Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Alle Themen die eine Bezug zur Wende und Grenzöffnung haben. Persönliche Erlebnisse, Gedanken aus dieser Zeit, Dokumente und ähnliches.

Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Dieter1945 » 10. November 2011, 19:39

Diese Frage habe ich 10 Jahre später bei einer Livesendung von SAT1 beantwortet.

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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon augenzeuge » 11. November 2011, 19:12

Hallo Dieter,

du bist wirklich ein ehrlicher Kerl. Aber das gerade du erst am Folgetag erfährst, dass die Grenze auf ist, muss dich doch getroffen haben..... [flash]

Sag mal, hast du denn keine Nachrichten gehört? Ich zappte damals schon ab 19 Uhr zwischen den Sendern, um die neueste Entwicklung zu erfahren.
Eigentlich war mir schon ab 19 Uhr alles klar, allerdings wollte ich trotzdem die Bestätigung haben, ich traute den ersten Berichten nicht.

Und nach der Tagesschau zog ich die Jacke an, setzte mich ins Auto und fuhr an die Grenze in Rudow. Ich blieb dort bis ich den ersten Autos aufs Dach klopfen konnte....obwohl die ersten Leute dort zu Fuß kamen.
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Ganzunten » 11. November 2011, 19:20

Ich habe am Abend Fern gesehen. Wir hatten über eine Kabelanlage schon SAT 1 und RTL Empfang als im Film ein Laufband erschien "DDR öffnet Grenze" da fing auch ich an zu zappen was in einen Heulanfall endete. Was war ich doch erleichtert nach den Wochen der vorausgegangenen Ungewißheit der Politischen Lage.
Danke das es so gekommen ist.
Ganzunten
 

Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Dieter1945 » 11. November 2011, 22:12

augenzeuge hat geschrieben:Hallo Dieter,

du bist wirklich ein ehrlicher Kerl. Aber das gerade du erst am Folgetag erfährst, dass die Grenze auf ist, muss dich doch getroffen haben..... [flash]

Sag mal, hast du denn keine Nachrichten gehört? Ich zappte damals schon ab 19 Uhr zwischen den Sendern, um die neueste Entwicklung zu erfahren.
Eigentlich war mir schon ab 19 Uhr alles klar, allerdings wollte ich trotzdem die Bestätigung haben, ich traute den ersten Berichten nicht.

Und nach der Tagesschau zog ich die Jacke an, setzte mich ins Auto und fuhr an die Grenze in Rudow. Ich blieb dort bis ich den ersten Autos aufs Dach klopfen konnte....obwohl die ersten Leute dort zu Fuß kamen.
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Hallo AZ,
am 9. November 1989 wollte ich beim Lesen nicht gestört werden und hatte das Telefon leise gestellt. Ich wollte nicht gestört werden. So habe ich die historischen Stunden "verschlafen". Über eins ärgere ich mich heute. Ich weiß nicht mehr was für ein spanendes Buch ich damals gelesen habe.

Gruß Dieter
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Luchs » 14. November 2011, 15:08

Am Abend des 9. November 1989 fuhr ich mit dem D-Zug von Helmstedt nach Hannover zur Schicht. Dort arbeitete ich derzeit als Rangierleiter an der Post. Wagen entsprechend sortiert zustellen und wieder abziehen.

Als ich mich bei meinem Lokführer für die Schicht meldete, sagte er mir, dass die Grenze geöffnet wurde. Auf Grund der Ereignisse der vergangenen Tage und der Tatsache, dass der Bahnhof Helmstedt normal frequentiert war, glaubte ich ihm nicht. Jedes Mal, wenn ich wieder an die Lok kam, sagte er mir wieder, dass die Grenze offen sei. Da der Lokführer mir langsam auf den Docht ging, erteilte ich ihm die Rangiersignale nun möglichst aus der Entfernung per Funk.

