingetroffen sein sollten. Also nichts wie hin und selber nachgesehen. Es waren dann doch nur die üblichen Weihnachtsschokoladenhohlkörper, die statt nach Kakao immer nach Mehl schmeckten, und dazu jener zuckersüße Fondant-Baumbehang, den der staatliche Zahnarzt seinen Lieben schenkte, damit er über die Feiertage das Plombieren nicht verlernte. Immerhin: Uns war bei dieser Gelegenheit der Baum eingefallen. Den mussten wir ja auch noch besorgen.

Auf dem Verkaufsgelände herrschte schon Hochbetrieb. Vor den Augen eines gelangweilten Kassierers schichteten mehrere Dutzend Familien irgendwelche grünen Gebilde um, die eher an plattgedrückte Grabdecken als an richtige Nadelbäume erinnerten. Der laufende Meter kostete um die zwei Mark, so dass man sich oft gleich zwei Stück davon leistete. Zu Hause angekommen, wurden die Äste eines Exemplars sorgfältig abgesägt und mit Hilfe des Klebstoffs "Duosan Rapid" ringsum in den Stamm des zweiten implantiert. Fertig! Professor Brinkmann wäre angesichts dieser chirurgischen Fingerfertigkeiten vor Neid erblasst, aber er ahnte im fernen Schwarzwald wahrscheinlich gar nichts von unseren kniffligen Operationen.

War ja auch egal, Hauptsache Tante Trudchen aus Bochum dachte an uns, am besten in Form eines Westpakets. Knallmeier-Kaffee und Pilmolav-Seife, die wirklich schäumte, würde uns dann beglücken. Hoffentlich auch ein bisschen Blei-Lametta, andernfalls war Bügeln angesagt: Die alten Ost-Stanniol-Streifen vom Vorjahr mussten mit dem Eisen wieder sorgfältig geglättet werden, damit sie wenigstens zur Bescherung einigermaßen glatt an den Zweigen hingen. Lange hielt das ohnehin nicht vor, denn sobald jemand den Strassfurt-Fernseher einschaltete oder mit einem elektrisch aufgeladenen Wolpryla-Pullover vorbeiging, klappte der Baum so schlagartig das Lametta hoch wie sonst höchstens noch Knecht Ruprecht die Rute.

Apropos Fernseher: das Feiertagsprogramm/West hatten wir ja schon in einer eigens von der ARD zu diesem Zwecke eingerichteten Diktierstunde persönlich zu Papier gebracht. Aber was sie im Osten ausstrahlen würden, blieb unklar. Die einzige Fernsehzeitung "FF Dabei" war reine Bückware, das heißt, man bekam sie nie auf dem Ladentisch zu sehen, von exotischen Zuständen wie einem Abonnement ganz zu schweigen. Am ersten Feiertag würde wahrscheinlich wie immer die Sendung "Zwischen Frühstück und Gänsebraten" kommen. Deren Moderator litt leider an einer gleichermaßen verbreiteten wie unheilbaren Berufskrankheit – der zwanghaften Vorstellung, komisch zu sein. Auf diesem Gebiet hatte er jedoch mit starker Konkurrenz zu kämpfen, wenngleich aus unerwarteter Richtung: Die alljährliche Neujahrsansprache der Gattin des Parteichefs war nämlich ernst gemeint, aber trotzdem an Komik kaum zu überbieten.

Doch bis zu diesem Höhepunkt der sozialistischen Unterhaltungskunst mussten noch ein paar Hürden genommen werden. Zunächst galt es, die Gaben für den gleichnamigen Tisch zu besorgen. Mutti wünschte sich Pumps aus der Gestattungsproduktion (Nur wo Solomonder draufsteht, sind auch Banner-Schuhe drin). Die kosteten zwar ein Heidengeld, aber wir hatten ja unsere Jahresendprämie in der Tasche. Dort gehörte sie auch hin, denn der Betrag ähnelte weniger einem 13. Monatsgehalt als einem zweiten Taschengeld.
Immerhin – für Oma gab es sogar noch eine Schachtel Rotstern-Pralinen, bekannt und beliebt für ihre leichte Gipsnote im Geschmack. Zum Schluss für den Sohnemann noch einen Plüschbären der Sorte Mischka erworben – wegen der Freundschaft zur "Großen Ruhmreichen Sowjetunion" – und das war’s dann.
Nein halt, noch nicht ganz. Ein paar Tage vor dem Fest rief uns ja noch das Arbeitskollektiv zum geselligen Beisammensein; dort stand nämlich die Brigadefeier auf dem Programm. Bei dieser kollektiven Maßnahme mussten unbedingt die letzten Reste des gewerkschaftlichen K- und S-Fonds verbraten werden, denn auf diesem Gebiet war die deutsche Einheit schon lange vor 1990 vollendet: Wer zum Jahresende noch zweckgebundene Mittel übrig hatte, bekam sie auch im Osten zum nächsten Jahr garantiert gekürzt. Der Zweck K und S bedeutete eigentlich "Kultur- und Sozial-Fond", doch er erfuhr auf der Feier stets die praktische Übersetzung in "Korn und Salzstangen".

Solchermaßen beschwingt wieder zu Hause angekommen, konnten wir schließlich darangehen, die Weihnachtsutensilien aus den Schränken zu holen: jenen Schwibbogen zum Beispiel, den wir in wochenlanger Heimarbeit selbst gesägt hatten, weil die erzgebirgischen Originale immer in den NSW-Export gingen. Das hieß „Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet“ und belegte sehr schön den berühmten ostdeutschen Aküfi (Abkürzungsfimmel).
Eine andere Schachtel, die wir hervorzogen, trug dagegen eine ganz und gar nicht abgekürzte Bezeichnung, nämlich Jahresendflügelfigur. Drinnen steckte jedoch ein Christkind oder Weihnachtsengel, aber nie im Leben ein Jahresdings... - na, Sie wissen schon.

Als dann endlich alles beieinander war, konnten wir uns zufrieden, wenn auch etwas ermattet, in den Sessel fallen lassen. Als Jäger und Sammler waren wir auch diesmal wieder unschlagbar gewesen. Und was konnte es Schöneres zum Lohn geben, als den Gesang unserer glücklichen Familie, die nun das Lied anstimmte:

"Oh du ölige, o du mehlige, bratenbringende Jahresabschlussbilanzzeit."

