Das Ende der Volkspolizei – Chronologie des ZerfallsUngeachtet der Ereignisse vom Sommer, als Tausende DDR-Bürger ihre Ausreise erzwangen, und ohne Rücksicht auf die allgemeine Stimmung im Volk führt die Staatsführung der DDR im Oktober ihre 40-Jahre-Feiern durch.
Im Zuge dieser Feiern kommt es in verschiedenen Städten zu Protestkundgebungen und Schweigemärschen, ihren Höhepunkt erreichen diese Proteste am 08. Oktober 1989 in Ostberlin. Mehrere tausend Menschen ziehen vom Alexanderplatz zum Palast der Republik, wo der sowjetische Staatspräsident und Parteichef Gor-batschow am Abschlußempfang der „Feierlichkeiten“ teilnimmt.
Die SED-Führung setzt daraufhin massiv Volkspolizei gegen die Demonstranten ein. Erstmals sind auch Einheiten der Betriebskampfgruppen im Einsatz, das STASI-Eliteregiment „Felix Dzierzynski“ liegt in Bereitschaft. In Berlin und Leipzig kommt es zu schwersten Ausschreitungen der Vopo, während die Protestierenden zumeist keinerlei Widerstand leisten. „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“ sind die zentralen Parolen der Unzufriedenen.
Die Rechnung der SED geht indes nicht auf. Je mehr Menschen von der Vopo mißhandelt und festgenommen werden, umso mehr drängen neue nach. Für die DDR wird der 07./08. Oktober 1989 zum Wendepunkt. Auch während der folgenden Tage reißen die Proteste nicht ab, und münden schließlich einen Monat später in der Öffnung der Berliner Mauer.
Auch für die Volkspolizei ist dieses Datum der Beginn des bisherigen organisatorischen Zusammenbruchs, wie die nachfolgende Chronologie (beginnend mit dem Januar 1990) zeigt.03.01.90: Eine „Koordinierungsgrup-pe Gewerkschaftlicher Neubeginn“ und die „Inititative für eine eigen-ständige Gewerkschaft der Volkspolizei“ nehmen vorbereitende Arbeiten zur Gründung einer landesweiten un-abhängigen Polizeigewerkschaft auf. In der Gewerkschaft sollen sowohl die Angehörigen von Schutz- und Kriminalpolizei als auch die Verwaltung, einschließlich des neuen Innenministeriums vertreten sein.
08.01.90: Bei den Untersuchungen der gewalttätigen Polizeiübergriffe während der Demonstration vom 07. Oktober 89 stößt der ermittelnde Generalstaatsanwalt immer wieder auf eine „Wand des Schweigens, des Nichterinnerns oder des plötzlichen Gedächtnisverlustes“. Über die Nachrichtenagentur ADN wirft er der Ostberliner Polizeiführung „mangelnde Bereitschaft zur Kooperation“ vor. Als Zeugen und Beschuldigte gela-dene Polizisten blieben den Verneh-mungen fern und oft fehle das Be-weismaterial.
Generalmajor Dirk Bachmann wird neuer Polizeipräsident von Ost-Berlin. Bachmann löst den am 12.12.89 kom-missarisch mit der Amtsführung be-trauten Oberst Joachim Griebel ab.
Griebel, früher Polizeivizepräsident, hatte das Amt von Generalleutnant Friedhelm Rausch übernommen, der in Folge der Ereignisse um den 07./08. Oktober 89 nicht mehr im Amt gehalten werden konnte.
Mit der Ernennung von Generalmajor Dieter Wunderlich zum Chef der Deutschen Volkspolizei wird dieses Amt erstmals nicht mehr vom Innenminister selbst ausgeübt. Gleichzeitig wird Wunderlich auch Stellvertreter von DDR-Innenminister Ahrendt.
Der detaillierte Bericht geht hier weiter:
https://www.cilip.de/1990/12/27/das-end ... -zerfalls/Auch wenn es themenfremd ist, weil es die heutige Polizei betrifft: Diese„Wand des Schweigens, des Nichterinnerns oder des plötzlichen Gedächtnisverlustes“ gibt es auch leider heute noch. Daher fordern die Öffentlichkeit und die Politik ja richtigerweise nur noch externe Ermittlungen und Kontrollen bei der Polizei.