So gegen 1:00 Uhr machten wir Rangierer Pause in der Postkantine in Hannover am Hauptbahnhof. Der Lokführer blieb in seiner Lok. Nach der Pause ging ich wieder zu ihm, um Bescheid zu sagen, dass es weiter geht. Da gerade Nachrichten im Radio liefen, hielt er mir das Radio zum mithören aus der Lok. Ich stand da mit offenem Mund. Hatte ich ihm doch nicht geglaubt.

Nach der Schicht konnte ich es nicht abwarten, wieder nach Helmstedt zu kommen. Dort musste doch die Hölle los sein. Der Zug fuhr in Helmstedt ein, ich stand am offenen Fenster, und sah ... nichts besonderes. Der Bahnhof war gefüllt, wie sonst auch. Ich wunderte mich. So fuhr ich mit dem Auto zum Grenzübergang Autobahn. Stellte mich auf den ersten Parkplatz nach der Grenze und rauchte eine Zigarette. Während der Zeit fuhr ein einziger Trabant an mir vorbei. Ein Grüner. Mehr nicht. Für mich war das alles eine große Ente. Anders konnte ich es mir nicht erklären.

Am Abend des 10.11., nachdem ich ausgeschlafen hatte, spielte ich in einem Theaterstück im Kindergarten meiner Tochter, den Räuberhauptmann. An die Ente mit der Grenzöffnung hatte ich schon gar nicht mehr gedacht, außerdem hatte dort im Kindergarten niemand über die Grenzöffnung gesprochen.

Damit ich als Räuberhauptmann "verwegener" aussah, hatte ich mir einen 3-Wochen-Bart stehen lassen. Da er am Hals juckte, musste er gleich nach der Vorstellung wieder runter. So fuhr ich mit Tochter und Frau nach Haus um dieses juckende Etwas in meinem Gesicht zu entfernen. Meine Frau schaltete unterdessen den Fernseher ein. Dort lief im Regionalprogramm "Hallo Niedersachsen". An dem Tag gab es nur einen Bericht. Über den Grenzübergang Helmstedt. Da fiel mir die Ente wieder ein. Sofort setzte ich mich ins Auto und fuhr zu meiner DRK-Bereitschaft nach Helmstedt. Ich werde nie vergessen, wie es war, als ich in die Stadt hinein fuhr. Am Stadtrand musste ich unter 2 Eisenbahnbrücken hindurch fahren. Vor den Brücken war alles noch ganz normal wie immer. Hinter den Brücken traf mich die Grenzöffnung wie ein Hammer. Helmstedt war voll und verstopft. Die ganze Stadt war eine Wolke aus Zweitaktgemischabgasen.

In der Nacht vom 10. auf den 11. November fuhr ich vom Rotkreuzheim zum Grenzübergang die Rotkreuzhelfer und heißen Tee. Alle 2 Stunden wurde eine neue Gruppe zum Grenzübergang gebracht. Für eine Fahrtstrecke, die unter normalen Umständen gut 5 Minuten dauert, fuhr ich mit Einsatzhorn und Blaulicht, unter Zuhilfenahme von Fußwegen und Parks, etwa 20 Minuten. Die Stimmung am Grenzübergang konnte nicht besser sein. Jedes Fahrzeug aus der DDR wurde mit freudigem draufklopfen begrüßt. Eine schwarz-rot-goldene Fahne wurde in Windschutzscheibenhöhe über die Straße gespannt und jeder musste darunter hindurchfahren. Wohlgemerkt, ohne zu sehen, was hinter der Fahne war. Wenn der Verkehr da zum stocken gekommen wäre ... [flash]

In der folgenden Nacht, vom 11. auf den 12. November schenkte ich mit ein paar Kameradinnen heiße Tee auf dem Marktplatz vor dem Rathaus aus. Es war verrückt, da standen die Leute in elend langen Schlangen vor dem Rathaus an, um ihre 100 DM Begrüßungsgeld abzuholen. Stundenlang, bis morgens früh das Rathaus geöffnet wurde. Nicht wenige standen dort in Hausschuhen.

