So stand im SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ am 25. Dezember 1964:
„In den Werbesendungen der westdeutschen Fernsehanstalten und Rundfunksender der großen Kaufhäuser wird auch in diesem Jahr die alte Mär von der frohen Weihnacht für eine gigantische Werbekampagne genutzt. Weihnachtsmänner, die selbstmassierende Unterhosen anbieten, puppenschöne Gabrielengel, die schwedisches Büchsenfleisch zart und fein wie aus dem Himmel reichen, oder Hirten, die für Kukident-Gebißhaftpulver Werbung machen, beherrschen das Bild. Glanz. Lichter, Tannengrün und Musik: Weihnachten überall. Hinter der glänzenden Fassade grinst allzu offen das Gesicht des neuen deutschen Business, die Gier der großen und kleinen Geschäftsleute nach Profit. Um in den Besitz des Geldes der alten und der jungen Käufer zu kommen, erzählen sie Weihnachtsgeschichten und legen in die Krippe, in der das Christkind arm und nackend zur Welt kam das echte Kölnisch-Wasser aus der Glockengasse 4711 oder sie bestäuben die Weihnachtskrone mit Ajax, weißer Wirbelwind, dem Waschpulver mit Format. Vor dem Weihnachtsfest arbeiteten die westdeutschen Werbefachleute regelrechte Schlachtpläne aus. Sie bedienten sich dabei vielfältiger neuer psychologischer Kampfmethoden…Die Maßstäbe für das menschliche Verhalten, von vielen Pädagogen und Geistesschaffenden jahrzehntelang mühsam aufgebaut, werden durch die bedenkliche Werbung in der Bundesrepublik unterhöhlt. So bringt man die gute Eigenschaft der Bescheidenheit durch die Appellation an Renommiersucht systematisch zu Fall. Der noch verbliebene natürlich Gemeinschaftsgeist wird durch eine Individualismus-Welle der Werbung aufgelöst. Sogar vor Weihnachten, dem Fest der Liebe und Besinnlichkeit, dem Fest des Friedens und der Menschlichkeit machen die Manipulatoren nicht halt.“
Mit dem Hinweis auf den schnöden westlichen Mammon ließ sich die Mangelwirtschaft des SED-Regimes als selbst gewählte Enthaltsamkeit gut verkaufen. Der Redakteur des „Neuen Deutschlands“ konnte sich wenigstens noch durchringen, vom puppenschönen Gabrielengel zu sprechen. In den 70er Jahren ließen die Zensoren der „Schönen Neuen Welt“ auch das nicht mehr zu. Für Engel galt fortan die Wortschöpfung „Jahresendfigur mit Flügeln“. Die traditionellen Schwibbögen aus dem Erzgebirge mutierten zu „Triumphbögen“. Sie sollten besser den Sieg der Arbeiterklasse symbolisieren. Die Weihnachtspyramiden wandelten sich zu „Kerzendrehtürme“. „Neusprech“ a la SED. Während der DDR-Aufbaujahre dachte Walter Ulbricht sogar daran, das Weihnachtsfest ganz aus dem Kalender zu streichen. Die himmlischen Heerscharen, Sankt Nikolaus, das Christkind und der Weihnachtsmann wollte er arbeitslos machen. Statt dessen favorisierte Ulbricht Väterchen Frost. Es stand nicht unter Verdacht, für den Klassenfeind zu arbeiten. Die Bescherung sollte nicht mehr Heiligen Abend, sondern am ideologisch genehmeren Neujahrsmorgen stattfinden. Die Kraft des Heilands war aber stärker als die Agitprop des SED-Chefs. Er konnte sich mit seinen Plänen nicht durchsetzen. Um so mehr mußte das Weihnachtsfest für Treueschwüre auf den Arbeiter- und Bauernstaat herhalten. Am Heiligen Abend durfte sich die bewaffneten Truppen der DDR keine Blöße geben. Gerade an diesem Tag lag alljährlich die Gefahr eines Überraschungsangriffs des heimtückischen Westens in der Luft. Heldenhaft wurde noch am 24.12.87 im „Neuen Deutschland“ an den Kampfauftrag der Nationalen Volksarmee (NVA) erinnert: „Für den zuverlässigen Schutz der Staatsgrenze der DDR dankte am Mittwoch der Kandidat des Politbüros des ZK der SED der Bezirksleitung Erfurt, Gerhard Müller. Beim Besuch einer Einheit der Grenztruppen der DDR in Eichsfeld führte er herzliche Gespräche mit Soldaten, Unteroffizieren, Fähnrichen und Offizieren und informierte sich über ihre Dienst- und Lebensbedingungen. Auf einem Forum beantwortete er Fragen zur Innen- und Außenpolitik der DDR. Dabei würdigte er den verantwortungsvollen Dienst der Grenzsoldaten. Major Knot Schmidke versicherte, dass die Angehörigen der Einheit auch in Zukunft ihren Klassenauftrag erfüllen werden.