Unsere Schrebergärten in den 50ziger Jahren

Unsere Schrebergärten in den 50ziger Jahren

Beitragvon Interessierter » 27. Januar 2017, 12:42

Es grünt so grün…wenn unsere Gärten blühen

Einen grünen Rasen hatten wir nicht, nur so viel Gras, wie wir für die Kaninchen brauchten. Der Garten war für Gemüse gedacht.
Es gab grüne Bohnen, große Bohnen – auch Pferdebohnen genannt, die immer voller schwarzer Läuse waren, allerdings nur auf den Blättern und Stämmen. Sauerampfer war eine Delikatesse, zubereitet wie Spinat, aber süß – hmm, lecker. Wurzeln (Möhren) aus dem Garten – ein bisschen den Sand abgescheuert und reinbeißen, das Kraut bekamen die Kaninchen. Auch Stangenbohnen hatte mein Vater gesät, dafür musste ein hohes Gerüst gebaut werden, damit sie hochranken konnten. Zu Schnippelbohnen wurden sie verarbeitet in Milchsoße, gibt es das noch? Die ersten Kartoffeln im Frühsommer, frisch aus der Erde gebuddelt, als Pellkartoffeln gekocht, mit Quark serviert, das gibt es heute noch bei mir.


Und dann die Erdbeeren und Johannisbeeren! Und im August rieselte es Pflaumen von zwei großen Bäumen – kleine Pflaumen ohne Maden. Nach den ersten "Pflaumenstürmen" haben wir sie wannenweise aufgesammelt, stundenlang entsteint und Pflaumenmus gekocht. Fünf Stunden musste das kochen, damit es eine sämige Masse wurde.

Auch Tabak hatte mein Vater mal angepflanzt, die großen Blätter wurden dann auf dem Dachboden getrocknet. Ob er sie selbst aufgeraucht oder verkauft hat, weiß ich nicht mehr.

1953 zogen wir von Bad Oldesloe nach Wandsbek. Ein riesiger Süßkirschenbaum stand hier im Garten. Nur im ersten Jahr hat Mutti gesagt: "Wartet doch mit dem Naschen, bis sie reif sind". Als sie reif waren, habe ich jeden Tag einen Korb voll mit zur Schule genommen für die Kinder, die keinen so tollen Kirschbaum hatten. Einmal torkelten die Hühner durch den Garten, worüber wir uns wunderten. Sie hatten die gegorenen Kirschen vom Boden aufgepickt und hatten nun einen Schwips.

Wenn die Sauerkirschen und die Johannisbeeren reif waren, kam Tante Fietsch zum Helfen und es wurde Marmelade gekocht. "Wir haben schon 50 Gläser im Keller", strahlte Mutti.

Der Birnbaum erinnert mich noch heute an das Gedicht vom "Herrn Ribbeck auf Ribbeck im Havelland"
. Er warf viele Früchte bis auf den Gehweg und in die Hecke. Als ein paar Jungs sie aufsammelten und Mutti nach ihnen rief, wollten sie schnell weglaufen. Aber Mutti rief sie zurück: "Nehmt euch so viele Birnen, wie ihr tragen könnt", und sie stopften sich freudestrahlend die Taschen voll. Die "gute Luise"
Gute Luise
war eine kleine, aber zuckersüße Birne, ich habe sie noch auf keinem Wochenmarkt gefunden.

Die Erinnerung an diese Zeit hat mich wohl geprägt. Als wir nach Alveslohe zogen und ich endlich einen eigenen Garten hatte, teilte ich sofort ein Stück für Gemüse ab. Es macht zwar Arbeit, aber die Freude ist groß, wenn ich ernten kann. Die Johannisbeeren haben wir in diesem Jahr aufgenascht, viel zu schade, sie zu Marmelade zu verkochen. Für Kartoffeln war das Frühjahr leider zu nass, aber grüne Bohnen und ein paar rote Beete habe ich geerntet. Ab und zu probiere ich Neues oder Altes aus: Bunte Möhren gab es im vorigen Jahr. Kräuter gedeihen immer. Und ab und zu wächst auch im Winter der Feldsalat.