Den heißen Tee musste ich regelrecht anpreisen. Man hat doch tatsächlich gedacht, dass der bezahlt werden müsse. Dazu stellte ich mich auf 2 Thermen, mit einem Litermaß in der einen und Bechern in der anderen Hand und verkündete lautstark, dass ich Tee zu verschenken hätte. Nebenbei machte ich noch meine Späße mit den Leuten:
- "Nicht trinken! Haste kalte Füße?" - "Ja." - "Dann kipp dir den Tee in die Schuhe!"
- Aufgrund der Tatsache, dass man lieber roten Tee, als Schwarzen trinken wollte waren das alles rote Socken. Das hat einen heiden Spaß gemacht. Nicht nur mir, sondern auch allen DDR-Bürgern, die sich inzwischen um uns geschart hatten.
- Einer verkündete in feinstem sächsisch: "Nu gugge ma, die habn hiar sogar een Orischinal."

Die nächsten 2 Tage musste ich mich beim sprechen arg zurück halten. Konnte ich doch kaum noch einen Ton heraus bringen. Kein Wunder, nach dem Marktschreiereinsatz. Aber toll waren die Erlebnisse zu der Zeit. Niemals möchte ich sie missen.
Viele Grüße [hallo]
Micha
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Albatros » 15. November 2011, 22:17

Hallo
@Luchs,Klasse Bericht den Du da geschrieben hast

Ich war an diesen Tag bis 19:00 Uhr arbeiten,bin danach nach Hause und habe Fern gesehen mir lief es aber Eiskalt über den Rücken als ich die ersten Meldungen von der Öffnung der Grenze hörte.

Gruß Albatros
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Edelknabe » 5. Februar 2012, 19:42

Der 9.November 1989 war...ein Wochentag, ein Donnerstag. So wie Albatros war ich in einer Leipziger Fabrik für Lacke und Farben in Leutzsch an einem Kundenauftrag arbeiten, habe Nachmittag meinem Hausmannsposten mit Hausflur und Gehweg kehren gefrönt, Abends meine Tochter zum Judotraining nach Wahren gefahren, wie immer das Training verfolgt und dann gings wieder retour.

In meinem kleinen Notizbuch steht noch als Eintrag:"Historisches Datum in der Geschichte der DDR".

Rainer-Maria und von Sekt steht irgendwie nichts im Notizheft...war bestimmt eher Sambalita, der machte immer enormes Verlangen nach mehr....natürlich "Sambalolita", ihr wart wohl nie jung ...oder?
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon andr.k » 5. Februar 2012, 23:49

9. November 1989 was für ein Tag.
Wir waren noch im Dienst und hörten von der Nachricht der Grenzöffnung. Mein erster Gedanke ging zurück an meinen Grundwehrdienst, warum auch immer. Dann schauten wir uns alle erstaunt in unser Kämmerlein der Amtstraße an und die Fragezeichen wurden immer größer in unseren Gesichtern. Was passiert jetzt? Dürfen wir nun legal gen Westen fahren? Mein Chef sagte: Das Ding ist nun gelaufen. Macht eure Arbeit für heute zu Ende und ab mit euch. Gesagt getan, wir haben anschließend unseren Dienst beendet und sind los durch das Schweriner Nachtleben wo doch einiges drunter und drüber ging. Die Idee eines Kollegen in Richtung Lübeck/ Hamburg zufahren wurde doch schneller aufgegeben wie sie kam. Warum brauche ich wohl nicht erklären. Wir sind dann in einer Lokalität der Altstadt verblieben und feierten dieses doch einmalige Ereignis in bester Laune mit allen Anwesenden.
Der folgende Tag bereitete mir doch etwas Kopfweh. Aber ein Grund zum Feiern war es allemal. Nun ab diesem Tag wurde vieles anders und das war auch gut so. Mein erster Besuch im Westen war dann am 23. November 1989. Klar nun kommt die Frage… hast du dir die Kohle geholt? Ja das habe ich.
[grins]
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Freund » 4. März 2012, 21:17