http://www.schmunzelmal.de/Weihnachten/ ... achten.htm
Interessierter
 

Re: Weihnachten in der DDR und BRD

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Dezember 2015, 12:28

Von AXEL FROHN
7. Juli 2009 09:40

Bereich: Archiv
Isse krank, im Knast oder schon im Westen? Den TV-Zuschauern verschlug es am Ersten Weihnachtsfeiertag 1985 die Sprache. Wo war die kecke Partnerin des bräsigen Heinz Quermann geblieben, mit dem sie seit 1957 die Weihnachtssendung „Zwischen Frühstück und Gänsebraten“ moderierte? Den wahren Grund ahnte niemand – Margot Ebert hatte sich mit Quermann, der die Texte dieser Sendung schrieb und die besten Pointen sich immer selbst zuschusterte, mal wieder wie so oft gezankt und einfach abgesagt – ihn in den Kulissen stehengelassen.Ein einmaliger Vorgang in den 34 Jahren, in denen die beliebte Gefühlsdusel-Sendung zwischen und 11 und 13 Uhr ausgestrahlt wurde und die stets mit der Ebertschen Aufforderung an die zuguckenden Hausfrauen endete: „Und jetzt die Kartoffeln aufsetzen!“ Und das befolgten brav nicht nur die kittelbeschürzten Ost-Muttis, sondern viele Hausfrauen westlich der Elbe.Wer von uns Spätergeborenen die zierliche Frau mit ihrer Dackelhündin in den letzten Jahren durch Friedrichshagen spazieren sah, wäre kaum drauf gekommen, dass sie vier Jahrzehnte zu den beliebtesten Show-Größen im DDR-Showbiz zählte, wie bieder das auch ausgesehen hatte.Die in Magdeburg als zweite Tochter eines Melasse-Fabrikanten geborene, in Hamburg aufgewachsene Margot konnte tanzen, schauspielern (u. a. in der TV-Serie „Maxe Baumann“), sogar singen (Eliza in „My Fair Lady“). Und später begann sie, auch Bücher zu schreiben.Sie startete ihre Karriere als Tänzerin in Erfurt, ehe sie als Ansagerin fürs Fernsehen entdeckt wurde. Schnell sagte sie nicht nur Sendungen an, bald war sie selbst Mittelpunkt davon. Sie zählte Jahrzehnte zum festen Schauspiel-Ensemble des DFF. Und sie spielte auf der Theaterbühne mit ihrem innig geliebten Ehemann Wilfried Ortmann, mit dem sie 46 Jahre zusammen war.Als die Ebert die 50 erreicht hatte, blieben plötzlich die Angebote aus. Einer der Gründe: sie sei eine a-typische DDR-Erscheinung. Ein anderer: Mit ihrer frechen Schnauze ließ sie sich von niemandem herumkommandieren. Dafür wurde sie mal vor die Konfliktkommission des DFF zitiert. Sie hatte den Drehort verlassen, nachdem man sie stundenlang für einen Miniauftritt warten ließ.Die quirlige Ebert wollte überhaupt nie untätig herumsitzen, begann zu malen, und das mit Erfolg. Der große Niemeyer-Holstein, den sie auf Usedom oft besuchte, erkannte ihr Talent und unterstützte sie. Ihre erste Ausstellung fand gleich bei ihr um die Ecke in der Friedrichshagener Bilderkneipe statt. Nach zehn Jahren Sendepause ging’s mit Margot Ebert, inzwischen sechzigjährig, wieder aufwärts. Sogar den „Kessel Buntes“ durfte sie Ende der Achtziger moderieren und mit ihrem Mann Theater spielen. Aber ihre große Zeit hatte sie wohl schon hinter sich.So, wie die Malerei und das Rosenzüchten ihr halfen, die berufliche Krise zu überwinden, waren ihre Hobbys ihr seelischer Halt, als ihr Winnie starb. Nach 46 Jahren inniger Liebe verlor sie den wichtigsten Ruhepunkt in ihrem turbulenten Leben.Immer mehr zog sich Margot Ebert aus dem öffentlichen Leben zurück. Als 2003 ihr langjähriger Partner und Widerpart Heinz Quermann starb, ließ sie sich nur kurz auf der Begräbnisfeier sehen. Drei Jahre später wollte sie niemals mehr vor die Kamera treten. Ein Abschied auf Raten.Als ihre Hündin Otti in diesem Jahr starb, hatte sie den besten Freund verloren, der ihr geblieben war. Vielleicht war es die grausame Einsamkeit, aus der sie im Alter nur einen Ausweg zu finden glaubte – mit einer Überdosis Schlaftabletten. Auf dem Friedrichshagener Friedhof wird sie nun für immer ihre Ruhe finden.
Volker Zottmann
 

