Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Die Regierung Kohl/Genscher im Spiel der Kräfte, Regierung Modrow und Runder Tisch, Auflösung des Stasi-Apparats

Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 21. Oktober 2016, 18:33

Eine neue Verfassung für Deutschland sollte, wie im Gründungsaufruf anklang, westdeutsche Verfassungstraditionen und ostdeutsche Verfassungsvorstellungen verschmelzen. Dazu sollte auf das Grundgesetz zurückgegriffen werden und, da die DDR-Verfassung von 1968/74 freilich nicht als Ideenquelle in Frage kam, auf den Verfassungsentwurf der Arbeitsgruppe "Neue Verfassung der DDR" des Runden Tisches der DDR...

Am 11. Februar 1990 erklärte der Bundeskanzler und CDU-Vorsitzende Helmut Kohl nach einer Moskaureise dem ZDF:

"Wir werden eine neue Verfassung zu schaffen haben […] Ich bin dafür, daß das, was sich bewährt hat, und zwar auf beiden Seiten, von uns übernommen werden soll. Es gibt auch Entwicklungen in der DDR in diesen 40 Jahren, die es sich sehr lohnt anzusehen. Ich bin ganz und gar dagegen, eine Position einzunehmen, die auf Anschluß hinausgeht."

Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher plädierte nach Vollzug des Beitritts für eine Volksabstimmung über das Grundgesetz als Verfassung des geeinten Deutschlands auf der Grundlage des Artikels 146 neuer Fassung.


Am 14. Mai 1991 hatte CDU-Innenminister Wolfgang Schäuble im Bundestag bekräftigt:

"Wir haben den Weg des bisherigen Art. 23 GG erfolgreich beschritten. Wir werden nicht zur Weggabelung zurückkehren und nachträglich die Option des alten Art. 146 GG ergreifen oder hinterherschalten. Eine Verfassungsneuschöpfung wird es mit uns nicht geben, auch keinen Umbau und keine Totalrevision."


Eine andere Form der Wiedervereinigung als durch den zügig realisierbaren Beitritt der DDR zur Bundesrepublik scheint in der Rückschau eher unrealistisch. Schließlich drängte die Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung auf eine schnelle Einheit und das Momentum der außenpolitisch günstigen Situation sollte nicht ungenutzt verstreichen. Dass es aber nicht zu einer Vereinigung unter einem gestreckten Artikel 23 mit einer nachgeschalteten Verfassungsverabschiedung kam, lag zum einen am Unwillen der politischen Entscheidungsträger. Zum anderen gelang es den Befürwortern von Artikel 146 nicht, entsprechende gesellschaftliche Mobilisierungspotenziale zu erschließen.
https://www.boell.de/de/2015/09/17/die- ... ereinigung
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Volker Zottmann » 21. Oktober 2016, 19:00

So, wie ich das Obige lese, war ja nach Genschers und Kohls Bekundungen weder der blanke Anschluss, noch die alte Grundgesetzgebung vorgesehen.
War es da von Wolfgang Schäuble nicht mehr als anmaßend, für Alle, wen auch immer er damit meinte, zu sprechen und den alten Status Quo beibehalten zu wollen?
Wegen ihm gibt es also nun immer noch keine Verfassung. Wenn ich dann noch all seine Gesetzzesbrüche zur "Stabilisierung" des Euro dazurechne, frage ich mich, ob es ohne ihn nicht geradliniger gelaufen wäre?

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 21. Oktober 2016, 19:14

Ich denke nicht, daß über den Umgang mit dem Grundgesetz irgendein deutscher Politiker zu entscheiden hatte.
Die Wiedervereinigung hing am seidenen Faden (Thatcher) und das Fortbestehen des ohnehin von den Alliierten
genehmigten Grundgesetzes mit einigen zementierenden Ewigkeitsklauseln war wohl eine Grundbedingung für
die Zustimmung der Alliierten zur raschen Wiedervereinigung.