Hallo, ich habe an diesen Tag gearbeitet. Und erst am Abend fern gesehen. Ich und meine Fam hatten Angst, es könnte Tote geben bei dem ganzen durcheinander. Aber dann gab es diese Friedensgebete. Und alles lief doch in geregelte Bahnen weiter. Wir sprachen, dann darüber zu reisen, und endlich mein Bruder zu besuchen.


[freu]
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon bruno » 5. März 2012, 16:07

da ich am 04.mai 1989 zu den grenztruppen eingezogen wurde,
habe ich die grenzöffnung hautnah erlebt - könnte man denken...
an diesen besagten 09. november 1989 hatte ich ein 4-12(uhr) schicht
als grenzdienst. für den nächsten tag hatte ich vku beantragt
und der ging 4.00 uhr los. damit man nicht "ausgeruht" in den urlaub fährt,
hatte ich noch ein 19-03 schicht, als objektwache (latte stehen).
zur vergatterung sagte der dhe(diensthabende der einheit), dass ab den kommenden tag die
"ausreisewilligen ddr-bürger" nicht mehr über polen oder cssr
abzuhauen bräuchten, sondern sich ganz normal an einer güst (grenzübergangsstelle)
melden sollten um dort, mit stempel im pa auf das passbild,
ausgebürgert zu werden und die ddr verlassen könnten.
um 04.26 uhr fuhr mein zug von ahrenshausen nach erfurt, es war
mächtig viel geplappere im zug, war mir aber egal - ich war hundemüde.
gegen 8.00uhr war ich dann endlich zu hause, meine frau nahm immer urlaub
wenn ich auf urlaub kam, der frühstückstisch war gedeckt und meine frau
frug mich "hast du das mit der grenze gehört?" - "selbstverständlich!", dachte ich doch,
dass das was mir der dhe zu vergatterung sagte die toppmeldung wäre.
das radio war an , ndr2, irgendwann dachte ich dann, was ist denn da los(?),
dass war wie kriegsberichtserstattung -unglaublig - die grenze ist offen...
bruno
 

Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Svenja » 15. März 2012, 11:37

Ich habe Tage später also nachdem 9.11. in meiner alten Umgebung (Heimat) ein paar Saalrunden gegeben. Also der Großkotz aus`m Westen und so.
War natürlich der König schlechthin. Beim bezahlen am Tresen musste selbstverständlich jeder sehen wie Dick die Börse war.
Klar das die Aktion irgendwie peinlich war, da mich jeder noch kannte..........aber gelobt auf Grund meiner Großzügigkeit haben sie mich alle in den höchsten Tönen.

Gruß Svenja
Svenja
 

Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon dein1945 » 15. März 2012, 14:27

Svenja hat geschrieben:Ich habe Tage später also nachdem 9.11. in meiner alten Umgebung (Heimat) ein paar Saalrunden gegeben. Also der Großkotz aus`m Westen und so.
War natürlich der König schlechthin. Beim bezahlen am Tresen musste selbstverständlich jeder sehen wie Dick die Börse war.
Klar das die Aktion irgendwie peinlich war, da mich jeder noch kannte..........aber gelobt auf Grund meiner Großzügigkeit haben sie mich alle in den höchsten Tönen.

