Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Feiern zum 40. Gründungstag der DDR, Triumph der friedlichen Demonstranten, SED-Führung in der Agonie

Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Huf » 4. November 2015, 19:57

Zum Thema:

Glücklicherweise musste ich nie ins Lager nach Neuruppin... [sick]

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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Interessierter » 28. November 2015, 08:51

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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Interessierter » 22. Dezember 2015, 12:07

Verhaftung bis ins Detail geplant

Ein Internierungslager für die „Feinde der DDR“ stand in Tambach-Dietharz


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Luftbild des Lagers in Tambach-Dietharz: Mit Nummer 1 ist das Mehrzweckgebäude bezeichnet, Haus Nummer 10 ist das Vierpfennighaus, im Haus Nummer 6 sollte der Sanitätstrakt untergebracht werden. Foto: Klaus-Dieter Simmen

Kreis Gotha. Am 19. September 1986 lebten im Landkreis Gotha 78 Ausländer, darunter Ägypter, Algerier, Belgier, Briten, Niederländer und Schweizer. Hinzu kamen noch acht Staatenlose. Das ist einer Aufstellung der Abteilung Pass- und Meldewesen des Volkspolizeikreisamtes zu entnehmen. Sie alle galten als Personen aus Feindesland – sollte die DDR in Verteidigungsbereitschaft versetzt worden sein. Für sie und all jene, die sich besuchsweise im Kreis aufhielten oder sich unterwegs auf der Transitstrecke befanden, wartete in diesem Falle das Internierungslager.

„Zunächst sollte die betreffenden Personen in den einzelnen Kreisen aufgegriffen werden, um sie zunächst hier zu internieren“, sagt Reinhard Köhler. Der Weimarer forscht schon seit Jahren als Landesforschungsbeauftragter der Vereinigung der Opfer des Stalinismus zu diesem Thema. Er weiß, dass in der DDR insgesamt 35 Internierungslager vorgesehen waren. Als zentrales Lager für den Bezirk Erfurt hatten die Verantwortlichen die GST-Ausbildungsstätte „Rote Jungfront“ im Wald bei Tambach-Dietharz vorgesehen.

Frauen, Kinder und Männer voneinander getrennt


Zunächst aber sollten die Personen aus Feindesland, die sich aus welchen Gründen auch immer im Landkreis aufhielten, im Internat der Bauschule in der Eisenacher Straße untergebracht werden. „Dafür waren die Wohnblöcke vorgesehen, wobei die Verantwortlichen, das waren Stasi und Volkspolizei, Frauen, Kinder und Männer von einander trennen wollten.“

Die Planung stammt vom 2. September 1986. Die Aufsicht über das Gothaer Internierungslager sollte der stellvertretende Leiter der Schutzpolizei des Volkspolizeikreisamtes übernehmen. Ihm hätten 21 Schutzpolizisten zuzüglich Volkspolizei-Reserve unterstanden sowie vier Kripo-Mitarbeiter und sieben Bedienstete vom Pass- und Meldewesen.

„Auch an die Fahrzeuge jener Bürger aus dem feindlichen Ausland, die auf der Transitstrecke unterwegs waren, hatten die Planer gedacht“, erzählt Köhler. „Sie sollten auf einem Parkplatz in der Eschleber Straße/Ecke August-Creutzburg-Straße abgestellt werden. Und falls das nicht reicht, stand noch eine Wiese in der Klinge in Reserve.“

Die Internierung des genannten Personenkreises in einer Spannungsphase und im Fall des Verteidigungszustandes hatte der Nationale Verteidigungsrat der DDR im März 1979 beschlossen. Grundlage dafür war das Genfer Abkommen vom 12. August 1949 und das sogenannte Ergänzungsprotokoll I vom 8. Juni 1977. „Die Anordnung über die Vorbereitung und Ausführung von Maßnahmen zur Einrichtung der Internierungslager trat am 1. Oktober 1980 in Kraft“, weiß Reinhard Köhler.

