Ausreiseantrag

Kommunalwahlfälschungen, Ausreisebewegung und eine sich neu formierende Opposition

Ausreiseantrag

Beitragvon Spartacus » 20. August 2013, 17:56

Über die Suchfunktion habe ich nichts gefunden, also mach ich das Thema mal auf [hallo]

Wer hat einen gestellt? Wisst ihr den Wortlaut noch und vor allem, wie waren die Reaktionen?

LG

Spartacus

P.S. Meinen werde ich wohl erst wiedersehen, wenn ich meine Akten einsehe.


Ich bin stolz darauf, kein Smartdingsbums zu besitzen.
Nicht Deutschland schafft sich ab, sondern Deutschland schaltet sich ab.
Habeck und Baerbock in die Produktion. Die Grünen sind eine fortschrittsfeindliche Sekte.



Benutzeravatar
Spartacus
 
Beiträge: 25507
Bilder: 0
Registriert: 28. März 2013, 19:01
Wohnort: Bayern

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon pentium » 20. August 2013, 18:08

Hier schon mal drei Themen in denen es um die Ausreise geht.

Forschung zu DDR-Zuwanderern im Westen
Erwerbslosigkeit nach Ausreiseantrag?
Die Ausreise aus Prag.............1989

mfg
pentium
*Dos Rauschen in Wald hot mir'sch ageta, deß ich mei Haamit net loßen ka!* *Zieht aah dorch onnern Arzgebirg der Grenzgrobn wie ene Kett, der Grenzgrobn taalt de Länder ei, ober onnere Herzen net!* *Waar sei Volk verläßt, daar is net wert, deß'r rümlaaft of daaner Erd!*
Anton Günther

Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V.
http://www.freundeskreis-hubertusburg.de
Benutzeravatar
pentium
 
Beiträge: 45323
Bilder: 133
Registriert: 9. Juli 2012, 16:12
Wohnort: Sachsen/Erzgebirge

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon augenzeuge » 20. August 2013, 18:49

Jeder Antrag war individuell. Es gab keine Vorlagen. Man musste sich etwas ausdenken. Fast immer kam im Antrag der Bezug auf die Vereinbarung von Helsinki zum Ausdruck. Und in der Formulierung musst man die Folgen bedenken. Man rechnete sich mehr Chancen aus, wenn man Richtung Familienzusammenführung ging, die Darstellung der politischen Meinung erfolgte meist abgeschwächt, aus Angst vor den Gummiparagraphen der DDR.

Ein Beispiel eines sehr einfachen Antrages, der ganze Vorgang dazu entstammt folgender Seite:
http://edoc.bibliothek.uni-halle.de/ser ... 7x8?hosts=

AZ
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon augenzeuge » 20. August 2013, 18:54

Das hier gabs auch:

Bild

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon augenzeuge » 20. August 2013, 19:06

Vom Antrag bis zur Ausreise- eine Dokumentation der Repression am Beispiel der Familie Schaarschmidt.

http://www.ddr-ausreise.de/1302347.htm

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Hausfreund » 20. August 2013, 19:33

Erinnere mich nur an eine Arbeitskollegin, die Anfang der 80er einen Ausreiseantrag stellte. Jeder wußte es, spezielle Schikanen gab meines Wissens keine, eine weitere Karriere oder besondere Auszeichnungen auch nicht. Ihr Arbeitsbereich war mittelmäßig "sensibel", alles recht unaufgeregt. 1989(?) wurde dem Antrag stattgegeben, sie hatte es sich zwischenzeitlich wohl anders überlegt.

mfG
Hausfreund
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Wosch » 20. August 2013, 20:49

Hausfreund hat geschrieben:Erinnere mich nur an eine Arbeitskollegin, die Anfang der 80er einen Ausreiseantrag stellte. Jeder wußte es, spezielle Schikanen gab meines Wissens keine, eine weitere Karriere oder besondere Auszeichnungen auch nicht. Ihr Arbeitsbereich war mittelmäßig "sensibel", alles recht unaufgeregt. 1989(?) wurde dem Antrag stattgegeben, sie hatte es sich zwischenzeitlich wohl anders überlegt.

