Zonengrenze am Rhein - Nachkriegserinnerungen

Zonengrenze am Rhein - Nachkriegserinnerungen

Beitragvon Interessierter » 10. Juli 2021, 14:56

Nach Ende des 2. Weltkrieges gab am Wormser Rheinufer wieder einen Grenzübergang: die "Zonengrenze" zwischen der amerikanisch / britisch besetzten Zone (hessische Rheinseite) und der französisch besetzten Zone (Wormser Rheinseite). Friedrich Spiegel erinnert sich:

Bild
Zerstörte Eisenbahnbrücke bei Worms

Grenze direkt vor der Haustüre

Nach 1945, Deutschland lag in Trümmern, auch Worms war stark zerstört. Das ehemalige Deutsche Reich war besiegt und zerschlagen und wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt: Im Norden und Westen die britische Besatzungszone, im Westen die französische im Südwesten die amerikanische, im Osten die sowjetische Besatzungszone, aus der später die DDR wurde.

Nach 1945 gab es zwischen den rechts- und linksrheinischen Gebieten (den heutigen Bundesländern Rheinland-Pfalz und Hessen) wieder eine Grenze. Der Rhein markierte den Grenzverlauf. Zunächst waren beide Regionen von den Amerikanern besetzt, später rückten die Franzosen im heutigen Rheinland-Pfalz ein, danach übernahmen wieder die Amerikaner.

"Die Zonengrenze war eine von Soldaten bewachte Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und Hessen. Dort drüben (Hessen) war die "Bi-Zone", nicht nach dem hessischen "bi", was soviel wie "Biene" heißt, wie meine damals 80-jährige Großmutter glaubte, sondern weil ein Zusammenschluss der amerikanischen und britischen Zone erfolgte.

In Worms war der Grenzübergang in Höhe der heutigen Gaststätte "Hagenbräu" am Rheinufer. Damals hieß es noch "Rheincafe". Dort befand sich eine Pontonbrücke, also eine auf dem Wasser schwimmende Behelfsbrücke (die Rheinbrücke war zerstört - Anmerkung der Redaktion).

Die Grenzkontrollen wurden zunächst von amerikanischen, später von französischen Soldaten durchgeführt. Die "Amis" (Amerikaner), wie wir sie zu ihrem Unwillen nannten, machten mehr oder weniger lässige Passkontrollen, während es die Franzosen auf die häufig über den Rhein geschmuggelten Waren abgesehen hatten. In den zerbombten Städten kam es kaum das Nötigste. Die Menschen versuchten daher oft auf dem, eher weniger in Mitleidenschaft gezogenem Land, zum Beispiel bei Bauern, Nahrungsmittel zu "organisieren".

Einmal kam ein Bauer mit seinem Ferkel zur Zonengrenze. Der Franzose wollte es beschlagnahmen. Das Verhältnis zwischen Deutschen und Franzosen war so kurz nach dem Krieg nicht das beste. So fiel das arme Ferkel "plötzlich" in den Rhein und verschwand...

Ein anderes Mal hatte Dr. Franz K.* in Hessen eine Korbflasche Wein "organisiert", wobei "organisieren" die Beschaffung mit allen möglichen Mitteln umfasste, insbesondere Dinge, die es nicht auf "Bezugsmarken" gab oder wenn die Marken aus waren. Freudig rief der "Schmuggler" kurz hinter der Grenze "gerettet", stellte aber die Korbflasche so unsanft auf den Boden, dass diese zerbrach...

Es gab aber auch andere (Schleich)Wege über die Grenze. So wurde ich von einem Bekannten eines Bekannten über die im Bau befindliche Eisenbahnbrücke über den Rhein gelotst. Über einen Mauerdiel, ohne Absicherung, unter mir der gurgelnde Rhein-Strom.

Die Rückkehr sollte eigentlich zu einem für später festgelegten Zeitpunkt per Boot erfolgen. Als ich zum vereinbarten Zeitpunkt aus Lindenfels (im Odenwald) zurück kam, war die Wachmannschaft an der Eisenbahnbrücke ausgetauscht worden und mir wurde der Zugang verwehrt. So musste ich über den offiziellen Weg, die Pontonbrücke, zurück nach Worms. Mit gemischten Gefühlen ging ich zum Übergang. Dort hatte ein "Ami", ein amerikanischer Wachsoldat, Dienst. Ich bemerkte, dass der Amerikaner ein Kruzifix um den Hals trug. Ich ging auf ihn zu und erklärte ihm, ich käme gerade von der Heiligen Kommunion meiner Cousine. Mit "O.K." ließ er mich in die Heimat zurück.

In anderen Fällen passierte ich die Grenze mit dem Pass meines Bruders, der Arzt war, oder meines Vaters, ein Eisenbahner, und entsprechenden Armbinden als Erkennungszeichen dieser damals sehr angesehenen Berufe. Auch die Begleitung durch meine 40 Jahre ältere Mutter lies mich unbehelligt bleiben.

Mehrfach haben wir die "Fluss-Grenze" auch schwimmend überquert. Wir legten die Kleider am Wormser Rheinufer ab und schwammen hinüber. Kein ungefährliches Unterfangen. Auf der anderen Rheinseite wartete ein Freund mit frischer Kleidung. Er hatte einen Pass und konnte die Grenze offiziell passieren. Dieser "Trick" führte einmal zu einem Missverständnis mit Schrecken: Freunde, die mich haben schwimmen sehen, später aber nur noch meine Kleidung am Ufer fanden, gingen von einem Unglück, meinem Ertrinken, aus und verständigten meine Eltern.

Der interessante Bericht geht hier weiter:
https://www.worms-erleben.de/erleben/er ... grenze.php
Interessierter
 

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