Relikte der Vergangenheit. Eine Familie blickt zurück auf das Leben in DDR.Foto: privat
Von allen Dingen, die es hätten sein können, erinnert sie sich ausgerechnet an den Schmerz in den Beinen.
Anke Schumacher steht vor dem Kulturhaus in Kalbe an der Milde, einer Kleinstadt im Norden Sachsen-Anhalts. Zwischen Menschen mit Schildern in der Hand und papiernen Nelken auf der Kleidung. Kinder tragen blaue oder rote Tücher um den Hals, die meisten Erwachsenen Abzeichen auf der Brust und Jugendliche wie Anke dunkelblaue Hemden.
Sie alle sind schon stundenlang marschiert, haben Fahnen wehen lassen und die weiße Friedenstaube besungen. Jetzt stehen sie vor der Bühne, auf der einer vom Sozialismus erzählt und „SOOOzialismus“ sagt. Auch auf seiner Brust das Abzeichen, die Aufschrift: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands.
Es ist ein 1. Mai, in den 1980er Jahren. In der Deutschen Demokratischen Republik. Die Kalbenser feiern die Arbeiter, ihre Leistungen und den Frieden.
Und Anke erinnert sich daran, dass ihr vom Stehen die Beine wehtun.
Sie hockt sich hin, weil sie nicht mehr stehen kann. Zwischen den anderen in ihren Blauhemden. Sie verschwindet zwischen ihnen.
PROGRAMM FÜR DIE BILDUNGS- UND ERZIEHUNGSARBEIT IM KINDERGARTEN, BERLIN 1984, Seite 221
Die Kinder sollen wissen, dass der 1. Mai der Internationale Kampf- und Feiertag der Werktätigen ist. Sie sollen wissen, dass die Werktätigen diesen Tag zur Stärkung der DDR und zur Erhaltung des Friedens festlich begehen. Sie stellen fest, dass rote Fahnen und die Länderfahnen wehen und Freude herrscht. Es ist ihr Wunsch zu entwickeln, gemeinsam mit den Eltern an den Festveranstaltungen teilzunehmen.
Warst du gern da?
Nein, das war komplett langweilig.
Warum bist du dann hingegangen?
Jeder musste hin.
Das hat dich nicht gestört?
Das ging doch nur ein paar Stunden. Und den Rest des Tages hatten wir schulfrei. Sonst hätte ich auch Ärger von meiner Mutter bekommen.
Valerie Schönian sprach mit Mutter und Großmutter über das Leben in der DDR.Foto: privat
Der Bericht der Zeitzeugin geht hier weiter:
http://www.tagesspiegel.de/politik/25-j ... 73268.html
Ob wohl wieder jemand die Schilderungen bestreitet, nur weil er es so nicht erlebt hat?