Gruß Svenja


Hallo Svenja,
am Bahnhof Zoo 1 zu 20 getauscht und im Osten einen auf dicke Hose machen, Du wirst mir von Tag zu Tag sympatischer [laugh]
Gruß aus Berlin
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Svenja » 15. März 2012, 17:06

dein1945 hat geschrieben:Hallo Svenja,
am Bahnhof Zoo 1 zu 20 getauscht und im Osten einen auf dicke Hose machen, Du wirst mir von Tag zu Tag sympatischer [laugh]
Gruß aus Berlin



2x habe ich die Tour abgezogen.....2x der König im Kiez - das habe ich mir verdient.

Svenja immer Großzügig. [cool]
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Ameisenferdinand » 19. März 2012, 20:30

Ich war in Helmstedt und hab die ganze Nacht gefeiert................

Andreas
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon andr.k » 25. März 2012, 00:05

ABV hat geschrieben:Als in Berlin, gute siebzig Kilometer von meiner damaligen Wohnung entfernt Weltgeschichte geschrieben wurde, lag ich sternhagelbesoffen im Bett. Ein paar Stunden zuvor hatte ich auf einer privaten Feier zwei eben noch stramme Genossen erlebt, die urplötzlich zu "Widerstandskämpfern" mutiert waren. Die Typen hatten sich über die SED ausgelassen, als wären sie selbst nie dabei gewesen. Ich wollte meinen Ohren nicht trauen. Aber wie hat schon Konrad Adenauer gesagt? Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!
Zwischendurch hagelte es bissige Bemerkungen über VP und MfS. So als hätten die beiden irgend eine negative Erfahrung mit diesen Institutionen machen müssen. Haben sie aber nicht, zu keinem Zeitpunkt. Das schlimmste war, dass die anderen denen noch Recht gaben. Anstatt mal zu fragen, was sie einen Monat vorher noch so von sich gegeben hatten. Vor lauter Frust hatte ich mir die Birne vollgeballert. Am nächsten Tag bin ich dann mit einem mordsmäßigen Brummschädel erwacht. Mit Mühe und Not gelang es mir, dass auf meinem Nachttisch stehende Radio einzuschalten. Um Nachrichten zu hören. Auf RIAS 2 wurden Jugendliche nach ihren ersten Eindrücken in Westberlin befragt. Die Befragten schwärmten von der neuen bunten Welt. Aha, da haben uns wieder welche verlassen, dachte ich. Das war ja in diesen Tagen nichts neues. Plötzlich stellte der Reporter eine seltsame, von meinem alkoholvernebelten Gehirn nur schwer zu deutende Frage: " Könnt ihr euch vorstellen, dass die Mauer nun für immer offen ist? Oder habt ihr Angst davor, dass die DDR die Grenzen wieder schließen könnte?" Es dauerte einige Momente, bis ich die volle Tragweite des eben gehörten begriff. So schnell wie in diesem Augenblick bin ich nie wieder nüchtern geworden.

Gruß an alle
Uwe


Hallo Uwe, Kopfweh am 10.11.89. so,so... da kannte ich auch was von... [peinlich] aber der Tag danach hat ja bekanntlich gefühlte 48 Stunden... [flash]

Grüße Andreas [hallo]
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Berliner » 26. März 2012, 00:42

Hallo Uwe, Danke. [rose]

ABV hat geschrieben:Ein paar Stunden zuvor hatte ich auf einer privaten Feier zwei eben noch stramme Genossen erlebt, die urplötzlich zu "Widerstandskämpfern" mutiert waren. Die Typen hatten sich über die SED ausgelassen, als wären sie selbst nie dabei gewesen.


es ist bestimmt schwer fuer die ehrlichen unter Euch gewesen. Ich denke dabei auch an Karnak.

Ich zumindest finde ich es schoen, dass Ihr fuer etwas standet, und das immer noch tut.

Berliner [hallo]
PS es wuerde mich interessieren, was Du an diesem Tag gemacht hast, Merkur. [knuddel]
Nichts auf dieser Welt kann die Beharrlichkeit ersetzen.
Talent kann es nicht - nichts ist verbreiteter als erfolglose Maenner mit Talent.
Genie kann es nicht - unbelohntes Genie ist nahezu ein Sprichwort.
Ausbildung kann es nicht - Die Welt ist voll von ausgebildeten Obdachlosen.