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 21. Oktober 2016, 21:22

Schließlich drängte die Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung auf eine schnelle Einheit


Das sollte man nie vergessen. Die Schnelligkeit der Einheit wurde nie von Kohl oder Schäuble bestimmt. Wenn man Jahre Zeit gehabt hätte, wäre vielleicht einiges anders gelaufen. Aus heutiger Sicht wäre ein Nichtanschluss 1990 mit unkalkulierbaren Risiken verbunden gewesen.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon karnak » 22. Oktober 2016, 07:34

augenzeuge hat geschrieben:
Schließlich drängte die Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung auf eine schnelle Einheit


Das sollte man nie vergessen. Die Schnelligkeit der Einheit wurde nie von Kohl oder Schäuble bestimmt. Wenn man Jahre Zeit gehabt hätte, wäre vielleicht einiges anders gelaufen. Aus heutiger Sicht wäre ein Nichtanschluss 1990 mit unkalkulierbaren Risiken verbunden gewesen.

AZ

Das waren alles die entscheidenden Punkte, ohne den schnellen Anschluss wären wir in einen Abgrund marschiert und sehr wahrscheinlich beiden Seite.Eine Wiedervereinigung wäre nur ohne"friedliche Revolutionen" möglich gewesen, angeschoben von den Regierungen und getragen von der Bevölkerung.
Laie, Experte,Dilettant
(alle Fachrichtungen)
Benutzeravatar
karnak
 
Beiträge: 25001
Bilder: 0
Registriert: 5. Februar 2012, 13:18

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Danny_1000 » 22. Oktober 2016, 08:49

augenzeuge hat geschrieben:
Schließlich drängte die Mehrheit der ostdeutschen Bevölkerung auf eine schnelle Einheit


Das sollte man nie vergessen. Die Schnelligkeit der Einheit wurde nie von Kohl oder Schäuble bestimmt. ....

AZ

Nun hat ja die Diskussion über eine neue Verfassung - Du hast ja diesen Thread hier gesetzt - nichts mit dem Beitrittstermin der DDR zur alten Bundesrepublik zu tun.

Das Tempo des Beitritts wurde maßgeblich durch Kohls Ankündigung, die DM in der DDR einzuführen , bestimmt. Hinzu kamen zum Teil sehr hitzige Debatten in der damaligen Volkskammer der DDR und in großen Teilen der Bevölkerung der DDR. Letztere war nämlich zutiefst gespalten hinsichtlich eines überstürzten Beitrittstermins.
Und nicht zuletzt spielten auch außenpolitische Überlegungen eine nicht ganz unwichtige Rolle.

Zur Verfassungsdiskussion: Es gab ja seitens der DDR mehrere Entwürfe für eine neue Verfassung in der DDR. Der bekannteste ist wohl der des Runden Tisches. Eine für die damalige Zeit sehr moderne und richtungsweisende Verfassung. Wann, wenn nicht nach dem Zusammenbruch der DDR wäre die Zeit gewesen, über eine neue gesamtdeutsche Verfassung zu diskutieren ? Zumal: Der Artikel 146 des GG sah ja genau das vor.

Auch in der alten Bundesrepublik gab es ja bedeutende Vertreter, die sich für eine neue, gesamtdeutsche Verfassungsdiskussion einsetzten. Der Entwurf des Runden Tisches wäre sicher eine gute Diskussionsgrundlage gewesen. Allerdings wurden diese von den Mächtigen in Politik und Medien zurück gepfiffen und als Verfassungsromantiker abqualifiziert.

Ich glaube, damit wurde eine wesentliche Chance vertan, große Teile der deutschen Bevölkerung in die Gestaltung des Einheitsprozesses einzubeziehen.

Danny
Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben
dafür einsetzen, dass du es sagen darfst !
(Evelyn Beatrice Hall 1868; † nach 1939)
Benutzeravatar
Danny_1000
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 2778
Registriert: 24. April 2010, 19:06

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 22. Oktober 2016, 08:51

Man sollte nur an den Putsch im Sommer 1991 in Moskau denken. Das hätte auch anders ausgehen können, die Einheit war da kein Jahr alt.

Letztlich hatten die Menschen mit ihrer "Fußabstimmung" die politischen Entscheidungsträger überholt und die Umsetzung erzwungen. Ganz sicher hätte man sich im Westen mit der DM gern mehr Zeit gelassen. Sie gab es aber nicht.

