Die Verteilung von Ferienplätzen gehörte zu den geheimnisvollsten Vorgängen in der DDR. Hiddensee-Urlauber landeten oft in seltsamen Ausweichquartieren - und bekamen skurrile Geschichten zu hören.
"In dreißig Minuten sind wir drüben", meinte der Käpt'n beiläufig und wies westwärts. "Drüben" bedeutete für DDR-Bürger normalerweise die Welt jenseits der abgeriegelten Grenzen. Die Ostseeinsel Hiddensee, die sich bei unserer Überfahrt 1982 schemenhaft im Nebeldunst am Horizont abzeichnete, war jedoch ohne Ausreisevisum erreichbar. Jeder Besucher musste aber ein Quartier nachweisen. Und da begann das Problem.
Übernachtungsmöglichkeiten auf Hiddensee waren rar. Neunzig Prozent aller privaten Fremdenzimmer - Hotels oder Pensionen gab es dort schon lange nicht mehr - mussten dem Feriendienst der Staatsgewerkschaft FDGB zur vertraglichen Nutzung gemeldet werden. Um die restlichen Zehn-Betten-Prozent buhlten Tausende Möchtegern-Ostseeurlauber aus dem DDR-Binnenland.
Die Hiddenseer hatten schnell den Marktwert ihrer vermietbaren Behausungen erkannt. Wer Waren bieten konnte, geriet eher in den Kreis der Auserwählten. Gefragt waren vor allem Kacheln fürs eigene Bad, elektrische Nachtspeicheröfen, Zement oder andere schwer zu beschaffende Baumaterialien.
Urlaub ohne Intershop
Die Verteilung von Ferienplätzen gehörte zu den geheimnisvollsten Vorgängen in der DDR. Wer sich um einen Hiddensee-Platz bemühte, bekam ihn garantiert nicht. Viele, die es per Gewerkschaft-Ferienscheck zufällig auf die autofreie Insel verschlug, waren enttäuscht. Sie wollten im Urlaub etwas erleben, doch in den Orten Kloster, Vitte und Neuendorf gab es weder Bars noch Strandpromenade oder Geschäfte, auch keinen Intershop. Maulende Feriengäste waren damals nicht selten. Kaum einer verspürte offenbar Lust, die Abende in den verräucherten Fischerkneipen zu verbringen.
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http://www.spiegel.de/einestages/urlaub ... 83589.html
Wie immer eine interessante und auch amüsante Geschichte von Uwe Gerig.
" Der Interessierte "