Möglichkeiten für Urlaubsreisen der DDR-Bürger ins AuslandEin Bericht von Dr. Rolf Beyer, Leipzig
Hatte jemand in der DDR den Wunsch seinen Urlaub in einem anderen Land zu verbringen, so war das nur in den sozialistischen Ländern möglich. Hierfür gab es folgende Varianten.1. Reisebüro der DDRIn der DDR gab es nur ein Reisebüro mit Filialen in der gesamten Republik. Dort konnte man Fahrkarten für die Deutsche Reichsbahn sowie Flugtickets erwerben. Hinzu kam die Vermittlung von Urlaubsreisen innerhalb der DDR. Den Schwerpunkt bildete aber der Tourismus in das sozialistische Ausland. Hierauf wird im Weiteren eingegangen.
Das Reisebüro der DDR schloss mit den Reisebüros der anderen sozialistischen Länder für jedes Jahr Verträge über den Tourismus ab. Dort wurde je Land geregelt, wie viel Touristen von dort die DDR besuchen und wie viel Personen aus der DDR Urlaub in dem anderen Land machen. Natürlich wurden dabei auch die Urlaubsorte und -zeiten, die organisatorischen Fragen sowie die jeweiligen Leistungen wie Übernachtungen, Vollverpflegung, kulturelle Veranstaltungen usw. geregelt.
Beim Reisebüro der DDR konnte dann jeder Bürger buchen. Die Reisen erfolgten in Gruppen bis 40 Personen. Für jede Gruppe gab es einen Reiseleiter der sicherte, dass die gesamte Organisation reibungslos klappte und allen Urlaubern die gebuchten Leistungen in hoher Qualität geboten wurden.
Daraus ergab sich, dass das Reisebüro sehr viele Reiseleiter benötigte. Diese waren alle nebenberuflich tätig. Ich hatte das Glück, dass ich einen Test bestand und so in das „Reiseleitergeschäft“ reinrutschte. So konnte ich jedes Jahr ein bis zweimal ins Ausland fahren. Erforderlich war, dass ich für diese Zeit meinen Urlaub nahm. Für mich war die Reise kostenlos, meine Frau musste, wenn sie mitfuhr, den vollen Preis bezahlen.
Während der Reisen musste man dann clever sein, da Tourismus ja ein Geschäft ist, an dem möglichst viele verdienen wollen. Gab es Pannen, für die der Reiseleiter verantwortlich war, musste er persönlich für den Schaden haften. Von so einem Fall habe ich aber nur ein einziges Mal gehört.
Bei den Reisen gab es dann zwei Möglichkeiten
a) Gruppenreisen mit individueller UrlaubsgestaltungDie Ziele waren meist mit dem PKW oder dem Zug erreichbar. Bei solchen Reisen sorgte das Reisebüro nur für die Unterkunft und die Verpflegung. Die An- und Abreise sowie die Urlaubsgestaltung selbst lag im Ermessen der Urlauber. Der Reiseleiter sicherte am Urlaubsort die gebuchten Leistungen und unterbreitete den Touristen Vorschläge für Besichtigungen, Ausflüge usw. und organisierte diese für Interessenten.
Bei einem solchen Reiseleitereinsatz mit Trabi in Polen, waren auch meine Frau und meine beiden Kinder mit. Das Ziel war Jastrzebia Gora an der Ostseeküste (eine Strecke 760 km). Außer viel Baden an dem schönen Strand machten wir auch mehrere Ausflüge. So besichtigten wir u.a. die in der Welt einmaligen Wanderdünen bei Leba (42 Meter hoch), die Halbinsel Hel sowie die Städte Gdynia (Meeresaquarium), Sobot (Mole mit 512 Meter längste der Welt) und Gdansk (spätgotische Marienkirche für 2.500 Menschen, außerdem Dampferfahrt zur Westerplatte). Eine Tagesfahrt führte uns nach Malbork mit Besichtigung der Burg der Kreuzritter, früher Residenz der Hochmeister des Deutschen Ordens.
Dann gab es einen besonderen Höhepunkt, über den heute alle lächeln würden. Uns wurde im Hotel gegen eine Eintrittsgebühr ein Stripteaseauftritt an einem Abend angeboten. Das hatte 1979 von uns noch keiner gesehen. Alle Urlauber beteiligten sich. Die Kinder – auch andere Familien hatten ihren Nachwuchs mit – wurden ins Bett geschickt.
Nach dem Auftritt gab es viel Beifall für die zwei Damen und den einen Herrn. Der wirkliche Höhepunkt kam jedoch erst anschließend. Wir bemerkten, dass alle unsere Kinder außen an den Fenstern des zu ebener Erde gelegenen Raums hingen. Diese zeigten sich entrüstet, dass man für so etwas Geld ausgibt, wo man das doch beim FKK umsonst sieht. Besser wäre eine Aufstockung ihres Urlaubstaschengeldes gewesen.
Als die 2 Wochen zu Ende waren, traten die meisten Urlauber die Heimreise an. Einige nutzten jedoch die Möglichkeit, Polen noch weiter zu erkunden. So fuhren zwei Familien nach Warschau um sich die Stadt anzusehen, andere machten einen Abstecher in die Masuren.
Weitere Möglichkeiten der Urlaubsgestaltung werden hier geschildert:
http://research.uni-leipzig.de/fernstud ... /zz177.htm