Die Jugend der Achtzigerjahre war anders als ihre Eltern: frech, unbeeindruckt vom SED-Gedöns, irgendwie frei im Kopf, obwohl das sozialistische Bollwerk noch unumstößlich fest zu stehen schien. Ihre Eltern dagegen wirkten viel gebeugter, besonders die Väter. Sie hatte der Sozialismus mürbe gemacht und oft genug gebrochen. Aber nicht die Kinder.
Nur wenige Jahre später sollte diese verblüffende Angstfreiheit ihre große Stunde haben, im Herbst 1989. Ohne sie hätte es keinen Mauerfall und keine Wende gegeben. Diese letzte junge DDR-Generation der 80er-Jahre war der eigentliche Motor von 1989, dafür sprechen viele Belege, auch exakte Zahlen. Diese Jugend war es, die die Älteren mobilisierte, im Oktober und November mit auf die Straßen zu gehen und „Wir sind das Volk“ zu rufen.
Weil die Eltern, die Lehrer und Professoren, Lehrmeister und FDJ-Leiter miterleben mussten, wie ihnen die Jugend in Massen weglief. Wie sie sich zu Tausenden in Gefahr brachten bei den allerersten Demonstrationen, die noch unberechenbar gefährlich waren. Weil diese Jungen keine faulen Kompromisse machen wollten wie ihre Eltern lebenslang. Weil sie keine Lust mehr hatten auf die Gängelung von der Wiege bis zur Bahre.
Die deutsche Revolution von 1989, sie war eine Jugendrevolte – durchaus vergleichbar den heutigen Revolutionen im arabischen Raum. Sie brachte alles ins Rollen. Zuerst die massenhafte Fluchtbewegung aus der DDR im Sommer 1989. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge dieses Sommers war unter 25 Jahre alt, 70 Prozent von ihnen waren unter 30.
Verteidigungsminister Heinz Keßler Anfang September : „Das Gros derer, die zum Feind gehen, sind junge Leute zwischen 17 und 27 Jahren.“
Und bei den Verhafteten vom 7. und 8. Oktober 1989 in Berlin, dem letzten Republikgeburtstag der DDR, an dem die Gegendemonstranten auf der Schönhauser Allee zusammengedroschen wurden, waren die Zahlen ebenso eindeutig. Die rund 1000 Festgenommenen repräsentierten zwar, was ihre Berufe angeht, den Durchschnitt der DDR. Altersmäßig taten sie es nicht, sie waren signifikant jung: zwischen 18 und 35.
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AZ