Reisekader in der DDR

Reisekader in der DDR

Beitragvon Edelknabe » 17. März 2019, 18:56

Mich interessiert das einmal. Weil, vor 1989 hat mich soetwas überhaupt nicht berührt, das ging im damaligen Arbeit/Familie/Freizeitalltag vollkommen unter.Heute, so lese ich nur als Bsp. eine Biografie eines Schauspieler, Künstler, Schriftsteller etc. dann lese ich da nur als wieder Bsp. über die Ursula Karusseit, da saß doch das Mädel schon als 27-Jährige 1966 im Bistro in Paris?

Hatte da nun" Jeder" dieser sinngemäß Priviligierten das kleine Glück zum reisen ins Nichtsozialistische Ausland, so wenn ihm einmal danach war? Der Maler zum Motive sammeln nach Tunesien, der Schauspieler zum Gastspiel Sonstwohin.....?

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 17. März 2019, 19:08

Jedem Auftritt im Westen ging ein langer Genehmigungsweg voraus. Zu groß war die Angst davor, dass sich ein prominenter DDR-Künstler negativ über die DDR äußerte oder - schlimmer noch - ganz im Westen blieb. Es war schwer nachvollziehbar, wer wann wie oft wohin reisen durfte. Ein Ministerratsbeschluss vom 1. April 1982 legte fest, welche Materialien auf welchem Dienstweg eingereicht werden mussten.

Kurt Hager, im Politbüro zuständig für Kultur, musste alle Reiseanträge im Kulturbereich grundsätzlich genehmigen. Er entschied mit "Einverstanden", "Sehe keine Notwendigkeit", "Eher nicht" oder "Kann zugestimmt werden" in kurzen Worten über die Anträge der Ostkünstler, die im Westen auftreten wollten.

Die Sicherheitsüberprüfungen für "Reisekader" dauerten meist rund drei Monate. Das Ministerium für Staatssicherheit forschte nach politischer Zuverlässigkeit im Arbeitskollektiv, im Wohngebiet und nach "intakten Familienverhältnissen". Erst nach Abschluss aller Nachfragen und Hinterlegung der Ermittlungsergebnisse durch das MfS beim Büro Hager konnte die Reise beginnen.

Die Interpreten der leichten Muse hatten es zunächst schwerer, in den Westen zu fahren, kritisierten doch die Chefideologen gern die Dekadenz westlicher Unterhaltungskultur. So durften die ersten DDR-Unterhaltungskünstler zunächst nur auf Pressefesten und Veranstaltungen westlicher "Bruderparteien" auftreten. Aber irgendwann platzte der Knoten. Die Puhdys traten 1977 im Westberliner Quartier Latin und später sogar in westlichen Fernsehsendungen auf, Dagmar Frederic 1979 in der "Aktuellen Schaubude" des NDR, ab 1978 war auch die Rockgruppe Karat öfter zu Gast im Westen. 1974 hatte Frank Schöbel sogar als Vertreter der DDR bei der Eröffnung der Fußball-WM in Frankfurt/Main gesungen.

1967 wurde Schreier von der New Yorker Metropolitan Opera eingeladen, den Tamino aus der "Zauberflöte" zu singen. Nie zuvor war es einem DDR-Künstler gelungen, in der "Met" zu gastieren. Doch die DDR-Kulturbürokratie witterte eine Chance: Sie forderte von den Gastgebern, auf Werbeplakaten und Programmheften hinter Schreiers Namen das Kürzel "DDR" zu setzen. "Am liebsten", sagt Schreier heute, "hätten sie es gesehen, wenn auf dem ‚Tamino’-Kostüm wie auf einem Sportler- Trainingsanzug groß die drei Buchstaben gestanden hätten." Doch der Generaldirektor der "Met" lehnte ab, Schreier konnte auch ohne DDR-Schriftzüge auftreten.


Honecker wolle nach dem Nato Doppelbeschluss die Reisen stoppen, kam aber nicht weit..... [angst]

Im Juni 1989 wurde Politbüromitglied Kurt Hager von DDR-Außenminister Oskar Fischer um Zustimmung für ein wichtiges Anliegen gebeten: Den DDR-Künstlern Peter Schreier und Theo Adam sollte im Westen das Bundesverdienstkreuz verliehen werden. Kurt Hager sah darin eine westdeutsche Einmischung und schrieb: "Rücksprachen mit den Künstlern haben ergeben, dass sie keinen Wert auf diese Auszeichnung legen." Sie sollten dafür zum 40. Geburtstag der DDR mit dem "Stern der Völkerfreundschaft" in Gold ausgezeichnet werden.


https://www.mdr.de/damals/archiv/artikel92252.html

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon pentium » 17. März 2019, 19:24

Edelknabe hat geschrieben:Mich interessiert das einmal. Weil, vor 1989 hat mich soetwas überhaupt nicht berührt, das ging im damaligen Arbeit/Familie/Freizeitalltag vollkommen unter.Heute, so lese ich nur als Bsp. eine Biografie eines Schauspieler, Künstler, Schriftsteller etc. dann lese ich da nur als wieder Bsp. über die Ursula Karusseit, da saß doch das Mädel schon als 27-Jährige 1966 im Bistro in Paris?

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Dr. 213 » 17. März 2019, 20:58

Um das mal kurz einzuwerfen, Reisekader waren auch die in Richtung Ost zu den Freunden.
Oder auch auf kleinerer Ebene die berufsmäßig in der Republik unterwegs waren.

Auf der Werft hatten wir sogar ein eigenes Büro, die konnten DR- Fahrkarten ausstellen.
Ich durfte als Lehrling ja auch mal auf Dienstreise, das war allerdings noch als Felix- Anwärter.
Nach meiner Absage zum Wachregiment erhielt ich solche Bonbons natürlich nicht mehr.

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Grenzwolf62 » 18. März 2019, 06:10

Als die DDR auf den Trichter kam das man mit der Realisierung von Bauprojekten in Westistan Devisen machen kann, waren auch gute Maurer z.B. Reisekader.
Wir wissen doch, alles für den Sieg des Sozialismus und noch mehr für Hartgeld.
Nachträglich Pech halt wenn man beruflich nur in Russenkellern rumkriechen durfte.
Aber nochmal zu den Kunstschaffenden, der DDR-Regisseur Luderer durfte z.B. bei der ARD-Serie Tatort Regien führen ohne dafür vorher abzuhauen, dazu musste er natürlich körperlich am Drehort anwesend sein und der war wohl nicht in Babelsberg.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Beethoven » 18. März 2019, 07:07

Mein Vater, seinerzeit Oberarchivrat, war zweimal im westlichen Ausland.
Einmal in Bonn und einmal in London.

Was dem voraus ging, kann ich allerdings nicht einschätzen.

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 18. März 2019, 07:57

Bonn war Ausland?
[shocked]

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Grenzwolf62 » 18. März 2019, 08:03

Für DDR-Bürger war Bonn schon westliches Ausland.
Die Vereinigung, also die Statusänderung für die paar Leutchen die trotzig oder wegen widriger Umstände auf dem Gebiet der DDR verblieben waren, war glaube ich 1990.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon karnak » 18. März 2019, 08:09

Natürlich war es das , was denn sonst, trotz aller bundesdeutscher Arroganz und Rumspinnerei hat der 2. Weltkrieg zwei deutsche Staaten hervorgebracht, dass einer eine politische Diktatur und der Andere eine Demokratie war, war dabei völlig nebensächlich.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 18. März 2019, 08:33

Für DDR-Bürger war Bonn schon westliches Ausland.


Nee, für viele, die Verwandte hatten, war es definitiv kein Ausland. Ein eigener Staat ja, aber Ausland nicht. Auch DDR Institutionen taten sich schwer....nicht umsonst hingen bei der VP Schilder für die Anmeldung von Besuchern:

Für Ausländer und Bürger der BRD /Westberlin.


