Brandenburgs MP M. Platzeck kritisiert im Vorfeld des 20jährigen Jubiläums der Einheit den Einigungsprozess. In einem Interview mit dem Spiegel erhebt er schwere Vorwürfe gegen die Art und Weise, wie damals von Bonn aus verhandelt wurde.
Zitat Spiegel: Platzeck beklagte, mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik habe eine "gnadenlose Deindustrialisierung Ostdeutschlands" eingesetzt. Das westdeutsche Vorgehen sei verantwortlich gewesen für "viele gesellschaftliche Verwerfungen bei uns nach 1990". "Es fehlten selbst kleinste symbolische Gesten gen Osten", schimpfte der SPD-Mann. Den Ostdeutschen sei damals das Gefühl vermittelt worden, sie müssten alles wegwerfen: "Es war alles Stasi und alles ideologieverseucht." Er verlange Respekt vor den Ostdeutschen.
Diese Äußerungen werden natürlich von Bodo Ramelow von der Linkspartei begrüßt. Indirekt vergleicht Platzeck das Geschehen vor 20 Jahren mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich.
Platzeck war vor einigen Jahren SPD Vorsitzender. Seine Zeit als SPD-Vorsitzender 2005/2006 endete nach wenigen Monaten - Platzeck war der Belastung nicht gewachsen, nach einem Hörsturz trat er zurück. Unangefochten ist er nach wie vor als Ministerpräsident in Brandenburg. Dort regiert er seit vergangenem Jahr gemeinsam mit der Linkspartei - eine Koalition, die ihm erhebliche Kritik eingebracht hatte. Platzeck hat sich wiederholt für eine Aussöhnung ausgesprochen, die auch Stasi-Belastete miteinschließt.
Besonders den Verhandlungsführer Bonns bei den Verhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten, den Innenminister Wolfgang Schäuble kritisiert Platzeck in seinem Interview:
Aber auf der anderen Seite habe es "bittere Momente" gegeben. Platzeck nannte als Beispiel den Verhandlungsführer der alten Bundesrepublik, den damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble. Der heutige christdemokratische Finanzminister habe bei den Einigungsverhandlungen sinngemäß gesagt: "Wir nehmen euch, wir bezahlen alles, aber übertreibt es nicht mit euren Forderungen."
So aber hätten sich die Ostdeutschen die Wiedervereinigung nicht vorgestellt: "Wir wollten keinen Beitritt, wir wollten ein gleichberechtigtes Zusammengehen mit neuer Verfassung und neuer Hymne".
Bodo Ramelow kommt diese Diskussion zur jetzigen Zeit wohl ganz Recht, er legt noch mal nach: Gerade was gemeinsame Symbole angeht, habe man von Westseite "alles weggehauen", sagte Ramelow. Bei der Nationalhymne hätte es sogar die Möglichkeit gegeben, zum bestehenden Text noch den der DDR-Hymne ("Auferstanden aus Ruinen") oder die Kinderhymne von Bertold Brecht hinzuzufügen.
Es habe in Ostdeutschland Elemente gegeben, die auch Westdeutschland gutgetan hätten, sagte Ramelow und nannte als Beispiel Kindertagesstätten. Ramelow kritisierte, dass es 1990 keine - wie im Grundgesetz ursprünglich vorgesehen - neue Verfassung gegeben habe, über die die Deutschen hätten abstimmen können.
Das Interview fand gegen Ende August statt und löste auch viel Empörung aus. http://www.n-tv.de/politik/Platzeck-ent ... 83206.html