20. Juni 1948- Vor 75 Jahren - Währungsreform im Westen

20. Juni 1948- Vor 75 Jahren - Währungsreform im Westen

Beitragvon augenzeuge » 20. Juni 2023, 15:14

Warum musste die Reichsmark verschwinden? Gab es einen Zusammenhang zwischen Währungsreform und der Blockade von Berlin?
Wann erfuhr die Bevölkerung von der Reform?


Antworten im Kalenderblatt des DLF, Podcast
https://www.deutschlandfunk.de/20-6-194 ... 0-100.html

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Re: 20. Juni 1948- Vor 75 Jahren - Währungsreform im Westen

Beitragvon Gerd Böhmer » 20. Juni 2023, 15:33

augenzeuge hat geschrieben:Warum musste die Reichsmark verschwinden? Gab es einen Zusammenhang zwischen Währungsreform und der Blockade von Berlin?
Wann erfuhr die Bevölkerung von der Reform?

Antworten im Kalenderblatt des DLF, Podcast
https://www.deutschlandfunk.de/20-6-194 ... 0-100.html

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Hallo,

Danke für den Hinweis und um es klar zusagen - ja es besteht ein elementarer Zusammenhang zwischen der westalliierten Währungsreform und der sogenannten Berlin-Blockade der Sowjets. Waren es doch die für die deutsch-deutsche Teilung entscheidenden Ereignisse. Laut dem Buch "750 Jahre Berlin" aus dem Dietz-Verlag der DDR, erschienen im Jahr 1987 verkündeten am 18. Juni 1948 um 18.00 Uhr die Militärgouverneure des Westmächte über den Rundfunk die bevorstehende Einführung einer neuen Währung in den westlichen Besatzungszonen. Die Ausgabe der DM begann dann am 20. Juni 1948, wodurch sich die SMAD veranlasst sah erst einmal jeglichen Verkehr zwischen West und Ost zu unterbrechen.
In den Morgenstunden des 23. Juni 1948 übergab der sowjetische Verbindungsoffizier beim Magistrat von Berlin den Befehl 111 die Durchführung einer Währungsreform in der sowjetischen Besatzungszone betreffend.
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Re: 20. Juni 1948- Vor 75 Jahren - Währungsreform im Westen

Beitragvon pentium » 20. Juni 2023, 16:05

Diesbezüglich habe ich noch einen interessanten Artikel von Jochen Laufer ("Die UDSSR und die deutsche Währungsfrage: 1944-1948", in: Vierteljahreshefte zur Zeitgeschichte, 46. Jahrgang, 3. Heft, (April 1998), S. 455-485) gefunden.

Er schreibt, dass die Sowjets sich schon im Frühjahr 1946 für eine eigene Reform und gegen eine Vierzonale entschieden hatten, weil sie befürchteten, dass die westlichen Alliierten vor ihnen eine Reform einführen könnten. Die SBZ würde dann mit schlechtem Geld überschwemmt, wirtschaftlich isoliert und das "böse Westgeld" der Amerikaner könnte ihnen evtl. sogar die SBZ kosten...

Die SMAD warnte auch 1947 davor "Eine separate Währungsreform in den Westzonen werde nicht nur die wirtschaftlich, sondern auch die staatliche Einheit Deutschlands endgültig zerstören"
Die SED hat ja auch später die westlichen Alliierten für die Teilung Deutschlands verantwortlich gemacht...

Man kann zwar nicht die Währungsreform als Grund für die Teilung verantwortlich machen (was teilweise aus propagandistischen Gründen getan wurde?), aber sie wurde instrumentalisiert und die Verhandlungen waren massiv vom gegenseitigen Misstrauen geprägt. Kann man das so stehen lassen, oder übersehe ich etwas?
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
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Re: 20. Juni 1948- Vor 75 Jahren - Währungsreform im Westen

Beitragvon Gerd Böhmer » 20. Juni 2023, 16:44

pentium hat geschrieben:Diesbezüglich habe ich noch einen interessanten Artikel von Jochen Laufer ("Die UDSSR und die deutsche Währungsfrage: 1944-1948", in: Vierteljahreshefte zur Zeitgeschichte, 46. Jahrgang, 3. Heft, (April 1998), S. 455-485) gefunden.

Er schreibt, dass die Sowjets sich schon im Frühjahr 1946 für eine eigene Reform und gegen eine Vierzonale entschieden hatten, weil sie befürchteten, dass die westlichen Alliierten vor ihnen eine Reform einführen könnten. Die SBZ würde dann mit schlechtem Geld überschwemmt, wirtschaftlich isoliert und das "böse Westgeld" der Amerikaner könnte ihnen evtl. sogar die SBZ kosten ...

Die SMAD warnte auch 1947 davor "Eine separate Währungsreform in den Westzonen werde nicht nur die wirtschaftlich, sondern auch die staatliche Einheit Deutschlands endgültig zerstören"
Die SED hat ja auch später die westlichen Alliierten für die Teilung Deutschlands verantwortlich gemacht...

Man kann zwar nicht die Währungsreform als Grund für die Teilung verantwortlich machen (was teilweise aus propagandistischen Gründen getan wurde?), aber sie wurde instrumentalisiert und die Verhandlungen waren massiv vom gegenseitigen Misstrauen geprägt. Kann man das so stehen lassen, oder übersehe ich etwas?


Nunja, Du übersiehst an der Stelle, das diese Währungsreformen schon für die deutsche Teilung verantwortlich waren, das hatte erst einmal nichts mit propagandistischen Gründen zu tun. Dazu kommt, das ja der Kalte Krieg zwischen West und Ost schon begonnen hatte.
Eine Anmerkung noch, da es ja nicht die erste Diskussion zu diesem Thema in meinem Leben ist - hatten die Westalliierten echt erwartet, das die Sowjets tatenlos zuschauen wenn ihr Gebiet mit schlechtem Geld überschwemmt wird, wie es Jochen Läufer schreibt ? Auch unter dem Aspekt des Scheiterns der Gespräche bezüglich der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands im Kontrollrat. Immerhin haben ja die Kontrolleure der östlichen Seite in den ersten Tagen nach dem 20. Juni 1948 laut Quellen über 90 Millionen RM, des alten (schlechten) Geldes beschlagnahmt.
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Re: 20. Juni 1948- Vor 75 Jahren - Währungsreform im Westen

Beitragvon pentium » 20. Juni 2023, 16:52

Meine persönliche Einschätzung ist, dass zu diesem Zeitpunkt zwar formell keine zwei Deutschen Staaten bestanden, de facto aber das nicht mehr zu vermeiden war und die Einführung einer stabilen Währung wirtschaftlich notwendig war. Die Alliierten des WK hatten sich auseinandergelebt...
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Re: 20. Juni 1948- Vor 75 Jahren - Währungsreform im Westen

Beitragvon Gerd Böhmer » 20. Juni 2023, 16:53

pentium hat geschrieben:Meine persönliche Einschätzung ist, dass zu diesem Zeitpunkt zwar formell keine zwei Deutschen Staaten bestanden, de facto aber das nicht mehr zu vermeiden war und die Einführung einer stabilen Währung wirtschaftlich notwendig war. Die Alliierten des WK hatten sich auseinandergelebt ...


in diesem Sinne sind wir dann auch einer Meinung, Daumen hoch ...
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