Etwas Besonderes ist unser Apfelbaum, ein Boskop, der leider den Gemüsegarten zu sehr beschattet. Aber er entschädigt uns mit einer Fülle von Äpfeln, sodass ich rundum die Nachbarn und auch Freunde mitversorgen kann. Einige Äpfel wiegen stückweise 500 Gramm, sie haben fast die Größe eines kleinen Kürbisses. Und sie eignen sich hervorragend für Marmelade mit Kiwi, mit Orangen, mit Heidelbeeren, mit Pflaumen und besonders gut mit Ingwer. Auch in meinem Vorratskeller stehen mindestens 20 Gläser, und der Tiefkühlschrank ist mit reichlich Apfelmus gefüllt. Zum Naschen sind noch genügend Äpfel im kühlen Keller und der Rest ist dann für die Amseln.

Autorin: Renate Rubach

http://www.ewnor.de/rr/1041_rr.php

Diesen Beitrag der Frau Rubach lesend, kommt es mir vor, als hätte ich das selbst erlebt. Genau so erlebte ich es nämlich auch in meiner Kindheit und Jugend in Großvaters Schrebergarten.
Interessierter
 

Re: Unsere Schrebergärten in den 50ziger Jahren

Beitragvon Volker Zottmann » 27. Januar 2017, 15:33

Da sind wir schon zwei Wilfried.
Großelterns Garten war 3 Morgen groß. Riesig.
Die Gute Luise war auch mehrfach vorhanden, Ebenso Hasel-und Wallnüsse, terrassiert jede Menge Wein, Aprikosen-und Pfirsichbäume und sämtlich gängigen Stein-und Beerenobstsorten. Für uns in den Nackkriegsjahren bis 1989 oft einzige Gemüsequelle. Die Oma hat seit den 30er Jahren einen ganzen Bergrücken mit dem Opa und vielen Nachbarn als Neugärtner terrassiert und bepflanzt.
So haben sich schon Generationen durch den 2. Weltkrieg geschlagen. Wir brauchten so auch nur selten was zukaufen.
Die matschigen Rotkohlköpfe würden heute noch in den Gemüseverkaufsstellen liegen, wäre die DM nicht zu Besuch gekommen. [grins]
Zum Garten der Großeltern hatte ich 5 km zu radeln. Da war es Klasse, dass direkt hinter unserem Mini-Hausgarten alle Schrebergärten ab 1956 eingeebnet wurden. Dort stehen heute Wohnblöcke. Wir Kinder hatten aber gut 2 Sommer Obst im Überfluss aus den bereits enteigneten Gärten. Manch Vorbesitzer kam auch noch zum Schimpfen und Ernten vorbei.
In der DDR hatte der Schrebergarten aber noch viele Jahre länger einen noch viel höheren, rein existentiellen Wert als im Westen, glaube ich.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Unsere Schrebergärten in den 50ziger Jahren

Beitragvon Interessierter » 27. Januar 2017, 19:40

Volker, wenn ich so einen Zeitzeugenbericht lese, dann sehe ich den Garten meines Großvaters bildlich wieder vor mir. Dabei weiß ich noch heute, wo genau die Laube stand, wo welche Obstbäume und Sträucher und auch genau wo die Wasserpumpe stand, deren Wasser im Sommer so wunderbar schmeckt.

Heute ist dort die Anlage eines Sportvereins und wo das eine Tor des Fussballplatzes ist, da genau stand unsere Laube. Immer wenn ich da vorbeikomme sehe ich gedanklich, den Garten und meine Großeltern darin. Eine schöne Erinnerung.
Interessierter
 


Zurück zu Der normale Alltag i.d. DDR/BRD

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste