" Lose " Milch und frisches Brot

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" Lose " Milch und frisches Brot

Beitragvon Interessierter » 31. Januar 2017, 12:28

Acht Jahre lang war mein Vater Gemeindepastor in Hamburg-Klein Borstel. 1954 wurde er zum Hamburger Studentenpfarrer gewählt und wir mussten aus dem erst zweieinhalb Jahre alten Pastorat in Klein Borstel ausziehen. Für den Studentenpfarrer wurde ein neues Pastorat gekauft, denn damals hatte die Kirche noch viel Geld. Das Haus lag in der Feuerbachstraße 28 in Hamburg-Groß Flottbek, dort wo fast alle Straßen nach Malern benannt sind. Die Feuerbachstraße war schon länger asphaltiert, aber der vergleichsweise viel befahrene Kalckreuthweg, an den unser Eckgrundstück grenzte, war noch ungeteert und staubig.

Keine 200 Meter entfernt an der Kreuzung Kalckreuthweg mit der Ebertallee war unser "Einkaufszentrum". An einer der Ecken stand die hässliche Melanchthonkirche. Die drei anderen Ecken der Kreuzung waren mit kleinen Läden besetzt. Es gab einen Gemüsehändler, einen Bäcker, einen Schreibwarenladen, einen Blumenladen, einen Friseur und einen Milchmann.

Beim Milchmann gab es "lose" Milch, die sich in einem großen Edelstahl-Behälter befand. An seinem Rand hingen Schöpfmaße aus Aluminium in unterschiedlichen Größen: viertel, halber und ganzer Liter. Ich wurde oft dort hin zum Einkaufen geschickt. Dann nahm ich die leicht zerbeulte Milchkanne aus Aluminium und das Einkaufsnetz und schlenderte los. Einkaufen machte mir keinen Spaß, da spielte ich doch lieber mit unseren Meerschweinchen. Aber wenn ich schon einkaufen musste, wollte ich wenigstens etwas Spaß haben. Auf dem Rückweg testete ich deshalb gern das physikalische Gesetz der Zentrifugalkraft, was meine Mutter gar nicht gern sah. Beim Herumschleudern der vollen Milchkanne musste ich ihr eine hohe Anfangsgeschwindigkeit geben. Dann sorgte die Fliehkraft dafür, dass die Milch auch im Kopfstand der Kanne am Kannenboden blieb und nichts verschüttet wurde.

Wenn ich Brot kaufen sollte, gab meine Mutter mir mit auf den Weg, ein frisches Brot zu bekommen. Dieser Hinweis war wohl nicht unbegründet. Einmal, als sie mich wieder schickte, legte ich mir eine Strategie zurecht. Wenn ich fragen würde: "Ist das Brot frisch?", würde die Verkäuferin sicherlich mit "ja" antworten, selbst wenn das Brot von gestern wäre. Aber wenn ich fragen würde: "Ist das Brot von gestern?", dann würde sie denken, dass ich ein altes Brot haben möchte und, falls es wirklich von gestern ist, meine Frage bejahen. So könnte ich herausbekommen, ob das Brot alt ist, und dann um ein frisches bitten.

Gedacht, getan. Ich stellte meine vermeintliche Fangfrage. Aber die Verkäuferin bürstete mich ab mit der Gegenfrage: "Was soll denn die Frage? Willst du ein frisches Brot oder ein altes?". Ich war bloßgestellt und musste nun zugeben, dass ich ein frisches Brot haben wollte. Bedröppelt zog ich mit meinem Brot ab.

Autor: Michael Malsch,

http://www.ewnor.de/mm/986_mm.php

Erinnert ihr euch auch noch an das Schleudern der vollen Milchkanne und die vielen Artikel, die es im Gegensatz zur Gegenwart, damals noch lose gab und erst abgwogen und dann in Papiertüten verpackt wurden?

Erinnert ihr euch auch noch, dass man beim Kaufmann " anschreiben " lassen konnte ?

Konntet ihr auch abends privat beim Kaufmann klingeln ( wohnte über seinem Laden ) und noch ein paar Flaschen Bier einkaufen ?

Das waren noch Zeiten.... [wink]
Interessierter
 

Re: " Lose " Milch und frisches Brot

Beitragvon ratata » 31. Januar 2017, 19:26

Interessierter hat geschrieben:Erinnert ihr euch auch noch an das Schleudern der vollen Milchkanne und die vielen Artikel, die es im Gegensatz zur Gegenwart, damals noch lose gab und erst abgwogen und dann in Papiertüten verpackt wurden?

Erinnert ihr euch auch noch, dass man beim Kaufmann " anschreiben " lassen konnte ?

Konntet ihr auch abends privat beim Kaufmann klingeln ( wohnte über seinem Laden ) und noch ein paar Flaschen Bier einkaufen ?

Das waren noch Zeiten.... [wink]


Wir schreiben das Jahr 1976 , Schwiegervater hat es geschafft , er wird Rentner in der DDR . Endlich gibt er seinen kleinen Art- Tante Emmaladen auf , dies ganze Schikane mit den Zulieferern HO und den Konsumverein hat ein Ende .
Damals hatte ich mit meiner kleinen Fam. eine Wohnung im Haus . Nach der Armeezeit1970 bin ich dort hängengeblieben . Keine Wasserleitung , keinen Abfluß , keine Spültoilette . Der Wasserspender
befand sich 20 Meter schräg über die Straße , ein Gemeinschaftsbrunnen mit Schwengelpumpe . Kupferrohr als Saugleitung , Saugkolben aus Holz mit Lederklappe (Ventil ) zig mal repariert das Ding .
Das war in der DDR 1976 , wohlgemerkt ?????
Den meisten Umsatz machte mein Schwiegervater mit Flaschenbier Samstags in der zeit von 17 - 19 Uhr , da standen die leute draußen an.
An den anderen Wochentagen hatte er wenig Umsatz .
Dann zur Kundschaft , viele Kunden die kamen , ließen zu DDR Zeiten bei ihm Anschreiben . es waren so 5 - !0 Leute in der Woche .
Schon früh am Morgen 6 30 h kloppte der erste na der Tür , der kam jeden Tag , hohlte sich seine 3-4 Zigarreten und eine kleine Flasche Schnaps die mein Schw. Vater immer auffüllte . Wenn er mal kein Geld hatte lies er anschreiben oder brachte mal einen Hasen , Fasan , die dann umgerechnet wurden gegen Schluck . Als ehemaliger Scharfschütze der Wehrmacht und Wilddieb wußte der bescheid , wie man solch Getier fängt.
Schlimm war es wenn wir im Garten arbeiteten während seiner Mittagspause , , wenn die jugendlichen Lutscher , Bonbons oder Nachts Kunden dann noch Schnaps und Zigaretten wollten .
Aber als er den laden zu machte bedauerten seine Kunden es sehr . ratata
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