Das Tempo des Beitritts wurde maßgeblich durch Kohls Ankündigung, die DM in der DDR einzuführen , bestimmt.

Das war der zweite Schritt, Danny. Aber was führte denn dazu, dass Kohl so denken musste?

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 22. Oktober 2016, 08:55

Ich glaube, damit wurde eine wesentliche Chance vertan, große Teile der deutschen Bevölkerung in die Gestaltung des Einheitsprozesses einzubeziehen.


Besser wäre es sicher gewesen. Aber real gab es diese Chance nie, die erforderliche Zeit dafür wurde von den DDR Bürgern der Politik nicht gegeben.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 22. Oktober 2016, 11:08

Danny_1000 hat geschrieben:[...]Zur Verfassungsdiskussion: Es gab ja seitens der DDR mehrere Entwürfe für eine neue Verfassung in der DDR. Der bekannteste ist wohl der des Runden Tisches. Eine für die damalige Zeit sehr moderne und richtungsweisende Verfassung. Wann, wenn nicht nach dem Zusammenbruch der DDR wäre die Zeit gewesen, über eine neue gesamtdeutsche Verfassung zu diskutieren ? Zumal: Der Artikel 146 des GG sah ja genau das vor. [...]

Sicher war es im Interesse vieler Menschen Deutschlands über eine gesamtdeutsche Verfassung zu diskutieren.
Zu dem Zeitpunkt, zu welchem sich diese Frage stellte, hatten die beiden Staaten jedoch nicht die notwendige
Souveränität, um diese Frage frei diskutieren und entscheiden zu können. Es läuft daher auf die Frage hinaus,
ob es es im Interesse der Alliierten gewesen wäre, daß im Rahmen einer Wiedervereinigung - oder auch danach -
über eine Verfassung diskutiert wird. Letzten Endes ist davon auszugehen, daß die Alliierten die Verfassung
"mitgestaltet" und freigegeben hätten, bevor sie im nächsten Schritt einer Wiedervereinigung zugestimmt
hätten. Ich gehe davon aus, dass dieser Punkt, in dem Sinne eher eine Hürde, hinter den Kulissen zu einem
sehr frühen Zeitpunkt entschieden worden war.

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Interessierter » 22. Oktober 2016, 11:57

Kohl wurde nicht nur durch die Forderung der DDR - Bürger getrieben, sondern er hatte auch vor allem klar erkannt, dass die Öffnung des Fensters zur Wiedervereinigung nur befristet offen war.

Aufgrund seiner Entschlossenheit und Zupackens diese Chance zu nutzen, ist und bleibt er für mich der deutsche Vater der Wiedervereinigung. Den Grundstein dazu hatten auch Brandt und die SPD gelegt, was gerne vergessen wird.
Interessierter
 

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 22. Oktober 2016, 16:14

Im Web fand ich eine besonders außergewöhnliche Aussage. Wie sehr ihr das?

Aus rein verfassungsrechtlicher Sicht hat bis heute keine deutsche Einheit stattgefunden und kann auch nicht mehr stattfinden.

Der Grund liegt in einer Falschanwendung und späterer Änderung des Art. 23 GG. Da es in den Gesetzen der DDR keine Regelung gab, welche die Regierung zum Stellen eines Beitritts befugte (Im Gegenteil, die einzige auf den "Beitritt" anwendbare gesetzliche Regelung stand im StGB unter "Hochverrat" (wer es anstrebt das Territorium der DDR bzw. eine Teil des selben einen anderen Staat einzuverleiben)), so daß der Antrag illegal ist.

Andererseits hätte die BRD eine Antrag der DDR gar nicht annehmen dürfen. Die sechs Länder hätten eigenständig beitreten müssen. aber 5,5 Länder waren nicht rechtsfähig. Die Landtagswahlen fanden erst nach dem 03.Oktober 1990 statt. Die Herstellung eines einheitlichen Landes Berlin ist verfassungsrechtlich erst Mitte der 90er Jahre mit dem Volksentscheid über die Landesverfassung zweifelsfrei erfolgt.

