Pfarrer Uwe Holmer

Feiern zum 40. Gründungstag der DDR, Triumph der friedlichen Demonstranten, SED-Führung in der Agonie

Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Tine » 28. Mai 2011, 20:24

Hallo liebe Leser!

Ist es nur seine christliche und daraus resultierend auch seine menschliche Pflicht gewesen, dem Honecker Asyl in seinem Haus zu gewähren oder könnte bei ihm auch die Überlegung mitgespielt haben, dass er, wenn er sich derart spektakulär in Szene setzt, "prominent", also wichtiger wird?

Ich selber weiß es nicht, aber ich fragte mich oft warum er das tat. Honecker hat sich schwer mitschuldig gemacht, in dem sogenannten sozialistischen Staat und er hätte, wie ich es mir bei allen verbrecherische Diktatoren wünschte, lebenslang hinter Gitter gemusst. Nicht nur allein als Strafe für ihn sondern, und vor allem, als Abschreckung für mögliche "Nachahmer".

Wie ist eure Meinung dazu?

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende - macht was draus!

Tschüß Tine
Tine
 

Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Edelknabe » 28. Mai 2011, 21:12

Mir fällt dazu eine kleine Episode aus der Wendezeit ein. Ich war im Elternaktiv in der Schule unserer älteren Tochter, und ein Vater eines Klassenkameraden...jeder wusste eigentlich, das er beim Ministererium für Staatssicherheit beschäftigt war wurde in dieser Zeit einer Inquisition unterzogen, so das ich dachte, die Masse der Eltern wolle ihn auf der Stelle und im Klassenzimmer lynchen.
Sinnbildlich war ich "der Pfarrer Holm", der fast Einzige, der ihm beisprang in der Argumentation, der auch nicht verstand, woraus auf einmal der sprichwörtliche Hass der Elternmasse entsprang?
Damals dachte ich..."wie kann man eigentlich sich vom Menschen zur Bestie" entwickeln, wohl seinen gesunden Menschenverstand irgendwo in die Tonne kloppen und einen Menschen verurteilen, der doch auch nur nicht fehlerfrei ist, wie diese Arschlöscher(entschuldigt) von Elternmasse."

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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon augenzeuge » 28. Mai 2011, 21:28

Ich denke Tine, dass hier nur die christliche Pflicht eine Rolle gespielt hat. Natürlich denke ich schon, dass der Pfarrer von der Überlegenheit der kirchlichen Tugenden überzeugt war und nun gern Honecker zeigen konnte, wie falsch doch der Umgang der DDR mit der Kirche gewesen war. Aber ob es der noch begriffen hat?

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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon augenzeuge » 28. Mai 2011, 21:43

ABV hat geschrieben: Selbst die einstigen Genossen hatten sich schließlich von Honecker abgewandt und ihm die ganze Schuld am Untergang der DDR zugewiesen. Im Gegenteil, die hätten ihm eher die Tür an den Kopf geknallt, als dem Mann beizustehen.

Viele Grüße vom Oderstrand
Uwe [hallo]



Ja, Uwe, es ist erstaunlich wie schnell der Mann von seinen Genossen fallen gelassen wurde. Dabei kommt es ihnen nicht mal heut in den Sinn, dass ihre Schuld nicht geringer war......es gab genug Verantwortliche bei der VP, NVA oder MfS, die lange immer nur genickt haben, anstatt mit Mut etwas zu verändern.
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon ex-maja64 » 28. Mai 2011, 21:55

augenzeuge hat geschrieben:......es gab genug Verantwortliche bei der VP, NVA oder MfS, die lange immer nur genickt haben, anstatt mit Mut etwas zu verändern.
AZ


Nicht nur dort, auch im nichtmilitärischen Bereich gab es viele von dieser Spezie, die zu Recht den Titel "Wendehals" erhielten. [grins]
Aber eins muß man auch sagen, man mochte es im Westen wenn sich so ein Ostgermane wendete und ganz schnell den Idealen des Westens huldigte.
Wahrlich eine unschöne deutsche Eigenart.

