Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Interessierter » 17. August 2016, 09:33

Wenn ich beispielsweise einen Arbeitsplatz als Schlosser in Berlin hatte, wollte mich aber gerne verändern und aus gesundheitlichen Gründen besser und lieber an der Ostsee arbeiten, gab es da in der DDR einen Ort oder ein Amt, wo ich Stellengesuche aufgeben oder Stellenangebote einsehen konnte ?
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon karnak » 17. August 2016, 10:26

In jedem Fall konntest Du Dich an jedem Ort in den Betrieben erkundigen,die hatten auch Schilder vor der Tür auf dem stand was sie an Personal suchen. Du konntest Dich auf einen solchen bewerben und bei Einstellung den alten Job kündigen und an die Ostsee ziehen.Niemand hat Dich daran gehindert.Auch in der DDR waren die Arbeiter freiwillig und mit einem Arbeitsvertrag auf ihren Arbeitsplatz und keine Zwangsarbeiter. Das größte Problem war dabei immer noch eine Wohnung zu finden um mit der ganzen Familie dort hin zu ziehen.
Mich hat die Stasi für ein paar Jahre an die Güst Stolpe geschickt,Wohnort Oranienburg. Da wir Potsdam gewohnt waren hat uns das Kaff sehr schnell zum Hals heraus gehangen. Also habe ich den Wunsch geäußert wieder zurück nach Drewitz zu können.Kein Problem haben die gesagt,dort brauchen wir immer Leute,NUR Wohnung haben wir keine,ins Ledigenwohnheim kannst Du aber immer.
Also hat sich meine Frau in die Spur begeben,in Potsdam nach Arbeit gesucht mit der maßgeblichen Vorgabe ohne Wohnung geht es nicht.Der Stadtbau Potsdam konnte das bieten,hatte eine AWG-Wohnung für uns,hat meine Frau erst mal als Sekretärin angefangen und nach einem halben Jahr waren wir wieder hier. Und das obwohl die Firma das auf Grund des bestehenden Dienstverhältnisses und den damit verbundenen Verpflichtungen nicht hätte stattgeben müssen. Jemanden in einem Arbeitsverhältnis hätte man allerdings nicht aufhalten können.
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Interessierter » 17. August 2016, 10:43

Wenn ich Dich richtig verstehe, gab es eine Jobvermittlungsstelle, wie damals in der BRD die Arbeitsämter, aber nicht, oder?
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Kumpel » 17. August 2016, 10:51

So etwas gab es in der DDR nicht.
An die Schilder an fast jedem Betrieb mit dem Schriftzug "Wir stellen ein" kann ich mich auch noch gut erinnern. Die wurden schon garnicht mehr abgebaut.
Die fehlende Wohnung war das Hauptproblem bei dem Wechsel der Arbeitsstelle in eine andere Region.
Wenn der neue Betrieb nicht selber Zugriff auf Wohnungen für seine MA hatte und man statt dessen auf die staatliche Wohnraumlenkung angewisen war , war oft Essig mit dem Wechsel der Arbeitsstelle.
Für einen einfachen Schlosser hat sich auch kaum ein Betrieb krumm gelegt und hat für den potentiellen MA eine Wohnung besorgt.
Oft half auch hier viel Vitamin B und Bestechung für die Herrschaften der Wohnraumlenkung oder der KWVs.
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon pentium » 17. August 2016, 10:52

Interessierter hat geschrieben:Wenn ich Dich richtig verstehe, gab es eine Jobvermittlungsstelle, wie damals in der BRD die Arbeitsämter, aber nicht, oder?


Nein, da es in der DDR offiziell keine Arbeitslosigkeit gab, existiert bis 1990 keine der BA vergleichbare Institution zur Arbeitsvermittlung! Wozu auch, es gab offiziell weder Arbeitslose noch Arbeitslosengeld.
Für die Zuweisung von Arbeitskräften waren in der DDR die den Räten des Kreises zugeordneten Ämter für Arbeit zuständig, welche wiederum dem Ministerium für Arbeit und Löhne unterstellt waren?

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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Zicke » 17. August 2016, 10:59

1. Arbeitsmarktverwaltung in der DDR - Entwicklungsphasen

Offiziell gab es in der DDR keine Arbeitslosigkeit. Das Recht auf Arbeit war seit 1949 in der Verfassung verankert. Die Arbeitslosenversicherung hatte, obwohl erst 1977 abgeschafft, keine große Bedeutung für die staatliche Arbeitsmarktpolitik. Statistische Angaben über das Ausmaß staatlicher Unterstützung für Arbeitslose in der DDR liegen nicht vor (Schmuhl 2003). Faktisch nahmen die Betreuung von Ar-beitslosen und die staatliche Steuerung arbeitsmarktpolitischer Leistungen und Programme keinen großen Raum in der Tätigkeit der Arbeitsmarktverwaltung der DDR ein. Ihre Hauptaufgabe lag vielmehr in der "Arbeitskraftlenkung" im Rahmen der staatlichen Wirtschaftspläne. Der betriebliche Bedarf an Arbeitskräften musste entsprechend den zentral festgelegten Planvorgaben befriedigt werden.


http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-e ... tung?p=all
Menschen, die keinen Arsch in der Hose haben, müssen nicht zwangsläufig schlank sein.