mfG



Sonst kanntest Du in all den Jahren keine weiteren Aureiseantragssteller-oder Stellerinnen?
Hört sich ja recht human an, daß mit "keine speziellen Schikane". Vielleicht kramst Du mal in Deinem "Oberstübchen" nach anderen Beispielen und läßt uns daran teilhaben."Von Anfang der 80er bis 89", solch schikanefreie Beispiele kennen wir doch selbst zur Genüge, bei meinem Bruder hatte es nurDreieinhalb Jahre gedauert.[wink]

Schönen Gruß aus Kassel.
Ich bin stolz darauf, noch nie den "Melde-Button" benutzt zu haben!
Mecklenburger sind nicht nachtragend, aber vergessen tun sie auch nicht!
Benutzeravatar
Wosch
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 4204
Bilder: 0
Registriert: 24. April 2010, 23:13
Wohnort: Kassel, im Januar 1962 aus der DDR geflohen.

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon vs1400 » 20. August 2013, 21:30

hi Jörg,
wie hast du erfahren in welcher form der antrag gestellt werden kann?
ich wusste bis dato nicht, dass es dafür kein offizielles formular gab ... gab es doch für fast alles sonst. [peinlich]

gruß vom Torsten [hallo]
vs1400
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Hausfreund » 20. August 2013, 21:33

Wosch hat geschrieben:Sonst kanntest Du in all den Jahren keine weiteren Aureiseantragssteller-oder Stellerinnen?
[...]Vielleicht kramst Du mal in Deinem "Oberstübchen" nach [...]

Danke für den freundlichen Hinweis auf mein altes "Oberstübchen", Wosch; möge Deines immer jugendfrisch bleiben! [hallo]
(Nebenbei: Die Schleimsprache "Steller- und Stellerinnen" gab es damals noch nicht.)

Es gab einen weiteren, entfernteren, Kollegen, der, schwacher Erinnerung nach, in dieser Zeit "übersiedelte" (hieß das so?). An einen Ausreiseantrag diesbezüglich erinnere ich mich jedoch nicht. Der von Dir monierte Mangel an Ausreiseanträgen in meiner beruflichen Umgebung dürfte damit zusammenhängen, daß ich ab Mitte der 80er in einem Bereich mit besonderen Sicherheitsanforderungen arbeitete.

Mit freundlichem Gruß!
Hausfreund
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Volker Zottmann » 20. August 2013, 22:03

Für alle,die Interesse zeigen und in http://mein-ddr-leben.de noch nicht schnüffelten. Ich denke, hier beschreibe ich eine schnelle Übersiedlung: [wink]

Ein Geschichtsrückblick: Während dieser Zeit kümmerte sich meine Mutter sporadisch um zwei alte SED-Genossen. Karl (Kulle) Kleeberg war ein städtischer Gärtner und bereits im 1. Weltkrieg bei Kampfhandlungen verschüttet worden. Er wurde zwar gerettet, hatte aber fortan gewaltige gesundheitliche Probleme und ein Nervenleiden. Er wurde von vielen dummen und nichtwissenden Quedlinburgern gehänselt und nur “Kulle A A” genannt. Bei seinen Nervenzuckungen stieß er öfters seltsame Laute, eben dieses kurzgesprochene “A A” aus.

Emma Oppermann aus der Pestalozzistraße war ein ganz anderer Fall. Sie hatte zwar kein Nervenleiden, glaubte aber trotzdem inbrünstig an den Sieg des Sozialismus.
Mein Vater verlor fast jedes Mal seine Nerven, wenn Emma ihm begegnete. Sie riss dann grundsätzlich die geballte rechte Faust in die Höhe und rief ihm “Tach, Jenosse Zottmann!” zu.
So geschah es auch im Konsum vom Herrn Orgass in der Stresemannstraße. Alle Kunden drehten sich danach zum “Jenossen” Zottmann um. Da rief er ihr in meinem Beisein laut entgegen: “Frau Oppermann, wie oft soll ich’s ihnen noch sagen, ich bin nicht in ihrer Partei und ein Genosse schon gar nicht!”
Geholfen hat es nicht wirklich, sie glaubte wohl weiter, dass alle in der SED sind und ihrem Sozialismus huldigen.