Somit haben wir eine Situation, die der Lage Österreichs zwischen 1938 und 1945 entspricht, einem widerrechtlichen Anschluß der DDR an die BRD.

Hier ist die UNO gefordert, der DDR den Weg zurück in die Unabhängigkeit zu öffenen. Die BRD muß für die Vernichtung der Wirtschaft der DDR und die Schädigung ihrer Bürger (Massenabeitslosigkeit in Folge u.a. der Treuhandverbrechen) Reparationen leisten.


[shocked]

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 23. Oktober 2016, 12:44

augenzeuge hat geschrieben:Im Web fand ich eine besonders außergewöhnliche Aussage. Wie sehr ihr das?
[...]

Nun, es scheint da noch andere terminliche Ungereimtheiten gegeben zu haben, welche letztlich
in der Macht des Faktischen untergingen.

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 23. Oktober 2016, 12:48

Ari@D187 hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Im Web fand ich eine besonders außergewöhnliche Aussage. Wie sehr ihr das?
[...]

Nun, es scheint da noch andere terminliche Ungereimtheiten gegeben zu haben, welche letztlich
in der Macht des Faktischen untergingen.

Ari


Gelacht habe ich über den letzten Satz der Aussage. Da scheint jemand in einer anderen Realität zu leben. [flash]

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 23. Oktober 2016, 16:11

Nun, für die Reparationszahlungen zeigen sich die Bürger in Ost und West tatsächlich solidarisch. [wink]

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 11. Oktober 2017, 11:50

Danny_1000 hat geschrieben:[...]Zur Verfassungsdiskussion: Es gab ja seitens der DDR mehrere Entwürfe für eine neue Verfassung in der DDR. Der bekannteste ist wohl der des Runden Tisches. Eine für die damalige Zeit sehr moderne und richtungsweisende Verfassung. Wann, wenn nicht nach dem Zusammenbruch der DDR wäre die Zeit gewesen, über eine neue gesamtdeutsche Verfassung zu diskutieren ? Zumal: Der Artikel 146 des GG sah ja genau das vor.
[...]

Um nochmal auf den Artikel 146 zurückzukommen:
Zitat Artikel 146:
"Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."

Wenn Teile der Bevölkerung tatsächlich und öffentlich eine Verfassung anstreben würden, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen werden sollte, dann würde dies doch damit einhergehen, dass diese Menschen wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten/Äußerungen erhebliche Probleme bekommen würden.

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 11. Oktober 2017, 12:16

Wieso sollen das verfassungsfeindliche Aktivitäten sein?

Die Frage, was sich für jene Menschen nach einer Verfassung ändern würde, wäre doch nicht unwichtig, oder?

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 11. Oktober 2017, 13:54

augenzeuge hat geschrieben:Wieso sollen das verfassungsfeindliche Aktivitäten sein?[...]

Weil damit das Grundgesetz abgeschafft werden würde. Ein feindlicherer Akt gegen die aktuell gültige Verfassung ist kaum denkbar.

augenzeuge hat geschrieben:Die Frage, was sich für jene Menschen nach einer Verfassung ändern würde, wäre doch nicht unwichtig, oder?

AZ

Ja, natürlich. Das heutige Grundgesetz, an dem das deutsche Volk nicht mitarbeiten durfte und dem es auch verwehrt blieb darüber abzustimmen birgt doch einige Einschränkungen, welche zum Nachteil des Volkes und zum Vorteil von illegal sich aufhaltenden Personen sind. Außerdem lähmt es die Justiz, wie aktuell zu sehen, wenn auch weitestgehend vermieden wird, darüber zu berichten.

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 11. Oktober 2017, 14:04

Es kann nicht verfassungsfeindlich sein, weil der Weg exakt so im Grundgesetz beschrieben ist und weil man das Grundgesetz nicht abschafft, sondern durch die Verfassung ersetzt. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Außerdem ist es Quatsch dass das Grundgesetz illegal Menschen hier bevorzugt. Wenn sich Behörden mit Menschen beschäftigen, den Anspruch auf Asyl prüfen, dann sind sie nicht illegal hier.

Wer meint, eine Verfassung ist besser, sollte sich an die DDR erinnern, denen hat sie nichts gebracht.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 11. Oktober 2017, 14:12

augenzeuge hat geschrieben:[...]Außerdem ist es Quatsch dass das Grundgesetz illegal Menschen hier bevorzugt. Wenn sich Behörden mit Menschen beschäftigen, den Anspruch auf Asyl prüfen, dann sind sie nicht illegal hier. [...]

Die Gerichte sind völlig überlastet, am Ende des langen Rechtsweges bleiben einstellige Asylberechtigtenzahlen übrig. Bezahlen tut das wer?

augenzeuge hat geschrieben:[...]Wer meint, eine Verfassung ist besser, sollte sich an die DDR erinnern, denen hat sie nichts gebracht.

AZ

Äh, es gibt noch andere Staaten, welche eine Verfassung besitzen. Außerdem ist die DDR sicher nicht an der Verfassung gescheitert.

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon karnak » 11. Oktober 2017, 14:56

Interessierter hat geschrieben:Kohl wurde nicht nur durch die Forderung der DDR - Bürger getrieben, sondern er hatte auch vor allem klar erkannt, dass die Öffnung des Fensters zur Wiedervereinigung nur befristet offen war.


Was ich für einen wichtiguerischen Spruch der Kohl-Konjektion halte um den Dicken bedeutender zu machen. Er hat ganz einfach Schwein gehabt zum richtigen Zeitpunkt auf dem Posten zu sitzen, nichts weiter. Was für ein Zeitfenster hätte denn zugehen sollen? Nach den Ereignissen von 89/90 war es unvermeidlich für die Stabilität von ganz Europa, dass es zu dieser Lösung kommt, es gab schlichtweg keine andere ohne ganz Europa ins Chaos zu stürzen, dass wäre auch den Britten und Franzosen sehr schnell klar geworden, war es ihnen wahrscheinlich auch und so waren die ganzen Sprüche nur die üblichen Stürme im Wasserglas.
Laie, Experte,Dilettant
(alle Fachrichtungen)
Benutzeravatar
karnak
 
Beiträge: 25001
Bilder: 0
Registriert: 5. Februar 2012, 13:18

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 11. Oktober 2017, 15:00

Ari@D187 hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:[...]Außerdem ist es Quatsch dass das Grundgesetz illegal Menschen hier bevorzugt. Wenn sich Behörden mit Menschen beschäftigen, den Anspruch auf Asyl prüfen, dann sind sie nicht illegal hier. [...]

Die Gerichte sind völlig überlastet, am Ende des langen Rechtsweges bleiben einstellige Asylberechtigtenzahlen übrig. Bezahlen tut das wer?

AZ: Und das Problem löst man mit einer Verfassung?

augenzeuge hat geschrieben:[...]Wer meint, eine Verfassung ist besser, sollte sich an die DDR erinnern, denen hat sie nichts gebracht.

AZ

Äh, es gibt noch andere Staaten, welche eine Verfassung besitzen. Außerdem ist die DDR sicher nicht an der Verfassung gescheitert.

Ari


Vom Scheitern schrieb ich nicht nicht, was soll diese bringen? Die Mehrheit der Staaten, die eine Verfassung haben, sind kein Vorbild für die BRD. Teilweise fehlt denen sogar noch ein Verfassungsgericht. Deren Bürger wären glücklich über ein Grundgesetz wie wir es haben.

Übrigens, du weißt schon dass die Bundesländer alle eine eigene gültige Verfassung haben? Nach der können sogar manche Länder ihre eigene Außenpolitik machen, theoretisch.
Was sollte also eine Staatsverfassung bringen, wenn die Grund- und Menschenrechte des GG in den Verfassungen der Länder schon vorhanden sind?

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 11. Oktober 2017, 15:09

augenzeuge hat geschrieben:[...]Übrigens, du weißt schon dass die Bundesländer alle eine eigene gültige Verfassung haben? Nach der können sogar manche Länder ihre eigene Außenpolitik machen, theoretisch.
Was sollte also eine Staatsverfassung bringen, wenn die Grund- und Menschenrechte des GG in den Verfassungen der Länder schon vorhanden sind?

