Kultur in der DDR

Kurz und Knapp, eben alles zum Thema Kultur

Re: Kultur in der DDR

Beitragvon pentium » 12. Oktober 2016, 16:42

Nostalgiker hat geschrieben:
PS.: Was haben überdachte oder nicht überdachte Grenzübergänge mit der Problematik der Kultur in der DDR zu schaffen?


Keine Ahnung. Aber die User welche diese Diskussion über die Grenzübergänge angefangen haben, werden es sicher wissen?

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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 12. Oktober 2016, 16:44

Bist Du Dir so sicher?
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 12. Oktober 2016, 17:05

Man könnte es als Kultur der Güsts bezeichnen. Anfangs standen die Grenzer eben mehr im Regen.... [flash]
Nunja, es ging um Karnaks Behauptung, man konnte nichts sehen. So ganz ist das nicht richtig, wie man sieht. Ein wenig hängts auch von der Jahreszahl und dem Ausbau der Güst ab.

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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 12. Oktober 2016, 17:21

Man hätte ja auch dem Kollektiv der Erbauer der Grenzanlagen insgesamt oder der architektonisch am schönsten gestalteten GÜST den Architekturpreis der DDR verleihen können und dann würde es halbwegs wieder passen mit der "Kultur".
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 17. Oktober 2016, 16:31

Warum Wolf Biermann gerne in der DDR geblieben wäre - ein Interview. (Hoffe wir hatten das noch nicht...)

Gibt es eine Zeit, über die Sie ungern geschrieben haben?

Biermann: Ja. Die ersten Jahre im Westen.

Über die haben Sie auch nur kurz erzählt.

Biermann: Mit Recht. Weil es die schlechteste Zeit in meinem Leben war. Ich war aus den Angeln gehoben, ich wollte ja in der DDR bleiben. Dort hatte ich nicht nur meine vertrauten Freunde, sondern auch meine vertrauten Feinde. Falsche Freunde sind gefährlich, das weiß jeder. Aber noch gefährlicher sind falsche Feinde. Der Westen war mir fremd, und ich war, obwohl ich so berühmt war und überall eingeladen wurde, auf einmal der Neue, der Anfänger. Unter diesen Bedingungen schreibt man doch keine guten Gedichte. Es hat ein paar Jahre gedauert, bis ich die westliche Gesellschaft begriffen hatte....................Meine Ausbürgerung war ein diktatorischer Willkürakt. Die deutsche Einheit war ein demokratischer Beschluss. Aber so westdumm, wie die Ossis waren nach dem Zusammenbruch der DDR, war ich allemal.


http://www.braunschweiger-zeitung.de/le ... waere.html

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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 20. Oktober 2016, 10:24

Verbotene Lektüre - Die heimlichen Leser in der DDR

In der DDR standen zahlreiche Bücher und Zeitschriften auf dem Index. Doch für viele Literaturinteressierte war genau das, was vom Regime verboten wurde, besonders interessant. Die Konferenz "Der heimliche Leser in der DDR" hat sich mit diesem dunklen Kapitel der DDR-Geschichte beschäftigt.

Heute kann man fast darüber schmunzeln, über die Oma aus dem Westen, die die Schuhe für den Enkel im Osten in die "Bild-"Zeitung eingewickelt hat, damit der Schwiegersohn auch noch was davon hat. Oder über die Tante, die die Fußballzeitschrift "Kicker" in ihr Korsett eingenäht hat, um sie dem Neffen in Leipzig zu schenken. Solche und ähnliche Geschichten werden immer wieder erzählt, bei der Konferenz des heimlichen Lesers. Oft sind diese Schmuggelaktionen glimpflich ausgegangen, viele Leser sind dafür allerdings auch ins Gefängnis gewandert. Zeitzeugen und Historiker treffen jetzt in Leipzig erstmals aufeinander. Für Dr. Siegfried Lokatis, Professor für Buchwissenschaft an der Uni Leipzig und Organisator der Konferenz, ist der Austausch zwischen Zeugen und Forschern das wichtigste.

"Heute muss man sagen, es handelt sich um eine bedrohte Erinnerung, wie kostbar das Wort sein konnte, wenn die Bücher verboten sind und ausgegrenzt werden. Wir reden über eine Zeit, wo Texte auswendig gelernt wurden, (…) wo es keine Kopiergeräte gab und Schreibmaschinen sogar observiert worden sind. (…) Und ich denke, dass das gerade in unserer Zeit der Informationsüberflutung eine wichtige Erfahrung ist, wie man dieses kostbarste Gut der Pressefreiheit beschützen muss."

Die nicht vorhandene Pressefreiheit hat sich in der DDR ganz unterschiedlich bemerkbar gemacht. So durfte beispielsweise die Geschichte der, laut DDR-Regierung, viel zu anarchistischen Pippi Langstrumpf zwar gelesen, lange Zeit aber nicht gedruckt werden. Als es endlich eine Druckgenehmigung für das Buch gab, kam es nur mit vielen Auslassungen und in geringer Stückzahl auf den Markt. Der "Wachtturm" der Zeugen Jehovas war hingegen seit 1950 verboten und blieb es bis 1989. Also haben die Gläubigen einzelne Seiten zum Beispiel in ausgehöhlten Backpflaumen versteckt oder im Dach eines Kleinbusses verschweißt. Wer dabei erwischt wurde, landete in der Regel im Gefängnis, und zwar für mehrere Jahre. Auch Baldur Haase saß über zwei Jahre im Gefängnis. Ende der 50er Jahre hatte ihm ein westdeutscher Brieffreund eine Ausgabe von George Orwells "1984" geschickt.

"Ich geh also am 13. Januar 1959 zur Arbeit in die Druckerei, nichts ahnend, stehen plötzlich zwei Herren neben mir, in zivil, fragen, ob ich der Herr Haase bin, ich sage ja. Ja, Sie müssen mitkommen, zur Klärung eines Sachverhalts und draußen haben sie mir dann die Handschellen angelegt."