Bis … ja bis sie nach der Grenzziehung erstmals in den Westharz reiste durfte, um ihren dort in Herzberg/Harz lebenden Sohn zu besuchen. Kurz nach ihrer Abreise war Emma aber schon wieder zurück. Erst dachten alle, die “Rote Emma” hat’s im Westen nicht ausgehalten, doch weit gefehlt …
Sie kam postwendend zu uns gelaufen, denn nun sollte meine Mutter ihre Beziehungen spielen lassen und alle erforderlichen Papiere schnellstmöglich zusammentragen und ausfüllen, damit Emma sofort und für immer ausreisen konnte.
Die Frau war total gewandelt: “Mein Sohn hat mich mit seinem großen Straßenkreuzer abgeholt. Ein knallroter Wagen! Und im Fischladen gab es Aal, den gibt es da immer …! Da habe ich gleich welchen gekauft und direkt vor dem Laden aufgefressen …! Hmmm …! Die Leute haben etwas komisch geguckt, war mir aber egal! Und Volker, was soll ich dir sagen, da gibt es immer Bananen …”

Ja, das dies stimmt, wusste Volker schon lange. Er durfte es leider nur nie mehr erzählen … Den Westen zu glorifizieren war für ihn schon lange tabu.
Und nun schwärmte die alte Genossin Oppermann von ihrem bisherigen Klassenfeind.
Sie versprach mir, sobald sie drüben sei, von ihrer ersten West-Rente eine ganze (!) Bananenstaude zu schicken!
Emmas Papiere wurden eingereicht, dann wurde die verdiente Genossin nach üblicher (für Rentner relativ kurzer) Wartezeit gönnerhaft in den Westen entlassen, wohl auch um Ost-Rente zu sparen …
Obwohl sie allseits offerierte, auch ihren glasgerahmten Ernst Thälmann (im KZ Buchenwald hingerichteter kommunistischer Arbeiterführer) mitzunehmen, wurde von ihr seitens der SED nur noch mit Verachtung gesprochen. Auch mein Opa schimpfte jetzt wie ein Rohrspatz auf Emma Oppermann, die Fahnenflüchtige: “Wenn die da drüben ihren Koffer kontrollieren und Thälmann finden, buchten sie die sowieso gleich ein …” Das habe ich schweigend registriert …
Niemand von den lieben SED-Genossen akzeptierte, dass Frau Oppermann in ihrem hohen Alter lieber bei und mit ihrem Sohn leben wollte, scheißegal ob nun Ost oder West.
Die Bananenstaude hat uns allerdings nie erreicht. Die hat sich, falls wirklich abgeschickt, Mielkes Räuberbande auch unter den Nagel gerissen …

Gruß Volker
Volker Zottmann
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Hausfreund » 21. August 2013, 09:25

Volker Zottmann hat geschrieben:Und nun schwärmte die alte Genossin Oppermann von ihrem bisherigen Klassenfeind.

Hallo Volker!

Ansich ganz praktisch, wenn man seine politische Ansichten wie eine Unterhose wechseln kann, oder? (Bei mir ging es leider nicht so flüssig, war noch paar Jahre in der PDS.) Ansonsten bestätigt Deine Schilderung meine Vermutung, daß die Wende hin zur Bundesrepublik garnicht so so sehr eine (theoretische) politische Entscheidung war, sondern es den Leuten handfest und in erster Linie um bessere Lebensbedingungen, bißchen Wohlstand, Bewegungsfreiheit und berufliches Fortkommen ging.

Wosch hat geschrieben:Hört sich ja recht human an, daß mit "keine speziellen Schikane".

Hallo Wosch,

bezüglich "Schikane" vielleicht noch eine Anmerkung (viele Begriffe sind ja, zumindest noch bei Älteren, in Ost und West verschieden besetzt). Ich kann mir gut vorstellen, daß es bei der angesprochenen Kollegin eine oder mehrere "Aussprachen" mit ihr in der Firma gab, also meinetwegen sie plus Abteilungsleiter, FDGB-Vertrauensmann und Parteigruppenorganisator (arbeitsmäßige Kollegen) und daß sie auf ihren Antrag hin angesprochen wurde, welche besonderen Probleme sie vielleicht hat, ob man was machen könne und ähnliches. Solche Aussprachen waren nichts besonderes (mußte selbst eine Werbung zur Kampfgruppe abschütteln), man blieb als Betroffener ruhig, sachlich, uneinsichtig - und das wars. (Kann mir gut vorstellen, daß es anderswo auch 200 %ige gab, Erpressungen, Schikanen. Aber so ist halt meine bescheidene Erfahrung.)