AZ

Du weißt schon, dass das von mir angesprochene Problem nicht Sache der Bundesländer ist?

augenzeuge hat geschrieben:[...]Übrigens, du weißt schon dass die Bundesländer alle eine eigene gültige Verfassung haben? Nach der können sogar manche Länder ihre eigene Außenpolitik machen, theoretisch.[...]

Wir in Hessen haben demnach ja sogar noch die Todesstrafe. [wink] Nur schlägt Bundesrecht das Landesrecht.


augenzeuge hat geschrieben:[...]Was sollte also eine Staatsverfassung bringen, wenn die Grund- und Menschenrechte des GG in den Verfassungen der Länder schon vorhanden sind?[...]

Umgekehrt wird ein Schuh daraus. In den Verfassungen der Länder kann nichts stehen, was dem Grundgesetz entgegensteht.

Ari
Zuletzt geändert von Ari@D187 am 11. Oktober 2017, 15:12, insgesamt 1-mal geändert.
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon karnak » 11. Oktober 2017, 15:11

Ari@D187 hat geschrieben:Zitat Artikel 146:
"Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."



Ari

[grin] Das trifft nun mal nicht zu weil nicht Wiedervereinigt wurde, die DDR ist als real und souverän existierender Staat, wenn auch ziemlich pleite, der real und souverän existierenden Bundesrepublik beigetreten, nicht weniger aber eben auch nicht mehr. Ob das nun ein paar von den alten Kameraden gefällt oder nicht.
Laie, Experte,Dilettant
(alle Fachrichtungen)
Benutzeravatar
karnak
 
Beiträge: 25001
Bilder: 0
Registriert: 5. Februar 2012, 13:18

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 11. Oktober 2017, 15:19

Ari@D187 hat geschrieben:Umgekehrt wird ein Schuh daraus. In den Verfassungen der Länder kann nichts stehen, was dem Grundgesetz entgegensteht.

Ari


Und wieso steht dann bei dir was von der Todesstrafe? Steht die nicht dem GG entgegen?

Ari, du kannst es drehen wie du willst, eigentlich willst du doch nur ne Verfassung ohne Asylrecht. [flash] Mit dem Rest bist du doch ganz zufrieden, stimmts?
Und eine Verfassung allein ist nichts wert. Dagegen ist das GG fast wie Gold. Das hast du nur noch nicht verstanden.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon pentium » 11. Oktober 2017, 15:22

karnak hat geschrieben:
Ari@D187 hat geschrieben:Zitat Artikel 146:
"Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."



Ari

[grin] Das trifft nun mal nicht zu weil nicht Wiedervereinigt wurde, die DDR ist als real und souverän existierender Staat, wenn auch ziemlich pleite, der real und souverän existierenden Bundesrepublik beigetreten, nicht weniger aber eben auch nicht mehr. Ob das nun ein paar von den alten Kameraden gefällt oder nicht.


Und warum ist das jetzt keine Wiedervereinigung? Zumal ja eigentlich falsch, war es nicht so, das die fünf Bundesländer beigetreten sind und nicht die DDR...also damals.
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V.
http://www.freundeskreis-hubertusburg.de
Benutzeravatar
pentium
 
Beiträge: 45481
Bilder: 133
Registriert: 9. Juli 2012, 16:12
Wohnort: Sachsen/Erzgebirge

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 11. Oktober 2017, 15:24

Genau, die Länder sind beigetreten, das führte zur praktischen Wiedervereinigung im Großen und machte eine Verfassung völlig überflüssig, weil die Beigetretenen mit dem GG zufrieden waren.
[laugh]
Toll....
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon Ari@D187 » 11. Oktober 2017, 15:33

augenzeuge hat geschrieben:
Ari@D187 hat geschrieben:Umgekehrt wird ein Schuh daraus. In den Verfassungen der Länder kann nichts stehen, was dem Grundgesetz entgegensteht.

