Volkspolizisten hatten einen Eid auf ihren Staat geschworen und sich u.a. verpflichtet, die sozialistische Gesellschafts-, Staats- und Rechtsordnung auch unter Einsatz ihres Lebens zu schützen. Im Herbst 1989 trat der Ernstfall ein. Wie die Volkspolizisten mit dieser Situation umgingen, hat der Historiker Matthias Ohms hat in seinem Buch "Schlagstockeinsatz und Sicherheitspartnerschaft" am Beispiel Magdeburg untersucht.
Wie gingen die Polizisten vor?
In Magdeburg beispielsweise forderten am 5. Oktober 1989 Einsatzkräfte der Volkspolizei Demonstranten auf, ihren Zug aufzulösen. Die Menschen marschierten jedoch weiter. Die friedlich Demonstrierenden wurden daraufhin von Einheiten der Bereitschaftspolizei eingekesselt. Demonstranten, die als Rädelsführer ausgemacht wurden, die Plakate mit "staatsfeindlichen" Parolen trugen oder Schmähungen gerufen haben sollen, wurden festgenommen und auf die Reviere der Volkspolizei gebracht. Es wurden auch Menschen verhaftet, die einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren, die beispielsweise zufällig aus einem anliegenden Lokal oder Haus kamen.
Die Volkspolizisten gingen keineswegs zimperlich mit den Leuten um. Sie schlugen sie mit Gummiknüppeln und verfrachteten sie in LKW auf die Polizeireviere. Es gibt Berichte, dass die Zugeführten mitunter getreten und geschlagen wurden, dass sie stundenlang drangsaliert wurden. Pausenlos wurden ihnen dieselben Fragen gestellt, manche von ihnen mussten immer wieder ihren Lebenslauf schreiben. Dieser Umgang mit den friedlichen Demonstranten hat den Glauben der Bevölkerung an den Staat weiter zusammenbrechen lassen.
Und sicher auch die Sicht auf die Volkspolizei, oder?
Natürlich. Gerade nach den harten Einsätzen Anfang Oktober 1989 hat die Polizei deutlich an Akzeptanz in der Bevölkerung verloren. Einige Menschen zeigten das auch ganz deutlich: In Halberstadt wurden Volkspolizisten beispielsweise mit Messern attackiert und bespuckt. In einigen Geschäften bediente man Polizisten nicht mehr. Mitunter kam es in Betrieben zu Anfeindungen gegenüber den Ehepartnern von Volkspolizisten.
Wurde das Vorgehen der Volkspolizei öffentlich thematisiert?
Ja. Plötzlich berichteten Radio und Fernsehen über das Vorgehen der Polizei und die Reaktionen der Bevölkerung. Bislang waren derartige Dinge totgeschwiegen worden. Auf einmal hat man darüber geredet. Das so entstehende negative Bild der Polizei führte auch zu Verunsicherungen unter den Volkspolizisten. In der zweiten Oktoberhälfte wurde von der neuen DDR Führung der Umgang mit Bürgern und Demonstranten öffentlich als zu hart und überzogen erklärt. Der Großteil der Ordnungsstrafverfahren wurde eingestellt, stattdessen wurde gegen Polizisten ermittelt. Für viele Volkspolizisten und Bereitschaftspolizisten war nun nicht klar, wie man sich zukünftig zu verhalten hatte, wenn nun zu Beginn des Monats ausgegebene Befehle im Nachhinein als falsch gebrandmarkt wurden.
Wie wandelte sich die Rolle der Volkspolizisten in dieser Zeit?
Anfangs wurden die Demonstrationen niedergeknüppelt, später entwickelten sich sogenannte Sicherheitspartnerschaften. Am 16. Oktober setzten sich die Veranstalter aus den kirchlichen Kreisen, Vertreter der Stadt und die Polizei in Magdeburg zum ersten Mal zusammen und vereinbarten, dass die Stadt Straßenbahnen bereitstellt, damit die Menschen direkt nach den Friedensgebeten nach Hause fahren können. Am 23.10. wurde dann formal der erste Demonstrationszug bei der Polizei und der Stadt angemeldet und der Weg des Demonstrationszuges festgelegt. Darüber hinaus sollte die Demonstration durch eigene Ordner abgesichert werden, die ebenso sicherstellen sollten, dass keine Schmäh-Transparente gezeigt oder staatsfeindliche Parolen gerufen werden. Die Polizei hielt sich zunehmend im Hintergrund.
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Zur Sicherheitspartnerschaft kam es aber auch, weil der Teil der VP, der keine Volkspolizisten sondern Parteipolizisten waren, erkannte dass die Macht der Partei und auch ihre dahinschwand. Die Angst machte ihnen dann überaus flexible Wendehälse.
Sie erkannten, dass sie der Masse des demonstrierenden Volkes nicht gewachsen waren.
Das Volk der DDR sorgte hauptsächliche für eine friedliche Revolution und nicht irgendwelche Organe dieser SED - Diktatur. Als deren Führung die Aussichtslosigkeit und den Irrsinn Gewalt anzuwenden erkannten, als Gorbi ihnen dann auch noch die Unterstützung versagte, da waren sie einfach machtlos.
Ohne Macht waren auch die SED - Diktatur - Schergen nur noch ein ängstlicher jämmerlicher Haufen, den diese stolzen und mutigen Bürger einfach davonjagen konnten.