Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Alle Themen die eine Bezug zur Wende und Grenzöffnung haben. Persönliche Erlebnisse, Gedanken aus dieser Zeit, Dokumente und ähnliches.

Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon steffen52 » 29. August 2020, 18:32

https://www.youtube.com/watch?v=k_vZmeiKBLQ
Hier ein Song über Deine hübsche Angelika vom DDR-Fernsehen!!! [wink] Hoffe er gefällt Dir und ich denke passt hier rein in Deinen Thread oder rufst Du gleich wieder nach den Mods? [blush]
Gruß steffen52
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon augenzeuge » 29. August 2020, 18:40

Ich muss eine Zwischenfrage stellen.

Die Ausreise der Massen über Botschaften, die Ausreise über die CSSR ab 1.11. 89, die Frage nach der zukünftigen Notwendigkeit der Grenze stellte sich nicht?
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 10:24

steffen52 hat geschrieben:https://www.youtube.com/watch?v=k_vZmeiKBLQ
Hier ein Song über Deine hübsche Angelika vom DDR-Fernsehen!!! [wink] Hoffe er gefällt Dir und ich denke passt hier rein in Deinen Thread oder rufst Du gleich wieder nach den Mods? [blush]
Gruß steffen52


Ich weiß zwar nicht, was hier einige Schreiber nehmen, aber auf jeden Fall ist es zu stark dosiert: Weder ist es "meine" DDR noch ist es "meine" Angelika Unterlauf.
Ohne mich je kennengelernt zu haben, hat sie sich später als seine 4. Ehefrau für Erich Böhme entschieden ... [mad]
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 10:29

augenzeuge hat geschrieben:Ich muss eine Zwischenfrage stellen.

Die Ausreise der Massen über Botschaften, die Ausreise über die CSSR ab 1.11. 89, die Frage nach der zukünftigen Notwendigkeit der Grenze stellte sich nicht?
AZ


Warum sollten nach einigen Turbulenzen im Lande die Grenzen desselben in Frage gestellt werden? Der Ruf nach Reformen, nach Veränderungen in vielen Bereichen wurde laut(er). Aber nicht die Abschaffung des Landes.
Übrigens passieren Länderabschaffungen/-auflösungen nur extrem selten in der Weltgeschichte.
Wer heute behauptet, dies im Oktober 1989 so empfunden zu haben, dem entgegne ich, dass er heutiges und damaliges Wissen zu stark vermischt.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Nostalgiker » 30. August 2020, 10:39

Ländergrenzen "in Frage zu stellen" ist wohl eine sehr unglückliche Formulierung.
Stellt irgendjemand die Grenzen der BRD in Frage oder die anderer Länder?

Wenn dann müßte die Frage nach der Art der Sicherung der oder dieser Grenze gestellt werden.
Übrigens ist die Grenzsicherung Palästina/Israel sehr beeindruckend, dagegen kommt einem die Grenzsicherung DDR/BRD wie ein Witz vor.

Komischerweise nölt hier keiner der üblichen Verdächtigen über diese Grenze was von "menschenverachtend" und tituliert die dort ihren Dienst tuenden Soldaten als "System-Büttel" und "Diener einer Diktatur" .......; komisch, sehr komisch.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 10:50

Nostalgiker hat geschrieben:...
Übrigens ist die Grenzsicherung Palästina/Israel sehr beeindruckend, dagegen kommt einem die Grenzsicherung DDR/BRD wie ein Witz vor.

Komischerweise nölt hier keiner der üblichen Verdächtigen über diese Grenze was von "menschenverachtend" und tituliert die dort ihren Dienst tuenden Soldaten als "System-Büttel" und "Diener einer Diktatur" .......; komisch, sehr komisch.


Die Mauer Israel/Palästina ist tatsächlich sehr beeindruckend. Ich habe sie mir vor wenigen Jahren auf einer selbst organisierten Reise quer durch Israel selbst angesehen. Und auch der Umgang der Israelis mit den Palästinensern ist sehr robust. Ich habe seit diesen Momenten, in denen ich mir mit eigenen Augen ein Bild vor Ort machen konnte, großen Respekt vor den Israelis. Die Palästinenser sehe ich seit dem auch anders ... aber ich glaube, das wollen die gar nicht wissen.