Mario
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Edelknabe » 28. Mai 2011, 22:17

Mario, um dem Ganzen noch einen draufzusetzen, der Westgermane war doch noch ein größerer Heuchler, eingelullt in sein System, selbstzufrieden, satt und bumms, war da der Ostgermane, der brachte frischen Wind nur der Wind...war wohl nicht überall gerne gesehen denn er kratzte an Urpfründen, an eigentlich jahrzehntelang eingefahrenen Schienen.
Ja, was nun, da war guter Rat teuer?
Ich muss immer so lachen..."siehe Marktwirtschaft". Will ich als junger Unternehmer ein Produkt auf den Markt bringen ist da die Vertriebsschiene...müsste ich kaufen soundsoviel Meter Regal bei Hinz und Kunz, um mein Produkt...?
Was hat das noch mit....aber klärt mich auf, vielleicht ist das garnicht so kompliziert?

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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Tine » 29. Mai 2011, 11:22

Danke für die ersten Beiträge zum Thema!

Wie sehen die andern User das damalige Engagement von Pfarrer Holmer?

Grüße von
Tine
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Danny_1000 » 29. Mai 2011, 12:09

Tine hat geschrieben:Hallo liebe Leser!

Ist es nur seine christliche und daraus resultierend auch seine menschliche Pflicht gewesen, dem Honecker Asyl in seinem Haus zu gewähren oder könnte bei ihm auch die Überlegung mitgespielt haben, dass er, wenn er sich derart spektakulär in Szene setzt, "prominent", also wichtiger wird?

Hallo Tine,

Wenn ich die Bilder von damals noch richtig im Kopf habe, hat sich der Pfarrer gar nicht in Szene gesetzt. Er tat, was er nach seinem Gewissen tun mußte, in aller Stille und ohne großen Presserummel.

Erst Jahre später erzählte er in der einen oder anderen Doku über seine Beweggründe, den Honeckers Asyl zu gewähren. Der Kontakt zwischen dem einst mächtigsten Paar der DDR und der Kirche kam über den Rechtsanwalt Dr.Vogel zustande. Keine andere Einrichtung sah sich damals imstande, die Honeckerfamilie aufzunehmen.

Anfangs nahmen die Honeckers sogar gemeinsam mit der Pfarrersfamilie die Mahlzeiten ein. Politisiert wurde dabei kaum.

Ein Leitmotiv des mutigen Pfarrers aus Lobetal lautet: „Vergebung gehört zu den wichtigsten Dingen im Leben“

Ich fand das damals mehr als mutig, mit welcher Selbstverständlichkeit Pfarrer Holmer die von einem Großteil der DDR- Bevölkerung so Gehassten bei sich aufnahm.

Gruß

Daniel
Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Danny_1000 » 29. Mai 2011, 12:16

Nachtrag zu Uwe Holmer:
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon S51 » 29. Mai 2011, 12:42

Es gibt da so einen Grundsatz "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst..." oder doch so ähnlich. Bin zu lange raus, müsste mal in der Bibel nachlesen.
Als Pfarrer ist man ein bischen auch ein Menschenlenker. Nicht so sehr im Sinne eines Anführeres sondern eher im Sinne eines Strippenziehers, einer grauen Eminenz. Dazu gehört nicht nur ein gewisses Sendungsbewußtsein, vielmehr auch eine gewisse Distanz zu dem, was man so erreichen kann. Jene, die diesen Beruf erlernt haben, haben auch gelernt, wie beeinflussbar ein Mensch ist und wie schnell sich Meinungen ändern können. Soll heißen, bei so manchem im schwarzen Talar habe ich bei Unterhaltungen gemerkt, dass der Begriff von den "Schafen" einen gewissen Unterton hatte. Ihre Meinung vom Urteilsvermögen, der Unvoreingenommenheit und der Uneigennützigkeit der "Masse" war oft so zwischen Fatalismus und Zynismus angesiedelt. Ihr Beruf ist, was das betrifft, gar nicht so weit vom Politiker, Diktator als dessen extremere Form, Politoffizier oder auch Gesellschaftswissenschaftler entfernt.
Doch bringt eben dieser Beruf auch einen gewissen Anspruch vor den Leuten mit sich. Den hat er einfach gelebt. Für den Schwachen einzutreten, ihn zu schützen ist halt eines der christlichen Prinzipien, welches dieser Religion zu dieser Bedeutung verholfen hat. So war sie früher der oft einzige Schutz vor der weltlichen Gewalt für die kleinen Leute. Auf dieses Prinzip wird jeder Geistliche getrimmt. Nicht jeder ist gleich aber hier hat er es halt verwirklicht.
Mit irgendeiner Art von Missionierung hat das eher nichts zu tun. Eher mit dem Vorhalten eines Spiegels. Denn für Mitleid ist die Politik ja nun nicht bekannt. Heute übrigens auch.
S51
 

Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Tine » 29. Mai 2011, 20:08

Daniel und "S51", ich habe eure Beiträge gelesen. Gefällt mir!

Ich bin jetzt mal für 3 Tage auf Dienstreise und deshalb auch nicht hier, aber wer noch was beitragen möchte, kann das gern tun. Ich antworte später, obwohl ich mir jetzt schon auch eine bessere Meinung bilden kann. Danke!

Tschüß und 'ne schöne Woche!
Tine
Tine
 

Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Berliner » 4. Juni 2011, 14:41

Hallo Tine, vielen Dank. [rose]

Tine hat geschrieben:Ist es nur seine christliche und daraus resultierend auch seine menschliche Pflicht gewesen, dem Honecker Asyl in seinem Haus zu gewähren oder könnte bei ihm auch die Überlegung mitgespielt haben, dass er, wenn er sich derart spektakulär in Szene setzt, "prominent", also wichtiger wird?


Am Beispiel von Jesus ist es auch eindeutig, dass er sich ans Kreuz legen liess fuer die Menschen, die ihn im Grunde dorthin brachten.

Zu beurteilen ob andere Gedanken eine Rolle spielten, bleibt es jedem selbt ueberlassen. Ich (wie Danny) sah ein Interview mit ihm und bin der Meinung er tat es aus Ueberzeugung. Oft sind das die kleinen Menschen, die mit der grossen Wahrheit rausruecken.

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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Luchs » 4. Juni 2011, 15:11

Auch ich bin der Meinung, dass Pfarrer Holmer aus Überzeugung handelte. Ein wahrlich mutiger Mann. Gab es zu der Zeit Menschen in der DDR, die noch mehr gehasst wurden? Es war eie richtige Entscheidung von ihm. Wasser predigen und Wein trinken tun genug.
Viele Grüße [hallo]
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Tine » 5. Juni 2011, 13:12

Hallo und ich wünsche euch einen guten Tag!

Ich habe mir nun auch das Video angesehen und ja, er überzeugt mich!

Danke für eure Statements und es hat mich gefreut über dieses Thema so ruhig und sachlich sprechen zu können.

Tschüß und viele Grüße in das Land und in die Welt,
Tine
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Thomas 1948 » 8. Juni 2011, 15:04

Hallo, ein schwieriges Thema,
Christlich alles vielleicht ok aber politisch fand ich es total merkwürdig. Wo waren seine vielen Personenschützer die auch eine
Wohnung hatten.
Wo waren die vielen Genossen, die immer ihn lobten?
Wo waren die vielen Kirchenleute die einen Januskopf hatten?
Woher hatte E.H die Adresse des Pfarrers?
......
tine bist du Pfarrer?
Sagt dir die Abkürzung IMAK etwas
Wa dort viele jahre, war auch Mitglied der Jungschar.
Suche alles über den 16.6.1953.
Habe hier im Forum etwas erwähnt leider keine Antwort
Thomas [hallo]
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Re: Pfarrer Uwe Holmer

Beitragvon Tine » 9. Juni 2011, 07:45

Hallo Thomas!

Nein, ich kenne die Abkürzung und was sich dahinter verbirgt nicht und - ich bin keine Theologin! [smile]

Viele Grüße nach Eisenach,
Tine
Tine
 


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