AZ

P.S.
Wie kann denn ein deutscher Staat einem ausländischen beitreten? Schon mal drüber nachgedacht? [flash]
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon karnak » 18. März 2019, 08:51

Natürlich könnte auch die Bundesrepublik Polen beitreten, die Entscheidung sollte EIGENTLICH den beiden Völkerschaften obliegen, im Falle BRD DDR war das gegeben, dann bedarf es nur zwischenstaatlicher Vereinbarungen zu dem Thema, auch das wurde realisiert. Und was " das Volk" so alles meint, bei so manchem [angst] , rechtsverbindlich und staatsrechtlich sind so einige kindische und naive Vorstellungen noch lange nicht. Deswegen bin ich auch absolut gegen Volksentscheide und zwar deswegen. [flash]
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 18. März 2019, 09:13

augenzeuge hat geschrieben:Bonn war Ausland?
[shocked]

AZ


Ja du Neunmalkluger!
Noch nie davon gehört das bis zum 2.10.1990 ab 1949 offiziell zwei deutsche Staaten, auch völkerrechtlich anerkannt, existierten?


Wenn nicht dann hat bei dir die ideologische Gehirnwäsche des Weststaates hervorragend gewirkt .......

Und komm mir jetzt nicht mit der Floskel, aber wir fühlten uns doch alle als Deutsche .......
Du kannst sich auch als Deutscher in der südamerikanischen Pampa selbst verwirklichen deswegen gehört das Gebiet noch lange nicht zu Deutschland
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Grenzwolf62 » 18. März 2019, 09:43

Als ich im Trabant in Oberwiesental brav auf die Frage des DDR-Beamten wo ich denn hinfahren möchte antwortete "nach Komotau" dachte ich der springt aus dem Holzhäuschen raus.
Da musste man ganz brav sagen nach Chomutov, obwohl das ja auch mal Deutschland war.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 18. März 2019, 10:37

ja da waren sie teilweise sehr pinglig wenn du den ehemaligen deutschen Ortsnamen genannt hast .....
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Dr. 213 » 18. März 2019, 11:01

Das mag ja so ausgesehen haben wie 2 ganz normale Länder.
Die DDR als angeblich "souveränes und eigenständiges Land" war in Wirklichkeit nur ein Sondergebiet geiselnehmender Stalinisten.

Klingt nach Löwenthal nech ?
Aber wie war es denn in Wirklichkeit ?
Als DDR- Insasse wurde man, so es einen irgendwie in den Westen gespült hatte, sofort wie ein ganz normaler Bundesbürger behandelt.

Ich weiß es noch ganz genau als ich 1985 in Kopenhagen bei der Botschaft aufschlug. Ich bekam dort sofort Hilfe.
So hatte ich innerhalb von 2 Stunden einen Ersatzreisepass so wie jeder Bundesbürger auch, falls er seinen Ausweis verloren hatte.
Und das ganze sogar ohne irgendeinen Nachweis meiner Identität, meinen DDR- Perso hatte sich nämlich die VoPo schon gekrallt.

Das ist jetzt sicher nicht schön für alle, die an die DDR geglaubt haben, ihre Hoffnungen, Überzeugung und Kraft da rein investiert haben.
Viele sind da 1989/ 1990 sehr unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen worden.
Und einige ganz Harte glauben im Heute immer noch an die Staatsimulation DDR, die nur aus einem Versehen heraus abgeschaltet wurde.

Jeder DDR -Reisende konnte damals im Ausland die Hilfe der Deutschen Konsulare in Anspruch nehmen.

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Zuletzt geändert von Dr. 213 am 18. März 2019, 11:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Sperrbrecher » 18. März 2019, 11:08

Grenzwolf62 hat geschrieben:Als ich im Trabant in Oberwiesental brav auf die Frage des DDR-Beamten wo ich denn hinfahren möchte antwortete "nach Komotau" dachte ich der springt aus dem Holzhäuschen raus. Da musste man ganz brav sagen nach Chomutov, obwohl das ja auch mal Deutschland war.

Meinem Bruder wurde von den DDR-Grenzern mal die Ausreise aus der DDR in Richtung Polen verweigert, weil in seinem bundesdeutschen Reisepass der deutsche Name seines Geburtsortes stand, der inzwischen zum polnischen Staatsgebiet gehörte. Die polnischen Behörden sahen darin allerdings kein Problem und nahmen das viel lockerer. Schließlich hatte dieser Ort zum Zeitpunkt seiner Geburt noch keinen polnischen Namen.
In der DDR wussten 90% der Bevölkerung, dass sie verarscht werden.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Sperrbrecher » 18. März 2019, 11:15

- Doppelbeitrag gelöscht -
Zuletzt geändert von Sperrbrecher am 18. März 2019, 11:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Sperrbrecher » 18. März 2019, 11:20

Dr. 213 hat geschrieben:Jeder DDR -Reisende konnte damals im Ausland die Hilfe der Deutschen Konsulate in Anspruch nehmen.

Warum denn auch nicht?
Nach bundesdeutschen Rechtsverständnis gab es, wie auch in der DDR-Verfassung von 1949 *), nur EINE deutsche Staatsangehörigkeit.

*) ARTIKEL 1 aus der DDR-Verfassung von 1949
(1) Deutschland ist eine unteilbare demokratische Republik; sie baut sich auf den deutschen Ländern auf.
(2) Die Republik entscheidet alle Angelegenheiten, die für den Bestand und die Entwicklung des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit wesentlich sind; alle übrigen Angelegenheiten werden von den Ländern selbständig entschieden.
(3) Die Entscheidungen der Republik werden grundsätzlich von den Ländern ausgeführt.
(4) Es gibt nur eine deutsche Staatsangehörigkeit.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon karnak » 18. März 2019, 11:23

Sperrbrecher hat geschrieben:Meinem Bruder wurde von den DDR-Grenzern mal die Ausreise aus der DDR in Richtung Polen verweigert, weil in seinem bundesdeutschen Reisepass der deutsche Name seines Geburtsortes stand, der inzwischen zum polnischen Staatsgebiet gehörte. Die polnischen Behörden sahen darin allerdings kein Problem und nahmen das viel lockerer. Schließlich hatte dieser Ort zum Zeitpunkt seiner Geburt noch keinen polnischen Namen.

[grin] Deswegen stimmt die Geschichte ja auch nicht.Es gab nur einen einzigen Grund einen bundesdeutschen Pass zu beanstanden, wenn er in Westberlin ausgestellt war. Weil nach dem RECHTSVERSTÄNDNIS der DDR Westberlin nicht zur Bundesrepublik gehörte. Deswegen hatte ja auch Westberlin einen grünen Personalausweis mit dem Aufdruck behelfsmäßig und die Bundesrepublik einen Grauen.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Sperrbrecher » 18. März 2019, 11:39

karnak hat geschrieben:Deswegen stimmt die Geschichte ja auch nicht.

Willst Du mich der Lüge bezichtigen? Schließlich war ich selber dabei.

Anscheinend handelte es sich es sich um einen übereifrigen Deiner Kollegen,
der seine Willkür auslebte. Wir sind dann zurück nach West-Berlin zur Passbehörde,
die den Pass mit dem polnischen Namen der Stadt hinter einem Querstrich ergänzte, sodass wir unsere Reise nach Polen letztendlich ohne weitere Beanstandungen doch antreten konnten.

Wahrscheinlich wäre das einem anderen DDR-Grenzbeamten auch
schon beim ersten Versuch gar nicht aufgefallen und nicht beanstandet worden. Da hatten wir wohl nur Pech gehabt und waren an einen 1000%igen DDR-Kontrolleur
geraten, der sich mit den örtlichen Gegebenheiten in Polen und der Ortschaft genauesten auskannte.

Deswegen hatte ja auch Westberlin einen grünen Personalausweis mit dem Aufdruck behelfsmäßig und die Bundesrepublik einen Grauen.

Der Personalausweis war doch hierbei ohne jede Relevanz, zur Einreise nach Polen
war zu dieser Zeit immer der Reisepass und ein Visum erforderlich, beides war vorhanden.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 18. März 2019, 11:58

Das freut mich doch, dass das Lager derer, die Deutschland immer schon als ein Ganzes sahen, doch recht beachtlich ist.
Schon durch die anderen deutschen Verwandten und Reisen im Kindesalter war mir Deutschland nur als eins bekannt.
Selbst die sogenannte Staatsgrenze der DDR, egal wie breit und hoch befestigt, war bis in die 1960 auch im DDR-Sprachgebrauch nur eine Demarkationslinie, die lediglich das kriegsverlorene Deutschland teilte.
Selbst Ulbricht sprach ja in den 1950ern noch davon, dass wir wiedervereinigt werden.

Was kann ich und jeder normaldenkende Deutsche dafür, dass die Stalinisten nun auf einmal ihr Glück in einer "souveränen" DDR sahen? Was kann ich dafür, dass dem manche heute noch nachtrauern?
Das ist und war wohl deren Problem.
Da reihe ich mich doch lieber beim AZ, Sperrbrecher und Dr.213 ein.

Gruß Volker
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 18. März 2019, 12:08

Meine Schwiegermutter verpasste einen Zug nach Warschau, weil ein roter Bahner/Zöllner oder verkleideter Stasi sie solange belöffelte, bis der Zug direkt neben ihr abfuhr. Hat dann 5 Stunden warten müssen.
Sie als verschleppte ehemalige polnische Zwangsarbeiterin, nun "deutsch", weil verheiratet, hat, um eben nicht anzuecken, nach dem Zug Richtung Posen gefragt. Die folgende Belehrung war lange und sie erfuhr von Deutschen schlau gemacht, das es Poznan heißt und der abfahrennde Zug der richtige war.
Willkür war die Lieblingsbeschäftigung aller Abfertigungsbrigaden an den Grenzen und Bahnhöfen.
Meine herzensgute Schwiegermutter war uns so dankbar, dass sie bald nur noch mit dem Auto Richtung Deutsch Eylau gefahren wurde. An den Grenzen und Bahnhöfen kam nämlich berechtigt immer wieder ihre Angst, gleich der ihrer Deportation, hoch.

Ich emfinde es als eine Unverfrorenheit, den Sperrbrecher der Lüge zu bezichtigen. Das hat es tausendfach gegeben!

Gruß Volker
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon karnak » 18. März 2019, 13:06

Sperrbrecher hat geschrieben:
karnak hat geschrieben:Deswegen stimmt die Geschichte ja auch nicht.

Willst Du mich der Lüge bezichtigen? Schließlich war ich selber dabei.

Anscheinend handelte es sich es sich um einen übereifrigen Deiner Kollegen,
der seine Willkür auslebte. Wir sind dann zurück nach West-Berlin zur Passbehörde,
die den Pass mit dem polnischen Namen der Stadt hinter einem Querstrich ergänzte, sodass wir unsere Reise nach Polen letztendlich ohne weitere Beanstandungen doch antreten konnten.

Wahrscheinlich wäre das einem anderen DDR-Grenzbeamten auch
schon beim ersten Versuch gar nicht aufgefallen und nicht beanstandet worden. Da hatten wir wohl nur Pech gehabt und waren an einen 1000%igen DDR-Kontrolleur
geraten, der sich mit den örtlichen Gegebenheiten in Polen und der Ortschaft genauesten auskannte.

Deswegen hatte ja auch Westberlin einen grünen Personalausweis mit dem Aufdruck behelfsmäßig und die Bundesrepublik einen Grauen.

Der Personalausweis war doch hierbei ohne jede Relevanz, zur Einreise nach Polen
war zu dieser Zeit immer der Reisepass und ein Visum erforderlich, beides war vorhanden.

Ich sage Dir, dass der Ablauf unmöglich ist. Zum einen konnte man eine Zurückweisung nur über den großen Dienstweg realisieren, man musste dazu die Entscheidung über das zuständige OLZ fällen lassen. Und die wollten neben der kompletten Personalien den Grund wissen warum da jemand zurückgewiesen werden soll, nochmal über das gesamte DDR Gebiet. Es kommt noch hinzu, dass man den Mann bei Transiteinreise ja hat fahren lassen und jetzt diese Entscheidung bei Ausreise revidieren will, unmöglich. Und als Letztes , eine in Westberlin vorgenommene Änderung im Pass hätte bedeutet man hätte die Änderung mit dem Stempel des Senates versehen, damit wäre dann für die DDR der Pass wirklich ungültig geworden.
Für die Passkontrolle und die Anerkennung des Reisedokumentes waren Geburtsorte völlig irrelevant. Es stand fest was anerkannt wird und was nicht, dass musste der Passkontrolleur wissen und er hatte keinerlei Ermessensspielraum zum Positiven oder Negativen, völlig egal wie viel % ig er gewesen sein möge.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Sperrbrecher » 18. März 2019, 13:11

Bei einer Reise nach Brünn/Brno brach sich unser DDR-Reiseleiter fast die Zunge, weil er den Namen der tschechischen Stadt unbedingt tschechisch korrekt aussprechen wollte. Bei der Ankunft dort begrüßte uns dann der tschechische Reiseleiter mit den Worten:
"Herzlich willkommen in BRÜNN!"
Zuletzt geändert von Sperrbrecher am 18. März 2019, 13:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Sperrbrecher » 18. März 2019, 13:15

karnak hat geschrieben:Und als Letztes , eine in Westberlin vorgenommene Änderung im Pass hätte bedeutet man hätte die Änderung mit dem Stempel des Senates versehen, damit wäre dann für die DDR der Pass wirklich ungültig geworden.

Man hat doch keine Änderung im Pass vorgenommen, sondern nur eine Ergänzung.
Hinter den deutschen Namen wurde ein / Querstrich / gesetzt und der polnische Name angefügt.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon karnak » 18. März 2019, 13:19

[flash] Nun kann man aber in einem Reisepass der Eigentum des jeweiligen Staates ist , nicht etwa dem auf den er ausgestellt ist, irgendwas dazu schreiben, dass könnte ja jeder gemacht haben, dass muss mittels eines Amtssiegels beglaubigt sein.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 18. März 2019, 13:34

karnak hat geschrieben:[flash] Nun kann man aber in einem Reisepass der Eigentum des jeweiligen Staates ist , nicht etwa dem auf den er ausgestellt ist, irgendwas dazu schreiben, dass könnte ja jeder gemacht haben, dass muss mittels eines Amtssiegels beglaubigt sein.

Du hast doch gerade geschrieben, was dann passiert wäre.
So werden die Schlaueren das Siegel vergessen haben. Ihr habt zwar schikaniert, seid aber doch gelackmeiert worden. [laugh]
Köstlich!

Gruß Volker
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon karnak » 18. März 2019, 13:44

Keine Behörde der Welt ändert oder ergänzt etwas in einem Personaldokument ohne es abzusiegeln. Tut sie es trotzdem oder vergisst es ist das Dokument für jede andere Behörde der Welt ungültig.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 18. März 2019, 14:13

Oh Kristian, da bist Du so weit im Urlaub und sorgst trotzdem im Harz noch für Erheiterung!

Nach Eurer DDR-Lesart, haben die Bonner Ultras sogar noch Schlimmeres gemacht!
Haben meiner Schwiegermutter einen Westpass ausgestellt. Nun war die gebürtige Polin mit DDR-Pass auch noch Westdeutsche. Und damit hat die sogar ganz Jugoslawien erkunden können. ...Und keiner hats gemerkt.

Was willst Du denn dem Sperrbrecher verklickern?
Die Westberliner hatten sicher gleiche Apparaturen in ihren Ämtern wie der Westen, um in das Passdokument noch einen Bindestrich zu setzen und den polnischen Namen zu ergänzen!
Wozu dann eine neue Stempelei? Nur um Euch neuen Anlass zum Erregen zu geben? [flash]

Mensch, ich hab Vaters Kollegen leider nicht mehr kennengelernt, wohl aber seine Tochter. Der hat sich selbst um 1962 Stempel gefertigt und so gedrückt, dass Eure Leute den als vermeintlichen Wessi haben mit Frau und Kind ausreisen lassen.
Seit wann ging es denn rechtens zu, wenn man Eure Staatsgrenzen oder Demarkationslinien übertreten wollte und Ihr bockbeinig ward?

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Dr. 213 » 18. März 2019, 14:36

Das glaub ich ungeprüft Sperrbrecher, genauso waren'se, die von der verkleideten Konfiszier- und Einzieh- Gang an der "Staatsgrenze".
Die vom Passamt in Westberlin haben bestimmt gefeixt über ihre putzigen Kollegen und ihre weltgewichtigen Befindlichkeiten. [laugh]

Schon dieser ganze Blödsinn mit der Unterscheidung Westberlin und Westdeutschland war sowas von überflüssig und am Ende auch nutzlos.

Herzlichst
Dr. 213
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