Es kommt zur Verhandlung und Baldur Haase wird für zwei Jahre und drei Monate inhaftiert. Erst 1993, 30 Jahre nach seiner Freilassung, hat Baldur Haase in seiner Stasiakte gelesen, wie das Ministerium für Staatssicherheit auf ihn aufmerksam wurde.

"Die Staatssicherheit hat (…) eine inoffizielle Postkontrolle gegen mich eingeleitet. Das heißt, das Paket, in dem dieses Buch war, kam Anfang Juni, ist also bereits von der Staatssicherheit geöffnet worden, die haben das Buch entdeckt, fotokopiert und das ganze Buch an mich weitergeschickt. Und das war eine Falle der Staatssicherheit, in die ich hineingetappt bin. Die haben also beobachtet, was wird der Haase mit diesem Buch anfangen."

Baldur Haase denkt heute, dass ihm unterstellt wurde, er wolle eine Untergrundorganisation gründen. Dabei hat er sich nur mit seinem Brieffreund über Orwell ausgetauscht und darüber, welche Ähnlichkeiten dessen Schilderungen mit dem Leben in der DDR haben. Baldur Haase, damals gerade 19 Jahre alt, hat nie daran gedacht, dass die Stasi jede seiner Briefzeilen mitlesen würde.

Auch einer dieser heimlichen Mitleser berichtet bei der Konferenz über seine Erfahrungen. Gerd Reinicke war bei der Postkotrolle in Rostock, im sogenannten Referat Auswertung und Information. Auf seinem Schreibtisch sind jeden Tag dutzende geöffneter Briefe gelandet, die der Stasi mehr oder weniger verdächtig schienen.

"Das lächerlichste Beispiel kann ich immer anführen, die Neutextung von 'Sing mein Sachse sing'. Damals ein großer Schlager gewesen und da wurde eben umgedichtet 'Schwimm mein Sachse schwimm'. Jedenfalls wurde das von Mielke persönlich als staatsfeindlich eingestuft und wenn jemand diesen Text im Brief beilegte, sollten wir das unterbinden. Das heißt, der komplette Brief wurde konfisziert. Wir kannten das Lied vorher nicht und jetzt kannten wir es dann doch, haben auch darüber gelacht und es öfter mal übersehen, wenn es dabei war."

Im Einzelfall konnte Reinicke so etwas relativ leicht übersehen. Als Mitte der 80er Jahre jedoch immer mehr Schriften über die kirchliche Friedensbewegung seinen Schreibtisch passiert haben, ist sein Unbehagen gewachsen. Weil er wusste, dass die Autoren dieser Texte Recht hatten, hat Reinicke 1985 um seine Entlassung gebeten.

"Dass dahinter Personen standen, die auch handschriftlich geschrieben haben, was auch sehr persönlich war, das machte mich auf Dauer irgendwie mürbe. (…) Ich habe selber um meine Entlassung gebeten. (…). Das war einfach nicht vorgesehen und man suchte wochenlang irgendeinen Grund, mir irgendwas anzuhängen. Fand dann eben heraus, dass ich ideologisch aufgeweicht bin und knieweich und kapituliere und dem Feind damit in die Hände spiele und irgendwo stimmte das ja auch."

Die letzten vier Jahre der DDR waren für Gerd Reinicke damit ein einziger Spießroutenlauf. Freunde haben sich von ihm abgewendet und lange hat er keinen Job gefunden. Heute arbeitet Reinicke bei einer christlichen Organisation und spricht offen über seine Stasivergangenheit. Damit ist er allerdings der einzige Ex-Spitzel, der der Einladung gefolgt ist, zur Konferenz des heimlichen Lesers in der DDR.

http://www.deutschlandradiokultur.de/ve ... _id=167324

Kaum zu glauben aber wahr. Weil er Orwells Buch "1984" geschickt bekam, mußte er über 2 Jahre im Gefängnis absitzen. Da kann man nur froh und glücklich sein, auf der anderen Seite unseres geteilten Vaterlandes gelebt zu haben. [denken]
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Olaf Sch. » 20. Oktober 2016, 14:30

hat da nicht ein User erst vor ein paar Monaten genau das Gegenteil behauptet? Wer den Holocaust leugnet bekommt Ärger, wer kommunistische Repressalien und Gräueltaten anprangert wird lächerlich gemacht.
Olaf Sch.
 

Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 21. Oktober 2016, 15:37

«Die Verschwiegene Bibliothek»

Zensur ist ein gängiges Machtinstrument von Diktaturen. 2009 erschien der letzte Band der «Verschwiegenen Bibliothek» mit Texten, die in der DDR verboten waren.

Als «negativ feindliche Aussteiger» und «Machwerkeverfasser» wurden manche ostdeutschen Autoren von der Staatssicherheit verfolgt. Bei allzu aufmüpfiger Kritik am Real-Sozialismus der DDR drohten Schreibverbote oder die Abschiebung in den Westen. Schlimmstenfalls wurden die Autoren als «Staatsfeinde» vor Gericht gezerrt und landeten hinter Gittern. Das Schreiben haben die so Drangsalierten trotzdem nicht aufgegeben.

Wer sich tristen DDR-Alltag mit unumstößlichen Regeln, Kleinkariertheit, Ängsten und Repressalien nicht vorstellen kann, findet in Sallmanns autobiografischen Berichten, Gedichten und Prosa-Miniaturen viele Antworten. Nach einem ersten Auftritt Anfang der 1970er Jahre als Liedermacher im Chansonclub Leipzig haftet ihm der Makel an, «feindlich-negative Texte» in die Welt zu setzen. Tatsächlich ging es in seinem Lied zu Gitarrenmusik lediglich um eine zu enge Küche und um Liebe in der Badewanne.

