Im Brummi unter Hunderten von Trabis
Verfasst: 18. September 2018, 08:46
Edertal-Bergheim. Die Nacht der Grenzöffnung erlebte Achim Schmidt aus Bergheim zwischen Eisenach und Wartha. Die Grenze zwischen der Bundesrepublik und der DDR hatte Achim Schmidt immer vor Augen. Von 1960 bis 1992 lebte er in Hünfeld, zwölf Kilometer entfernt von Rasdorf und dem bekannten „Point Alpha“.
Als Berufskraftfahrer fuhr Schmidt 1974 zum ersten Mal in die ehemalige DDR. Für seinen Arbeitgeber, die Spedition Ebert in Hünfeld, musste er von 1988 bis 1993 sogar zwei- bis dreimal pro Woche über die Grenze. „Ich benötigte bis zu drei Reisepässe im Jahr“, erinnert sich Achim Schmidt. Seine Touren führten ihn vor allem nach Unterloquitz bei Saalfeld an der Saale, um Schiefergranulat zu laden.
Die Grenze zu passieren, war oft mit langer Wartezeit verbunden. „Manchmal reine Schikane“, weiß Schmidt. Wenn es schnell ging, war seine Einreise in einer halben Stunde erledigt. „Es konnte aber auch bis zu sechs Stunden dauern.“ Oft hat der Fernfahrer gesehen, wie die DDR-Grenzer Karten spielten und ihre Arbeit erst fortsetzten, als ihnen der Sinn danach stand.
In den 70er Jahren gab es auf DDR-Seite ein schweres Eisentor, das hinter den Lkws verschlossen wurde. Daran erinnert Schmidt sich nur ungern. „Das war ein komisches Gefühl. Danach ging es nur noch nach vorne weg.“
Am 9. November, mittags, überquerte Achim Schmidt wieder die Grenze Eisenach/Wartha in Richtung Unterloquitz. In dem Schiefergrubenwerk spürte er den Druck der Arbeiter. „Die Menschen wollten raus“, sagt er. Eine eventuell bevorstehende Grenzöffnung war Thema Nummer eins. Der Bergheimer konnte sich das damals jedoch nicht vorstellen. Aber schon beim Auffahren auf die Autobahn in Erfurt staunte er über den dichten Verkehr, der sonst nicht üblich war. Bei Gotha hielt er auf einem Rastplatz an, um seine Zollpapiere fertigzustellen. Zwei Männer, Vater und Sohn, klopften an seine Tür und fragten, ob er sie mit in den Westen nach Herleshausen nehmen könnte. „Leute, das geht nicht“, sagte er zu ihnen.
Doch kurz darauf kam die Volkspolizei und erklärte, dass alle DDR-Bürger ausreisen dürften, die Grenzen seien offen. „Die Freude der beiden Männer war riesengroß, und ich nahm sie mit“, sagt Schmidt. Als Dankeschön schenkten sie ihm einen Strauß Wiesenblumen und zwei Gläser eingekochte Wurst. Auch 20 Jahre danach hat Achim Schmidt eine Gänsehaut, wenn er an diese Begebenheit zurückdenkt.
Viele Stunden brauchten die drei Männer in dieser Nacht für eine Strecke von etwa fünf Kilometern von Eisenach zur Grenzübergangsstelle (Güst) Wartha. Hautnah, fast auf die Stunde genau, erlebten sie in dem 40-Tonner die Grenzöffnung. Die gesamte Strecke war rot von Bremsleuchten. „Das werde ich nie vergessen“, sagt Achim Schmidt heute.
Der Tumult an der Grenze ist noch immer allgegenwärtig. „In den Menschen hat es gebrodelt“, so spürte er die Emotionen. „Sie wussten nicht ob die Grenze auch offen bleibt. Darüber hinaus hatten sie Angst, was sie erwartet, wenn sie zurückkommen.“ In Herleshausen verabschiedeten sich die beiden Männer von Achim Schmidt. Noch am selben Tag hatte er wieder eine Fahrt nach Unterloquitz, suchte seine Begleiter der letzten Nacht, fand sie aber nicht mehr.
https://www.wlz-online.de/landkreis/bru ... 09992.html
Die Schilderung des Herrn Schmidt rufen ähnliche Erinnerung an der GÜST Marienborn in mir wach. Auch ich werde das Erlebte nie vergessen und noch heute bewegt es mich sehr, wenn ich entsprechende Bilder sehe.
Als Berufskraftfahrer fuhr Schmidt 1974 zum ersten Mal in die ehemalige DDR. Für seinen Arbeitgeber, die Spedition Ebert in Hünfeld, musste er von 1988 bis 1993 sogar zwei- bis dreimal pro Woche über die Grenze. „Ich benötigte bis zu drei Reisepässe im Jahr“, erinnert sich Achim Schmidt. Seine Touren führten ihn vor allem nach Unterloquitz bei Saalfeld an der Saale, um Schiefergranulat zu laden.
Die Grenze zu passieren, war oft mit langer Wartezeit verbunden. „Manchmal reine Schikane“, weiß Schmidt. Wenn es schnell ging, war seine Einreise in einer halben Stunde erledigt. „Es konnte aber auch bis zu sechs Stunden dauern.“ Oft hat der Fernfahrer gesehen, wie die DDR-Grenzer Karten spielten und ihre Arbeit erst fortsetzten, als ihnen der Sinn danach stand.
In den 70er Jahren gab es auf DDR-Seite ein schweres Eisentor, das hinter den Lkws verschlossen wurde. Daran erinnert Schmidt sich nur ungern. „Das war ein komisches Gefühl. Danach ging es nur noch nach vorne weg.“
Am 9. November, mittags, überquerte Achim Schmidt wieder die Grenze Eisenach/Wartha in Richtung Unterloquitz. In dem Schiefergrubenwerk spürte er den Druck der Arbeiter. „Die Menschen wollten raus“, sagt er. Eine eventuell bevorstehende Grenzöffnung war Thema Nummer eins. Der Bergheimer konnte sich das damals jedoch nicht vorstellen. Aber schon beim Auffahren auf die Autobahn in Erfurt staunte er über den dichten Verkehr, der sonst nicht üblich war. Bei Gotha hielt er auf einem Rastplatz an, um seine Zollpapiere fertigzustellen. Zwei Männer, Vater und Sohn, klopften an seine Tür und fragten, ob er sie mit in den Westen nach Herleshausen nehmen könnte. „Leute, das geht nicht“, sagte er zu ihnen.
Doch kurz darauf kam die Volkspolizei und erklärte, dass alle DDR-Bürger ausreisen dürften, die Grenzen seien offen. „Die Freude der beiden Männer war riesengroß, und ich nahm sie mit“, sagt Schmidt. Als Dankeschön schenkten sie ihm einen Strauß Wiesenblumen und zwei Gläser eingekochte Wurst. Auch 20 Jahre danach hat Achim Schmidt eine Gänsehaut, wenn er an diese Begebenheit zurückdenkt.
Viele Stunden brauchten die drei Männer in dieser Nacht für eine Strecke von etwa fünf Kilometern von Eisenach zur Grenzübergangsstelle (Güst) Wartha. Hautnah, fast auf die Stunde genau, erlebten sie in dem 40-Tonner die Grenzöffnung. Die gesamte Strecke war rot von Bremsleuchten. „Das werde ich nie vergessen“, sagt Achim Schmidt heute.
Der Tumult an der Grenze ist noch immer allgegenwärtig. „In den Menschen hat es gebrodelt“, so spürte er die Emotionen. „Sie wussten nicht ob die Grenze auch offen bleibt. Darüber hinaus hatten sie Angst, was sie erwartet, wenn sie zurückkommen.“ In Herleshausen verabschiedeten sich die beiden Männer von Achim Schmidt. Noch am selben Tag hatte er wieder eine Fahrt nach Unterloquitz, suchte seine Begleiter der letzten Nacht, fand sie aber nicht mehr.
https://www.wlz-online.de/landkreis/bru ... 09992.html
Die Schilderung des Herrn Schmidt rufen ähnliche Erinnerung an der GÜST Marienborn in mir wach. Auch ich werde das Erlebte nie vergessen und noch heute bewegt es mich sehr, wenn ich entsprechende Bilder sehe.