Während in der ehemaligen DDR eine beinahe kostenlose ganztägige Betreuung in Kinderkrippen, -gärten und -horten über die Zeit zunehmend zum Standard wurde, blieb das Angebot öffentlicher Kinderbetreuung in der BRD lückenhaft, sowohl hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Betreuung als auch hinsichtlich des Platzangebots.
Das Angebot an Krippen und Hortbetreuung blieb zudem bis zur Wiedervereinigung 1990 rudimentär.
Heute hat sich auch der ehemalige Westen dieser Betreuung angeglichen. Im wiedervereinten Deutschland gab es eine neue konzeptionelle Ausrichtung der Familienpolitik hin zu einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Heute hat man erkannt: Kinderbetreuung ist der Grundpfeiler einer gelingenden Vereinbarkeitspolitik
Ein westdeutscher Vater (Jahrgang 1949) erinnert sich: „Wie gesagt, meine Frau ist die ersten 4 Jahre zuhause geblieben, sie brauchte nicht arbeiten. Dann haben wir das Kind
in den Kindergarten geschickt, aber nicht, um es abzugeben, sondern um Kontakte als Einzelkind zu haben, und dann hat meine Frau Teilzeit gearbeitet, eben weil sie es wollte.
Dem Kind hat es sehr gutgetan, als Einzelkind eben da Kontakte zu haben, soziale Verknüpfungen und Verbindungen zu haben, und das empfinde ich heute noch als richtig.“
Ein 1951 geborener Vater aus Ostdeutschland erinnert sich: „Das konnte man sich gar nicht leisten, bloß einer arbeiten zu gehen, muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, damals.
Deswegen hat sie gesagt: ‚Ja, ja. Dann muss ich wieder gehen.‘ [Aber wäre sie gerne zu Hause geblieben?] Bestimmt. Denke ich mir schon. Warum nicht? Klar. Wenn man das
Geld hätte: Sicherlich.“
Das schulische Ganztagsangebot erfuhr ab Mitte der 1990er-Jahre einen Ausbau, der sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigt hat. Das Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2005 führte zu einem Aufbau an Betreuungsangeboten in ost- wie westdeutschen Bundesländern. Die Kindertagesbetreuung von unter Dreijährigen wurde dadurch massiv ausgebaut.
Doch erst der bundesweite Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr markierte 2013 eine familienpolitische Wende. Das Platzangebot für Kinder unter drei Jahren stieg deutlich von knapp 270.000 Plätzen im Jahr 2006 auf fast 820.000 Plätze im Jahr 2019. Damit hat sich auch die Betreuungsquote stark erhöht.
AZ (quelle: Familienleben und Familienpolitik in Ost- und Westdeutschland, Bundesministerium Jugend und Familie)