Gruß!
Hausfreund
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon karnak » 21. August 2013, 11:17

Na ja Hausfreund,ein bissche ehrlich sollte man schon sein.Jeder"gelernte-DDR-Bürger" wusste natürlich,dass es etwas anderes ist,ob man einen Antrag auf eine Wohnung oder einen Ausreiseantrag stellte,egal ob man es wirklich tat oder nicht.Stelle man solch einen Antrag,stellte man sich aus Sicht der Vertreter des Staates in jedem Fall außerhalb der Gesellschaft,machte man sich zumindest"verdächtig"ein"Staatsfeind"zu sein,wurde auch entsprechend"bearbeitet".Stellte man es"geschickt"an,vermied möglichst Begründungen hinsichtlich politisch-ideologischer Probleme die man mit dem Land hat,stellte persönliche oder sogar familiere Gründe in den Vordergrund(das musste aber auch möglich sein),verhielt sich ansonsten"ruhig",machte keinen Druck,konnte man schon Glück haben und die Schikanen gab es nicht oder sie hielten sich in Grenzen.Es machte natürlich auch einen Unterschied,in welcher gesellschaftlichen und beruflichen Position man sich befand,wie"wertvoll"man der Gesellschaft war.Verhielt man sich"ruhig"konnte eine genehmigte Ausreise auch lange dauern, aber wer von den Antragstellern wollte das schon,dem Antrag ging ja in der Regel ein langer "Reifeprozess" voran. Das"ruhig verhalten"veranlasste die zuständigen Behörden zu denken,dort ist noch nicht alles verloren,den können wir vielleicht noch"umstimmen".Die statistischen Zahlen bei Ausreiseantragstellern zu senken,wurde nämlich mehr und mehr ein"Bedürfnis"bei den bearbeitenden Behörden,jede, die hohe Zahlen in der Hinsicht nach" oben" melden musste, stand dort nicht sonderlich gut da.Also wurde um jede"Seele" gekämpft,auch und besonders im Interesse der an dem Problem arbeitenden Mitarbeitern.Und die verschiedenen Mitarbeiter konnten durchaus verschiedene"Ideen"haben,wie man die Statistik senkt,dass konnte dann schon auf die einzelne"Seele"unterschiedliche Auswirkungen haben.Was man nun als Schikane empfindet,kann sehr relativ sein,auch eine lange Wartezeit kann man als Schikane empfinden.
Laie, Experte,Dilettant
(alle Fachrichtungen)
Benutzeravatar
karnak
 
Beiträge: 24862
Bilder: 0
Registriert: 5. Februar 2012, 13:18

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon augenzeuge » 21. August 2013, 16:09

Hausfreund hat geschrieben: Solche Aussprachen waren nichts besonderes, man blieb als Betroffener ruhig, sachlich, uneinsichtig - und das wars.


Es wäre sehr schön gewesen, wenn es so gewesen wäre. Diese Aussprachen waren der absolute Hammer. Ein armes Würstchen vor einem Tribunal, was dich kaum ausreden lies.....dir deine Meinung nicht zugestehen durfte. Heute würde man es als Mobbing sehen.

Wenn ich mich daran erinnere, wie man mich in die Enge trieb, beste psychische Tricks anwendete- denen ich damals nicht gewappnet war, das war einfach schlimm. Und es war schlimm, als ich nach Stunden wieder arbeiten sollte. Als man erkannte, dass selbst einige Kollegen voller Abscheu über dieses Tribunal diskutierten, lies man es sein.

Nein, Wahrheit muss Wahrheit bleiben.

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Spartacus » 21. August 2013, 18:10

augenzeuge hat geschrieben:Das hier gabs auch:

Bild

AZ


Klasse geschrieben und wunderbar auf den Punkt gebracht.

Da gehörte Mut zu, wenn man bedenkt, wie lange sie schon warteten.

LG

Sparta


Ich bin stolz darauf, kein Smartdingsbums zu besitzen.
Nicht Deutschland schafft sich ab, sondern Deutschland schaltet sich ab.
Habeck und Baerbock in die Produktion. Die Grünen sind eine fortschrittsfeindliche Sekte.



Benutzeravatar
Spartacus
 
Beiträge: 25507
Bilder: 0
Registriert: 28. März 2013, 19:01
Wohnort: Bayern

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Spartacus » 21. August 2013, 18:19

augenzeuge hat geschrieben:
Hausfreund hat geschrieben: Solche Aussprachen waren nichts besonderes, man blieb als Betroffener ruhig, sachlich, uneinsichtig - und das wars.


Es wäre sehr schön gewesen, wenn es so gewesen wäre. Diese Aussprachen waren der absolute Hammer. Ein armes Würstchen vor einem Tribunal, was dich kaum ausreden lies.....dir deine Meinung nicht zugestehen durfte. Heute würde man es als Mobbing sehen.

Wenn ich mich daran erinnere, wie man mich in die Enge trieb, beste psychische Tricks anwendete- denen ich damals nicht gewappnet war, das war einfach schlimm. Und es war schlimm, als ich nach Stunden wieder arbeiten sollte. Als man erkannte, dass selbst einige Kollegen voller Abscheu über dieses Tribunal diskutierten, lies man es sein.

Nein, Wahrheit muss Wahrheit bleiben.

AZ


Als damals mein Widerstand begann, hatte ich auch so eine Aussprache. Dazu sollte ich vor meinem soz. Kollektiv
(oder so..) erscheinen. Und da erging es mir, fast wie Dir, denn sie plätteten mich, so das ich Anfangs nicht wußte,
was ich entgegnen sollte. Es dauerte aber nicht lange, dann hatte ich ihr Spiel durchschaut, stand einfach auf und
verabschiedete mich freundlich, mit dem netten Hinweis, das sie sich gefälligst selbst verarschen sollten.

Die Sitzung dauerte also nur 10 Minuten, dann habe ich sie beendet, sehr zum (verblüfften) Staunen der anwesenden
ganz strammen Genossen.

LG

Sparta


Ich bin stolz darauf, kein Smartdingsbums zu besitzen.
Nicht Deutschland schafft sich ab, sondern Deutschland schaltet sich ab.
Habeck und Baerbock in die Produktion. Die Grünen sind eine fortschrittsfeindliche Sekte.



Benutzeravatar
Spartacus
 
Beiträge: 25507
Bilder: 0
Registriert: 28. März 2013, 19:01
Wohnort: Bayern

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Hausfreund » 21. August 2013, 18:30

augenzeuge hat geschrieben:Nein, Wahrheit muss Wahrheit bleiben.

In einem allgemeineren Sinne hast Du schon recht. Solche staatliche Freiheitsbehinderung ist natürlich skandalös, schikanös und so hast Du es wohl auch konkret erlebt. Meinst Du das mit "Wahrheit"?

mfG
Hausfreund
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon augenzeuge » 21. August 2013, 18:48

Hausfreund hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Nein, Wahrheit muss Wahrheit bleiben.

In einem allgemeineren Sinne hast Du schon recht. Solche staatliche Freiheitsbehinderung ist natürlich skandalös, schikanös und so hast Du es wohl auch konkret erlebt. Meinst Du das mit "Wahrheit"?

mfG


Ja, genauso meine ich das. Mir ist das neben mir so auch von anderen bekannt geworden....
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Edelknabe » 22. August 2013, 08:39

Mein Arbeitskollege Bruno(ich nenn ihn mal B.) ein paar Jahre vor der Wende (im Privaten Handwerk) hatte immer ein blütendweißes Baumwollshirt zum frühen Morgen an. Obwohl wir am Tag durch die finstersten schmutzstarrenden Kesselanlagen krochen. Wasser hatte ja nichts gekostet,in der DDR, Energiekosten waren ein Witz. Na jedenfalls Bruno war verheiratet mit ner hübschen Frau, hatte zwei kleine Kinderlein,hatte ne zu kleine Wohnung,kein Auto, ging einmal oder zweimal die Woche Abends in die Kneipe an die Ecke, Bruno schimpfte viel, war mit nix zufrieden, aber ein sehr guter Arbeiter vor dem Herrn das war Er.

Wir Beide waren ein Team, verdienten beim Privaten wirklich gutes Geld, nur Pfuschen wollte Bruno nicht, nie mitkommen weil er meinte..."wenn ihn da mal Einer am Arsch bekomme dann....da wusste er wohl schon, das er die DDR verlassen wollte"

Seine Frau Mitarbeiterin in einer Wohnungs...genossenschaft???oder so ähnlich. Brunos stellten also den Ausreiseantrag, Brunos bekommen in fast selber Zeit oder paar Wochen später ne hochherschaftliche Wohnung zugewiesen Wahnsinn, mit Decken so hoch wie ...., mit der Größe von über Hundert Quadratmeterchen,tollen Gründerzeitöfen und noch so anderen Sachen. Der Rainer fährt noch den Umzug doch Bruno war wieder nicht zufrieden...Brunos reisten aus.

Was wollte man dazu noch sagen?

Rainer-Maria...wann ist der Mensch eigentlich zufrieden? Gibts da ne Tabelle oder so?
Benutzeravatar
Edelknabe
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 16633
Bilder: 57
Registriert: 2. Mai 2010, 09:07

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Neun » 22. August 2013, 08:43

augenzeuge hat geschrieben:Das hier gabs auch:

Bild

AZ


Dürfte ja für ein EV gereicht haben, gibt's dazu mehr Infos?
Neun
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Volker Zottmann » 22. August 2013, 08:50

Neun hat geschrieben:
augenzeuge hat geschrieben:Das hier gabs auch:

Bild

AZ


Dürfte ja für ein EV gereicht haben, gibt's dazu mehr Infos?


Merkst Du eigentlich wie krank Dein System war, wenn Deine Aussage stimmt?

Volker
Volker Zottmann
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon augenzeuge » 22. August 2013, 09:47

Neun hat geschrieben: Dürfte ja für ein EV gereicht haben, gibt's dazu mehr Infos?


"Auf der Grundlage dieses Briefes, der im Original leider nicht in den Akten war, sondern nur als fehlerhafte Abschrift, wurde ich am 1. September 1988 verhaftet und in die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit "Roter Ochse" nach Halle verbracht."

Quelle:
http://www.die-ddr-und-die-stasi.com/p/ ... aftat.html

AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon SkinnyTrucky » 22. August 2013, 09:55

Feliks, welchen Wortlaut erwartest du, wenn man Menschen jahrelang an der langen Leine hält....???? Immerhin hatte man seinen Ausreisewunsch schon 4 Jahre zuvor deutlich gemacht....

....war es unter deinen Genossen eigendlich weit verbreitet auf Zeit zu spielen in der Hoffnung dadurch die ganze Welt einmal happy und kommunistisch zu bekommen.... [ich auch]

Was ist deiner Meinung falsch gelaufen....???? Die Uneinsichtigkeit der Menschen die Lehre von Marx/Lenin zu verinnerlichen oder etwa doch der andauernde Stalinismus, von dem man sich angeblich losgesagt hat...????

Fragen über Fragen

groetjes

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
Benutzeravatar
SkinnyTrucky
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 9270
Bilder: 73
Registriert: 25. April 2010, 20:07
Wohnort: at the dutch mountains

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon vs1400 » 22. August 2013, 10:13

warum dauerte es eigentlich so extrem lange, einen ausreiseantrag zu bearbeiten?
gab es diesbezüglich irgendwelche vorgaben?

gruß vs [hallo]
vs1400
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Neun » 22. August 2013, 10:27

Danke. Alles andere hätte mich auch gewundert, bei dem Text hätte ich gar keine andere Möglichkeit gesehen.
Neun
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon augenzeuge » 22. August 2013, 10:29

vs1400 hat geschrieben:warum dauerte es eigentlich so extrem lange, einen ausreiseantrag zu bearbeiten?
gab es diesbezüglich irgendwelche vorgaben?

gruß vs [hallo]


Man hatte immer die Aufgabe, die Leute zum Bleiben zu überreden. Und wenn man sich hier Chancen ausrechnete, konnte das dauern. Das setzte voraus, dass man Infos aus dem Umfeld einholte, zig Gespräche führte. Grundsätzlich wurde fast immer versucht, den Antragsteller in die Irre zu führen, "sie haben nicht das Recht den Antrag zu stellen...für sie treffen die Vereinbarungen nicht zu....sie werden nie wegkommen....". Der 1. Antrag wurde meist immer erstmal abgelehnt. So ungefähr lief das ab. Es gab immer eine Quote, wieviel Leute monatlich gehen dürfen. Berlin entschied, auf Vorschlag der KD. Inneres hatte nur umzusetzen. Letztlich war es hilfreich, wenn die Bearbeiter verstanden hatten, dass sie beim Antragsteller auf Granit beißen, aber man musste so geschickt vorgehen, dass einen die Stasi nicht abholte. War oft ne Gradwanderung zwischen Gummiparagraphen. Wer ohne Hilfe Dritter (RA, Botschaft...) rauskommen wollte, wartete i.d. R. sehr lange.
AZ
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist."
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war“.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“.
Benutzeravatar
augenzeuge
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 84413
Bilder: 6
Registriert: 22. April 2010, 07:29
Wohnort: Nordrhein-Westfalen

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Neun » 22. August 2013, 10:30

Was falsch gelaufen ist? Es ist nicht gelungen eine ökonomische Grundlage zu schaffen die in der Lage war die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen und trotzdem genug Mittel für den Staat zu generieren.
Neun
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon vs1400 » 22. August 2013, 10:30

Neun hat geschrieben:Danke. Alles andere hätte mich auch gewundert, bei dem Text hätte ich gar keine andere Möglichkeit gesehen.


könnte man auch sagen du hättest keine andere chance gehabt?
vs1400
 

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon SkinnyTrucky » 22. August 2013, 11:12

Neun hat geschrieben:Was falsch gelaufen ist? Es ist nicht gelungen eine ökonomische Grundlage zu schaffen die in der Lage war die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen und trotzdem genug Mittel für den Staat zu generieren.


Feliks, gehst du so weit um auch zu sagen, wäre die ökonomische Grundlage dagewesen, die DDR noch ein Einwanderungsland geworden wäre....

....in der Welt gibt es immer demografische Ströme hin zu den Gegenden, wo es ökonomische Sicherheit (vermeintlich) gibt, darum....vielleicht hätte man die Grenze dann gar noch reversieren müssen, ich meine im Ganzen umdrehen müssen....

....nee Feliks, ich denke, es lag nicht nur daran....denn es ging vielen Menschen wirtschaftlich relativ gut in der DDR....und da geh ich davon aus, wie es damals auf unserem Dorf zuging....ja uns ging es gut durch harte Arbeit im Nebenerwerb....

groetjes

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
Benutzeravatar
SkinnyTrucky
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 9270
Bilder: 73
Registriert: 25. April 2010, 20:07
Wohnort: at the dutch mountains

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon Edelknabe » 22. August 2013, 11:32

Siehe der Beitragvon vs1400 » 22. August 2013, 11:13
"warum dauerte es eigentlich so extrem lange, einen ausreiseantrag zu bearbeiten?
gab es diesbezüglich irgendwelche vorgaben?"

Denn fand ich gut. Diese Fragen könnte man ins voll übertragen ins Heute bringen...sinngemäß.

Warum dauert es eigentlich so extrem lange, einen Asylantrag zu bearbeiten?
Gibt es diesbezüglich irgendwelche Vorgaben?

Rainer-Maria
Benutzeravatar
Edelknabe
Grenztruppen
Grenztruppen
 
Beiträge: 16633
Bilder: 57
Registriert: 2. Mai 2010, 09:07

Re: Ausreiseantrag

Beitragvon SkinnyTrucky » 22. August 2013, 11:43

Rainer Maria, als ich in NL einbürgerte, dauerte es ungefähr ein Jahr, bis der deutsche und der nederlandse Geheimdienst ihre Arbeit gemacht hatten und Zustimmung gaben....in der ganzen Zeit war es mir möglich mich in beiden Staaten ungehindert zu bewegen.... [wink]

groetjes

Mara
Wenn es heute noch Menschen gibt, die die DDR verklären wollen, kann das nur damit zusammenhängen, dass träumen schöner ist als denken.... (Burkhart Veigel) Bild
Benutzeravatar
SkinnyTrucky
Flucht und Ausreise
Flucht und Ausreise
 
Beiträge: 9270
Bilder: 73
Registriert: 25. April 2010, 20:07
Wohnort: at the dutch mountains

Nächste

Zurück zu Triebkräfte der Systemkrise 1989

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast