Ost-Beamte-Fragebögen nach d. pol. Vergangenheit
Verfasst: 24. Juli 2020, 14:12
DER SPIEGEL 1/1991 Beamte
Zähes Steak
Mit Personalfragebögen sollen SED-Kader und Stasi-Spitzel im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer
aufgespürt werden.
Peter-Michael Diestel, 38, letzter Innenminister der DDR und nun CDU-Oppositionsführer im brandenburgischen
Landtag, macht sich zum Anwalt der Beladenen. Was seinen märkischen Landsleuten zugemutet werde, meint
der gelernte Ost-Jurist, ließe sich "schon aus rechtlichen Gründen" kein "Wessi bieten".
Es soll endlich Sicherheit geben", verkündete der sozialdemokratische brandenburgische Innenminister Alwin
Ziel, 49: "Leute, die in ihren Positionen Schindluder getrieben haben, werden nach dieser Aktion ganz sicher
ausgesiebt sein."
Derzeit müssen, in Brandenburg wie überall in Deutsch-Ost, Hunderttausende Staatsdiener Fragebögen ausfüllen,
um Auskunft über ihre Vergangenheit zu geben. Die Bürger sollen wissen, wer jetzt die Staatsmacht verkörpert.
Die Formulare kursieren in mehreren leicht abgewandelten Varianten. Grundsätzlich gibt es eine Kurzversion mit
20 Fragen für die zivilen Mitarbeiter der Verwaltung und eine Langversion mit bis zu 48 Fragen (in Brandenburg)
für ehemalige Angehörige der Volkspolizei. Beide Fassungen, versichert Minister Ziel, seien "juristisch wasserdicht."
Advokat Diesel, der schon als DDR-Innenminister belastete Offiziere der einstigen Staatssicherheit und der
Volkspolizei großmütig weiterbeschäftigt hatte, argumentiert denn auch eher emotional. Er kreidet der SPD-
geführten brandenburgischen Landesregierung an, die Fragen berührten "viel zu stark die persönliche Sphäre".
Mit seiner Kritik an der Fragebogen-Aktion befindet sich der Christdemokrat in ungewohnter Gesellschaft. Auch die
Linksaußen-Opposition läuft Sturm gegen angeblich drohende "Berufsverbote".
Das PDS-Blatt Neues Deutschland (ND) führt seit Mitte Dezember (1990) eine regelrechte Kampagne gegen die
"Inquisition per Formblatt". Damit, so das ND, würden "in den neuen Bundesländern massenhaft die politischen
Biografien von Menschen ausgeforscht".
Das Neue Deutschland nimmt es mit der Wahrheit nicht sonderlich genau, wenn es gilt, Ängste zu schüren. Jeder,
"ob Küchenfrau im Kindergarten oder Leiterin einer dörflichen Poststelle", behauptet das ehemalige Zentralorgan der
früheren Staatspartei SED, müsse über "selbst begangene" Menschenrechtsverletzungen oder "frühere SED-Zugehörigkeit"
Auskunft geben.
Beide Behauptungen sind falsch. Bloße (SED) Partei-Mitgliedschaft, hat die sächsische CDU-Regierung klargestellt, führt
"zu keinen Nachteilen für die Übernahme" - andernfalls müßten praktisch alle Amtspersonen vor die Tür gesetzt werden,
da SED-Treue Voraussetzung für jede öffentliche Funktion war.
....hier kann man weiterlesen:
https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery ... f/13503242
W. T.
Zähes Steak
Mit Personalfragebögen sollen SED-Kader und Stasi-Spitzel im öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer
aufgespürt werden.
Peter-Michael Diestel, 38, letzter Innenminister der DDR und nun CDU-Oppositionsführer im brandenburgischen
Landtag, macht sich zum Anwalt der Beladenen. Was seinen märkischen Landsleuten zugemutet werde, meint
der gelernte Ost-Jurist, ließe sich "schon aus rechtlichen Gründen" kein "Wessi bieten".
Es soll endlich Sicherheit geben", verkündete der sozialdemokratische brandenburgische Innenminister Alwin
Ziel, 49: "Leute, die in ihren Positionen Schindluder getrieben haben, werden nach dieser Aktion ganz sicher
ausgesiebt sein."
Derzeit müssen, in Brandenburg wie überall in Deutsch-Ost, Hunderttausende Staatsdiener Fragebögen ausfüllen,
um Auskunft über ihre Vergangenheit zu geben. Die Bürger sollen wissen, wer jetzt die Staatsmacht verkörpert.
Die Formulare kursieren in mehreren leicht abgewandelten Varianten. Grundsätzlich gibt es eine Kurzversion mit
20 Fragen für die zivilen Mitarbeiter der Verwaltung und eine Langversion mit bis zu 48 Fragen (in Brandenburg)
für ehemalige Angehörige der Volkspolizei. Beide Fassungen, versichert Minister Ziel, seien "juristisch wasserdicht."
Advokat Diesel, der schon als DDR-Innenminister belastete Offiziere der einstigen Staatssicherheit und der
Volkspolizei großmütig weiterbeschäftigt hatte, argumentiert denn auch eher emotional. Er kreidet der SPD-
geführten brandenburgischen Landesregierung an, die Fragen berührten "viel zu stark die persönliche Sphäre".
Mit seiner Kritik an der Fragebogen-Aktion befindet sich der Christdemokrat in ungewohnter Gesellschaft. Auch die
Linksaußen-Opposition läuft Sturm gegen angeblich drohende "Berufsverbote".
Das PDS-Blatt Neues Deutschland (ND) führt seit Mitte Dezember (1990) eine regelrechte Kampagne gegen die
"Inquisition per Formblatt". Damit, so das ND, würden "in den neuen Bundesländern massenhaft die politischen
Biografien von Menschen ausgeforscht".
Das Neue Deutschland nimmt es mit der Wahrheit nicht sonderlich genau, wenn es gilt, Ängste zu schüren. Jeder,
"ob Küchenfrau im Kindergarten oder Leiterin einer dörflichen Poststelle", behauptet das ehemalige Zentralorgan der
früheren Staatspartei SED, müsse über "selbst begangene" Menschenrechtsverletzungen oder "frühere SED-Zugehörigkeit"
Auskunft geben.
Beide Behauptungen sind falsch. Bloße (SED) Partei-Mitgliedschaft, hat die sächsische CDU-Regierung klargestellt, führt
"zu keinen Nachteilen für die Übernahme" - andernfalls müßten praktisch alle Amtspersonen vor die Tür gesetzt werden,
da SED-Treue Voraussetzung für jede öffentliche Funktion war.
....hier kann man weiterlesen:
https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery ... f/13503242
W. T.