Meine Rechtschreibfehler könnt Ihr Samstags ab 17 Uhr bei Rewe gegen eine lecker Senfgurke tauschen.
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Danny_1000 » 17. August 2016, 14:59

Wie sehr wie uns doch schon an Begriffe gewöhnt haben, oder Opfer der Manipulation geworden sind:

Ganz nebenbei: In der DDR gab es keinen Markt, auf welchen Menschen ihre Arbeitskraft als Ware anbieten mussten.

Wenn ich solche Begriffe wie Arbeitsmarkt oder Humankapital höre, schwillt mir der Kamm.

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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Interessierter » 17. August 2016, 15:29

Wenn ich solche Begriffe wie Arbeitsmarkt oder Humankapital höre, schwillt mir der Kamm.


Na da musst Du ja in der DDR mit ihren verlogenen Begriffen, permanent wie ein stolzer Gockel mit geschwollenem Kamm herumgelaufen sein..

Wie sehr Du doch schon Begriffe vergessen hast, oder Opfer der Vergesslichkeit bzw, Erinnerungsunterdrückung geworden bist, um es einmal in ähnlichen Worten auszudrücken, wie Du es formuliert hast.... [wink]
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 17. August 2016, 15:53

Danny_1000 hat geschrieben:Wenn ich solche Begriffe wie Arbeitsmarkt oder Humankapital höre, schwillt mir der Kamm.
Danny


Immer noch so heißblütig? [flash] Danny, offiziell gab es ein Beschäftigungssystem, welches man eigentlich auch als Markt bezeichnen könnte, wenn man z.B. die Machenschaften Schalcks verdeutlichen will.


@Interessierter
Vielleicht bestellen?
http://www.springer.com/de/book/9783322925619

AZ
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„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon dein1945 » 17. August 2016, 16:22

Danny_1000 hat geschrieben:Wie sehr wie uns doch schon an Begriffe gewöhnt haben, oder Opfer der Manipulation geworden sind:

Ganz nebenbei: In der DDR gab es keinen Markt, auf welchen Menschen ihre Arbeitskraft als Ware anbieten mussten.

Wenn ich solche Begriffe wie Arbeitsmarkt oder Humankapital höre, schwillt mir der Kamm.

Danny


Hallo Danny,

den Markt gab es nicht, auch brauchte sich keiner anbieten. Nur wenn er sich nicht anbot, was dann ? Dann wurde er auf den Markt geholt auf den er sicher nicht wollte ! Frag mal alle die vor dem 13.08.61 in Westberlin gearbeitet haben wo man die hinverfrachtet hat. Filmvorführer bei meinen Großeltern im Haus, schon im Herbst 1961 war er zur Umerziehung in der Braunkohle !

Gruß aus Berlin
Man(n) muß wissen wenn Schluß ist !
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 17. August 2016, 18:11

Vollbeschäftigung (besser Anstellung) wurde fast stets flächendeckend erfüllt.
Junge Leute konnten sich nach Zensurenstand bedingt, ihren Arbeitgeber aussuchen. Wer nichts fand oder wer wegen mangelnder Befähigung nicht erfolgreich war, bekam eine Stelle, eine Lehrstelle, verpasst! Man kann auch zwangsverodnet sagen. Oder glaubt hier im Rund jemand, dass all die Lehrlinge freiwillig ins Chemiedreieck zogen?
Es bestand ja Arbeitspflicht. Als Asozialer wäre man schnell abgestempelt worden. Wer sich ganz verweigerte, dem Arbeitsmarkt zu dienen, wurde diesem zwangsweise zugeführt. In hartnäckigen Fällen auch wegen Asozialität eingesperrt.

Als ausgelernter Geselle war es zumindest theoretisch möglich, jederzeit zu kündigen. Wegen zuvor Angeführtem, war aber dann in der Regel schon eine neue Arbeitsstelle auserkoren. So eckte man nicht an. Es war (wieder theoretisch) kein Problem den Ort oder die Bezirksgrenzen zu verlassen, anderswo sesshaft zu werden. Praktisch scheiterte das aber am Wohnraum.
Zuzug in fremde Orte bekam man in der Regel nur, wenn man keinen Wohnraum zusätzlich beanspruchte. Wie es 1973 bei mir war, beschrieb ich in meinem Lebenslauf.
Meinen Betrieb zu verlassen und im neuen Ort (Jahre später) eine neue Stelle anzutreten war jedoch jederzeit möglich.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Spartacus » 19. August 2016, 16:42

Ich hatte das schon mal geschrieben, denn für politische Häftlinge lief das schon ein bisschen anders.

LG

Sparta

Ich sollte nach meiner ersten Haftentlassung an einer Ingenieurhochschule arbeiten, da mein
alter Arbeitgeber sich weigerte, mich wieder einzustellen.

Hier der Bericht der Hochschule an die STASI:

Über das Amt für Arbeit, Kolln. Hoxxxxxxx, wurde o.g. ( also ich) an uns vermittelt, mit der Auflage,
diesen unverzüglich einzustellen.

In einem Gespräch, wurde H. mitgeteilt, dass die Hochschule keine Möglichkeit hat ihm eine Stelle
anzubieten, die seinen Anforderungen entspricht. Von diesem Fakt wurde das Amt für Arbeit informiert
und die Bitte ausgesprochen, den H. an eine andere Stelle zu vermitteln. Mit aller Konsequenz wurde darauf
aufmerksam gemacht, welche Verantwortung wir bei der Erziehung von Studenten haben und das gerade
solche wie der H. an unserer Einrichtung ständig Kontakt mit Studenten haben und ihre ideologische Haltung
auch diesen gegenüber zum Ausdruck bringen können.

Erst nach längerem Disput erreichten wir eine Rücknahme der Beauflagung durch das Amt für Arbeit,
allerdings mit der Bemerkung des Kolln. Hoxxxxxxx in unsere Richtung: " dann behalten wir in Zukunft
halt die Politischen und ihr bekommt dann die Asozialen"!


Ich bin stolz darauf, kein Smartdingsbums zu besitzen.
Nicht Deutschland schafft sich ab, sondern Deutschland schaltet sich ab.
Habeck und Baerbock in die Produktion. Die Grünen sind eine fortschrittsfeindliche Sekte.



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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Edelknabe » 19. August 2016, 18:53

Das war doch schon mal was Volker aus dem realen sozialistischen Arbeitsleben(nicht Markt), siehe dein:

"Meinen Betrieb zu verlassen und im neuen Ort (Jahre später) eine neue Stelle anzutreten war jedoch jederzeit möglich."
Textauszug ende

Sollte heißen wollte der neue Betrieb dich und der wollte, Hundertpro dann legte sich neuer VEB auch ins Zeug, das du eben ne neue Wohnung in Kürze bekamst. Denn wie viele Betriebe egal aus welcher Sparte entstanden reineweg auf der grünen Wiese und die dafür Neubaugebiete dazu.

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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 19. August 2016, 18:55

Edelknabe hat geschrieben:Denn wie viele Betriebe egal aus welcher Sparte entstanden reineweg auf der grünen Wiese und die dafür Neubaugebiete dazu.
Rainer-Maria


Da hätte ich gern ein paar Beispiele.
AZ
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon Edelknabe » 19. August 2016, 19:24

Bin ich hier der Linkspezi Jörg? Der bin ich natürlich nicht, was eben die Kombinatszentren der alten DDR betrifft. Da kann gerne mal ein Anderer aushelfen und Danke im voraus. . ÄH was warst du damals gleich...vor Ausreise aus der DDR. Noch Lehrling, oder sogar schon Facharbeiter?

Rainer-Maria der in seinem Beruf damals X Veränderungs-Möglichkeiten hatte. Nur, der Beruf war grob eingestuft ein Montagejob. Und ich wollte nicht nur Montage und ständig unterwegs, deswegen suchte und fand ich dann die richtige VEB-Bude. Die, die eben dann alles Beides bot, so jeden Abend Zuhause und auch mal paar Wochen in die Bezirke unterwegs.

Und auch dieser VEB erschöpfte sich...so das ich später ins Private Handwerk wechselte. Was für ....freie Entscheidungen des Einzelnen, Wahnsinn was, in dieser DDR?
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Re: Arbeitsmarkt - Stellengesuche in der DDR

Beitragvon pentium » 19. August 2016, 19:55

Edelknabe hat geschrieben:Bin ich hier der Linkspezi Jörg? Der bin ich natürlich nicht, was eben die Kombinatszentren der alten DDR betrifft. Da kann gerne mal ein Anderer aushelfen und Danke im voraus. .


Das ist doch nicht so schwer, dass mit der grünen Wiese. Eisenhüttenstadt, Schwarze Pumpe...


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