Reisekader in der DDR

Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon zoll » 20. März 2019, 13:20

karnak hat geschrieben:Keine Behörde der Welt ändert oder ergänzt etwas in einem Personaldokument ohne es abzusiegeln. Tut sie es trotzdem oder vergisst es ist das Dokument für jede andere Behörde der Welt ungültig.

Da muss ich dem Stiefelhosenträger beipflichten.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Beethoven » 21. März 2019, 07:28

Wie ist es denn eigentlich bei den Seeleuten der DSR gewesen?
Ich weiß dass die ein Seefahrtsbuch hatten. Ist das mir einem Reisepass gleich zu setzen? Denn wenn die Seelords so um die Welt schipperten, muss der Pass oder das Seefahrtsbuch (so es ein Passersatz war) recht schnell voll gewesen sein.

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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon Sperrbrecher » 21. März 2019, 11:19

Beethoven hat geschrieben:Denn wenn die Seelords so um die Welt schipperten, muss der Pass oder das Seefahrtsbuch (so es ein Passersatz war) recht schnell voll gewesen sein.

Das dürfte sicher auch davon abhängig sein, wie viele Seiten so ein Seefahrtsbuch hatte. Auch bei den Pässen gibt es heute noch wahlweise welche mit 32 oder 48 Seiten. Wer viele Visa bei seinen Reisen benötigt, wird sich deshalb den dickeren Pass ausstellen lassen.

Allerdings werden auch nicht in allen Staaten gleich zwei Seiten des Seefahrtsbuches/Passes benötigt haben, wie es bei einer DDR-Reise notwendig war. Zudem ist es überhaupt fraglich
ob es jeder Staat bzw. die jeweilige Hafenbehörde grundsätzlich als erforderlich erachtete, immer und in jeden Fall einen Vermerk in den Seefahrtsbüchern anzubringen? Auch heute werden die Pässe, weder bei Deutschen noch bei Ausländern, nicht überall bei jeden Grenzübertritt gestempelt.

So ist z.B. mein Koch, der zusammen mit mir und anderen im internationalen Reiseverkehr tätig war, jahrelang ohne Pass oder Personalausweis durch (West-)Europa gereist. Nie hat jemand von uns bei Grenzübertritten einen Ausweis verlangt. Im Laufe der Zeit kannte man alle Grenzbediensteten.

Das Nichtvorhandensein seines Ausweises/Passes wurde bei dem Koch erst offensichtlich, als wir auf der Suche nach unsren Speisewagen in der Abstellanlage des Bahnhofes Konstanz (das Gelände liegt z.T. auf schweizer und deutschen Gebiet) herumstolperten und dabei über die Schweizer Grenze liefen. Ein übereifriger Zollbeamter stellte es bei der Kontrolle fest. Dafür musste der Koch dann 5 DM bezahlen und bekam ein provisorisches Dokument, welches für den Grenzübertritt ausreichte.
In der DDR wussten 90% der Bevölkerung, dass sie verarscht werden.
In der Bundesrepublik haben es 90% der Wähler immer noch nicht gemerkt.
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon HPA » 21. März 2019, 11:43

In der luftfahrt gibt es dazu sog. CMC, crew member certificates, welches innerhalb der ICAO Staaten Pass und Visa ersetzt.

Zumindestens in der Theorie. Es gibt einige Mitglieds-Staaten der ICAO welches CMCs als alleiniges Dokument nicht akzeptieren
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Re: Reisekader in der DDR

Beitragvon HPA » 27. Mai 2020, 09:42

Wie das so war, wenn man plötzlich kein "Reisekader" mehr sein durfte hat ein ehemaliger Seemann der DSR hier sehr gut beschrieben

Für immer abgemustert

https://vm10-und-freunde.blogspot.com/2 ... 2iITORj558

Nie werde ich den Zynismus vergessen, mit dem mich dort diese berühmt berüchtigte Frau vom Wegbleiben meiner Mutter in Kenntnis setzte und mit welchem Genuss sie mir dann das Seefahrtsbuch entzog.


Vergessen werde ich auch nicht die Suche nach einer neuen Arbeit in meinem damaligen Heimatort Zwickau. Es gab mehrere Betriebe die mich eingestellt hätten. Als sie jedoch den Grund meiner betrieblichen Veränderung hörten, nahmen sie sehr schnell Abstand von einer Einstellung. Es war, als hätte ich ein „Kain-Zeichen“ auf der Stirn. Selbst das Reichsbahn Ausbesserungswerk Zwickau brauchte nach anfänglichem Interesse plötzlich nur noch einen Koch.
Aber ein anderer Betrieb stellte mich letztendlich doch ein. In einem Zeichenbüro für 530,- M Netto im Monat.
Von heute auf morgen musste ich mich als Seemann, der mit Herz und Seele dabei war, auf ein Landleben unter denkbar ungünstigsten Bedingungen einstellen. Bekannterweise fällt dies allen Seeleuten schwer, selbst wenn sie den Umstieg aufs Landleben lange und gründlich vorbereitet haben.
Trotz all dieser widrigen Umstände hatte ich ein berufliches Fortkommen noch nicht vollständig aus den Augen verloren. Ich wollte mich jetzt in meinem neuen Umfeld beruflich weiterentwickeln. Fortan bemühte ich mich um ein Fachschulstudium auf dem Gebiet des Stahlbaus.
Dabei erfuhr ich sogar die Unterstützung meiner nächsten Vorgesetzten.
Diesmal gab mir das Wehrkreiskommando diese Unterstützung nicht, denn ich sollte jetzt erst einmal meinen Wehrdienst ableisten. Mit 25 Jahren wurde ich zum Wehrdienst einberufen. Für mich war jetzt meine berufliche Laufbahn endgültig den Bach runter.
Nachdem ich dann mein „Vaterland“ beim Schwarzaufwasch in einem Offizierskasino verteidigen durfte, galt es anschließend den Lebenserhalt meiner Familie finanziell zu sichern. Ich arbeitete als Betriebsschlosser wieder in dem Betrieb, wo ich vorher als Zeichner tätig sein konnte. Nun folgte eine Zeit in der ich als „sozialistischer Helfer“ ins RAW Zwickau zwangsdelegiert wurde. Plötzlich war ich dort gefragt, - obwohl kein Koch. Es vergingen weitere fünf Monate, von August bis Dezember 1986, mit niedrigen Hilfsarbeiten in der Containerreparatur.
HPA
 

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