" Fluchtpunkt Entenschnabel "

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" Fluchtpunkt Entenschnabel "

Beitragvon Interessierter » 2. November 2015, 09:50

Dreist untergruben die Beckers den Todesstreifen

Der RBB widmet den Fluchtstollen von Glienicke-Nordbahn eine sehenswerte Dokumentation. Sie stellt die Geschichte des menschenverachtenden DDR-Grenzregimes dar – und seiner trickreichen Untergrabung.

Von Antonia Kleikamp

Im letzten Moment. Zwischen ein und drei Uhr morgens am 24. Januar 1962 krochen 28 Menschen zwischen neun und 71 Jahren aus dem Loch. Sie waren zuvor durch einen 27 Meter langen Stollen von kaum mehr als 60 oder 70 Zentimeter Durchmesser gerobbt. Der enge Tunnel führte vom Haus der Familie Becker in Glienicke-Nordbahn (DDR) unter der mit Zäunen und Stacheldraht gesperrten Oranienburger Chaussee nach Frohnau in West-Berlin. Schon wenige Stunden später hätten die Beckers laut Stasi-Akte "ausgesiedelt" werden sollen – fort aus dem Grenzgebiet.

Bild


Jahrzehntelang waren die dramatischen Umstände dieser und anderer unterirdischer Fluchten in die Freiheit in der Öffentlichkeit weitgehend vergessen. Erst seit einigen Jahren hat sich das geändert. Inzwischen sind mehrere Bücher erschienen, wurden Filme gedreht und Websites freigeschaltet. Doch noch immer ist viel zu entdecken über diese dramatischen und besonders aufwendigen Wege in die Freiheit.

Jetzt hat der Regisseur Thomas Claus, mit Unterstützung der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Fluchtaktion der 28 Glienicker durch den Becker-Tunnel sowie von weiteren 25 Menschen aus der Nachbarschaft durch zwei weitere Tunnel im Mai 1962 und im März 1963 zu einer Dokumentation verdichtet.

Claus hat alle Möglichkeiten zeithistorischer Dokumentation ausgereizt: Er hat Zeitzeugen gefunden und befragt, zusammen mit Experten Akten gewälzt, alte Fotos recherchiert, bisher unveröffentlichte bewegte Bilder aufgetan, digitale Animationen erarbeitet und Schlüsselszenen mit Laiendarstellern nachgestellt. Dafür konnte sein Team sogar, nicht weit vom authentischen Ort, in einem alten Keller die Tunnelgrabung inszenieren.

So gelingt es seinem Film, anhand des früheren Grenzabschnittes in Glienicke-Nordbahn exemplarisch die Geschichte des menschenverachtenden DDR-Grenzregimes darzustellen – und seiner trickreichen, ja dreisten Untergrabung. Dabei verschweigt sein Film nicht, dass in der Nähe des "Entenschnabels" auch drei Menschen ums Leben kamen, als sie den Todesstreifen zu überwinden versuchten.

Weiter mit dem Bericht und einem Auschnitt aus der 45 minütigen Dokumentation hier:
http://www.welt.de/geschichte/article14 ... eifen.html

Die Dokumentation wird übrigens am 3.11.2015 um 20,15 Uhr auf rbb gesendet.
Interessierter
 

Re: " Fluchtpunkt Entenschnabel "

Beitragvon augenzeuge » 2. November 2015, 16:06

Interessierter hat geschrieben: Schon wenige Stunden später hätten die Beckers laut Stasi-Akte "ausgesiedelt" werden sollen – fort aus dem Grenzgebiet.


Immerhin konnte das MfS nun vermelden: Ziel wurde erfüllt. [flash]

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Re: " Fluchtpunkt Entenschnabel "

Beitragvon Interessierter » 11. Oktober 2020, 13:35

Hier noch einige Fotos zum Entenschnabel im Vergleich zu damals und heute:

https://www.chronik-der-mauer.de/grenze ... enschnabel
Interessierter
 

Re: " Fluchtpunkt Entenschnabel "

Beitragvon Werner Thal » 21. Januar 2023, 17:11

Der Entenschnabel - eine deutsch-deutsche-Grenz-Kuriosität



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Re: " Fluchtpunkt Entenschnabel "

Beitragvon augenzeuge » 21. Januar 2023, 19:13

Der Beckertunnel entstand unter der Oranienburger Chaussee.[44] Das Grundstück der Beckers lag in der Oranienburger Chaussee 13 und der Familie stand eine Zwangsumsiedlung zum 1. Februar 1962 bevor. So entstand der Entschluss, unter der Straße hindurch die gegenüberliegende Frohnauer Seite zu erreichen. Nachdem drei Tage benötigt waren, um die Kellermauer zu beseitigen, folgte das Schachten durch den Sand. Das Verbringen der Sandmengen durfte von außen nicht sichtbar werden. Der Beckertunnel wurde 30 Meter lang, er war 1,20 Meter breit und 60 Zentimeter hoch. Nach der letzten Grabung erfolgte die Flucht am 24. Januar 1962. Zusätzlich zu den Familienmitgliedern waren unerwartet 14 Personen anwesend, insgesamt flüchteten 28 Menschen, die gegenüber von Polizisten empfangen wurden. Die Umsiedlung der Beckers wäre in den folgenden Tagen erfolgt. Der Tunnel wurde verraten und drei Stunden nachdem der letzte geflohen war, entdeckte ihn die Stasi. Schon wenige Tage nach der erfolgreichen Flucht unter dem Todesstreifen rissen Pioniere das Haus der Familie Becker ab. Die Geschichte zum Becker-Tunnel wurde als Film Tunnel 28 frei nachgestaltet.

Als zweiter folgte der Thomastunnel.Die Familie Thomas hatte mit Max Thomas das Grundstück Oranienburger Chaussee 22. Durch den Mauerbau vom 13. August 1961 wurde die Familie getrennt. Sie erfuhren vom Tunnel der Beckers und wollten bei dieser Flucht dabei sein. Bei Probebohrungen aus dem Wohnzimmer wurde zuviel Beton gefunden. Die Familie Thomas begann am 19. April 1962 die Grabung aus dem Hühnerstall heraus. „Der Tunnel wurde mit Holz verstrebt und abgestützt. Das Holz für die Stempel im Tunnel wurde im Haus zurechtgesägt.“ Der Sand wurde ungesehen zum Pferdestall gebracht und gelagert. Gegraben wurde Tag und Nacht und der Tunnel mit einer Höhe von 1,75 Metern Höhe, erreichte eine Länge von 32 Metern. Die Flucht begann mit dem Durchbruch am Abend des 5. Mai 1962, der Tunnelausgang lag noch auf dem Gebiet der DDR und der Ausstieg an der Böschung war klein. Den zwölf Flüchtenden wurde von den Franzosen und der Polizei weitergeholfen. Der Tunnel wurde erst nach zwei Tagen gemeldet. Publizistisch wurde wegen der älteren Personen, insbesondere war Max Thomas bereits 81 Jahre, vom Rentner-Tunnel geschrieben.

Die dritte Grabung war der Aagaard-Tunnel. Die Familie Aagard wohnte in der Glienicker Ottostraße 7 und direkt am Gartenzaun war die Veltheimstraße in Hermsdorf, deren Grundstücke tiefer lagen. Die Aagaards hatten Angst, wie bereits Nachbarn, aus dem Grenzbereich umgesiedelt zu werden. Es entstand mit dem beginnenden festen Bau der Mauer der Plan im Sommer 1962 und die Grabung begann am 5. Oktober 1962 der Grabungsbeginn direkt unter der Terrassentür vom Wohnzimmer aus. Es wurde am Tag gegraben. Nachts wurden insgesamt 25 m³ Sand – da es keinen Keller gab – in Zwischenräumen des Wohnhauses versteckt. Der Durchbruch zur Veltheimstraße erfolgte am 8. März 1963. Hauptsächlich mit den Händen waren in fünf Monaten 50 Meter Tunnel gegraben. Die Flucht erfolgte vom 9. auf 10. März 1963 durch 13 Personen. Sie blieben zunächst im Tunnel hintereinander bis Martin Willner Polizisten geholt hatte, um den Schusswaffeneinsatz der Grenzpolizisten zu verhindern. So wurde die Flucht um vier Uhr morgens unverletzt beendet. Den DDR-Behörden wurde der Tunnel bekannt, da der Friseursalon am folgenden Tag nicht öffnete.

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