Ari


Und wieso steht dann bei dir was von der Todesstrafe? Steht die nicht dem GG entgegen?

Aus historischen Gründen: Die Verfassung Hessens ist älter als das Grundgesetz.

augenzeuge hat geschrieben:Ari, du kannst es drehen wie du willst, eigentlich willst du doch nur ne Verfassung ohne Asylrecht. [flash] Mit dem Rest bist du doch ganz zufrieden, stimmts?

Aber sonst ist noch alles in Ordnung bei Dir im Oberstübchen?

augenzeuge hat geschrieben:Und eine Verfassung allein ist nichts wert. Dagegen ist das GG fast wie Gold. Das hast du nur noch nicht verstanden.

AZ

Genau, nur der Augenzeuge hat das verstanden und die anderen sind doof... @Wosch hat Dir ja kürzlich schon was geschrieben, worauf ich nicht auch noch aufspringen wollte...hier geht es jetzt aber nicht anders...

Ari
Alles wird gut!
Benutzeravatar
Ari@D187
Deutsche Marine
Deutsche Marine
 
Beiträge: 11256
Registriert: 26. April 2010, 19:58

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon karnak » 11. Oktober 2017, 15:35

pentium hat geschrieben: Zumal ja eigentlich falsch, war es nicht so, das die fünf Bundesländer beigetreten sind und nicht die DDR...also damals.

Ich denke mal eher nicht, dann hätten 5 Ministerpräsidenten den Einigungsvertrag unterschreiben müssen und nicht ein DDR Minister nebst Ministerpräsidenten eines Landes, dass sich da noch DDR nannte.
Laie, Experte,Dilettant
(alle Fachrichtungen)
Benutzeravatar
karnak
 
Beiträge: 25001
Bilder: 0
Registriert: 5. Februar 2012, 13:18

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon augenzeuge » 11. Oktober 2017, 15:53

Ari@D187 hat geschrieben:Genau, nur der Augenzeuge hat das verstanden und die anderen sind doof...

Ari


Es ging nicht um andere, nur um dich, Ari. Du verkörperst eher denjenigen, den wosch meinte, wenn du unterstellst, alle anderen wären wie du. [grins]

Sorry, ich lese gern zwischen den Zeilen, ansonsten ist alles ok. [wink]

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84698
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Die Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung

Beitragvon pentium » 11. Oktober 2017, 15:56

Der Beitritt der ehemaligen DDR geschah auf Grundlage des Art 23 S.2 GG a.F., die Terminologie Beitritt setzt hierbei den freien Willen zum Zusammenschluss voraus. Dieser kam in der DDR mit der Wahl zur Volkskammer 1990 zum Ausdruck, deren legitimierte Volksvertreter für den Einigungsvertrag und somit für den Beitritt nach Art 23 GG a.F. stimmten. Dieser Artikel beinhaltet aber mitnichten eine Staatensukzession in Form einer Fusion. Diese wäre wenn überhaupt nur nach einer Vereinigung nach Art 146 GG a.F. gegeben und selbst das ist strittig. Die Wiedervereinigung war eine Inkorporation und eine ebensolche besagt lediglich, dass der beitretende Staat (DDR) untergeht und der aufnehmende seine Identität behält. Im Übrigen ist diese Identität die selbe des Norddeutschen Bundes von 1867 und des Deutschen Reiches von 1871 bzw 1919. Man spricht hier von der Kontinuität des deutschen Staates. Sprich es ist derselbe Staat, nur etwas kleiner und mit einem anderen Namen und der heißt Bundesrepublik Deutschland.


Dazu einige weitere Ausführungen:

Ist das deutsche Grundgesetz eine echte Verfassung?

1. These: Das Grundgesetz ist keine Verfassung, weil es nicht diesen Titel trägt.

Als das Grundgesetz geschaffen wurde, wurde der Begriff „Verfassung“ bewusst vermieden. Denn das Grundgesetz war in der Form, in der es 1949 verabschiedet wurde, als Provisorium gedacht. Deutschland war damals ein geteiltes Land und sollte es bis zum 3. Oktober 1990 auch bleiben. Das am 23. Mai 1949 verkündete Grundgesetz besaß faktisch nur für „West-Deutschland“, also die damalige Bundesrepublik Deutschland Geltung. Die DDR gab sich am 30. Mai 1949 eine eigene Verfassung.

Der Wunsch nach der Wiedervereinigung fand sich in der Präambel des damaligen Grundgesetzes, also der Fassung von vor 1989, wieder. Dort war zu lesen: „Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.“ Außerdem stand darin, dass das Grundgesetz geschaffen wurde „um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben.“

Im Zuge der Wiedervereinigung wurde das Grundgesetz dann zur Verfassung des gesamten Deutschland erklärt. So endet die aktuelle Präambel auch mit dem Satz: „Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.“ Die Bemerkung der „Übergangszeit“ verschwand ebenfalls.

Dass der Begriff „Verfassung“ nicht zum Einsatz kommt, hat übrigens keinerlei Einfluss auf die Legitimität des Grundgesetzes. Auch in anderen Staaten, etwa in den Niederlanden oder in Finnland, heißt die gültige Verfassung so.

2. These: Das Grundgesetz ist keine Verfassung, weil es nicht vom Volk gewählt wurde.

Häufig wird von Skeptikern das Argument vorgebracht, dass das Grundgesetz schon allein deswegen keine Rechtmäßigkeit als Verfassung besäße, weil es nicht vom Volk gewählt, beziehungsweise angenommen wurde.

Diese These beruht auf einer völligen Fehlauffassung: Nirgends wird eine Verfassung als etwas beschrieben, was per Volksentscheid angenommen werden muss, um gültig zu sein. Würde diese Regel gelten, hätte Deutschland noch nie eine gültige Verfassung besessen. Denn weder die Reichsverfassung von 1871, noch die Weimarer Verfassung von 1919 wurden vom Volk angenommen, beziehungsweise in einer Art Volksabstimmung ratifiziert.

Darüber hinaus wurde das Grundgesetz sehr wohl allen Länderparlamenten zur Entscheidung vorgelegt, welche sich wiederum aus vom Volk gewählten Abgeordneten zusammensetzten. Bayern stimmte als einziges Bundesland dem Grundgesetz damals nicht zu. Da jedoch zwei Drittel der Länder zur Annahme des Grundgesetzes ausreichten, trat es auch in Bayern in Kraft.

3. These: Das Grundgesetz sagt selbst, dass es keine Verfassung ist, sondern nur eine Übergangslösung.

Ursprung dieser, unter Zweiflern hochpopulären, Theorie ist der Artikel 146 des Grundgesetzes. Er lautet in seiner derzeit gültigen Fassung:

„Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“

Diesen Wortlaut interpretieren Skeptiker gerne dementsprechend als Eingeständnis, dass es sich hier lediglich um eine Art Übergangslösung handle. Und eine legitime Verfassung erst noch verabschiedet werden müsse.

Doch diese Aussage ist im Artikel selbst so nicht zu finden. Artikel 146 gibt keine Handlungsempfehlung vor. Er besagt nicht, dass das Grundgesetz durch eine vom Volk bestimmte Verfassung abgelöst werden soll oder muss. Es besagt nur, dass das Grundgesetz durch eine vom Volk bestimmte Verfassung abgelöst werden kann.
Anders ausgedrückt besagt Artikel 146 also lediglich: „Sobald Gesetz B in Kraft tritt, verliert Gesetz A seine Gültigkeit.“ Damit wird aber in keiner Weise impliziert, dass Gesetz A bis zu diesem Zeitpunkt keine Legitimität besitzt.

Zusammenfassend kann also nur noch einmal wiederholt werden: Das Grundgesetz ist die gültige, vollkommen rechtmäßige Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.


https://anwaltauskunft.de/magazin/gesel ... erfassung/

...
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V.
http://www.freundeskreis-hubertusburg.de
Benutzeravatar
pentium
 
Beiträge: 45481
Bilder: 133
Registriert: 9. Juli 2012, 16:12
Wohnort: Sachsen/Erzgebirge

Nächste

Zurück zu Politische Konstellationen des Übergangs

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast