DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Kurz und Knapp, eben alles zum Thema Kultur

DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon augenzeuge » 29. November 2012, 22:30

"Zensur hat es in der DDR bis zum letzten Tag gegeben, hohe Haftstrafen wurden gegen kritische Autoren selbst noch in den 80er-Jahren verhängt.

Dass in der frühen DDR der 50er-Jahre ein politisch missliebiger Schriftsteller inhaftiert werden und im Gefängnis durch schlechte Haftbedingungen zu Tode kommen konnte, war kein Einzelfall. Auch in den folgenden Jahrzehnten lebten kritische Autoren mit Überwachung und der Angst vor Verhaftung. Die Namhaften unter ihnen durften Teile ihrer Arbeit nicht publizieren oder mussten das Land verlassen. Es gab aber auch Unbekannte, deren Manuskripte in der Schublade blieben. Ihre Texte kommen erst seit 1989/90 zum Vorschein - ausgerechnet in den Stasi-Unterlagen."

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/stud ... s/1935696/

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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Edelknabe » 30. November 2012, 07:28

Man könnte jetzt texten, aber es wurde gelesen, es wurde viel gelesen, es wurde sehr gute Weltliteratur gelesen im kleinen Ländle DDR, schon das ersetzte auch mal das Manuskript von dem "Einen Aufbegehrer ", was nun nicht gerade durch die Zensurschere kam.
Dies sollte nicht den "Einen" mit seinem Werk schmälern nein, es sollte nur aufzeigen das seine Nichtzulassung eigentlich gar nicht in der Prozentzahl eine so herausragende Rolle spielte.

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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Volker Zottmann » 30. November 2012, 10:32

Woher Edelknabe willst Du denn wissen, wie viele Schriften wegen der Zensur erst gar nicht erschienen?
Ich habe selbst solch einen "Schneider" mit der Zensurschere in meiner weitläufigen Verwandtschaft gehabt. Und auch der las jeden Tag, und meist das, was nachher gar nicht erst gedruckt wurde. Und der war nur einer!
Wie viele Lektoren dieser Art es in der DDR gab wissen wir nicht.

Dass es ein Angebot an Literatur gab ist unbestritten. Nur durfte man nichts Spezielles wünschen. Denn das war garantiert vergriffen oder wurde nie verlegt. Nun komm aber bitte nicht mit Papiermangel... Für die Propaganda hats auch immer gereicht.

Gruß Volker
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Volker Zottmann » 30. November 2012, 11:56

Meine Firmen-Visitenkarten (DDR) waren nun wirklich keine Weltliteratur. Aber selbst die wurden vor dem Druck zensiert und bekamen erst dann eine Druckgenehmigung. Wenn die Druckerei eine sehr vertrauenswürdige war, konnte diese Vergabe auch in Eigenregie erfolgen. Das war aber keineswegs Standard.

Gruß Volker
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon vs1400 » 30. November 2012, 13:30

Edelknabe hat geschrieben:Man könnte jetzt texten, aber es wurde gelesen, es wurde viel gelesen, es wurde sehr gute Weltliteratur gelesen im kleinen Ländle DDR, schon das ersetzte auch mal das Manuskript von dem "Einen Aufbegehrer ", was nun nicht gerade durch die Zensurschere kam.
Dies sollte nicht den "Einen" mit seinem Werk schmälern nein, es sollte nur aufzeigen das seine Nichtzulassung eigentlich gar nicht in der Prozentzahl eine so herausragende Rolle spielte.

Rainer-Maria


na Rainer,
wieviel bücher hast du dir denn im sozialismus von braun, den zwei kirschs, heym etc.pp kaufen können, ohne stundenlang in der schlange zu stehen und dann doch wieder, ohne erfolg eines der begehrten exemplare ergattert zu habe, auf die lieferung der nächsten woche zu warten, oft auch ohne erfolg und dass konnte sich ziehen.
fast anderthalb jahre einem buch hinterher zu rennen, war doch nicht normal. da wurden auch bewusst auflagen gering gehalten, ist meine meinung.

wer damals nicht im vbk war, hatte schon vom grund her schlechte karten. dann eventuell noch jung und "frech", fast chancenlos.
die eitlen genossen künstler liesen sich ihre "zustehenden" plätze nicht streitig machen, bestes beispiel w. sitte, obwohl er kein literat ist.

gruß vs

ps: http://www.spiegel.de/kultur/literatur/systemkritische-texte-der-blutige-skalp-der-ddr-literatur-a-351092.html
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Volker Zottmann » 30. November 2012, 14:34

Soeben erhielt ich meine Buchbestellung zugeschickt:

"Kalaschnikow und Kaugummi" von Andreas Theodor Schön

Auch dieses Buch wäre der Zensurschere in der DDR zum Opfer gefallen. Um den Autor hätte man sich auch "fürsorglich "gekümmert.

Nun werde ich erst mal lesen...

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Affi976 » 30. November 2012, 15:22

Zitat Volker Z.:...Auch dieses Buch wäre der Zensurschere in der DDR zum Opfer gefallen. Um den Autor hätte man sich auch "fürsorglich "gekümmert.

das kannst Du schon sagen, OHNE es gelesen zu haben?
Du scheinst über wahrhaft übersinnliche Kräfte zu verfügen.
Ich habe dieses Buch schon vor mehr als einem halben Jahr gelesen und habe mich auch mit Andreas über dieses Buch ausgetauscht, erzählt er doch von derselben Gegend und derselben Zeit in der ICH dort lebte.
Ich wüßte keine Passage, für die er sich in der DDR hätte verantworten müssen. Er schreibt einfach nur, was er wie, zu seiner Zeit als Grenzsoldat an der Mauer erlebte.
Ein ähnliches Buch gibt es von Hebestreit. Schau mal nach, vielleicht hätten se den auch eingesperrt, für das was er schreibt. [flash]
Trotzdem viel Spass beim lesen, mir jedenfalls hats gefallen. Eine Lebensgeshichte, die mit beiden Beinen auf dem Boden steht.
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Volker Zottmann » 30. November 2012, 16:11

Hallo Affi,
mal langsam, auch ich war auf Nov65s Buch neugierig. Bitte Affi unterstelle mir doch keine Fähigkeiten, die ich nicht habe.

Meine Aussage braucht keine hellseherischen Fähigkeiten! Wo hast Du nur gewohnt und gedient? Ich jedenfalls in der DDR.
Es war jedem Armeeangehörigen verboten etwas über seine Dienststelle und Dienststellung nach außen zu tragen. Dafür war Haft angedroht!
Oder irre ich mich?
Nie wäre ein solches Buch in Umlauf gekommen. Der Schreiber in Spe aber hätte mit den Schlapphüten Bekanntschaft gemacht.

Ich bin gerade mit dem 1. Kapitel fertig. Oh diese Parallelen. (Wäschetausch, Rumscheuchen, 1. Ausgang)

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon augenzeuge » 30. November 2012, 16:21

Affi976 hat geschrieben:Ein ähnliches Buch gibt es von Hebestreit. Schau mal nach, vielleicht hätten se den auch eingesperrt, für das was er schreibt. [flash]


Affi, du musst nicht lachen. 100%ig hätte Hebestreit für dieses Buch Konsequenzen der DDR-Sicherheitsorgane gespürt.

Dazu folgende Leseprobe aus dem Buch:
"Meine politische Überzeugung war damals nicht systemkonform. Ich ahne nicht nur, dass alles Unsinn ist! Die haben doch nicht mehr alle Tassen im Schrank, die sind bescheuert, die sind verrückt!" Die wollen eine neue Welt, eine bessere Welt aufbauen und bescheißen ihr Volk. ....So um 1981 bekam ich eine Akte beim MFS in Suhl. Ich war eine "DDR Person mit politisch negativer Einstellung".

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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Affi976 » 30. November 2012, 19:32

Auf die Idee, ein solches Buch zu schreiben, wäre im Osten erst garkeiner gekommen. Damit war nämlich nicht so richtig Geld zu verdienen gewesen. Bücherschreiber arbeiten damit einen Teil ihres Lebens auf und das hatte, im Gegensatz zur heutigen Gesellschaft, nicht so wirklich einen interessiert.
Ich glaube auch kaum, dass in einem der beiden Bücher Dienstgeheimnisse verraten werden, die zur besonderen Behandlung geführt hätten. Wenn es danach ginge, was Soldaten draußen erzählt haben, hätte die halbe NVA/GT einsitzen müssen. Bereits ein halbes Jahr nach meiner NVA-Zeit, reiste ich in den Westen. Ein Kollege von mir, er war bei den Raketen, durfte ebenfalls reisen.Wenn es wirklich so brisant gewesen wäre, wie hier proklamiert wird, wäre eine wesentlich längere Wartezeit nötig gewesen.
Und das es Soldaten gab, aus welcher Weltanschaung sie auch kamen, die nicht mit diesem System einverstanden waren, dürfte auch dem härtesten Betonkopf im Osten nicht entgangen sein.
Bestes Beispiel dürften wohl die Bausoldaten, deren Zahl von Jahr zu Jahr sprunghaft stieg und politisch inhaftierten Soldaten gewesen sein.
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon augenzeuge » 30. November 2012, 19:42

Affi976 hat geschrieben:Bereits ein halbes Jahr nach meiner NVA-Zeit, reiste ich in den Westen. Ein Kollege von mir, er war bei den Raketen, durfte ebenfalls reisen.
VG Affi


Affi, bitte verwechsle diese Ausnahmen nicht mit der Normalität. Wer geheime Infos hatte, kam nicht in diesen Genuß. Es gab nicht Wenige, denen Versagungsgründe gegenüberstanden.
Haben wir nicht einen im Forum, der uns erzählte, dass er zig Jahre noch unter Beobachtung stand?
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Edelknabe » 30. November 2012, 20:37

Ich finde auch in der Bewertung der Literatur der DDR findet heute irgenwie eine gewisse Überhöhung...(man könnte es fast Oppositionsheldenkultur nennen) Derjenigen statt, die damals halt ihr Manuskript aus was für Gründen auch immer nicht verlegen durften. Ohne jetzt irgendwelche Schriftsteller zu benennen wurde doch sehr viel über Lebens und gerade den Arbeitsalltag in den sehr unterschiedlichen Zehnjahreszeiten getextet und logisch, bissel zwischen den Zeilen lesen musste man dabei schon.

Rainer-Maria der aber damals in der DDR-Zeit nicht unbedingt DDR-Schriftsteller bevorzugte, eher welche aus dem Westen oder eben die der großen Weltliteratur.
Übrigens, die Ausleih-Büchereien waren voll von guter Literatur, ich war da Stammkunde, schon als Kind.
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon vs1400 » 1. Dezember 2012, 00:01

Affi976 hat geschrieben:Auf die Idee, ein solches Buch zu schreiben, wäre im Osten erst garkeiner gekommen. Damit war nämlich nicht so richtig Geld zu verdienen gewesen. Bücherschreiber arbeiten damit einen Teil ihres Lebens auf und das hatte, im Gegensatz zur heutigen Gesellschaft, nicht so wirklich einen interessiert.
Ich glaube auch kaum, dass in einem der beiden Bücher Dienstgeheimnisse verraten werden, die zur besonderen Behandlung geführt hätten. Wenn es danach ginge, was Soldaten draußen erzählt haben, hätte die halbe NVA/GT einsitzen müssen. Bereits ein halbes Jahr nach meiner NVA-Zeit, reiste ich in den Westen. Ein Kollege von mir, er war bei den Raketen, durfte ebenfalls reisen.Wenn es wirklich so brisant gewesen wäre, wie hier proklamiert wird, wäre eine wesentlich längere Wartezeit nötig gewesen.
Und das es Soldaten gab, aus welcher Weltanschaung sie auch kamen, die nicht mit diesem System einverstanden waren, dürfte auch dem härtesten Betonkopf im Osten nicht entgangen sein.
Bestes Beispiel dürften wohl die Bausoldaten, deren Zahl von Jahr zu Jahr sprunghaft stieg und politisch inhaftierten Soldaten gewesen sein.
VG Affi


hallo AFFI,
o hast du denn das her? [flash]
was denkst du warum gewisse bücher bückware waren? nur wegen der geringen auflage?
die bücher vom landolf scherzer (vor der wende) zb. , die gab es nicht dann, wenn man sie wollte. dafür brauchte es sehr viel ausdauer und glück, oder erbarmen der jeweiligen buchverkäuferin.
wenn irgendein ex- grenzer, damals, ein buch über den dienst und seine gedanken geschrieben hätte, es wäre der renner schlechthin geworden. nur lies man genau dass eben nicht zu.

doch wie man aus den links erlesen kann, schickte man unliebsame autoren irgendwann nicht mehr in die russischen lager. man behielt sie im land und regelte es auf die humane art. [mad]

gruß vs
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Nostalgiker » 1. Dezember 2012, 01:53

vs1400 hat geschrieben:
.... ohne stundenlang in der schlange zu stehen und dann doch wieder, ohne erfolg eines der begehrten exemplare ergattert zu habe,
gruß vs


Das einzige mal das ich eine Schlange vor einem Bücherladen gesehen habe war als Harry Türk sein Buch "Der Gaukler" signiert hat......
entweder man kannte die Buchhändler oder man kannte sie nicht.
Schlange stand man nach Autoersatzteilen, bestimmten Lebensmitteln, eventuell noch nach Lizenzschallplatten aber nie nach Büchern......

Thoth

PS.: Es kam darauf an wo man wohnte und wie gut man die Buchverkäufer kannte .......
kannte man sie gut, bekam man alles was in der DDR verlegt wurde .....
Ich nehme zur Kenntnis, das ich einer Generation angehöre, deren Hoffnungen zusammengebrochen sind.
Aber damit sind diese Hoffnungen nicht erledigt. Stefan Hermlin

Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, dass man nichts zu verlieren hat. Janis Joplin

Psychologen haben herausgefunden, dass Menschen, die immer bei anderen auf die Rechtschreibfehler hinweisen, eine Persönlichkeitsstörung haben und unzufrieden mit ihrem Leben sind. Netzfund
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon vs1400 » 1. Dezember 2012, 02:15

Thoth hat geschrieben:
vs1400 hat geschrieben:
.... ohne stundenlang in der schlange zu stehen und dann doch wieder, ohne erfolg eines der begehrten exemplare ergattert zu habe,
gruß vs


Das einzige mal das ich eine Schlange vor einem Bücherladen gesehen habe war als Harry Türk sein Buch "Der Gaukler" signiert hat......
entweder man kannte die Buchhändler oder man kannte sie nicht.
Schlange stand man nach Autoersatzteilen, bestimmten Lebensmitteln, eventuell noch nach Lizenzschallplatten aber nie nach Büchern......

Thoth

PS.: Es kam darauf an wo man wohnte und wie gut man die Buchverkäufer kannte .......
kannte man sie gut, bekam man alles was in der DDR verlegt wurde .....


@ Thoth,
man bekam dann alles, was verfügbar war.

gruß vs
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Edelknabe » 1. Dezember 2012, 02:40

Meine Bücheregale sind übrigens voll von guter DDR-Literatur. Das für das vs wahrscheinlich Schlange stehen musste. Manche Bücher habe ich bis heute noch nicht gelesen und angeschafft wurde...der Großteil zumindest so vor 1976 und zwischen 1979-89. Thoth lag schon richtig," gewusst wo und wie komme ich da ran", das war die DDR. Ich gebe aber gerne zu, durch meinen Beruf haben wir in vielen Ecken von Leipzig gearbeitet, wo Bücher gedruckt worden,auch christlichen Verlagen, also hatte man in gewisser Weise Heimvorteil.

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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Interessierter » 17. August 2014, 09:02

Im stinkenden Untergrund
Der Schriftsteller Joachim Walther über die totale Kontrolle der DDR-Literatur durch die Stasi


Erich Honecker war bester Laune, für seine Zuhörer, die "lieben Freunde und Genossen" Schriftsteller, fand er nur lobende Worte. Die Bücher aus realsozialistischer Produktion bereicherten "das Denken und Fühlen der Werktätigen" und nähmen großen "Einfluß auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Lebensweise".

Huldvoll lächelnd dankte der SED-Generalsekretär den Literaten für die "Parteilichkeit" und "Volksverbundenheit" ihrer Werke. Stets hätten sie sich "als treue Weggenossen und Kampfgefährten der revolutionären Arbeiterklasse erwiesen".

Auch das Ministerium für Staatssicherheit, Schild und Schwert der Partei, hatte sich im Vorfeld eifrig um eine "störungsfreie Vorbereitung und Durchführung" der Veranstaltung bemüht. Um ein "öffentliches Auftreten feindlich-negativer Kräfte" zu "unterbinden", waren die Teilnehmer heimlich überprüft worden. Unzuverlässige Kantonisten ließ die Stasi schon bei den Delegiertenwahlen in den einzelnen Bezirken des Schriftstellerverbandes durchfallen.

Vorbereitung und Ablauf der Autorentagung im Mai 1978 demonstrieren beispielhaft, welche Bedeutung SED-Führung und Stasi-Spitze der Literaturszene der DDR beimaßen. Wohl kein anderes Milieu ist vom Mielke-Ministerium so lückenlos kontrolliert worden, wohl nirgends verfügte das MfS über ein so dichtes Spitzelnetz wie im sogenannten Sicherungsbereich Literatur.

Nicht nur prominente Autoren wie Kant, Fritz Rudolf Fries oder Sascha Anderson waren der Firma zu Diensten, sondern auch Hunderte kleinerer Geister. Bislang unbekannte Dokumente bezeugen, daß allein bei der zuständigen Diensteinheit in der Berliner Stasi-Zentrale, der Hauptabteilung XX/7, bereits 1975 insgesamt 379 Inoffizielle Mitarbeiter geführt wurden, überwiegend Angehörige des DDR-Kulturbetriebes.

Hinzu kommen etwa 600 Inoffizielle, die bei den Bezirksverwaltungen angebunden waren, sowie, vorsichtig geschätzt, 500 IM auf Kreisebene. Insgesamt waren also mindestens 1500 Spitzel auf mißliebige Künstler und Schriftsteller angesetzt. Die "Kulturoffiziere" des MfS verfügten damit über deutlich mehr willfährige Helfer als ihre Kollegen in vergleichbar großen Abteilungen.
Selbst in den Kirchen waren nie mehr als rund 800 IM eingesetzt.

Den vollständigen Beitrag findet man hier:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9094479.html

Nur gut, dass die Stasi in ihrem Überwachungswahn nicht bemerkte und ahnte, dass die Überwachten aller Gesellschaftsschichten sie gut 10 Jahre später einfach davonjagen würde.

" Der Interessierte "
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Re: DDR-Literatur zwischen Widerstand und Anpassung

Beitragvon Volker Zottmann » 17. August 2014, 09:42

Wie perfide das in der DDR abging, erlebte ich ja (fast) hautnah mit.

Uwe Kolbe (* 17. Oktober 1957 in Ost-Berlin) ist ein deutscher Lyriker und Prosaautor erhielt 1986 ein Dauervisum und reiste dann 1987 dauerhaft aus. Sein eigener Vater war auch auf ihn angesetzt, kranker kann ein Sicherheitsdienst doch nicht sein.
Kolbe Senior, inzwischen verstorben, leitete als Führungsoffizier ganze Heerscharen von IM an.

Wunderschön aufgedröselt ist die hier benannte Internetseite. Da kann jeder ganz leicht die Verquickungen und Verstrickungen dieses Staates und wie er mit seinen kritischen Künstlern umging nachvollziehen. http://de.inforapid.org/index.php?searc ... 20Matthies

Gruß Volker
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