Weitere Autoren der Edition sind unter anderem Henryk Bereska, Günter Ullmann, Sylvia Kabus, Thomas Körner, Heidemarie Härtl und Gabriele Stötzer. Auf rund 100 Autoren aus den Jahren 1950 bis 1990 ist das 2001 gegründete «Archiv unterdrückter Literatur in der DDR» inzwischen angewachsen. Mit Förderung durch die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sind dort Texte zusammengetragen worden, die in der DDR als «systemzersetzend» oder «schädlich» galten und nicht erscheinen durften. Die Initiatoren des Archivs, die Germanistin Ines Geipel und der Autor Joachim Walther, der nach der Veröffentlichung des Buches Sicherungsbereich Literatur als intimer Kenner der Verflechtungen von Stasi und DDR-Literaten gilt, fungieren als Herausgeber der Edition Die Verschwiegene Bibliothek.

http://www.news.de/medien/2902/verboten ... -stimme/1/

Passend zu meinem gestern von mir eingestellten Beitrag von 11,24 Uhr.
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 24. Oktober 2016, 11:33

Ostrocker: Die DDR-Zensur ausgespielt

Was Kontrolle und Mauerfall für Karat und das Rock´n´Roll-Orchester bedeuteten

Offiziell gab es in der DDR keine Zensur. Doch in der Praxis mussten Liedtexte einem Lektorat vorgelegt und Shows abgenommen werden. Ende September 1989 erntwarfen Unterhaltungsmusiker im Rahmen der friedlichen Revolution eine Resolution von Rockmusikern und Liedermachern, die Reformen in der DDR fordern. Diese wurde von den Künstlern bei Auftritten verlesen.

Berlin/Magdeburg l Es gibt schon kuriose Zufälle. Einer ist Karat am 9. November ´89 widerfahren. Ausgerechnet am Tag, an dem die Mauer fiel, spielten sie im Plattenstudio ein Lied ein, das die Zusammengehörigkeit von Ost und West demonstrieren sollte: die Duett-Version von "Über sieben Brücken musst du gehn" mit Peter Maffay. Die Herrschaften von Amiga wussten davon freilich nichts - sonst hätten sie wohl einen mittelschweren Herzkasper erlitten. Da die Plattenfirma zu dieser Zeit aus Geldnot mit einem Hamburger Label kooperierte, konnte Maffay unauffällig aus dem Norden zuarbeiten; und der Veröffentlichung zumindest im Westen hätte so auch nichts im Wege gestanden.

Karat nahmen ihren Teil in Ostberlin auf - 150 Meter entfernt von der Mauer. An jenem 9. November hatten sie ein paar Streicher dazugeholt. Als sie fertig waren und sich die ganze Truppe auf den Heimweg machte, kam sie an einem Imbiss mit einem kleinen Fernseher vorbei. Dort lief gerade die Schabowski-Pressekonferenz. "Alles blieb stehen", erinnert sich Karat-Gitarrist Bernd Römer. "Keiner hat richtig verstanden, was gesagt wurde. Aber jeder hat gespürt, hier passiert etwas Besonderes."

Dieser Tag schenkte den Musikern der DDR die künstlerische Freiheit. Zuvor waren jahrzehntelang unzählige Textzeilen der Zensur zum Opfer gefallen. Bei Karat traf es zum Beispiel den "Blauen Planeten". Darin hieß eine Zeile ursprünglich: "Liegt unser Glück nur im Spiel der Dämonen." Aus den "Dämonen" machte das Lektorat "Neutronen". So verwandelte es global gerichtete Kritik in eine am Westen. Denn die Amerikaner entwickelten gerade eine Neutronenbombe.

"Allgemein konnten wir aber mit der Zensur ganz gut umgehen, weil wir genau wussten, worauf die gucken", sagt Römer. "Außerdem hatten wir einen klugen Texter, der Themen fast fabelmäßig transportierte." Zum Beispiel beim "Albatros". Da sang die Band vom Drang der Sklaven nach Freiheit. "Hier wird ganz klar die Situation in der DDR geschildert. Aber das Ding wurde zugelassen, weil es in Ursprung und Wortwahl Parallelen gab zu Pablo Neruda, der eine Gallionsfigur des chilenischen Freiheitskampfes war." Dagegen konnte das Lektorat nichts sagen. "Oder es wollte nicht. Ich habe manchmal das Gefühl, dass es mehr durchlassen wollte, als ihr Auftrag war."

Weiter hier:
http://www.volksstimme.de/nachrichten/s ... pielt.html

Eine Zensur gab es natürlich in der DDR ( behauptete man damals ) und selbst heute noch soll es Menschen geben, die das behaupten und weiter glauben zu wissen, dass es in der DDR keine Diktatur gab... [flash]
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 24. Oktober 2016, 13:14

Interessierter hat geschrieben:
...... und selbst heute noch soll es Menschen geben, die das behaupten und weiter glauben zu wissen, dass es in der DDR keine Diktatur gab...


Zur Abwechslung solltest du mal die Verfassung der DDR lesen und wenn du danach immer solchen Stuss behauptest ist dir wirklich nicht zu helfen.


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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 24. Oktober 2016, 15:58

Welche Verfassung?

Mir gefiel die hier am besten. Übrigens, man bestaune den Entwurf....ihn gab es schon Monate vor Gründung der BRD. [shocked]


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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Nostalgiker » 24. Oktober 2016, 16:08

Er war ja auch gesamtdeutsch konzipiert Augenzeuge.

Nicht nur Bilder schauen sondern sich auch mit der Geschichte des Deutschen Volkskongresses und des Deutschen Volksrates beschäftigen.
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 24. Oktober 2016, 16:15

Nostalgiker hat geschrieben:Er war ja auch gesamtdeutsch konzipiert Augenzeuge.


Richtig, und im Westen nur von der KPD unterstützt. Deshalb gefiel sie mir auch. [grins]
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Olaf Sch. » 24. Oktober 2016, 18:34

und was hat jetzt die Verfassung der DDR mit Kultur?? AHHH! BELLERISTIK! Reine Unterhaltungsliteratur. Na nur gut das es den Erklärbär Nostalgiker gibt... [hallo]
Olaf Sch.
 

Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 18. März 2017, 12:08

Als die SED das Gorbatschow-Kabarett verbot

Bild
„Dieses Stück darf nicht gespielt werden“, erklärten die Funktionäre des Ost-Berliner Senats dem SED-Parteisekretär der „Distel“. Es war das erste Mal, dass ein Programm im Admiralspalast (Foto) verboten wurde
Quelle: Distel-Archiv

Ende 1988 wollte das Ost-Berliner Kabarett „Die Distel“ Glasnost und Perestroika thematisieren. Ein Tag vor der Generalprobe kippte der Magistrat die Premiere. Aber die Generalprobe fand statt.

Das Programm fiel schon bei der sogenannten Abnahme durch. Es trug den Titel „Keine Mündigkeit vorschützen“ und sollte Ende 1988 im Ost-Berliner Kabarett „Die Distel“ Premiere feiern. Die Abnahme, so hieß in der DDR die Vorzensur, durch deren Filter alle Bühnenprogramme laufen mussten.

Die Autoren Inge Ristock und Hans Rascher hatten für ein Publikum geschrieben, das auf Michail Gorbatschows Glasnost und Perestroika im eigenen Land hoffte. Im Mittelpunkt stand die Frage: „Wie mündig ist der DDR-Bürger?“

Ristock und Rascher holten das heikelste Thema auf die Bühne, das in der DDR denkbar war: „Warum wollen so viele Menschen weg? Es muss doch herauszufinden sein, warum diese Menschen die Geborgenheit im Sozialismus ablehnen“. Sie spotteten über die Wahlen in der DDR: „Die Stimmen werden immer genau nachgezählt. Aber es werden einfach nicht weniger als 99,9 Prozent.“ [laugh]

Zwei Stunden weichgekocht

Derlei Spott hörten die Zensoren in der Diktatur des Proletariats natürlich nicht gern. Sie distanzierten sich von dem neuen „Distel“-Programm und lehnten jegliche Verantwortung dafür ab. Auf die Rückfrage des Ensembles, „Ist das jetzt verboten?“ lautete die Antwort aber: „Nein“. Die seinerzeit amtierenden „Distel“-Direktoren Norbert Dahnke und Heinz Lyschek reagierten mutig: „Wenn Sie die Verantwortung nicht übernehmen, müssen wir sie selbst übernehmen.“ Soviel Aufmüpfigkeit waren die SED-Oberen nicht gewohnt.

Am Tag vor der Generalprobe wurde Lyschek zum Berliner Magistrat ins Rote Rathaus zitiert. Der SED-Parteisekretär des Ensembles, Dramaturg und starker Förderer des kritisierten Programms, musste lange warten. Über zwei Stunden wollte man ihn weich kochen, bis schließlich Ellen Brombacher, bei der SED in Ost-Berlin zuständig für Kultur, mit vier weiteren „Kadern“ erschien und erklärte: „Damit wir uns einig sind – dieses Stück darf nicht gespielt werden!“

Lyschek sollte Stellung nehmen, wieso er als Parteisekretär nicht gesehen habe, dass das Stück sehr undialektisch sei. Er verteidigte das Programm als „gutes Stück zur rechten Zeit“. Kabarett dürfe nicht hinter den Problemen zurückbleiben, argumentierte er.

Höhnische Anweisung

Es nützte aber alles nichts. Lyschek selbst sollte das Verbot des Programms dem DDR-Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann mitteilen. Im Begleitbrief der SED hieß es höhnisch: So könne man „in der Öffentlichkeit den Eindruck eines vordergründigen, administrativen Eingriffs von außen vermeiden und die politischen Folgerungen begrenzt halten“.

Die Premiere wurde abgesagt. Doch für die Generalprobe am nächsten Abend waren bereits 400 Karten verkauft. Die Zensoren erwarteten, dass „Distel“-Leitung und Autoren die Gäste nach Hause schickten. Doch sie weigerten sich, das zu tun. Die Partei solle doch die Absage erklären. Doch die scheute sich davor und genehmigte lieber eine Vorstellung des einzigen in der „Distel“-Geschichte je verbotenen Programms.

Norbert Dahnke bat den Techniker, die Vorstellung aufzunehmen, und rettete den Mitschnitt vor dem Zugriff der Stasi. So kann man heute noch die Beifallsstürme hören, die das Ensemble mit seinem Programm auslöste.

Erst Mitte Dezember 1988 sprach sich das Verbot in Ost-Berlin herum. West-Korrespondenten berichteten darüber um Weihnachten. In der DDR-Kulturszene waren die Folgen verheerend. Die Künstler merkten am eigenen Tun, wie die DDR-Führung sie verprellte, wie sie die Augen vor Gorbatschows Kurs verschloss. Bald zeigten viel mehr Menschen die Mündigkeit, vor der sich die SED so sehr fürchtete.

https://www.welt.de/geschichte/article1 ... erbot.html

Wie dumm, dreist und dämlich müssen eigentlich diktatorische Regime sein, die so agieren? [flash]
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 11. Juli 2017, 10:03

Der sanfte Tod des Kabaretts „Die Stichlinge“
Ein Bericht von Wolfgang Hirsch, Eilenburg

In den fünfziger Jahren wurden Intellektuelle, zu denen man vor allem Ärzte und Künstler zählte, per se von den Genossen, die an den Hebeln der Macht saßen, misstrauisch beäugt. Aber ohne Kunst und ohne vorzeigbare wissenschaftliche Leistungen ging es auch nicht.

Partei und Regierung befanden sich in diesem Punkt in einer Zwickmühle. Eine neue Art von Kultur sollte her und proletarisch musste sie sein – auch auf dem Lande. Dies galt es zu fördern. Außerdem: In den Jahren nach dem 17. Juni 1953 hatten viele, auch junge, gut ausgebildete Menschen unter Diskriminierungen mancher Art zu leiden – einfach, weil ihre Eltern Ärzte, Pfarrer, Künstler oder mittelständische Unternehmer waren. Zehntausende waren schon über die damals noch offene Grenze gegangen, um diesem Druck zu entgehen.

Auf den Dörfern war damals genauso wenig los, wie heute. Fernsehen gab es auch noch nicht, sondern meist nur eine Kneipe. Einmal im Monat kam der Landfilm, um im Tanzsaal des Dorfgasthofes oder wo sonst eine Möglichkeit bestand, einen Film vorzuführen. Das war schon alles.

Da kam eine Lehrerin unserer kleinen Dorfschule in der Nähe von Jena auf die Idee, ein Kabarett zu gründen. Ich war 15 oder 16 Jahre alt, ging in der Kreisstadt zur Oberschule und wusste in den Abendstunden auch nicht allzu viel mit mir anzufangen. Also machte ich mit.

Aus den oben genannten Gründen wurde das Vorhaben von den Parteioberen geduldet. Schließlich wollte man die Bevölkerung einigermaßen bei Laune halten.

Wir bastelten uns ein kleines Nummernprogramm zusammen, dass auf die damals aktuellen Unzulänglichkeiten Bezug nahm: Es ging hauptsächlich um Missstände bei der Versorgung mit Lebensmitteln, mit Industriewaren, um bürokratische Herzlosigkeiten und ähnliches. Politische Fragen trauten wir uns nicht, zum Thema zu machen – die Schere im Kopf funktionierte schon ganz gut. Und die damit verbundenen Risiken – unsere Leiterin konnte ihre Anstellung als Lehrerin verlieren, wir Jungen riskierten unseren Platz an der Oberschule, den wir uns mühsam erkämpft hatten - waren uns zu groß.

Glücklicherweise blieben für den Anfang immer noch genug Themen übrig, die wir bearbeiten konnten. Aber es fehlte an fachlicher Anleitung. Durch Zufall lernten wir einen Mitarbeiter der Bühnen der Stadt Gera kennen. Wenn ich mich recht entsinne, war er dort als Dramaturg tätig. Der kam einmal in der Woche zu uns aufs Dorf und weihte uns in die Grundlagen der Schauspielkunst ein. Autos gab es kaum, auch keine Busverbindung oder ähnliches. Also setzte sich der etwa 50jährige Mann nach Feierabend auf das Fahrrad und radelte mehr als 30 Kilometer, um gemeinsam mit uns das Programm zu erarbeiten und zu proben. Spät abends fuhr er genau so wieder zurück, denn am nächsten Morgen wartete in seinem „Musentempel“ wieder der normale Arbeitsalltag. Er erwartete und bekam auch für diese Tätigkeit keinen Pfennig. Noch heute habe ich hohe Achtung vor dem Engagement und der Leistung dieses Mannes.

Nach und nach stellten sich Erfolge ein. Wir wurden bekannt und waren auf den Dörfern der Umgebung mit unserem Programm gern gesehene Gäste. An die Kernaussage eines unserer Sketche erinnere ich mich noch bruchstückhaft. Es ging auch damals schon um das Formularunwesen und um bürokratische Übertreibungen. Die Fabel: Die Putzfrau Müller benötigte Altpapier, weil sie damit die Fenster des Büros der Werkleitung abreiben wollte. Sie ging zum Leiter des Materiallagers und bat um ein paar Blätter. Der verlangte von ihr, dass sie Anträge in mehreren Durchschlägen an die Werkleitung, den Material-Disponenten, die Betriebsgewerkschaftsleitung, die Parteileitung und noch einige andere Entscheidungsgremien zu stellen habe. Da platzte ihr der Kragen. Die letzten Dialogzeilen lauteten. Putzfrau: „Ich brauche doch bloß ein paar Blätter!“ Lagerverwalter: „Frau Müller, Ruhe, Donnerwetter!“ Putzfrau: „Ich nehm’ die Formulare hier und pfeife auf ihr Altpapier.“ Sie knüllt die Anträge zusammen und reibt damit die Fenster blank. Es gibt eben Themen, die wohl immer aktuell bleiben werden – leider.

Ein Problem war, dass von uns eine so genannte „positive Satire“ gefordert wurde, was wir schon damals als ein Ding der Unmöglichkeit ansahen. Als uns immer öfter in die Programmgestaltung hineingeredet wurde und wir jungen Leute nach und nach zur Nationalen Volksarmee, zu Berufsausbildung oder Studium in die Städte abwanderten, starb unser Laienkabarett „Die Stichlinge“ einen sanften Tod.

http://research.uni-leipzig.de/fernstud ... /zz184.htm
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 14. August 2017, 11:11

Der Beataufstand am "Tag der Republik" 1965
Ein Zeitzeugenbericht von Bernd Gehrke

Am 7. Oktober 1965 schlenderten die Schüler R. und G. auf der Karl-Marx-Allee in Berlin vom neuen Kino »International« in Richtung der »Dynamo-Sporthalle«, die kurz hinter dem Strausberger Platz zwischen Fürstenwalder und Lebuser Straße stand.

Die Dynamo-Halle war nicht nur ein Ort des Sportes, sondern auch zahlreicher Kulturveranstaltungen der Hauptstadt. Und der »Tag der Republik« war stets ein besonderer Tag für die Jugend. An diesem Staatsfeiertag, der später »Nationalfeiertag« heissen sollte, war der Staat bisher immer bestrebt gewesen, Erwachsene wie Jugendliche durch Unterhaltungsangebote zur Teilnahme an jenem Volksfest zu gewinnen, das dem Volk völlig quer im Magen lag, seit der Staat vier Jahre zuvor das Volk mit einer Mauer eingesperrt hatte. Doch während in den letzten Jahren Musikveranstaltungen den Besuch so mancher dieser Feste lohnenswert gemacht hatten, war diesmal alles anders, völlig anders als in den letzten eineinhalb Jahren und selbst einige Wochen zuvor.

Noch im Sommer hatten die beiden Fünfzehnjährigen verschiedene Konzerte von Beatgruppen aus der DDR gesehen. G. hatte sogar das Glück gehabt, bei dem später zur Legende gewordenen Auftritt der kurz darauf verbotenen Leipziger Gruppe »THE BUTLERS« im Berliner Friedrichshain dabei gewesen zu sein. Es war dort fast so zugegangen wie bei den aus dem Westfernsehen bekannten Konzerten englischer Beatgruppen, wo Jugendliche versuchten, die Bühne zu stürmen, und die Mädchen kreischten und in Ohnmacht fielen. Eine Nummer kleiner war es natürlich, wie alles im Osten.


Seit mehr als einem Jahr war G. Stammgast in dem damals gerade renovierten und zu neuem Leben erweckten Jugendklub »Ernst Knaack« in der Greifswalder Straße, wo er in einer Beatband probte, die aber über Proben nie hinaus gelangte, weil ihr der Verstärker fehlte. Schulfreunde und er hatten die Band nach den Schulfestspielen der 1. Oberschule Prenzlauer Berg gegründet, mit denen im Juni 1964 das »Deutschlandtreffen der Jugend« vorbereitet worden war. Die Aula – voller Schüler, Eltern und Lehrer – hatte geradezu getobt, nachdem er zur Klampfe den durch die Beatles bekannten Song »My Bonny Is Over The Ocean« gesungen hatte – Text und Noten waren zum Glück im Musikbuch zu finden gewesen.

Doch seit dem Schulbeginn an der EOS ein Jahr später sah es plötzlich ganz anders aus. Denn Anfang September ’65 hatten die Rolling Stones in der Westberliner Waldbühne ein Konzert gegeben, bei dem ihre Fans das Gestühl zerlegt hatten. Seither war ebenso wie in den Springer-Zeitungen des Westens auch im Osten eine massive Kampagne gegen die Beatfans im Gange. Nicht nur in den Zeitungen der DDR wurden Langhaarige angegriffen. In der Schule wetterten Direktoren und Lehrer gegen Nihilismus und Dekadenz der westlichen Jugend, imperialistische Unkultur überhaupt, die auf diese Weise an Attraktivität freilich nur noch gewannen. Sehr schnell sprach sich im Klub und bei den Beatfans an der EOS herum, dass die Beatgruppen, die doch sowieso fast nur in Jugendklubs und einigen Gaststätten geduldet waren, nun nicht mehr auftreten dürften. So lag der Verdacht nahe, dass auch am 7. Oktober keine Beatbands oder sonstigen Jugendmusikgruppen spielen würden. Und in der Tat, so war es auch.

Auf dem Weg dorthin, zwischen Strausberger Platz und Lebuser Straße, kam den beiden eine Gruppe etwas älterer Jugendlicher entgegen. G. kannte einige von ihnen. Es waren Lehrlinge, die wie er im Knaack-Klub verkehrten. Diese sieben oder acht Siebzehn- bis Achtzehnjährigen waren angetrunken, hatten sich untergehakt und brüllten im Chor: »Eins - Zwei - Drei - Vier - Fünf - Sechs - Sieben - Acht - Neun - Zehn - Scheiße«. Auf die Frage hin, ob sie in der Sporthalle gewesen seien, blieben die Jugendlichen unter lautem Fluchen stehen und erklärten, dass dort »ooch nüscht los« und dass »allet hier doch nur Scheiße« sei. Darauf hin setzten sie ihren Marsch in Richtung Strausberger Platz fort, hakten sich wieder unter und begannen erneut laut zu brüllen: »Eins - Zwei - Drei - Vier - Fünf - Sechs - Sieben - Acht - Neun - Zehn - Scheiße«. Das war natürlich eine Gaudi, und da nun in der Sporthalle auch nichts los war, schlossen sich R. und G. dem Pulk an, allerdings zunächst noch ohne in die Brüllerei einzustimmen, mehr aus Neugier und Spaß.

Wie diese kleine Gruppe anschwoll und was sich daraus entwickelte kann man hier lesen:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... 10-gehrke/

Fazit:
Mit der wohl größten Demonstration seit dem 17. Juni 1953 war der 7. Oktober 1965 der Auftakt einer Welle von Jugendprotesten, mit der sich nach dem Mauerbau eine neue Generation von Arbeiterschaft und Intelligenzia selbstbewusst zu Wort meldete, während sich ihre Elterngeneration nach dem 13. August 1961 ins Unvermeidliche zu schicken begonnen hatte. Die repressive Politik des Staates gegenüber der Beatkultur und seine Politisierung des Kulturkonfliktes in den 60er Jahren führten nicht zu dem vom Parteistaat gewollten Ergebnis, sondern waren ganz im Gegenteil eine entscheidende Grundlage für die Entstehung einer neuen Generation von politischer Opposition in der DDR.
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 3. November 2017, 10:49

Hinter der Maske. Künstler in der DDR

Kunst in der DDR wurde als politisches und erzieherisches Element von der politischen Führung angesehen und war so nicht frei von Reglementierung. Wie Künstler in der DDR unter diesen politischen Bedingungen arbeiteten, wurde in einigen Ausstellungen schon thematisiert.
Die neue Ausstellung des Museums Barberini in Potsdam „Hinter der Maske. Künstler in der DDR“ stellt aber nicht diesen Aspekt der Kunst in der DDR in den Mittelpunkt, sondern betrachtet die Kunst aus einem ganz anderen Blickwinkel. Welcher das ist, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

http://www.centralberlin.de/blog/kuenst ... r/?lang=de
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon karnak » 3. November 2017, 13:11

Ich war letzte Woche dort, vordergründig um mir die Räumlichkeiten mal von innen anzuschauen. Ich bin immer wieder beeindruckt was Leute wie der Hasso Plattner oder auch ein Günter Jauch für Geld locker machen um über das Stadtbild etwas für das Gemeinwohl zu tun, Hut ab sage ich da ohne wenn und aber.
Was nun die Bilder dort angeht, ich bin ehrlich, einen besonderen Drat zur bildenden Kunst hatte ich noch nie, fehlt mir wohl einfach der Grips dazu. Selbst das Gekrakel vom Picasso ist für mich schlichtweg Müll. [flash] Jedenfalls ist es beeindruckend was die Kunstkritiker in diesen DDR Bildern alles so erkannt haben wollen, für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Und mir ist es ein Rätsel wer zu DDR Zeiten solch einen Schinken gekauft hat, von irgendwas müssen die Maler doch gelebt haben. Ich würde so ein Ding nicht aufhängen wenn ich 10 Euro dazu bekomme. [flash]
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 3. November 2017, 13:40

Die "DDR-Kunst" zu begreifen, war so schwer nicht.
Im heutigen "Richard von Weizsäcker-Gymnasium" in Thale gibt es noch in 2 Eingangsbereichen jeweils 2 sozialistische Mosaike. Schön bunt. Bei deren Schaffung wa ich dabei. Unsere Maurertruppe schuf den ebenen Untergrund, auf welchen das Künstlerehepaar ihre vorgefertigten Mosaike (seitenverkehrt auf Papier geklebt) in den Dünnbettmörtel drückten.
Die Kunst war doch nur, die Entwürfe der Fliesenschnipsel gut zu erläutern. So zeigt ein krähender Hahn in seiner Farbpracht die Lebensfreude und die großen Hände der Menschen die Kraft aller Werktätigen.
Wenn der pfiffige Handwerker erstmal zum Künstler erklärt wurde, kamen die Aufträge von Kulturbund und staatlichen Institutionen fast automatisch.
Bei den Sängern war es ganz ähnlich. Nehmen wir mal die Monika Herz, die genau mein Alter hat. Die trällerte pünktlich zum Interpimper 1973 ihre sülzigen sozialistischen Liedchen und war als "Star" geboren. Ihre damalige Anbiederei geht mir heute noch auf den Wecker....
Was ich aber aus eigenem Erleben kenne, ist die flächendeckende Überwachung und Bespitzelung aller Kunstschaffenden. Diesen Preis, den wirkliche Künstler und Interpreten zahlten, sollte niemand unterschätzen.

Gruß Volker
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon karnak » 3. November 2017, 14:01

Volker Zottmann hat geschrieben:Die Kunst war doch nur, die Entwürfe der Fliesenschnipsel gut zu erläutern. So zeigt ein krähender Hahn in seiner Farbpracht die Lebensfreude und die großen Hände der Menschen die Kraft aller Werktätigen.
Wenn der pfiffige Handwerker erstmal zum Künstler erklärt wurde, kamen die Aufträge von Kulturbund und staatlichen Institutionen fast automatisch.

Das leuchtet ja vielleicht noch ein, bei einem Picasso war das aber letztlich auch nicht anders, irgend ein Typ mit Kohle musste das Zeugs gut finden und es kaufen, dann findet es jeder gut der"dazu gehören will" .Zumindest begreife ich das nur so, vielleicht kann mir ja jemand erklären wo das Besondere in solchen Bildern liegt.
Und in Potsdam werden solche sozialistischen Bilder eher nicht ausgestellt sondern eher sowas hier. [flash]
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon pentium » 3. November 2017, 16:28

Kulturbanause....
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Spartacus » 3. November 2017, 19:48

pentium hat geschrieben:Kulturbanause....


Ist Geschmackssache Pentium und ich bin da bei Karnak.

Kunst ist für mich so etwas.

https://www.google.de/search?q=meyer+vo ... 20&bih=949

Und so etwas in der Art liebe und sammle ich. [hallo]

LG

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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Volker Zottmann » 3. November 2017, 22:11

Zu DDR-Zeiten hätte ich das nie zugegeben, ich bin begeistert von den ganzen russischen Malern der Peredwishniki. Die Wandermaler.... mal gut 120 Jahre rückwärts....
Deren Bilder sind Kunst. So gut gemalt, wie heute kaum fotografiert werden kann.
Dazu gekommen bin ich in Deutsch-Eylau auf den Maurischen Seen. Dort bekam ich einen Bildband von einer uns zugetanen Bibliothekarin geschenkt. So etwas Schönes hatte ich zuvor nie gesehen. Naturalistisch eben, so wie Spartas Bilder. Damit kann ich was anfangen.

In Canada lernte ich ein junges Mädchen kennen. Die Tochter eines ausgewanderten Holländers. Der Jo hat dort eine Familie gegründet und heute hat seine schöne Tochter ein Atelier im Okanagan-Tal in Kelowna. Sie ist auch vom Normalbild zur Abstraktion gekommen. Aber die Werke haben farblich dennnoch Aussagekraft. Da steckt ein Studium hinter. Deren Bilder kosten heute auch schon richtig Dollars. https://ellenhouben.weebly.com
Warum schreibe ich das? Weil es mich fasziniert, wie in der freien Welt ein junger Mensch seine Träume ausleben kann, wenn er will. Ohne Spitzel, ohne staatlichen Argwohn oder seinen sozialistischen Vorgaben, wie Kunst zu sein hat.

Gruß Volker
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Sirius » 4. November 2017, 08:15

Spartacus hat geschrieben:Kunst ist für mich so etwas.

https://www.google.de/search?q=meyer+vo ... 20&bih=949

Und so etwas in der Art liebe und sammle ich. [hallo]


Volker Zottmann hat geschrieben:Zu DDR-Zeiten hätte ich das nie zugegeben, ich bin begeistert von den ganzen russischen Malern der Peredwishniki. Die Wandermaler.... mal gut 120 Jahre rückwärts....
Deren Bilder sind Kunst. So gut gemalt, wie heute kaum fotografiert werden kann.
...
Naturalistisch eben, so wie Spartas Bilder. Damit kann ich was anfangen.


Ja, die klassische Malerei gefällt mir auch bedeutend besser als vieles der sog. modernen Malerei; ich bin da ganz bei Euch. Auf dem anderen Ende der Kunstskala stehen für mich in negativer Hinsicht so manche "Kunstwerke" z.B. von Joseph Beuys, wie der berühmte "Fettfleck" - fünf Kilo Butter in einer Ecke deponiert. Eine Putzfrau oder ein Hausmeister hatte dieses "Kunstwerk" aus Unwissenheit zerstört. [flash] Es folgten juristische Auseinandersetzungen und Schadensersatzzahlungen. Diese Kunstrichtung nennt sich "Aktionskunst". Bevor jetzt die Titulierung "Kunstbanause" kommt - jeder kann sich so etwas gerne in die Bude legen, stellen, hängen. Ich habe nichts dagegen, nur gefallen muss es einem nicht.

Aufgrund der Bücher meiner Schulzeit erinnere ich mich noch daran, dass es auch in der modernen Kunst eine neue Form des "Naturalismus" gibt. Er nennt sich seit ca. 50 Jahren Fotorealismus oder Hyperrealismus. Das was dort gemalt wird, ist atemberaubend in künstlerischer, handwerklicher Sicht. Die Farbtreue, das Licht, die Detailtreue ist überwältigend. Weniger die Motive sind interessant, sondern die Kunst so etwas zu malen. Schaut Euch mal diese Gemälde - auch vergrößert - an:

https://www.google.de/search?q=Ralph+Go ... 11#imgrc=_

https://de.nachrichten.yahoo.com/hyperr ... 26213.html

http://www.plusonegallery.com/exhibitio ... /image758/ (Bild mal vergrößern!)

Alles was Ihr dort seht, ist gemalt, nicht fotografiert! Wie Digitalphotos in HD-Qualität. Wer von uns würde so etwas auch nach jahrelanger Übung hinbekommen? Kaum jemand! Dazu gehört schon ein Talent. Anders als bei den klassischen Naturalisten werden beim Fotorealismus nicht nur überwiegend Portraits oder Landschaften gemalt, sondern auch ganz gewöhnliche Alltagsgegenstände, wie z.B. der Wohnwagen, der Innenraum und die Gegenstände in einem Restaurant u.s.w.. Die klassischen Naturalisten konnten dagegen vor Jahrhunderten nur überleben, in dem sie vor allem Portraits wohlhabender Bürger als Auftragsarbeit anfertigten. Sogenannte "Stilleben" z.B. eine Schale mit Obst brachten nicht so viel Geld ein, waren daher seltener.
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Sirius » 4. November 2017, 09:05

Mal ganz allgemein: Wer sich für Museen interessiert, dem empfehle ich die - ich nenne sie mal so - "Museumsfunktion" von google maps zu benutzen. Eine tolle Idee! Google hat mittlerweile weltweit zahlreiche Museen, Schlösser, und andere Gebäude innen und außen mit speziellen Kameras abgefilmt/abfotografiert. Dadurch kann man sich selbst durch das Museum bewegen.

Nachfolgend ein paar Beispiele. Die Bedienung ist einfach: Die linke Maustaste drücken und festhalten und dann die Maus bewegen. Heranzoomen mit dem Mausrad. Um sich fortzubewegen, den Mauszeiger/Cursor auf dem Bild nach unten bewegen bis ein Pfeil auf dem Boden eingeblendet wird, und dann den eingeblendeten Pfeil anklicken. Wer Google Street View kennt, der kennt schon die Bedienung.

Rijksmuseum Amsterdam/"Nachtwache":
https://www.google.de/maps/@52.3598494, ... 312!8i6656

https://www.google.de/maps/@52.3600252, ... 312!8i6656

Spiegelsaal Versailles:
https://www.google.de/maps/@48.804828,2 ... 312!8i6656
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Kumpel » 4. November 2017, 09:08

Sirius hat geschrieben:
Alles was Ihr dort seht, ist gemalt, nicht fotografiert! Wie Digitalphotos in HD-Qualität. Wer von uns würde so etwas auch nach jahrelanger Übung hinbekommen? Kaum jemand! Dazu gehört schon ein Talent.


Ja der Fotorealismus, durchaus beeindruckend, für mich persönlich hat das aber weniger mit Kunst als mit virtuos beherrschtem Handwerk zu tun.
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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon Spartacus » 4. November 2017, 17:09

Mal sehen, wem es gefällt?

Das macht meine Tochter mit ihrem Laptop. Sie hat da noch so ein Zusatzteil mit einem Stift und ein extra Programm.
Diese völlig neuartige Technik ist wohl auch ganz stark im kommen und meine Tochter wird da immer besser.

LG

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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon augenzeuge » 4. November 2017, 17:40

Kann die auch was Nettes zeichnen.... [shocked]

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Re: Kultur in der DDR

Beitragvon steffen52 » 4. November 2017, 17:47

augenzeuge hat geschrieben:Kann die auch was Nettes zeichnen.... [shocked]

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