Sorry, schweife gerade selbst ab.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Volker Zottmann » 30. August 2020, 10:55

OaZ hat geschrieben:Warum sollten nach einigen Turbulenzen im Lande die Grenzen desselben in Frage gestellt werden? Der Ruf nach Reformen, nach Veränderungen in vielen Bereichen wurde laut(er). Aber nicht die Abschaffung des Landes.
Übrigens passieren Länderabschaffungen/-auflösungen nur extrem selten in der Weltgeschichte.
Wer heute behauptet, dies im Oktober 1989 so empfunden zu haben, dem entgegne ich, dass er heutiges und damaliges Wissen zu stark vermischt.


Der muss ich vehement widersprechen!
Die breite Masse der Bevölkerung hat sicher soweit nicht gedacht. Doch bereits vor meiner Selbständigkeit hat mir ein älterer Kollege, den wir gerade erst zu Grabe trugen, gesagt, dass nie etwas so bleibt wie es ist. "Volker, die DDR verschwindet, und Karl Loch bekommt seinen Betrieb wieder!". Das sagte Rudolf Meyer bereits um 1985!

Ich denke, wie ich mir ein gemeinsamens Deutschland wünschte, so gab es Abertausende, wenn nicht Millionen. Nur hat im Sommer 1989 sich das kaum ein so Denkender auszusprechen getraut. Die Sehnsüchte, lieber OaZ, waren garantiert vielschichtig in des Volkes Gedankenwelt vergraben.
Wie schnell es mit dem "Umdenken" dann ging, erklärt sich daraus, dass die kollektive Angst wich, sobald die "Krake MfS" scheinbar zerstört war.
Ich vermute, da ist damals viel an Dir unbemerkt vorbeigegangen.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Nostalgiker » 30. August 2020, 11:00

Nicht das verschwinden des Kraken MfS war es sondern die Gier nach der DM ......
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 11:02

Volker Zottmann hat geschrieben: ... Die Sehnsüchte, lieber OaZ, waren garantiert vielschichtig in des Volkes Gedankenwelt vergraben.
Wie schnell es mit dem "Umdenken" dann ging, erklärt sich daraus, dass die kollektive Angst wich, sobald die "Krake MfS" scheinbar zerstört war.
Ich vermute, da ist damals viel an Dir unbemerkt vorbeigegangen.

Gruß Volker


Mit den Sehnsüchten wirst du recht haben.
Das ist heute nicht anders. Aber die Realitäten sahen und sehen oft anders aus. Und oft ändern sich Dinge schneller, als man denken kann.
Das heißt jedoch nicht, dass man immer auf diese Änderungen zielstrebig hingearbeitet hat. Manches ergibt sich ... Klugscheißer danach gab und gibt es immer ("Das wusste ich doch schon immer!" oder "Das musste ja so kommen."). Bitte fühle dich nicht angesprochen. Ich meine es allgemein.

Ob es an mir vorbeigegangen ist? Gute Frage ... einiges sicher ... und bei anderen auch. Bei dir gewiss auch.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 11:04

Nostalgiker hat geschrieben:Nicht das verschwinden des Kraken MfS war es sondern die Gier nach der DM ......


Das kann ich so unterschreiben.
Am liebsten mit den sozialen Vergünstigungen, die man bisher kannte.

Letztlich hat genau das mit dem zu tun, was ich an anderen Stellen schrieb: die prekäre Versorgungslage in der DDR, die sich nun mit der starken DM verändern sollte.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Nostalgiker » 30. August 2020, 11:33

Genau OaZ, die "Vorstellungen" liefen doch daraus hinaus das die DDR ein riesiger Intershop wird mit allen westlichen Konsumgütern, mit der DM und dem "Grundrecht" auf Reisefreiheit aber andererseits dieses soziale Wohlfühlmodell, wir gehen arbeiten und tun mal 8 Std. so als ob (jedenfalls nicht wenige machten das; ob freiwillig oder gezwungenermaßen sei dahingestellt), weiterhin billige Mieten, flächendeckende Kinderbetreuung im Vorschulalter und in der Schule, preiswerte Nahrungsmittel usw.
Nur dieser Traum platzte sehr schnell und es war/ist nicht der Kapitalismus daran schuld, nein es sind die alten Seilschaften aus Stasi und SED. Diese inzwischen hochbetagten Menschen beherrschen das Gebiet der ehemaligen DDR immer noch wie weiland die Illuminaten die Welt ......
oder sind es die Zionisten? Egal irgendeine mächtige Verschwörung ist da am Werke ......
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Edelknabe » 30. August 2020, 11:35

Volker mit dem hier:

"Doch bereits vor meiner Selbständigkeit hat mir ein älterer Kollege, den wir gerade erst zu Grabe trugen, gesagt, dass nie etwas so bleibt wie es ist. "Volker, die DDR verschwindet, und Karl Loch bekommt seinen Betrieb wieder!". Das sagte Rudolf Meyer bereits um 1985!" Textauszug ende

Wer war jetzt gleich nochmal Karl Loch? Echt jetzt Volker, dieser Meyer muss im Alltag irgendwie interessierter Hellseher gewesen sein. Zumal ich persönlich zu DDR-Zeiten nicht einen Gedanken an die Zukunft verschwendet habe.Weil, ganz wichtig in der DDR war das heute und jetzt so eben dieses "Das tagtägliche Objekt der Begierde, in welcher Form auch immer."

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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Volker Zottmann » 30. August 2020, 11:37

"Deutschland einig Vaterland" War in der DDR verdammt, nicht mal seine Hymne durfte man singen. Und so hätte diese lauten Rufe nach einem Deutschland früher keiner zu äußern gewagt.
Als sich dieses Einheitsfenster auftat, war logisch auch die schnelle DM-Einführung ein gewalties Lockmittel, eine Verheißung.
Das hier der Rest kollabieren musste, war normal doch vorhersehbar. Jetzt ging es eben nur schneller. Die DM war also auch "Brandbeschleuniger"!
Was, wenn alles langsamer von Statten gegangen wäre? Ein Sterben auf Raten ist eigentlich noch grausamer als der befreiende Schnitt.
Und wenn hier schon eine ganze Riege von "Sozialleistungen" spricht, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass gerade diese der klammen DDR das Genick brachen.

Gruß Volker
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Olaf Sch. » 30. August 2020, 11:42

Nostalgiker hat geschrieben:Nicht das verschwinden des Kraken MfS war es sondern die Gier nach der DM ......


ne, die urban legend gibt es nur in deiner Bubble...
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Nostalgiker » 30. August 2020, 11:47

Erfreu dich einfach an deinen Beatles Platten welche du nach 1989 nicht mehr für horrende Schwarzmarktpreise kaufen mußtest.
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Volker Zottmann » 30. August 2020, 11:47

Edelknabe hat geschrieben:
Wer war jetzt gleich nochmal Karl Loch? Echt jetzt Volker, dieser Meyer muss im Alltag irgendwie interessierter Hellseher gewesen sein. Zumal ich persönlich zu DDR-Zeiten nicht einen Gedanken an die Zukunft verschwendet habe.Weil, ganz wichtig in der DDR war das heute und jetzt so eben dieses "Das tagtägliche Objekt der Begierde, in welcher Form auch immer."

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Karl Loch war Harzgeröder. Wenn Du wochenlang nicht liest und Dich dann mal einklinkst, muss ich nicht wieder bei der Ursuppe anfangen.
Mit Meyer habe ich besonders zwischen 1983 bis 1985 sehr oft geredet. Er, genauso alt wie mein Vater und besagter Firmenchef Loch. Edelknabe im Gegensatz zu Dir war der Rudi an allem interessiert und zukunftszugewandt.
Wer wie Du ohne Visionen (Zukunft) vor sich in der Gegenwart hindümpelt, verpasst viel und ist perspektivlos, antriebslos, passiv eben. Mehr werten will ich gar nicht. Wer in der DDR nicht dachte, war ein doofes Schaf.

Gruß Volker
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 13:51

... Am 3. Oktober 1989 waren wir (meine Freundin und ich) bei ihren Eltern zur Silberhochzeit eingeladen. An genau diesem Tag vermeldete der Rundfunk, dass die DDR-Regierung nun auch die Grenze zur CSSR geschlossen hat. Nun war das DDR-Volk vollständig eingeschlossen, die CSSR war nun auch noch dicht.
Begründet wurde dies wohl, wenn ich mich recht entsinne, mit den vielen illegalen Ausreisen, denen man mit der Schließung der Grenze zur CSSR etwas entgegnen wollte. Dass dies nicht der richtige Weg sein sollte, war wohl allen klar. Dennoch hoffte man, dass diese Maßnahme nur von kurzer Dauer sein sollte. Vor allem mein "Schwiegervater" äußerte sich sehr kritisch. Sein Bruder, der in Berlin im Handelsministerium arbeitete, hoffte auch, dass sich die Lage irgendwie bald wieder beruhigen würde.

Als Erzgebirger bin ich immer sehr gern ins Tschechische gefahren (mache ich auch heute noch sehr gern!). Meistens als Tagesreise. Dass dies nun auch vorbei sein sollte, machte mich betroffen ... Dennoch gab es für mich im Herbst 1989 ganz andere wichtige Dinge. Seit wenigen Wochen arbeitete ich frisch nach dem Studium in meinem Beruf, die Wohnung sah noch längst nicht so aus, wie man sie sich gern vorstellt und das tägliche Leben ging weiter. Mitnichten war es so, dass sich minütlich alles um Politik drehte.

Meine Oma hatte wenige Wochen vorher eine einwöchige Urlaubsreise nach Karlovy Vary gebucht und ihre Tocher (meine Mutter) sollte sie begleiten. Meine Oma war ganz aufgeregt und verunsichert. Allerdings betraf sie die ganze Situation tatsächlich nicht. Beide konnten ganz normal ihren Urlaub in Karlsbad verbringen. Mein Vater fuhr sie hin und holte sie auch wieder dort ab.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Dr. 213 » 30. August 2020, 14:22

Nostalgiker hat geschrieben:Nicht das verschwinden des Kraken MfS war es sondern die Gier nach der DM ......


Nur der Ordnung halber, zuerst wurden die Stasizentralen besetzt.
Der Ruf nach DM wurde erst im Frühjahr 1990 und dann so richtig noch einmal vor der ersten freien Wahl laut.

Wenn sich die Stasionkels in den wenigen Jahren DDR- Geschichte nicht so rüpelhaft und menschenverachtend produziert
hätten, so hätte die im Herbst 1989 wohl kaum einer als Ziel des Hasses auf dem Zettel gehabt.
Stasi in die Produktion, daß war die Wertschätzung, die man zum Schluss noch für diesen VEB "Liebe für Alle" übrig hatte.

Den Wunsch nach einer echten Währung als Gier zu bezeichnen ist mir zu klassenkämpferisch.
In Kuba wären die einfachen Menschen froh, wenn man dieses Dreiklassensystem beim Einkaufen endlich abschaffen würde.
Und auch dort würde es notwendig sein, dazu zuerst die derzeitigen Machthaber plus ihren Repressionsapparat zu entfernen.

Herzlichst
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Kumpel » 30. August 2020, 15:14

OaZ hat geschrieben:
Nostalgiker hat geschrieben:Nicht das verschwinden des Kraken MfS war es sondern die Gier nach der DM ......


Das kann ich so unterschreiben.
Am liebsten mit den sozialen Vergünstigungen, die man bisher kannte.

Letztlich hat genau das mit dem zu tun, was ich an anderen Stellen schrieb: die prekäre Versorgungslage in der DDR, die sich nun mit der starken DM verändern sollte.


Na dann unterschreibe mal diesen Quatsch.
Fakt ist , dass im Herbst 89 niemand mehr ein Stück Brot von SED und Stasi nehmen wollte.
Die DDR Führung hatte keine Antworten mehr und das Vertrauen völlig verloren.
Man hatte die Jahrzehnte langen Lügen und Bevormundung einfach satt.
Zu dieser Zeit dachten die Wenigsten an DM und Bananen.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 15:17

Kumpel hat geschrieben: ...
Fakt ist , dass im Herbst 89 niemand mehr ein Stück Brot von SED und Stasi nehmen wollte.
...


Da stimme ich zu. Die haben das aber auch nur in den seltensten Fällen verkauft.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon augenzeuge » 30. August 2020, 16:07

Edelknabe hat geschrieben: Zumal ich persönlich zu DDR-Zeiten nicht einen Gedanken an die Zukunft verschwendet habe.

Rainer Maria


Klar, dort wurde dein Leben auch bestimmt, gelenkt,gelebt.
Ist das denn schön, wenn man gar nicht an die Zukunft denken kann? Ist ja wie ein Tier im Zoo.

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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon augenzeuge » 30. August 2020, 16:09

OaZ hat geschrieben:
Kumpel hat geschrieben: ...
Fakt ist , dass im Herbst 89 niemand mehr ein Stück Brot von SED und Stasi nehmen wollte.
...


Da stimme ich zu. Die haben das aber auch nur in den seltensten Fällen verkauft.


Die Metapher versteht man schon.

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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Nostalgiker » 30. August 2020, 17:00

Dr. 213 hat geschrieben:
Den Wunsch nach einer echten Währung als Gier zu bezeichnen ist mir zu klassenkämpferisch.

Herzlichst
Dr. 213

Das mit dem "klassenkämpferischen" hast du sehr schön formuliert,
leider ist das einfach nur albern und da weißt du auch ....
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 30. August 2020, 19:37

Welches Programm wir am 9.11.1989 im Fernsehen ab 20 Uhr geschaut haben, ist mir nicht mehr erinnerlich. Ob Hans-Georg Ponesky genervt hat oder wir etwas anderes geschaut haben, weiß ich nicht mehr. Und dass Angela Merkel, die damals kaum einer kannte, in der Sauna war, erfuhr ich auch erst viele Jahre später.
Aber irgendwann abends kamen die ersten Bilder der offenen Grenze in Berlin. Es war unfassbar, was sich abspielte.
In einer modifizierten Form von Schockstarre starrten wir auf die Mattscheibe, wohl ziemlich oft und unbewusst mit der Hand vor dem geöffneten Mund. Hin und wieder bewegten sich unsere Köpfe horizontal ... wie von Geisterhand gesteuert.
Langsam wurde mir klar, was vor wenigen Stunden in den Nachrichten gemeldet wurde ...
Intuitiv wurde mir klar, dass hier etwas völlig Unvorstellbares geschah ...

Das Wort des Abends und wohl auch der folgenden Tage war "Wahnsinn".

Später wurde dieses Wort auf der orangen Plastik-"Couch" auf der Bösebrücke an der Bornholmer Straße, wo sich die Grenze zuerst öffnete, verewigt. Wenn man sich auf dieses Kunstwerk setzte, erklang "Wahnsinn". Leider habe Idioten die "Couch" mehrfach mit Graffiti verschandelt. Das beim Draufsetzen zu hörende Wort kommt inzwischen leider auch nicht mehr. Ich finde es wirklich schade, es war ein Kunstwerk der ganz anderen Art ... völlig unkonventionell und auch die Generation Graffiti hätte sich damit anfreunden, es zumindest verschandelungsfrei tolerieren können. Leider erfolgte dies nicht. Mich macht das wütend ... heute noch!

Am folgenden Freitag gab es, wie wohl überall in den beiden deutschen Landen, nur ein Thema ...
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Volker Zottmann » 30. August 2020, 20:59

Dieser Thread trennt mal von ganz allein die Spreu vom Weizen.
Ich danke ALLEN Schreibenden.
Mehr schnelle Aufklärung zu Eurem persönlichen Denken 1989 und teils sogar heute hat es so offen nie gegeben.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Volker Zottmann » 30. August 2020, 21:14

Von zweien werden hier einfach die politischen Abläufe in ihrer Reihenfolge verwechselt. Bei einem vielleicht versehentlich. Beim zweiten aber in voller Absicht.

1. Zuerst wich die Angst, man merkte, dass es Massen waren, die von SED und Stasi die Nase voll hatten und wurde so selbst mutiger. Das war die revolutionärste Umwälzung. Heims gepriesener aufrechter Gang wurde bis zur Perfektion geübt.
2. Dann erst fiel durch Volkes Druck die Mauer.
3. Jetzt in der Ohnmachtstaumel des Geschehens wurden erst Rufe nach einem Deutschland laut. Früher ist das in der Breite nicht geschehen.
4. Kohl kam... und um das Chaos nicht zu verschlimmern, kam bald die DM ins Spiel. Ziemlich parallel liegen multinationale Verhandlungen aus denen die 2 plus 4 Verträge hervorgingen.
5. Das Volk wurde am 3. Oktober wiedervereint, indem die DDR aufhörte zu existieren und 5 ebenso alte Teilländer, die es ja schon mal bis in die frühen 1950er Jahre gab, wurden angehängt.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Olaf Sch. » 31. August 2020, 05:33

Genauso ist es, im oktober hat noch keiner an eine Wiedervereinigung oder DM gedacht. Als dann die Grenze aufging wurde das schnell anders, wie wollte man in die Welt reisen mit 15 DM? Man wollte eben auch richtiges Geld verdienen und nicht für Indianergeld arbeiten.

@nosti 89 hatte ich schon alle Platten.
Olaf Sch.
 

Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon OaZ » 31. August 2020, 09:10

In den folgenden Tagen nahmen es Eltern am Sonnabend mit dem noch existierenden Sonnabend-Unterricht nicht mehr so genau. Ein Freund, der als Lehrer arbeitete, erzählte mir, dass am Sonnabend manchmal nur noch eine reichliche Handvoll Kinder vor ihm saßen. Eltern hatten sie einfach "aus der Schule genommen" (ein damals nicht unüblicher Begriff) ohne einen Antrag auf Freistellung zu schreiben.
Am Montag kamen von manchen (noch nicht mal von allen!) Entschuldigungen à la Bauch- und Kopfschmerzen und ähnliches. Da Kinder aber eben doch sehr ehrlich sind, erfuhr man schon bald, dass die besagten Kopf- und Bauchschmerzen auf der Fahrt nach Westberlin oder Hof oder Selb doch schon recht schnell erträglicher wurden und nach Erhalt der 100 DM Begrüßungsgeld wie durch ein Wunder völlig verschwanden.

Stimmen wurden laut, den Sonnabend-Unterricht, der grundsätzlich nur 4 reguläre Unterrichtsstunden betraf, gänzlich abzuschaffen. Dies rief natürlich einige Bildungs"politiker" auf den Plan, die dann vorrechneten, dass dadurch im Laufe der 10 Schuljahre fast ein ganzes Jahr ausfallen würde. Natürlich eine Milchmädchenrechnung. Es sollte jedoch nicht mehr allzu lange dauern, bis der Unterricht am Sonnabend tatsächlich abgeschafft wurde. Im 2. Halbjahr des Schuljahres 1989/90 fand sonnabends keine Schule mehr statt.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon Edelknabe » 1. September 2020, 09:51

Jörg mit dem hier:

"Klar, dort wurde dein Leben auch bestimmt, gelenkt,gelebt.
Ist das denn schön, wenn man gar nicht an die Zukunft denken kann? Ist ja wie ein Tier im Zoo."Textauszug ende

Klar Jörg, links lag ein Stasimann, rechts einer im Ehebett, mittendrin wir.Die bestimmten dann Stellung, Zeitpunkt, lebten unser Leben und Ironie aus. War der gut? Wie jetzt Zukunft und träumen von.....was? Du hast bestimmt tagtäglich geträumt.Im Westen dann, oder doch eher wie ich....eher was gemacht?

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PS: Der Volker wieder. Der mag das irgendwie, das niedermachen, so das mit dem doofen Schaf.Da muss ihm sinngemäß immer einer abgehen, auf seine alten Tage.
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Re: Mein Urlaub in Ungarn Sommer 1989

Beitragvon augenzeuge » 1. September 2020, 10:17

Edelknabe hat geschrieben:Jörg mit dem hier:

"Klar, dort wurde dein Leben auch bestimmt, gelenkt,gelebt.
Ist das denn schön, wenn man gar nicht an die Zukunft denken kann? Ist ja wie ein Tier im Zoo."Textauszug ende

Klar Jörg, links lag ein Stasimann, rechts einer im Ehebett, mittendrin wir.Die bestimmten dann Stellung, Zeitpunkt, lebten unser Leben und Ironie aus. War der gut? Wie jetzt Zukunft und träumen von.....was? Du hast bestimmt tagtäglich geträumt.Im Westen dann, oder doch eher wie ich....eher was gemacht?

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Nein, der war nicht gut. Bist du denn blind für die Entwicklung gewesen? Hättest du damals mal deine Meinung so gesagt wie heute, wäre dir klar was ich meine.

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