Dem Ministerium für Staatssicherheit fiel die Aufgabe zu, auf die Organe des Ministeriums des Inneren operativ Einfluss zu nehmen und jegliche „feindlich-negativen Pläne gegen diese Maßnahmen aufzulösen und zu verhindern.“

Im Fall der Inbetriebnahme des Internierungslagers in der Eisenacher Straße hatte auch der Rat des Kreises seine Aufgaben zu erfüllen. Dieser musste für die Verpflegung der Gefangenen sorgen und Mitarbeiter für das Lager abstellen. Eine teilweise Aufnahmebereitschaft im Internat der Bauschule war bereits nach 24 Stunden vorgesehen, nach 72 Stunden musste das Lager einhundertprozentig funktionieren.

Dazu gehörten auch drei Busse, die den Transport ins Zentrallager für den Bezirk Erfurt sicherstellten. Selbst die Fahrtroute über die 18.-März-Straße und Reinhardsbrunner Straße Richtung Uelleben, Schönau vor dem Walde und Georgenthal war exakt festgelegt.
Warum sich die Verantwortlichen für das GST-Lager im Raum Tambach-Dietharz entschieden, kann nicht mehr in allen Facetten nachvollzogen werden. Aus der Aktenlage geht hervor, dass Würdenträger vom Ministerium für Staatssicherheit, der Bezirksdirektion der Volkspolizei und Funktionäre der SED-Bezirksleitung am 7. Januar 1983 sich über den „Stand der Durchsetzung der Anordnung“ informiert und dem Lager zugestimmt haben. In der geheimen Verschlusssache heißt es: „Das Objekt besitzt eine Belegungskapazität von 1000 Personen ... Es ist eine Küchenkapazität von 1000 Portionen vorhanden ... Der Bezug der Versorgungsgüter erfolgt aus Basisbetrieben bzw. Versorgungslagern der Stadt und des Landkreises Gotha ... Die medizinische Betreuung erfolgt über ein lagereigenes Revier mit einer Kapazität von 20 Betten. Das Revier entspricht den Anforderungen.“ Auch an die Möglichkeiten der sportlichen Betätigung und kultureller Betreuung hatten die Genossen gedacht.

„Das Problem in Tambach-Dietharz war“, so fand Köhler bei seinen Recherchen heraus, „dass nur wenige von den 45 Baracken beheizbar waren. Die Planer entschieden sich deshalb für zwei Neubauten mit jeweils drei Geschossen. Außerdem sollte das Personal, das im GST-Lager angestellt war, komplett übernommen werden.“ Die Gebäude wurden errichtet, der Rest blieb nur Planung für einen Ernstfall, der glücklicherweise nicht eintrat.

Quelle: TLZ vom 22.11.2015
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Interessierter » 28. Juli 2016, 10:02

Dissidenten von damals besichtigen das für sie eingerichtete Isolierungslager

Zwischen Wäldchen, Weinbergen und Streuobstwiesen, auf einer Halbinsel im Süßen See bei Eisleben liegt Schloss Seeburg. Mit seinem Wehrturm, seinen meterdicken Mauern und eisernen Toren hielt es das Ministerium für Staatssicherheit der DDR für ein »zentrales Isolierungsobjekt« gut geeignet.
Hier und im Schloß Reinharz bei Wittenberg wären bei Krisen, im Krieg, im »Spannungsfall« oder auch »in Form von vorgezogenen Maßnahmen« etwa 500 Frauen und Männer des Bezirks Halle eingesperrt worden: Personen, »von denen aufgrund ihrer verfestigten feindlich-negativen Grundhaltung gegenüber der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung und unter Berücksichtigung ihres bisherigen Auftretens, ihrer offiziell und inoffiziell bekannt gewordenen Äußerungen, ihrer Kontakte und Verbindungen sowie bestimmter Lebens- und Verhaltensweisen [...] eine akute Gefährdung der staatlichen Sicherheit und Ordnung ausgehen kann oder die solche Handlungen dulden oder unterstützen.« Außerdem Personen mit Ausreiseanträgen, »Kriminelle, deren Strafverbüßung abgelaufen ist«, »stark kirchlich gebundene Kräfte« – also alle, in denen der Staatssicherheitsdienst besondere »Unsicherheitsfaktoren« sah.


Einige von Ihnen – etwa 40 ehemalige Mitglieder von Menschenrechts- oder Umweltgruppen, einzelne Oppositionelle und ihre Angehörigen – hatten im elften Herbst nach der friedlichen Revolution Gelegenheit, das für sie geplante Isolierungslager zu besichtigen.

Seit 1990/91 kann die Öffentlichkeit von der Geheimen Kommandosache Kenntnis nehmen, die Stasi-Minister Mielke 1967 auf Anweisung des Nationalen Verteidigungsrates erließ. Der sogenannte »Vorbeugekomplex« sah im »Spannungsfall«, außer der »Isolierung« noch die »spezifisch-operativen Vorbeugungsmaßnahmen« der »Überwachung«, »Karteierfassung«, »Verhaftung« und »Internierung« vor.

Im Unterschied zur »Isolierung« von unzuverlässigen DDR-Bürgern war für Ausländer und Transitreisende – »Staatsangehörige der Kriegsgegner, in erster Linie Bürger von NATO-Staaten und anderer feindlicher Staaten ... sowie Staatenlose, die im Gebiet der DDR wohnhaft sind oder sich zeitweise in der DDR aufhalten« die »Internierung« vorgesehen. Hierfür berief sich eine Ministerratsanordnung von 1980 sogar auf die Menschenrechte: »Internierungslager sind unter Zugrundelegung des 4. Genfer Abkommens vom 12.8.1949 zum Schutze der Zivilpersonen in Kriegszeiten ... vorzubereiten und sicherzustellen.«

Die Absicht, unbequeme Menschen in Lager zu sperren, ist für alle Diktaturen typisch und auch in der DDR gab es schon in den frühen sechziger Jahren konkrete Pläne dafür. Verstört durch die Volksaufstände 1953 in der DDR und 1956 in Ungarn gründete das Politbüro der SED 1959 »zentrale Einsatzleitungen«, sogenannte »operative, politische und militärische Führungskollektive für jeden Bezirk ... zum Schutze der sozialistischen Errungenschaften« und verabschiedete 1960 ein Gesetz zur Bildung des Nationalen Verteidigungsrates, dem die Bezirkseinsatzleitungen unterstellt wurden. Nach »Maßnahmen zur Unterdrückung konterrevolutionärer Aktionen« erließ der SED-Ministerrat 1967 die erwähnte Direktive »zur Gewährleistung einer ständig hohen Einsatz- und Gefechtsbereitschaft« mit »Mobilmachungsaufgaben« des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Mobilmachung bedeutete die »Umstellung der DDR vom Friedens- auf den Verteidigungszustand«.

Ende 1988 waren im »Vorbeugekomplex« republikweit 86.000 Bürgerinnen und Bürger erfaßt – davon die meisten, 24.237 Personen, aus dem Bezirk Karl-Marx-Stadt, gefolgt von den Bezirken Leipzig: 11.180 Personen, Dresden: 8.655, Magdeburg: 6.190, Gera: 6.073, Halle: 4.730. Städte mit den höchsten Zahlen sind Jena (2.700), Dresden (1.976) und Halle (672). Die meisten Renitenten waren also nicht in der Hauptstadt Berlin oder im Norden, sondern im Süden der DDR registriert. Für insgesamt 10.539 Menschen sollten Plätze in Isolierungslagern eingerichtet werden. Im Dezember 1988 existierten in der DDR etwa 17 »Isolierungsobjekte«, mindestens eins in jedem Bezirk. Nur im Bezirk Suhl fand sich kein geeignetes Objekt, das wenigstens 60 Kilometer von der Grenze zur Bundesrepublik entfernt war, wie es die Bestimmung ausdrücklich verlangte.

Der vollständige Beitrag hier:
http://www.horch-und-guck.info/hug/arch ... 3318-kuhn/
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Interessierter » 27. September 2016, 10:27


Bad Langensalza: Neue Recherchen zu geplantem Stasi-Lager


Wie hätte die Staatssicherheit auf Aufstände und Krieg reagiert? Der Weimarer Reinhard Köhler stellt Ergebnisse aus den Archiven der Stasi-Unterlagenbehörde vor

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So erwartete die Stasi den Angriff aus dem Westen: Auf zwei Stoßrichtungen – über den Hainich und die Fahner Höhe – stellte sich das MfS im Kreis Bad Langensalza ein. Die MfS-Kreisdienststelle wollte sich um jene Einwohner kümmern, denen die SED-Führung nicht über den Weg traute. Foto: Klaus-Dieter Simmen

Bad Langensalza. Der Kreis Bad Langensalza war mit seinen 46 493 Einwohnern der zweitkleinste im damaligen Bezirk Erfurt. Wiewohl er für die Staatssicherheit von großer Bedeutung war. Hier lagerte die Sowjetarmee 101 000 Liter Vergaserkraftstoff und 1 250 000 Liter Diesel. Als Staatsreserve hatte die DDR-Regierung 50 000 Tonnen Getreide gebunkert. Zahlen, die der Weimarer Reinhard Köhler zusammengetragen hat.

Diese stehen im Zusammenhang mit weiteren Zahlen, die der Mann im Auftrag der Vereinigung der Opfer des Stalinismus in den Akten der Staatssicherheit fand. Seit dem 17. Juni 1953 beherrschte die SED-Spitzen die Angst vor dem Aufbegehren des eigenen Volkes. Das mit allen Mitteln zu vereiteln, war Auftrag der Staatssicherheit der DDR als Schild und Schwert der Partei.

Bei seinen Recherchen stieß Köhler in den Akten auf eine Zusammenstellung der Kreisdienststelle des MfS in Bad Langensalza vom 2. September 1981. Darin waren all jene Bürger aufgelistet, die im Spannungsfall die Funktionäre sicher verwahrt wissen wollten. Eingeteilt in Gruppen, erwartete jene unter 4.1. die sofortige Inhaftierung und Aburteilung in einem Schnellverfahren.

Sofortige Haft und genaue Beobachtung drohten
Das betraf 1981 im Kreis Bad Langensalza drei Personen. Unter 4.1.3 waren all jene zusammengefasst, die in einer kritischen Situation in einem Isolierungslager untergebracht werden sollten. Das erwartete damals 16 Frauen und Männer. Unter verstärkte Beobachtung gerieten 35 Einwohner.

Ein besonderes Augenmerk hatte in jenem Jahr die Volkspolizei auf 14 Menschen, die wegen asozialem Lebenswandel oder versuchter Republikflucht aktenkundig waren. In der Zusammenstellung der Kreisdienststelle werden auch 54 Bad Tennstedter erwähnt. Sie waren beim Volksaufstand 1953 auffällig geworden.

In ihrer Auswertung zu den Ereignissen formulierte die Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei am 29. Juni: "In Bad Tennstedt, Krs. Langensalza, versammelten sich ca. 500 Personen auf dem Marktplatz. Hier ist besonders bemerkenswert, daß der Initiator der Kundgebung der Superintendent und Pfarrer S. war." Selbst mehr als 28 Jahre danach hegte die Staatsmacht tiefes Misstrauen gegen jene 54, die damals auf dem Marktplatz dabei waren. Die Befürchtungen, dass im Falle einer Invasion diese Bürger politisch-ideologische Diversion betreiben und Kontaktaufnahme zum Feind suchen würden, waren groß.

Suspekt waren sowohl Staatssicherheit als auch SED-Führung Mitglieder der CDU und Zeugen Jehovas. Letztere waren besonderer Schikane durch die Stasi ausgesetzt. "Da gab es unverhüllte Drohungen und Schikanen in so ziemlich allen Lebensbereichen dieser Menschen", berichtet Reinhard Köhler. "Die Akten geben auch Auskunft über Misshandlungen, die im Stasi-Jargon als Disziplinierung bezeichnet wurden." Weil die Zeugen Jehovas durch all diese "Maßnahmen" nicht klein zu kriegen waren, unterstanden sie besonderer Beobachtungen durch informelle Mitarbeiter (IM).

"Wer immer noch glaubt, die DDR wäre keine Diktatur gewesen, dem ist nicht mehr zu helfen."Reinhard Köhler Wer für das SED-Regime arbeitete, war linientreu. Ansonsten hätte er keine Anstellung bekommen. So ganz hat das aber offenbar nicht gestimmt. Denn das Papier von 1981 verzeichnete im Wehrkreiskommando drei Mitarbeiter, die im Ernstfall aus dem Verkehr gezogen werden sollten. Im Volkspolizeikreisamt waren es gleich acht, in den Kampfgruppen der Betriebe im Kreis immerhin 40 und bei der Zivilverteidigung zwei Genossen, die dieses Schicksal erwartete.

Weiter geht es hier:
http://muehlhausen.thueringer-allgemein ... r-54377918

Wer für das SED-Regime arbeitete, war linientreu.


Für manche ist es auch heute noch wie am Ende jedes Märchens: " Und wenn sie nicht gestorben sind, sind sie heute noch linientreu... [flash]
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Merkur » 25. März 2017, 12:52

Mischa Wolf schrieb zum Thema mal folgendes:
"Es waren die von meiner Hauptverwaltung Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre im erheblichem Umfang aus der BRD beschafften geheimen Dokumente über die Vorbereitung der Notstandspläne und der damit verbundenen Gesetze, die in der DDR den Anstoß zu ähnlichen Maßnahmen gaben. Zur Auswertung dieser Dokumente wurde die Mielke direkt unterstehende Arbeitsgruppe des Ministers (AGM) gebildet, die künftig für alle Notstandsplanungen zuständig war. Die westdeutschen Geheimdokumente waren ausgefeilt bis ins Detail und zeigten die Handschrift von Experten, über die wir damals nicht verfügten. Sie sahen auf zivilem Gebiet einen großen Katalog einzelner Verordnungen, von der Einführung von Lebensmittel- und Benzinkarten bis zu Evakuierungswegen für die Zivilbevölkerung vor. Auf dem Gebiet der inneren Sicherheit war die Einrichtung von Internierungslagern für unliebsame Elemente vorgesehen."

Vgl. Markus Wolf, Die Kunst der Verstellung, S. 86.

Ist doch schon interessant, dass sich Mielke dahingehend vom Westen inspirieren ließ.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Dr. 213 » 25. März 2017, 13:18

Aber Merkur, mit diesen sozialistischen Mini- KZs kannste echt keinen Blumentopf gewinnen.
Ich meine damit keine Vernichtungslager, das Wegsperren politischer Gegner ist das Widerliche.
Sowas hätte ich damals in der DDR nicht für möglich gehalten.
Weißt Du überhaupt, welche Personen auf solchen Listen standen?
Kannst Du dir das Entsetzen vorstellen, wenn man seinen Namen nach der Wende
auf so einer Liste entdecken mußte ?

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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Merkur » 25. März 2017, 13:38

Dr. 213 hat geschrieben:Aber Merkur, mit diesen sozialistischen Mini- KZs kannste echt keinen Blumentopf gewinnen.
Dr. 213


Das möchte und brauche ich auch gar nicht. Es ging mir lediglich darum, einen Zeitzeugen zu den Hintergründen zu zitieren.
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Kumpel » 25. März 2017, 13:43

Merkur hat geschrieben:Ist doch schon interessant, dass sich Mielke dahingehend vom Westen inspirieren ließ.



Diese Inspiration hatten die Genossen weiß Gott nicht nötig.
Hatten sie doch diese Internierungspraxis bereits in den frühen Jahren der DDR von ihren stalinistischen Taktgebern übernommen.
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Merkur » 25. März 2017, 14:00

Kumpel hat geschrieben:Diese Inspiration hatten die Genossen weiß Gott nicht nötig.
Hatten sie doch diese Internierungspraxis bereits in den frühen Jahren der DDR von ihren stalinistischen Taktgebern übernommen.


Lies noch einmal genau, was ich geschrieben habe @Kumpel. Es ging um wesentlich mehr als um die Internierung von Personen. Für tiefergehend Interessierte lohnt auch ein Blick in die archivierten Dokumente.
Selbstverständlich muss jeder seine individuelle Sicht bzw. Meinung haben und schreiben. Quelle: Augenzeuge.
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon augenzeuge » 25. März 2017, 14:28

Merkur hat geschrieben: Es ging um wesentlich mehr als um die Internierung von Personen.


Natürlich. Es ging um Erhaltung ihrer Macht, um Vernichtung oder Auflösung jeglicher kritischer Stimmen, welche dem System etwas mehr Demokratie geben wollten.
Wenn man sich um Feinde von außen kümmern wollte, mussten die Feinde von innen gebändigt sein.

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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Interessierter » 25. Juni 2017, 11:45

Internierungslager - Die Grenze - Die VP und K1

Speziell die in der Akte enthaltene Richtlinie für die Dienstordnung über die Aufgaben der Deutschen Volkspolizei an den Kontrollpunkten des Sperrgebietes der Staatsgrenze West zum Befehl des Ministers des Inneren Nr. 39/61
beweist, dass es Hauptaufgabe der DVP im Grenzbereich war, die Bürger am Betreten des Sperrgebiets zu hindern, sprich großräumig ein illegales Verlassen der DDR zu verhindern.

Als generelle Disziplinierung der Bürger war die Errichtung der sogenannten Staatsgrenze gedacht, die mit ihrer Undurchdringbarkeit der menschenverachtenden Grenzanlagen die Bürger am Verlassen der DDR hindern sollte.

Die Hauptaufgabe der sogenannten Staatsgrenze bestand im Verhindern des Verlassens der DDR. Diese Tatsache zieht sich wie ein roter Faden durch alle dem Ausschuß zugänglichen Protokolle der Bezirkseinsatzleitungen. Es war in fast jeder Sitzung ein Tagesordnungspunkt mit Berichten zur Situation im Grenzgebiet bis zum letzten dem Ausschuß vorliegenden Protokoll vom 4. November 1989 enthalten.

Schwerpunkt war immer, die Bürger am Verlassen der DDR schon großräumig vor der eigentlichen Grenze zu hindern. Um dieses Ziel durchzusetzen, den Zugriff auf die Bürger zu sichern und damit ihre Macht zu erhalten, schreckte die SED nicht vor dem menschenverachtenden Instrument der Zwangsaussiedlung und Umsiedlung, besonders im Grenzgebiet, zurück.

Auch die legale Methode die DDR zu verlassen, war häufiges Thema der Sitzungen der Bezirkseinsatzleitungen.

Auch hier wurde über Methoden nachgedacht, die Bürger am Verlassen der DDR zu hindern, nötigenfalls wie im Protokoll der Sitzung am 13. März 1989 (BEL Erfurt) enthalten, auch mit durchzuführenden Disziplinierungsgesprächen, um den Antragsteller in diesbezüglichen Aussprachen zur Rücknahme seine Antrages zu bewegen.
Dabei haben alle Fachorgane ihre Verantwortung im Zurückdrängungsprozeß wahrzunehmen (Berichterstattung im Rat).

Die SED plante die Internierung politisch Andersdenkender.

In den genannten Akten liegen dem Ausschuß konkrete Unterlagen vor, dass gegebenenfalls auch durch
Internierung von politischen Gegnern der Machterhalt sichergestellt werden sollte. Dem Ausschuß liegen konkrete Planungsprojekte zur Errichtung von Internierungslagern im Krisenfall vor. Auch Listen von zu internierenden Personen sind darin enthalten. In diesem Zusammenhang ist die GVS DA 2/86, die sich mit Vorbeugemaßnahmen befaßt, zu sehen. Der Leiter der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit hat in den vorliegenden Dokumenten angewiesen: Für die Erfassung von Personen in den Vorbeugemaßnahmen sind zur Grundlage zu nehmen die Richtlinien 1/76, 1/81 und 1/82, die Dienstanweisung 1/80, der Rahmenkatalog zur Dienstanweisung 1/80 und die DA 2/83 des Genossen Minister [...] Kennziffer 4.1.1 - Festnahme - In dieser Kennziffer sind zu erfassen:

- alle Personen, die unter dem dringenden Verdacht stehen, staatsfeindliche Handlungen gegen die DDR zu begehen, zu dulden bzw. davon Kenntnis zu haben; [...]
- Personen, die operativ bearbeitet bzw. die unter operativer Kontrolle gehalten werden oder wurden und bei denen bisher von strafrechtlichen Maßnahmen abgesehen wurde;
Das trifft besonders auf solche Personen zu, die mit feindlicher Zielstellung:
- den organisierten Zusammenschluß von feindlich gesinnten Personen betreiben bzw. anstreben;
- innerhalb einer sogenannten staatlich unabhängigen Friedensbewegung unter demagogischer Tarnung, wie der Wahrung der Menschenrechte, des Umweltschutzes, massive Aktivitäten entwickeln;
- unter dem Schutz reaktionärer, klerikaler Kräfte mit relevanten Handlungen auftreten;
- Forderungen nach einer Veränderung der Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR aufstellen bzw. erheben.


Mit der Vorbereitung solcher Maßnahmen waren hauptsächlich unter Leitung der Bezirkseinsatzleitungen die Kräfte des in enger Zusammenarbeit mit der DVP - Abteilung K - Arbeitsrichtung I unter Zuhilfenahme der Möglichkeiten der ZV beauftragt.

Grundlage der Zusammenarbeit zwischen und DVP - Abteilung K - Arbeitsrichtung I war die Durchführungsanweisung des Leiters der HA - K - des zur DV Nr. 053/82 des vom 27. Januar 1983
Dokumentation R.
Für die Festnahme bzw. Isolierung von Personen waren notwendige Dokumentationen (Personenkartei) durch die erfassende operative Diensteinheit der BV zu erarbeiten.

http://www.juramagazin.de/156414.html

Meiner Meinung nach dokumentieren Fakten, dass große Teile der VP und besonders die K 1, eine politische Polizei waren, die gegen die eigenen, politisch andersdenkenden Bürger vorgingen und sich als Handlanger der Stasi und SED - Diktatur betätigten.
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Dr. 213 » 25. Juni 2017, 18:44

Na die Familienväter von der ZV = Zivilverteidigung, es war so etwa das THW der DDR, also diese Männer werden
schön blöde aus der Wäsche geschaut haben, wenn sie sich im Einsatzfall in einer Linie mit knüppelnden
Stasimännern und geifernden Schäferhunden wieder gefunden hätten. UND ZWAR ALS MITTÄTER !

Und sowas in einem Arbeiter- und Bauernparadis, die Roten konnten wohl keine Schweinerei auslassen, pfui Deibel !
Was Uniform und Rotlicht so alles mit Menschen machen kann.

Herzlichst
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Re: Stasi wollte kritische DDR-Bürger in Isolierungslager sperren

Beitragvon Volker Zottmann » 25. Juni 2017, 21:35

Es waren oft Zwänge, die ich schon ausführlich am eigenen Lebenslauf beschrieb, die einen auch in die Reihen der ZV befördern konnten.
Ich war ohne mein Wollen ratz fatz durch eine Kündigung als einzig möglicher Nachrücker der stellvertretende Zugführer eines reinen Rettungszuges geworden. Was ich da erst lernte, und dann selbst vermittelte kann ich ein Lebenlang zur rettung von menschen gebrauchen.
Bei kreisgeleiteten Übungen fand jedesmal auch ein Atomangriff statt. Ich schrieb da von.
Was Dr.213 schreibt, habe ich unerwähnt gelassen. Es stimmt aber, wir hätten bei JEDEM ausgerufenen Notfall ausrücken müssen, so wie heute die Feuerwehr.
Wir hätten jederzeit auch anderweitig eingesetzt werden können. Wer wollte sich im Krisenfall da ausnehmen? Wir alle hätten mißbraucht werden können. Mir wurde das allumfänglich auch erst nach 1989 klar. Erst als ich von den geplanten Internierungslagern erfuhr.

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

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