Der sowjetische "Neue Mensch"

Der sowjetische "Neue Mensch"

Beitragvon augenzeuge » 27. Mai 2016, 07:55

Das Heilsziel eines "Neuen Menschen" ist den Diktaturen des 20. Jahrhunderts gemein. Es hat religiöse Wurzeln und zeitigt totalitäre Konsequenzen.

Wie konnte das kommunistische Russland, das als Erbin des Zeitalters der Aufklärung und der Französischen Revolution angetreten war, pervertieren zu einem Staat der Säuberungen und einer paranoiden Schreckensherrschaft? Wie konnte die strahlende Vision eines "Paradieses der versöhnten Menschheit" enden in der finsteren Wirklichkeit des realen Sozialismus?

Die säkularreligiösen totalitären Staaten nutzen die eingeübten jüdisch-christlichen Denkformen, um - indem sie eine Tradition aufgreifen oder erfinden - die eigenen überdimensionalen Herrschaftsansprüche zu beglaubigen. Moskau, bereits zuvor von der russisch-orthodoxen Kirche als "Drittes Rom" verklärt, verweltlicht seinen Auserwähltheitsanspruch zum künftigen "Zentrum der Weltrevolution"; Mussolinis "Neues Italien" inszeniert sich als Wiedererstehen des römischen Imperiums; das "Dritte Reich", von der Propaganda zum "Tausendjährigen" aufgeblasen, gibt sich als deutsche Neugeburt und moderne Umsetzung des mittelalterlichen Reichsgedankens; mit Hitler als Messias.

Für die Utopie vom sowjetischen "Neuen Menschen", den die russische Oktoberrevolution sich auf die Fahnen schrieb, war Marx der wichtigste geistige Wegbereiter. Der emanzipierte, zukünftige Mensch wird sich in "ein anderes Subjekt" verwandeln.

"Die Arbeitnehmer bauen die neue Gesellschaft auf, ohne sich selbst in neue Menschen verwandelt zu haben, die frei wären vom Schmutz der alten Welt; sie stecken noch bis zu den Knien darin. Sich von diesem Schmutz frei zu machen, ist heute noch ein Traum. Es wäre die größte Utopie zu glauben, das könnte von heute auf morgen geschehen. Das wäre eine Utopie, in der Praxis nur dazu angetan, das Reich des Sozialismus in den Himmel zu verlegen."

http://www.deutschlandfunk.de/der-sowje ... _id=185408

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