“ Und Soldat Herbert Weiß meldet die Frohe Botschaft: „Zum Weihnachtsfest möchte im dem ND einen herzlichen Gruß senden. Ich bin Schweriner und leiste an der Berliner Staatsgrenze meinen Ehrendienst bei der NVA. Die Wacht an dieser Trennlinie zweier Welten sehe ich als eine besondere Ehre an. Hier, wo ich stehe, beginnt die Macht des Volkes, der Arbeiter und Bauern und aller friedlich Schaffenden. Hier endet die Macht der Vergangenheit, jener Kräfte, die auch heute noch vom Schweiß und Blut des Volkes leben wollen. Jeder Tag, an dem wir durch unseren Einsatz die Ruhe an dieser Grenze gewährleisten, ist für uns ein Sieg. Mit jedem Tag wird unser sozialistischer Staat stärker, verringern sich die Möglichkeiten der Bonner Revanchisten. In den Weihnachtstagen werden wir Grenzsoldaten unseren Dienst zum Schutze der Heimat mit ganz besonderer Aufmerksamkeit versehen, damit die Menschen bei uns daheim das Weihnachtsfest in Frieden und Frohsinn verleben können.“
Interessierter hat geschrieben:
Für Engel galt fortan die Wortschöpfung „Jahresendfigur mit Flügeln“. Die traditionellen Schwibbögen aus dem Erzgebirge mutierten zu „Triumphbögen“. Sie sollten besser den Sieg der Arbeiterklasse symbolisieren. Die Weihnachtspyramiden wandelten sich zu „Kerzendrehtürme“. „Neusprech“ a la SED.
Thoth hat geschrieben: Selbst Bodo Mrozek, Spiegelautor, der dahingehend recherchierte stellte fest das es „Ein Beweis für die reale Existenz der sozialistischen Phantomworte ist noch immer nicht erbracht“ ist.Wer sagt denn sowas
Thoth
Interessierter hat geschrieben:Lametta war Mangelware. Also machte man sich daran, die Lamettavorräte aus dem Vorjahr liebevoll zu entwirren und an den neuen Baum zu hängen. War das geschafft, war Weihnachten!
Und am ersten Weihnachtsfeiertag gab es Gans mit Rotkohl und Thüringer Klößen (wenn man sie zubereiten konnte). Dazu passend die Kultsendung im DDR-Fernsehen mit Heinz Quermann und Margot Ebert zwischen Frühstück und Gänsebraten.
Affi976 hat geschrieben:Zitat AZ:...Affi, ich sag dir, das Lametta war älter als ich.
Iss ja ooch keen Kunststück
Na bis jetzt ham wa`s jut übalebt, wa?
VG Affi
Edelknabe hat geschrieben:Dille "einem geschenkten Gaul kuckt man nicht ins Maul", so war doch der schöne Spruch? Also meine herzensgute Tante Hilde wollte ich hier bestimmt nicht madig machen, denn diese drehte den Groschen so wie wir heute dreimal herum,gerade weil ihr ehemals Göttergatte von Bergmann sie mit den Kindernlein einfach sitzen ließ , um sich wohl später dem Suff zu ergeben ohne dazu noch einen Pfennig Alimente zu zahlen.
Der Suff der ihn dann zwei Meterchen unter die Radischen brachte und Tante Hilde endlich seine Knappschaftsrente.Denn zwischendrin war Tante Hilde ein Sozialfall wie wohl viele Frauen im schönen Westdeutschland wo der Mann meinte..."du bleibst mir schön Zuhause Frau bei die Kinderlein am Herd und wenn ich Abends komme dann steht das Essen auf dem Tisch, das Bier ist geöffnet und die Kinder liegen bereits im Bett....sonst...."
Somit war also korrekterweise billig gleich mit preiswert auf eine Stufe zu setzen und nicht das du mir nun auch noch ans Zeug flicken möchtest. So langsam komm ich mir hier wirklich wie ein Sandsack vor, weil in letzter Zeit hier so mancher seine pikierten Pingeleien raushängen lässt, wenn der Rainer nur irgendeinen Text zu Papier bringt.
Rainer-Maria und nichts für ungut, denn du kommst wenigstens mal zu nem Treffen.
Edelknabe hat geschrieben:Siehe Volker mit:
"Unsere Löhne blieben hier bis zur Wende erheblich geringer als bspw. in Leipzig. Dennoch sammelte sich das Geld vergleichsweise schnell, weil es kaum vernünftige Ware gab."
Textauszug ende
Das musst du erklären Volker, das mit die Lohnunterschiede? weil, ich glaube da nämlich nicht daran. Das es einen "Berlinzuschlag" gegeben haben sollte habe ich irgendwann über drei Ecken gehört. Aber Unterschiede vom Harz zu Leipzig?
Rainer-Maria
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