Re: Weihnachten in der DDR und BRD

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Dezember 2015, 12:32

N
Zwischen Jux und Macht
Von Torsten Harmsen

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In den letzten Jahren konnte man Heinz Quermann manchmal im verschlafenen Karolinenhof am Rande Berlins auf der Straße sehen: ein alter Mann, dem keiner mehr den quicklebendigen Medienstar von einst ansah. Nach dem Tode seiner Frau 1994 war es still um ihn geworden. Zuletzt litt er an Alzheimer. Seine Tochter, die ihn pflegte, bestätigt, dass er am Dienstagnachmittag "friedlich in seinem Lieblingssessel in seinem Haus" gestorben ist, nachdem er in der vergangenen Woche einen Schlaganfall erlitten hatte. Er wurde 82 Jahre alt. Während man im Westen Begriffe wie "der Peter Frankenfeld des Ostens" nutzen muss, um ihn zu beschreiben, kennt wohl jeder, der in der DDR groß geworden ist, den Namen Quermann. Er war einer der einflussreichsten Männer der DDR-Unterhaltungsszene. Er wirkte als Entertainer, Moderator und galt als der Talentevater der DDR. Etwa 1 200 Künstlern soll er mit seiner Sendung "Herzklopfen kostenlos" von 1958 bis 1973 zum Start einer Karriere verholfen haben, darunter Dagmar Frederic, Frank Schöbel, Chris Doerk sowie Helga Hahnemann, die ihm ihre eigene Show verdankte. Manchmal irrte er sich auch. Als er 1963 in Prag den jungen Karel Gott traf, prophezeite er ihm: "Du kannst ja richtig singen. Aus dir wird nie ein Schlagersänger." Quermann ließ sich gerne und oft als Talentevater feiern. Sein Aufstieg hatte mit der kulturpolitischen Entwicklung der frühen DDR zu tun. In den 50er-Jahren sollte auch in der Unterhaltung das gelten, was der "Bitterfelder Weg" für die Literatur vorzeichnete: Man wollte massenweise werktätige Talente entdecken. Quermann hatte dazu ein Referat auf der Bitterfelder Konferenz 1959 gehalten. Walter Ulbricht selbst soll ihn dazu verdonnert haben. Von nun an galt Quermann als oberster Talentesucher. Und nicht nur das. Kaum etwas Entscheidendes in der Entwicklung der DDR-Unterhaltungskunst geschah ohne ihn. Er besaß eine Schlüsselstellung im Staatlichen Komitee für Rundfunk und Fernsehen beim Ministerrat der DDR und konnte über das Schicksal von Künstlern entscheiden. "Jongleur zwischen Jux und Macht" hat ihn jemand genannt. Doch vielen einstigen DDR-Bürgern bleibt er einfach in Erinnerung als der Mann, der 36 Jahre lang die "Schlagerrevue" moderierte, der Sendungen wie "Da lacht der Bär" oder "Zwischen Frühstück und Gänsebraten" bestritt und andere auf den Weg brachte wie "Ein Kessel Buntes" oder "Da steckt Musike drin". Viele liebten ihn. "Er hatte ein goldenes Händchen", sagt Lutz Jahoda, für den er die Sendung "Mit Lutz und Liebe" entwickelte. Dabei sollte der Bäckersohn, 1921 in Hannover geboren, einst selbst Bäcker werden. Sein Vorbild aber war Heinz Rühmann. Ein Schauspieler wie er wollte er sein. Seine Eltern erlaubten ihm, neben der Bäckerlehre auch Schauspielunterricht zu nehmen. Bereits 1945 war er in Köthen mit 24 Jahren der jüngste deutsche Theaterintendant. Quermann selbst bezeichnete sich als den "kleinen Mann mit der großen Schnauze", und für die DDR-Unterhaltungskunst war diese Mischung aus Großspurigkeit und Linientreue im Großen und Ganzen wohl ein Glück. Quermann war nicht Mitglied der SED, sondern 1946 in Halle mit Hans-Dietrich Genscher in die LDPD eingetreten. Mit seiner Art, mancherlei Tricks und gewiss auch Zuwendungen konnte sich Quermann vieles erlauben. "Die Leute besoffen quatschen", nannte er eine seiner großen Talente. Quermann bemühte sich immer um volksnahe Unterhaltungskunst, die zugleich international erfolgreich sein kann. Nach der Wende kam auch für ihn der große Knick. Zwar veröffentlichte er 1992 seine Memoiren "Ihr Heinz, der Quermann", er kam ins Berliner Wachsfigurenkabinett und wurde 2000 mit der "Goldenen Henne" für sein Lebenswerk geehrt, aber eine eigene Fernsehsendung im vereinten Deutschland war ihm nicht mehr vergönnt. Quermann sah sich als "kleinen Mann mit der großen Schnauze". Alles in allem war er ein Glück für die DDR-Unterhaltungskunst. ZB/FRANKE KLAUS Heinz Quermann mit Margot Ebert in der letzten Ausgabe der Fernsehshow "Zwischen Frühstück und Gänsebraten" Weihnachten 1991. Die Sendung lief 35 Jahre lang im DDR-Fernsehen.

Heinz Quermann, der große Mann der DDR-Unterhaltung, ist gestorben: Zwischen Jux und Macht | Archiv - Berliner Zeitung - Lesen Sie mehr auf:
http://www.berliner-zeitung.de/archiv/h ... 1471439792
Volker Zottmann
 

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