Es dürften sich nur die wenigsten Tschechen noch gut an die Nacht zum 30. September 1938 erinnern können, als ohne Beteiligung von Vertretern aus der Tschechoslowakei im Münchner „Führerbau“ über die politische und territoriale Zukunft des Landes entschieden wurde. Im Sinne der Beschwichtigungspolitik sind die Regierungschefs von Großbritannien und Frankreich den Forderungen Hitlers, dass der junge Staat seine Grenzregion – das sogenannte Sudetenland – an Nazi-Deutschland abtrete, damit die dort ansässige deutschsprachige Bevölkerung „heim ins Reich“ geholt werden könne, nachgekommen. In Folge dessen dankte der tschechoslowakische President Edvard Beneš ab und die Republik, die von seinem Vorgänger Tomáš Garrigue Masaryk 1918 im Lande ausgerufen worden war, wurde aufgelöst. Erst mit dem Kriegsende wurden die annektierten Gebiete erneut Teil der wiederhergestellten Tschechoslowakei.
Die Glocke gellt gellt die Glocke Verrat
wessen Hand hat sie geläutet
du süsses Frankreich stolzes Albion
und wir sind es die sie geliebt
(übers. von Peter Demetz)
So schrieb der Avantgarde-Dichter František Halas im Herbst 1938 und fing in den Augen der Mehrheit der damaligen Kritiker wie Leser den gerechten Zorn und die tiefe Traurigkeit, gar Enttäuschung des überrumpelten Landes äußerst treffend ein.
https://erinnerung.hypotheses.org/3335
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