Beharrlichkeit und Ausdauer alleine sind allmaechtig.


-Calvin Coolidge
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon augenzeuge » 5. Oktober 2019, 09:56

Wendezeugen berichten - Das haben wir mit unserem Begrüßungsgeld gemacht

Hundert Mark Begrüßungsgeld, das bekamen Bürger und Bürgerinnen der DDR, wenn sie in die Bundesrepublik einreisten. 1989 kamen viele. Was haben sie sich davon gekauft? Und was würden sie heute tun?

Ich habe mich mit zwei Kumpels in den Zug gesetzt und bin nach Berlin, Geld abgeholt und erst mal Käse gekauft. Denn der Käse im Osten schmeckte nicht so gut.


Wahrscheinlich Bücher..."Ich wollte Edgar-Wallace-Krimis kaufen"


also haben wir den Toaster gekauft
Und der geht immer noch!!

Ich denke, ich würde es zu einer Reise mit dazulegen


Erst mal wusste ich gar nicht, was ich mit dem Geld sollte. Und dann bin ich nach Spandau und habe mir die Zange geholt, die ich da in einem Werkzeugladen gesehen hatte. Solche Zangen gab es im Osten nicht.


Ich habe eine Bohrmaschine gekauft und diesen Frosch, für unsere Tochter, die kurz vor der Wende zur Welt gekommen war. Ein Kindershampoo, das nicht so in den Augen brannte wie die aus dem Osten.


Der ist gut: [laugh]
Ich hatte eine Freundin in Oldenburg, da bin ich bald hingefahren. Mir fiel auf, dass die Menschen da anders redeten, und damit meine ich nicht den Dialekt. Sie machten viel mehr Worte um viel weniger Fakten. Also wenig sagen – aber viel reden.


https://www.t-online.de/nachrichten/deu ... macht.html

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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon augenzeuge » 5. Oktober 2019, 09:57

Berliner hat geschrieben:PS es wuerde mich interessieren, was Du an diesem Tag gemacht hast, Merkur. [knuddel]


Merkur, da ist noch ne Antwort offen..... [grins]

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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Interessierter » 5. Oktober 2019, 10:50

Aber schon seit 7 Jahren. Er stellt doch lieber selber Fragen und meistens auch noch welche, die er sich selbst beantworten kann... [grins]
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon zonenhasser » 5. Oktober 2019, 11:07

Ich war seit dem 9. Oktober, an dem die große Demo *) hier in Leipzig war, davon überzeugt, dass sich das Regime nicht mehr lange halten würde, dann aber doch überrascht, dass die Mauer so plötzlich fiel. Ich fuhr einige Tage später nach Berlin, war schon frühzeitig auf dem Ku'damm und stellte mich in die Schlange fürs Begrüßungsgeld. Zwei Huren liefen vorbei und machten abschätzige Bemerkungen. Ich kaufte das Buch "Der vormundschaftliche Staat" von Henrich.

*) Wieviele Teilnehmer es wirklich waren, bleibt unbekannt. Die von der VoPo genannte Zahl von 70.000 ist politisch motiviert: Die Polizei sollte nicht eingesetzt werden, sobald sie 1:10 zahlenmäßig unterlegen war. Und so meldete der Leipziger Polizeichef, General Straßenburg, das er nur 7.000 Mann zur Verfügung hatte und nicht eingreifen wollte, diese Zahl nach Berlin.
Die “Rote Fahne” schrieb noch “wir werden siegen”, da hatte ich mein Geld schon in der Schweiz.
Bert Brecht
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Olaf Sch. » 5. Oktober 2019, 11:54

Ich hatte Nachtschicht, um 7.00 Uhr am 10.11. machte sich unsere Schicht mit 3 Trabbis auf den Weg nach West Berlin, um 8.45 waren wir in Kreuzberg... Die selbe Truppe die einen Monat in Prag war...
Olaf Sch.
 

Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Kumpel » 5. Oktober 2019, 12:16

augenzeuge hat geschrieben:
Berliner hat geschrieben:PS es wuerde mich interessieren, was Du an diesem Tag gemacht hast, Merkur. [knuddel]


Merkur, da ist noch ne Antwort offen..... [grins]

AZ


Der saß vielleicht an irgendeinem Schreibtisch mit einer Makarov vor sich.
Kumpel
 

Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Nostalgiker » 5. Oktober 2019, 12:44

Deine Provokationsversuche zeugen von deinem sehr kindlichem Gemüt.

Komisch nur das der Flachländer noch nie darüber gewettert hat wie du es schaffst hier jedes Thema zu zertrollen .......
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Merkur » 5. Oktober 2019, 13:00

augenzeuge hat geschrieben:
Berliner hat geschrieben:PS es wuerde mich interessieren, was Du an diesem Tag gemacht hast, Merkur. [knuddel]


Merkur, da ist noch ne Antwort offen..... [grins]

AZ


Ich kann mich genau erinnern: Ich habe Markus Wolfs Troika gelesen.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Merkur » 5. Oktober 2019, 13:12

Interessierter hat geschrieben:Aber schon seit 7 Jahren. Er stellt doch lieber selber Fragen und meistens auch noch welche, die er sich selbst beantworten kann...


So ein paar kleine Spielchen mit Dir... [hallo]
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon augenzeuge » 5. Oktober 2019, 13:19

Merkur hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
Berliner hat geschrieben:PS es wuerde mich interessieren, was Du an diesem Tag gemacht hast, Merkur. [knuddel]


Merkur, da ist noch ne Antwort offen..... [grins]

AZ


Ich kann mich genau erinnern: Ich habe Markus Wolfs Troika gelesen.


Du solltest dein Erinnerungsvermögen prüfen. [grins]
Das Buch kam erst 1991 heraus. Es kann natürlich sein, dass du vom Begrüßungsgeld ein anderes Buch gelesen hast.

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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Merkur » 5. Oktober 2019, 13:24

augenzeuge hat geschrieben:
Merkur hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:
Berliner hat geschrieben:PS es wuerde mich interessieren, was Du an diesem Tag gemacht hast, Merkur. [knuddel]


Merkur, da ist noch ne Antwort offen.....

AZ


Ich kann mich genau erinnern: Ich habe Markus Wolfs Troika gelesen.


Du solltest dein Erinnerungsvermögen prüfen. [grins]
Das Buch kam erst 1991 heraus. Es kann natürlich sein, dass du vom Begrüßungsgeld ein anderes Buch gelesen hast.

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Also mein Exemplar ist von 1989 aus der DDR. Bitte Deinerseits nochmal die Fakten prüfen. [hallo]
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon augenzeuge » 5. Oktober 2019, 13:27

Ja, in der DDR erschien es früher. Ich kenne es mit Veröffentlichung von 1991.

Und was hast du vom Begrüßungsgeld gekauft?

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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon Merkur » 5. Oktober 2019, 13:29

augenzeuge hat geschrieben:Ja, in der DDR erschien es früher. Ich kenne es mit Veröffentlichung von 1991.
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Du bist halt manchmal nicht umfassend informiert. [wink]
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Was hast Du am 9. November 1989 gemacht?

Beitragvon augenzeuge » 5. Oktober 2019, 13:32

Merkur hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Ja, in der DDR erschien es früher. Ich kenne es mit Veröffentlichung von 1991.
AZ


Du bist halt manchmal nicht umfassend informiert. [wink]

Das stimmt. Aber wer ist das schon? [wink]
AZ
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augenzeuge
Flucht und Ausreise
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