Über die Witzkultur in der DDR

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Über die Witzkultur in der DDR

Beitragvon Interessierter » 3. Januar 2017, 11:00

"Obwohl es nichts zu lachen gab…" Widerspiegelung des traurigen Alltags in DDR-Witzen

„Was ist der Unterschied zwischen 40 Jahren BRD und 40 Jahren DDR? Die Antwort: 40 Jahre.“ In einer täglichen „Solidaritätsgemeinschaft“ klagten die Ostdeutschen untereinander und konnten sich auf unterschiedliche Weise beschweren. Über die Unzulänglichkeiten des täglichen Lebens wurden Witze gerissen und man machte sich über die politischen Führer lustig. Eine öffentliche Meinung gab es in der DDR nicht, dafür aber viele politische Witze, die ein Terrain für die DDR-Bürger darstellten, auf dem sie den Alltag weglachen konnten. Auf eine witzige Art und Weise wurde die DDR charakterisiert und „inhaltlich vermittelte der Witz stets eine Korrektur jenes Bildes, das offiziell von der Führung der DDR propagiert worden war.“1:
Zu Ehren des 30. Jahrestages der DDR wird ein neues Schuhmodell erfunden:

Die hohen Absätze sind aber nicht hinten, sondern vorne angebracht. Damit man

denkt, es geht bergauf.

Fritz schreibt im Staatsbürgerkundeunterricht einen Aufsatz: „Früher ging es uns

gut. Im Sozialismus geht es uns noch besser. Ich bin trotzdem der Meinung, dass es

am besten wäre, wenn es uns gut ginge.“

Wie kann man erklären, dass in Westberlin Smogalarm ausgelöst wird, im

benachbarten Potsdam aber nicht? Die DDR hat eben dichte Grenzen.


Die Unfreiheiten in der DDR ließen dem Bürger einzig den Witz als Möglichkeit des politischen Protests. Wo es das freie Wort nicht gab, musste der Witz herhalten, um Öffent-lichkeit herzustellen. Der Witz war somit Ersatz für die öffentliche Meinung. „In einer Diktatur ist der Witz das Entlastungsventil des Kleinen Mannes“, so der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk in einem Interview.2 Die Besonderheit des DDR-Witzes3 liegt in der satirischen Kommentierung des Alltags, der häufig groteske Situationen mit sich bringt. Vor allem die mangelhafte Warenversorgung in der DDR wird im Witz kritisch hinterfragt. Der Alltagswitz richtet sich dabei oft an den propagandistischen Parolen der SED aus, die in Plakaten und Kampagnen die sozialistische Ideologie zu festigen versucht.

Im Witz kommt aber auch direkter Protest gegenüber dem politischen System und seinen Machthabern zum Ausdruck, wie Antikommunismus und Antistalinismus, die neben Themen wie Verbot der freien Meinungsäußerung und Mangelwirtschaft den Inhalt dominieren. Auch wenn die Ostwitze pessimistisch waren, konnte man über sie schallend lachen. Gerade in den Anfangsjahren der DDR konnten politische Witze als „Antisowjethetze“ oder „Sabotage des sozialistischen Ausbaus“ ausgelegt werden, was zu Zuchthausstrafen führen konnte. Mit der Ausgabe der Satirezeitschrift „Eulenspiegel“ bemühte sich auch der Staat mit zunehmender Entspannungspolitik einen „amtlich geförderten Witz“ zu kreieren und in der Gesellschaft zu etablieren.

Bis in die 70er Jahre hinein wurde das Erzählen bestimmter Art politischer Witze in der Öffentlichkeit nach den politischen Strafgesetzen mit Freiheitsstrafen bedroht und geahndet. Dazu gehörten Sprüche und Scherzfragen, womit der Volksmund Mitglieder der eigenen Partei- und Staatsführung (vor allem Ulbricht und Honecker) sowie der Sowjetunion (Stalin und später Chrustschow) auf die Schippe nahm:

Aber auch harmlosere Kalauer und deren Erzähler waren dem Ministerium für Staatssicherheit nicht gleichgültig. Da aber gerade durch den Reiz des Verbotenen die Wirkung des Witzes (der „Witzeffekt“) verstärkt wird und das Erzählen von Witzen eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, seine Enttäuschung und Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen, entsteht eine blühende politische Witz-Kultur. Man spricht daher auch von Flüsterwitzen, da sie nicht öffentlich erzählt werden dürfen.

Den vollständigen Beitrag kann man hier lesen:
http://www.grin.com/de/e-book/296245/ob ... en-alltags

Harmlose Kalauer waren dem MfS nicht gleichgültig..... [laugh]
Interessierter
 

Re: Über die Witzkultur in der DDR

Beitragvon Werner Thal » 3. Januar 2017, 12:32

Siehe - Re: lachen erwünscht - von Werner Thal > 4. März 2016, 15:33 Uhr:

W. T.
Wer einen Rechtschreibfehler findet, darf ihn behalten.
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Re: Über die Witzkultur in der DDR

Beitragvon HPA » 3. Januar 2017, 15:25

Festival des politischen Witzes in der DDR

1.Preis : 3 Jahre Bautzen
HPA
 


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